Sonntag, 5. Juni 2016

alles heilt langsam

"kommst du vorbei? ich will mich mit dir besaufen."
die nachricht des luxus-mannes klingt einladend, also schlage ich am abend auf.
es ist traumwetter, und wir setzen uns zunächst auf den balkon, trinken wein und reden dies und das, während die hände beiläufig in den schoß des jeweils anderen wandern. irgendwann zieht mich der luxus-mann aus dem sessel und schiebt mich ins schlafzimmer.

"und? wohin gehen wir noch zwecks weiteren besäufnisses?" fragt der luxus-mann nach dem kurzen, aber intensiven akt.
ich nenne die partyoptionen des abends.
"lass uns doch die party auf dem kiez nehmen", trifft der luxus-mann seine wahl, "da war ich ewig nicht mehr. außerdem können wir da hinlaufen."

gesagt, getan.
wir kreuzen gegen halb eins am ort des geschehens auf. der luxus-mann ordert mehr wein, und ich merke, wie besoffen ich inzwischen bereits bin. der luxus-mann trinkt indes mindestens doppelt so schnell wie ich und verzeichnet bereits erste gangunsicherheiten. trotzdem haben wir viel spaß. bis ich auf toilette gehe - und auf der treppe nach unten dem objekt vor die füße laufe. wir tauschen kurz eiszeit-blicke, keiner sagt ein wort. ich renne auf klo und dann schnell zum luxus-mann zurück.

"mein exlover ist heute auch da", sage ich möglichst cool und beiläufig.
"welcher von den vielen?" will der luxus-mann wissen.
"der herzensbrecher", antworte ich. "das objekt."
"wo?"
der luxus-mann schaut sich um.
"jetzt glotz doch nicht so!" sage ich.
"zeig mir den doch mal!"
"warum denn?"
"ich will den halt mal sehen!"
"da drüben, mensch."
"wo?"
"der typ, der da so pseudolässig an der bar lehnt und zu mir schaut! der große! mit den langen haaren!"
"der mit dem zopf?"
"ja."

der luxus-mann starrt hinüber.
das objekt starrt herüber.
"der ist ja mega-attraktiv", sagt der luxus-mann mit einem komischen unterton - so, als habe er mir nicht zugetraut, dass ich richtig schöne männer haben kann. "mit dem warst du wie lange zusammen?"
"nicht zusammen."
"oh pardon. wie lange habt ihr gefickt?"
"fast fünf jahre."

das objekt postiert sich nun in unserer nähe, breitbeinig, die arme verschränkt. es signalisiert: du kannst mir nichts, ich bin das alpha-männchen.
der luxus-mann sagt:
"der ist so heiß, den fände ich auch attraktiv, wenn ich ne frau wäre."
"hör auf! ich will sowas nicht hören!"
der luxus-mann nimmt einen tiefen schluck und schaut mich spöttisch an:
"soll ich lieber sagen, boah der schaut aber scheiße aus, so ein hässlicher vogel, was hat dich da denn geritten?!"

ich bin perplex, denn solche töne kenne ich nicht vom luxus-mann.
"was SOLL das denn jetzt?"
 aber der luxus-mann setzt gleich noch einen drauf:
"oder soll ich dir sagen, achje, das tut mir aber leid, ich kann verstehen, wenn du nicht über den hinweg kommst?!"
jetzt platzt mir der kragen.
"dein scheiß-mitleid kannst du dir sparen und deine saudummen kommentare gleich mit!"

das objekt beobachtet uns amüsiert. natürlich hat es verstanden, dass es gegenstand einer auseinandersetzung geworden war.
der luxus-mann hat schon die nächste wahnsinnig tolle idee:
"weißt du was, ich geh mal rüber und sprech den an!"
"lass es sein, leg dich nicht mit dem an! wenns dumm läuft, haut er dir aufs maul."
"wieso? ich fände das mal interessant."
"hör auf, dich in meine vergangenheit einzumischen!"
"was wird er mir denn erzählen, was denkst du?" frotzelt der luxus-mann weiter.
"dann geh halt rüber und tu, was du nicht lassen kannst. aber eins sage ich dir, wenn du mich loswerden willst, du bist auf dem besten wege!"

ich drehe mich um und laufe nach draußen, um eine zu rauchen. was für ein pisser, denke ich, was für ein theater, ich fahre nach hause, jetzt, sofort. dann fällt mir ein, dass mein rad ja beim luxus-mann vor der tür steht und meine schlüssel in der wohnung auf der kommode liegen. verdammt.

nach ein paar minuten wird es frisch und meine wut kühlt ein wenig ab. ich gehe wieder rein.
drinnen sitzt der luxus-mann auf einem barhocker, während sich das objekt wieder am anderen ende des raumes postiert hat.
"und? kennst du jetzt alle meine dunklen geheimnisse?" sage ich lässig.
der luxus-mann schaut mich seltsam an:
"ich bin nur so ein übergangsmann für dich, hm?"
ich schaue doof:
"du bist was?"
"ein übergangsmann."
ich starre den luxus-mann an:
"wer sagt denn immer, dass er nur ficken will und bittebitte keine beziehung?"
der luxus-mann schweigt, schaut weg und trinkt sein bier aus:
"lass uns mal lieber nach hause gehen, ich bin total breit."

wir schlagen den heimweg ein. ich hoffe, dass sich das thema objekt damit erledigt hat, doch mitnichten.
"was meinst du, sollen wir deinem objekt auf dem dom so ein lebkuchenherz kaufen, auf ewig dein?"
ich packe den luxus-mann am ärmel und schubse ihn:
"was ZUR HÖLLE ist eigentlich dein fucking problem?! es ist echt abturnend, was du da gerade abziehst!"
der luxus-mann lacht sich schlichtweg tot.
"ich finde das echt spannend. wie du wegen dem kerl ausrastest!"
"ich raste nicht wegen dem penner aus, sondern wegen dir, weil du dich gerade total beschissen verhälst!"
"achja. und du? was machst du denn?!"

ich merke, wie erschöpft ich inzwischen bin und wie verzweifelt. hinter meinen augen sammeln sich tränen.
"bitte. können wir das thema objekt jetzt sein lassen? dieser mensch ist für mich gestorben, ich möchte ihn nicht mehr wiedersehen und ich möchte auch nicht über ihn sprechen. und das heißt auch, dass ich nicht möchte, dass du in den wunden meiner vergangenheit herumstocherst."
"ach herrjeh."
"du weißt nicht, was zwischen uns alles gelaufen ist. und ich mache mich ja auch nicht über deine exfrauen lustig oder über deine kinder."
"da gibts auch nichts zum drüberlustigmachen."
"selbst wenn, ich würde es nicht tun. es ist deine vergangenheit, und die respektiere ich, und ich verlange von dir, dass du meine auch respektierst."

die letzten meter laufen der luxus-mann und ich schweigend nebeneinander her.
gleich seid ihr zuhause, dann nimmst du deine schlüssel und verschwindest, sage ich mir. dann schaut er blöd. dann kann er sich was anderes zum rumficken suchen!
doch als ich die treppe hinter dem luxus-mann hochstapfe, meldet sich plötzlich ganz klar und deutlich ein ganz anderer gedanke in meinem kopf: wenn du jetzt gehst, hat das objekt mit seinem provokanten macho-gehabe wieder gewonnen. dann hat es dich genau da, wo es dich haben will und du verlierst du den luxus-mann. also denk doch noch mal nach! vielleicht ist der luxus-mann ja nur unsicher. und er sagt doch immer, dass er im suff manchmal scheiße redet. also bleib ruhig, schlaf die nacht drüber und sprich das thema nüchtern noch mal an!

wir erwachen am nächsten tag gegen halb elf. es ist schweineheiß, denn wir haben vergessen, die vorhänge zuzuziehen. ich drehe mich um und sehe den luxus-mann an.
"na", sagt der luxus-mann unsicher und blinzelt.
"na", sage ich und lächle.
"miss eingeschnappt", sagt der luxus-mann und lächelt zurück.
"da hatte mit eingeschnappt nichts zu tun", sage ich.
"sondern?"
ich hole tief luft:
"weißt du, es gibt ein paar wunde punkte bei mir, und einer davon ist die objektgeschichte. ich gebe ganz offen zu, dass ich damit nicht souverän umgehen kann. das braucht noch zeit. das hast du meines erachtens gestern deutlich gemerkt. ich habe dich um rücksichtnahme gebeten, aber du hast immer weiter auf meinen gefühlen herumgetrampelt. das hat mich verletzt und enttäuscht. du hast eine grenze überschritten, und wenn du das noch mal machst, bin ich weg."
der luxus-mann starrt mich indifferent an.
"ich bin kein nachtragender mensch", fahre ich fort, "und ich entschuldige deine aktion von gestern mit dem alkohol. für mich ist es damit erledigt. aber ich möchte es nicht noch mal erleben."

der luxus-mann streckt den arm nach mir aus.
"du bist schon okay. wirklich. ich mag dich. auch wenn du mich manchmal nervst."
"wenn dich was nervt, sag es mir. ich bin lernfähig."
"das ist einfach nur so. du bist ne frau, frauen denken anders als männer, und manchmal versteh ich euch halt nicht."
"dann frag mich und kack mich nicht an."
"ok."
wir sehen einander an.
"und jetzt? wollen wir frühstücken und dann zum flohmarkt schauen?" fragt der luxus-mann.
"hast du heute gar nicht deine kinder?"
"ich hätte meinen sohn gehabt, aber den hab ich auf morgen verschoben. da hab ich dann beide. das heißt, wir können heute den tag zusammen verbringen. falls du das jetzt noch möchtest."
"das ist ja mal eine nette überraschung."

der luxus-mann schlüpft in seine hose.
"ich mach mal kaffee, ja? willst du was essen?"
"nö, kaffee reicht erstmal."
"dann essen wir später was. wir können nachher noch zu meinem inder gehen. magst du indisch?"
"indisch ist ok."
"gut."

der luxus-mann schaut mich prüfend an.
"was ist?" frage ich.
der luxus-mann streicht vorsichtig über meine arme.
"das heilt ja langsam mal."
ich lächle:
"alles heilt langsam."

10 Kommentare:

  1. Der ist eifersüchtig. Schade, dass er das nicht sieht.

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    1. eifersüchtig - oder er hat zumindest komplexe. gut, das objekt hat natürlich auch provoziert, aber recht dezent.
      ich finde es schade. ich hatte schon mal einen eifersüchtigen typen, der hat mir das leben zeitweise echt zur hölle gemacht. weiß nicht, ob ich das weiter will, wenn der sich nicht im griff hat.

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    2. Naja, der mag sie halt. Das ist doch schön. Wäre natürlich besser, wenn er die Verantwortung für seine eifersuchtsaktion Übernahme statt sie Ihnen in die Schuhe zu schieben. Aber dann müsste er sich ja trauen Gefühle zuzugeben.

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  2. Der mag Sie halt. Aber es wäre ja nett, wenn er verstehen würde, dass seine eifersuchtsaktion was mit seinen Gefühlen zu tun hat und nicht damit das Frauen halt 'komisch' sind.

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  3. ich bin mir nicht sicher, ob das was mit mögen zu tun hat. manche leute haben einfach komplexe und die müssen sie ausleben.

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  4. es wäre natürlich schön, klar. anderseits empfinde ich eifersucht nicht unbedingt als kompliment, sondern eher als einen sehr lästigen und belastenden charakaterzug.

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  5. Eifersucht hin – Eifersucht her – viel wichtiger finde ich, dass du das „Spiel“ durchblickt hast das da läuft.

    Und ausgestiegen bist.

    Denn das bleibt - egal was mit dem Luxus-Mann noch kommt.
    Egal mit welchem Mann.

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    1. ja. dieses mich-zurücknehmen aus dem augenblick, der mich überfährt, und dieses analysieren der situation, das ist ein kunststück, das mir immer besser gelingt. da bin ich auch stolz drauf.

      (schön, dass du noch da bist!)

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  6. Da hast du auch allen Grund drauf stolz zu sein.
    Ich finde du bist auf einem guten Weg - und das ist schön zu lesen.

    Ich war übrigens nie weg.

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danke für deinen kommentar. ist er hilfreich, fair und sachlich, wird er nach freischaltung veröffentlicht. kontextfreie, rassistische und sonstige arschloch-scheiße wird sofort gelöscht.