Sonntag, 29. März 2020

4 jahre luxus-leben

nächste woche sind es vier jahre.

eine unfassbar lange zeit für jemanden wie mich, die - wie man(n) schon oftmals richtig erkannte - ein "immenses freiheitsbedürfnis" hat und sich gegen jede form von - subjektiv als solche empfundene - spießigkeit sträubt.

es läuft momentan wieder richtig gut. sogar innig.

wesentlichen anteil daran trägt ein neues medikament, das den luxus-blutdruck endlich erfolgreich in einem normalen bereich hält und dabei nicht wie bisher zu einer enormen, alle lebensbereiche umfassenden lethargie führt. die dann wiederum meine empfindlichen nerven reizt.
einen zweiten anteil daran trägt der beschluss, alle zusammen-wohnen-pläne erstmal zu canceln. auch der geplante urlaub ist dank corona gestrichen, was bedeutet, dass ich keine anstrengenden, schlaflosen - weil durchschnarchten - nächte in langweiligen überteuerten touri-hotspots verbringen und mich streiten muss.
einen dritten anteil trägt die tatsache, dass ich das objekt derzeit nicht besuchen kann, was dazu führt, dass momentan keine kämpfe mehr um kostbare wochenend-zeit stattfinden.

so far.




Sonntag, 22. März 2020

warum ich corona schätze

morgens, wenn ich aufwache, öffne ich alle fenster.
draußen: stille. kein gehupe, kein rauschender verkehr.
ich falle in diese kostbare stille mit allen sinnen.

draußen ist raum. freiraum. kein gedrängel auf den wegen wie sonst.
kein gegröhle jugendlicher, kein geschrei von kinderpulks, kein geschnatter von muttis.
keine aggressivität.
vereinzelte stimmen, fast kleinstadtfeeling, und das in einer der dicht besiedeltsten ecken einer großstadt. wunderbarst.

ich fahre mit dem rad.
die luft ist fast jungfräulich, das zeigen auch die messwerte.
sonst kann man den dunst kaum atmen und der bittere geschmack der autoabgase klebt mir im rachen, bis ich etwas esse oder trinke.
nichts davon in diesen tagen.

ich fahre mit dem rad und habe kaum angst, denn die straßen sind leerer.
angst ist sonst mein ständiger begleiter, denn der verkehr ist in der regel unübersichtlich dicht. wenn ich auf den neuen radwegen mitten auf der straße bin, ein lkw links neben mir, ein fetter suv rechts, nimmt mir das jedesmal den atem. bestimmt sinken die zahlen von unfällen und verkehrstoten in diesen tagen immens.

corona hat definitiv auch gute seiten. 
corona zeigt, dass wir mit weniger können.
dass man autos nicht ständig braucht.
dass man nicht mit dem flieger verreisen oder zu dämlichen meetings jetten muss, um sich wichtig zu fühlen.
dass wir einschränkungen hinzunehmen in der lage sind, wenn es um unser leben geht. vielleicht hilft dieses learning künftig beim klimaschutz.
dass unsere arbeitswelt anders denkbar ist, dass homeoffice funktioniert und einen festen und normalen bestandteil im arbeitsalltag bilden sollte.
dass unsere gehälter pervertiert sind und ein krankenpfleger deutlich mehr wert ist als ein vorstandssesselfurzer.

wenn jemand das mit einem klopapier-vorrat von 98724827612 rollen kompensieren muss, ist mir das prinzipiell herzlich egal.

natürlich wird all dies in wenigen wochen wieder vergessen sein, wenn der grenzenlosen gier nach komfort, statussymbolen und materie wieder stattgegeben wird.

aber bis dahin genieße ich diesen utopie-nahen zustand, allem infektionsrisiko zum trotz.

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beeindruckend: wie die luftverschmutzung aus dem weltall betrachtet zurückgeht


Mittwoch, 11. März 2020

in eigener sache

liebe bloggers,

da das objekt nicht mehr lesen und auch sonst nicht so viel kann, bedeuten ihm filme die welt.

sollten sie zufällig dvds haben aus den genres action, fantasy, komödie, history (auch biografien) oder naturfilme ("unsere erde", o.ä.), die sie nicht mehr gucken, würde ich mich über eine entsprechende spende freuen. älteres oder neueres ist völlig egal. ich weiß nicht, ob bluerays auf seinem player gehen, davon würde ich ggf. absehen.

sie können mir einfach eine mail schreiben (morphinchen bei ge-emm-ix punkt de e). für versandkosten komme ich selbstverständlich auf, im raum hamburg könnte ich abholen.

vielen dank!

+++

edit:

sie sind doch der wahnsinn! ganz ganz vielen lieben dank für all die angebote aus in- und ausland und die extreme hilfsbereitschaft und anteilnahme. sie werden einem menschen, der nicht mehr allzu viel vom leben hat, eine riesige freude machen.

Donnerstag, 5. März 2020

i want something good to die for to make it beautiful to live

luxus-urlaub in der schweiz.
wir besuchen freunde in der nähe von zürich und fahren dann für einige tage ins niemandsland in den alpen. die aussichten sind herrlich: in dem ort gibt es nichts außer einem bahnhof (halt auf verlangen!) und unser gasthaus.
keine straßen, keine läden, keine wohnungen.
nur schnee, berge und ein warmer ort.

zunächst heißt es allerdings erstmal: hinkommen.
der flug ist längst gebucht, da kommt corona und hat norditalien im griff.
und plötzlich wissen wir nicht mehr so recht.
atemmasken finden wir albern, den flug canceln auch.
also vereinbaren wir ein paar einfache vorsichtsmaßnahmen: wir wollen darauf achten, uns nicht ständig ins gesicht zu fassen, so wenig wie möglich berühren und ansonsten die hände sauber halten.

am flughafen merkt man wenig vom horror-virus.
einmal kommen uns drei asiatinnen mit schutzmasken entgegen, sonst ist es entspannt.
trotzdem: ein komisches gefühl begleitet uns. so ein bisschen wie 28 days later, nur eben 28 days davor.

der luxus-mann popelt in der nase und ich haue ihm auf die finger wie einem ungezogenen buben.
"ey", sagt er.
"sie machen das genau richtig!" kommt mir ein grauhaariger kleiner anzugträger zur hilfe, der uns mit seinem rollkoffer entgegen kommt.
ich grinse.
der luxus-mann tätschelt mich und grinst ebenfalls.

im flieger nehme ich ein hygienetüchlein und wische flugs über die armlehnen. dann einmal über die hände. die stewardess guckt merkwürdig. ich fühle mich ertappt und hysterisch, beschließe aber, mich davon nicht irritieren zu lassen. ich nötige den luxus-mann, sich ebenfalls die hände zu reinigen, bevor er damit sein sandwich anfasst.

doch dann bekommt corona plötzlich ernstzunehmende konkurrenz.
und zwar von bianca.
bianca bläst wie eine weltmeisterin und bringt unseren nicht einmal besonders kleinen flieger ordentlich zum wanken.

wir sitzen in der abgedunkelten kabine schlingernd über dem abgrund von zürich.
45 minuten dauert alleine der landeanflug.
immer mehr passagiere umklammern mit feuchten händen ihre spucktüte.
anfängliches scherzen verwandelt sich in totenstille.
selbst der luxus-mann, der einst mit einer rostigen 40er-jahre-maschine durch vietnam jettete, ist bleich um die nase.

ich starre angestrengt aus dem fenster.
irgendwann sehe ich die landebahn.
spüre, wie das fahrwerk ausfährt.
die lichter unter mir kommen ganz nah.
doch plötzlich reißt der pilot die nase des fliegers wieder hoch.

wir starten durch.
die maschine stöhnt auf.
die ersten mägen geben nach.
die ansage der piloten kommt erst ewigkeiten später: eine windschere habe den flieger von hinten ergriffen und die landung vereitelt.
wir kreisen weiter und die lichter an den notausgängen blinken wild.

30 weitere minuten wird unsere maschine von bianca durch die wolken geschubst als wäre sie ein papierflieger. dann ist es soweit und wir versuchen es ein zweites mal.
die maschine zittert.
ich kann sehen, wie die flügel draußen schwingen, als gehörten sie einem behinderten vogel. sie quietschen und klappern und erzeugen eine gruselige soundkulisse.

dann auf einmal geht es abwärts. es fühlt sich an, als sackten wir mehrfach hintereinander in sehr große luftlöcher. das letzte luftloch ist dann der boden.
als wir aufsetzen, kracht und scheppert es, als bräche der flieger auseinander.doch dann setzen die bremsen ein und der aluvogel kommt langsam zu stehen.

"ja, äh... liebe passagiere, das war ein, ähm, ein sehr interessanter flug", stottert der pilot über die lautsprecher.
dann bekommt er tosenden applaus.

draußen stehen unsere freunde und nehmen uns fest in die arme.
"zwei meter abstand", frotzelt der luxus-mann noch, aber niemand hört auf ihn.
stattdessen gehen wir feiern und trinken auf das leben, das so schlecht nun auch wieder nicht ist, wenn man gefühlt dem tod so von ganz weitem einmal kurz zugeblinzelt hat.


märchenwald im schnee.

Mittwoch, 4. März 2020

nachruf

liebe elke,

dein bruder hat mir geschrieben und mir von deinem tod berichtet, nicht ohne mir eine-deine botschaft zu hinterlassen:

erstens:
finde irgendetwas, für das du brennst!
zweitens:
lebe deine träume!

danke für alles. für deine anteilnahme in meinen schwierigen zeiten, für deine offenheit und für den impuls, vielleicht doch mal eine australien-reise zu wagen.

ich hoffe, es gibt auch im himmel kamele. oder dromedare. oder wenigsten einen kranken kakadu, den du gesundpflegen kannst.

r.i.p. camelchannel!

in liebe,
morphinchen