Montag, 15. August 2022

außer corona nix gewesen, teil 2

heimaturlaub stand an. seit wochen fieberte ich meinem allsommerlichen franken-besuch entgegen. nichts wie raus aus dem ungeliebten hamburg wollte ich. 

und es würde schön werden. der zeitraum in wochenlanger planung fein abgestimmt, sodass viele meiner freunde nicht gerade selbst in den ferien waren. zudem würde ich auf meine absolute lieblingsparty (ein draußen-event) gehen sowie einer lieben bloggerin in regensburg einen besuch abstatten.

tatsächlich wurde es so schön wie gedacht und ich war sehr glücklich. vier tage lang, dann entdeckte ich plötzlich vitamine und hustensaft auf dem regal meiner mutter.

"was ist los, bist du krank?" fragte ich.
"nee nee", erwiderte mutti. "nur ein bisschen halsweh. und schnupfen."

bei mir klingelten alle alarmglocken, zumal meine eltern drei tage zuvor mit einem großen clan ihrer kegelbrüder und -schwestern im restaurant waren. diese waren zwar geimpft, scherten sie aber ebenso wie meine eltern wenig um vorsichtsmaßnahmen.

"haste schon nen test gemacht?"
"waaaaas?"
"einen corona-test."
"nein, warum denn?"
"es könnte corona sein?"
"nein nein", wiegelte mutti ab. "das ist nur die trockene luft hier!"

ich rang mit mir.
"gut, dann lass es mich deutlicher sagen: ich möchte gerne, dass du einen test machst. ich muss nächste woche wieder stundenlang im zug sitzen und möchte nicht einen ganzen ice anstecken."
"ich hab gar keine tests zuhause", sagte meine mutter. 
"dann hol ich eben mal eine packung", sagte ich und wollte mich richtung drogerie aufmachen. 
"das ist bestimmt nicht nötig", bremste meine mutter.
"oh doch."

als ich mit den tests zurück war, war das größe hindernis noch nicht geschafft: dass mutti sich das teststäbchen auch wirklich in die nase schob.

"das tut mir weh, ich kann das nicht, ich mach das sowieso falsch", hieß es. "außerdem kommt da sowieso nichts dabei raus! diese tests sind nicht zuverlässig!"
"mama, du hast recht typische symptome, und sollte der test positiv sein, ist es extrem wahrscheinlich, dass du corona hast."
 
endlich war es geschafft - und schon in den ersten minuten zeigten sich ganz klar zwei striche im testfeld.
"und was heißt das jetzt?"
"du bist positiv. setz sofort deine maske auf, papa und ich machen das auch. vielleicht haben wir uns noch nicht alle gegenseitig angesteckt."
"aber der strich ist doch längst nicht so dick wie der obere!"
"das hat nichts zu sagen, steht auch hier in der packungsbeilage", zeigte ich ihr den weißen zettel. "du kannst auch gern zur apotheke und dort noch mal einen test machen, die werden dir das bestätigen."

ich holte meinen vater, um ihn zu testen. er weigerte sich zum glück nicht so theatralisch. 
"negativ", sagte ich, als das ergebnis da war. "also trag jetzt immer schön maske im haus und halte dich nicht mit mutti im selben zimmer auf. geh möglichst tagsüber raus in den garten oder so."
vaddi zeigte sich einsichtig.
"und was, wenn muttis test doch falsch ist?" fragte er mich.
"unwahrscheinlich. sie hat symptome, die passen genau ins krankheitsbild. außerdem kann sie den test jederzeit wiederholen, wenn sie sichergehen möchte."
 
ich testete auch mich, und ich war ebenfalls negativ. 
"gut, sagte ich zu meinen eltern. "also ihr wisst ja: drinnen immer maske, und möglichst abstand. morgen testen wir uns noch mal."
 
es dauerte keine halbe stunde und meine mutti stand ohne maske im bad. 
"du trägst keine maske", sagte ich.
"oh, die hab ich ganz vergessen!"
"ja, bitte unbedingt dran denken! aktuell sind weder papa noch ich positiv, es wäre toll, wenn das so bleiben könnte. gerade papa mit seinem bluthochdruck und der herzgeschichte!"
"jaja."
"dann mach hier bitte gleich ein fenster auf, damit deine viren abziehen können."
"nein, das geht nicht, es ist zu warm draußen! da kommt sonst ja die ganze hitze rein!"
 ich seufzte und trollte mich in den garten. 

ungefähr 15 minuten später eierte mutti dann maskenlos im flur herum.
"du trägst schon wieder keine maske!"
"ja, ich war kurz draußen, da hab ich wohl vergessen, die wieder aufzusetzen."
"ja, dann bitte!"

kurz darauf traf ich mutti und vaddi in der küche an. muddi schälte obst für vaddi und schittt ihm stückchen, so wie sie es jeden tag machte. selbstverständlich trug sie keine maske. vaddi saß 30 zentimeter daneben und schaufelte sein obst in sich hinein. 
 
ich explodierte innerlich. ich sah ein, dass absprachefähigkeit und mitdenken einfach nicht vorhanden waren.

ich berief den großen kriegsrat ein.
"es gibt zwei möglichkeiten: entweder es wird ab sofort konsequent maske getragen oder ich reise jetzt ab. noch bin ich negativ, ich möchte nicht warten, bis ich vielleicht doch krank werde. ich habe aber gerade das gefühl, das funktioniert alles nicht, ihr seid total unvernünftig."
wie erwartet tränen, aber es nützte ja nichts. 
"dann fahr bitte", sagte mutti. "ich will dich ja nicht anstecken."

zwei stunden später saß ich im zug. ich hatte erste klasse gebucht, um keine unnötigen kontakte einzugehen. diese rechnung war aufgegangen, ich  hatte ein sechser-abteil mit tür ganz alleine für mich. da es schon sehr spät war, stieg auch niemand mehr zu.
 
große traurigkeit stieg in mir auf, als die wohlvertrauten orte am fenster vorbeiflogen. ich hatte drei liebe freunde nicht getroffen und war nicht auf meiner absoluten lieblingsparty gewesen. gänzlich unmöglich schien es mir, so verfrüht ins verhasste hh zurückzukehren. unfaire wut auf den luxus-mann machte sich kurzzeitig breit, weil ich wegen ihm in hh gefangen war. 

aber vielleicht hatte ich ja wenigstens in sachen corona glück. ich kannte genug leute, die sich trotz gemeinsamen haushalts nicht infiziert hatten.
 
als ich am nächsten morgen in meinem bett in hh erwachte, testete ich mich erneut. ich war positiv, halleluja. fix informierte ich alle kontakte der letzten tage und hoffte, dass es niemanden getroffen hat.

danach rief ich zuhause an und fragte nach dem stand der dinge dort. vernünftigerweise hatte sich auch vaddi getestet. er war - surprise, surprise - nun ebenfalls positiv, merkte jedoch nichts. meiner mutter ging es besser, ihre symptome waren verschwunden.

nun verbringe ich also den rest meines urlaubs alleine in meiner überhitzten wohnung, mit der mutter aller kopf- und gliederschmerzen. genau davon hatte ich immer geträumt. einziger trost sind mir mein klimagerät und lieferando.