Sonntag, 29. September 2019

weiter mit musik

heute morgen werde ich gegen 7.30 uhr wach, weil über luxus-hausen krach ist. wie so oft renoviert der luxus-vermieter die wohnungen über uns am sonntag. ich ärgere mich erst ein bisschen, kann dann aber wieder einschlafen.

gegen halb elf uhr weckt mich der luxus-mann zum frühstück, dann brechen wir auf, weil der luxus-mann ins fitness-studio und ich nachhause will.

im treppenhaus begegnen wir dem vermieter.
"ich hoffe, ich hab euch nicht gestört heute morgen", sagt er.
"nö", sagt der luxus-mann. "wir wissen ja, dass du fast alles selber machst und dann ist das schon ok."
"bis weihnachten bin ich bestimmt durch mit der wohnung über euch", sagt der vermieter und erzählt ein bisschen dies und das, was er an arbeiten schon erledigt hat und was noch aussteht.
"kann ich mal gucken kommen", fragt der luxus-mann.
"na klar", sagt der vermieter und nimmt uns mit nach oben.

über uns sieht es schon richtig gut aus.
"da würde ich auch einziehen", meint der luxus-mann. "das bad ist ja super geworden."
"hier könnt ihr auch zu zweit einziehen", findet der vermieter.
"wir warten mal noch ein paar jährchen", sagt der luxus-mann. "die morphine ist ja gerade umgezogen in eine neue wohnung. da fehlt auch noch das eine oder andere."

der vermieter schaut mich an.
"kannst du vielleicht noch eine anlage brauchen? ich hab da noch so eine rumstehen. ist aber bestimmt vier oder fünf jahre alt."
"oh, die könnte ich mir durchaus mal anschauen. meine ist nämlich noch viel älter und funktioniert auch nicht mehr richtig", sage ich.
"ist aber nichts edles, glaub ich. wollte ich neulich schon für 20 oder 30€ bei ebay reinstellen."

der vermieter geht in seine wohnung und kommt dann mit kartons zurück, die noch eingeschweißt sind.
"die ist ja nagelneu", sage ich perplex.
"ja, ich hab die nie aufgebaut. ich wusste nicht so recht wohin damit, ich hab eigentlich auch schon eine, mit der ich sehr zufrieden bin. jetzt steht die schon ewigkeiten rum."
"das sieht aber interessant aus", beugt sich der luxus-mann über die kartons. "vor allem die boxen! das war doch richtig teuer."
"weiß nicht mehr genau, aber technik veraltet ja auch so schnell."

"was willste denn dafür haben", fragt der luxus-mann. "20 oder 30€ sind dafür doch viel zu wenig. das ding ist doch locker noch 100 bis 200€ wert."
"da will ich gar nichts dafür haben. hauptsache, ihr freut euch und ich bin das ding mal los!"
der luxus-mann windet sich.
"das ist mir aber unangenehm, dafür musst du doch was bekommen."
"das ist mir egal, wenns dir unangenehm ist, ich schenke die anlage ja nicht dir, sondern deiner freundin!"
"danke", stottere ich. "das ist wirklich enorm. ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll!"

der luxus-vermieter tätschelt mir die schulter.
"das ist schon ok. auf geld kommts bei mir wirklich nicht mehr an."
"also wenn du tatsächlich keine kohle dafür möchtest.... dann komm doch mal runter zu uns, dann koch ich was", sage ich.
"das klingt doch nett", findet der vermieter.

als wir zurück in der luxus-wohnung sind, meint der luxus-mann:
"was willste denn kochen, du weißt doch gar nicht, was der mag!"
"kann ihn ja fragen."
"das ist doch eine scheißidee."
"ich kann ihm auch einen blasen, wenn dir das lieber ist."
der luxus-mann kneift mich in den po.
"ich hab schon gemerkt, dass der dich mag! und jetzt los - google mal, was das ding wert ist."

bei amazon werden wir fündig - knapp 700€ kostet hier das gerät.
"alter", sage ich und bin ganz sprachlos.
"hast du ein schwein", meint der luxus-mann ein bisschen neidisch.
"unverhofft kommt oft", spreche ich das wort zum sonntag.

bald gibts in morphine-hausen also auch wieder musik.
so kann der winter kommen, finde ich.



Freitag, 27. September 2019

emanze, icke

am bahnsteig.
die türen der s-bahn piepsen und schließen sich.
ein kleiner typ in anzug stürmt die rolltreppe hoch und rennt volles karacho in mich rein, die ich da stehe, weil ich gerade latent geistesabwesend bin.

"blöde kuh", sagt er sehr aggressiv zu mir, weil er glaubt, es auf mich schieben zu können, dass er wegen seines miesen zeitmanagements nun seine bahn verpasst hat.

"kann ich was dafür, dass du mit deinen stummelbeinchen nich schneller bist, du dämlicher wichser?" kommt es da aus meinem mund.

ohne dass ich drüber nachgedacht hätte.

eine ganze gruppe leute dreht sich nach mir um, denn ich war nicht nur unflätig, sondern meine stimme war tief, fest und laut.
zornig.
für jeden in zehn meter umkreis zu hören, auch für die kinder.
kein weibchen-gepiepse.
kein "entschuldigung".
sondern schön zurückgebrettert.

und zwar erfolgreich.
denn der rempler guckt wie ein erschrecktes eichhörnchen und verpieselt sich schnell ans andere ende des bahnsteigs.

noch vor ein paar jahren wäre ich stumm geblieben und hätte mich tagelang schwarzgeärgert, weil ich so ein opfer bin. hätte in meiner fantasie den typ wiedergetroffen und ihn mit verschiedensten wohlüberlegten sprüchen belegt - natürlich nicht, ohne vorher geistig eine million mal eruiert zu haben, ob er mir deswegen vielleicht in die fresse hauen könnte und ob das das risiko dann wert ist.

aber das tat gut.
zu antworten, wie man(n) es für eine frau nicht erwartet.
wie es sich für eine frau nicht gehört.
denn frauen aus dem lehrbuch sind leise, höflich, dezent.
frauen fluchen nicht.
frauen sind nicht unflätig.
frauen flüstern vielleicht #metoo ins internet, aber sie bieten den typen nicht die stirn.

wahrscheinlich geht emanzipation ganz anders.
intellektueller.
dezenter.
leiser.
höflicher.

aber das ist mir gleich.
wenn ein furzkissen wie dieser anzugwichtel vor mir zuckt, bin ich exakt auf dem richtigen weg.

dusseldoof in düsseldorf

kommt hier eigentlich wer aus düsseldorf und hat am 24.11. zufällig langweile?

Donnerstag, 26. September 2019

kontrolletti

gefühlt hat der luxus-mann seine eifersucht inzwischen gut im griff. allenfalls betrunken wird er ab und an ausfällig. aber da er keinen wert auf weitere romantische abende mit einem notarzt hat, schränkt er seinen alkoholkonsum neuerdings ein und es verläuft alles recht friedlich.

manchmal aber weiß ich nicht so recht, welche fantasien sich so hinter der kühlen fassade verbergen.

gestern abend machte ich yoga. daher war ich eher knapp bekleidet, als es plötzlich und unerwartet an der tür klingelte. ich stutzte, dann fiel mir ein, dass es wahrscheinlich der wochenblatt-austräger ist oder ein paketbote mit paketen für die nachbarn. der soll ruhig mal woanders klingeln, fand ich. man muss ja nicht immer den depp für alle machen.

doch dann schellte es ein zweites mal. schon etwas eindringlicher. ich beschloss, mich nicht irritieren zu lassen. danach klingelte es ein drittes mal, und zwar sturm.

ich entknotete mich und richtete mich verwundert auf. da wusste offenbar jemand ganz genau, dass ich zuhause war. ich grübelte hektisch, ob ich jemanden eingeladen und die verabredung verpennt hatte. noch während ich überlegte, klopfte es an meiner wohnungstür - oder vielmehr, es hämmerte jemand wie besessen dagegen.

ich schlich leise zur tür und linste durch den spion, bereit, die polizei zu rufen und den eindringling in seine grenzen weisen zu lassen. doch da draußen stand nur der luxus-mann.
 ich dachte nicht lange nach und öffnete die tür:
"hey, was machstn du hier?! und wieso schlägst du die tür ein? was sollen denn die nachbarn denken!"

der luxus-mann starrte mich wortlos an, trug ich doch nur ein shirt und einen slip, war zerzaust und leicht verschwitzt. sein blick war leicht zu deuten: hab ich die alte endlich inflagranti erwischt!

der luxus-mann schob sich ohne eine begrüßung in die wohnung.
"na, wo haste ihn versteckt?"
ich musste kichern, da die situation so viel klischeehaftes hatte, obwohl ich auch beunruhigt war. schließlich hatte ich halbnackt die tür geöffnet und sah tatsächlich aus, als wäre ich gerade aus dem bett gekrochen. ich konnte nicht abschätzen, wie brenzlig die situation angesichts der luxus-paranoia für mich werden könnte.

der luxus-mann fackelte nicht lang. er schritt energisch ins schlafzimmer, machte den kleiderschrank auf und schob meine mäntel beiseite.
"du musst auch noch unterm bett nachgucken", half ich und grinste.
danach schaute sich der luxus-mann in den anderen zimmern um.

nachdem er in der wohnung nicht fündig geworden war, schaute er grimmig drein.
"vielleicht hab ich ihn schnell auf dem dachboden versteckt", warf ich in den raum.
der luxus-mann überlegte, entschied sich dann aber, die dachkammer doch nicht zu durchsuchen, um sich nicht komplett der lächerlichkeit preiszugeben.

"ich hab gerade yoga gemacht", sagte ich dann, um mich zu erklären.
"jaja! das würde ich auch behaupten!" sagte der luxus-mann. "wieso machst du dann die tür nicht auf?"
"weil ich gerade nicht so viel anhatte und dachte, es sei bloß der typ mit den wochenblättern."
"und warum gehst du nicht an die freisprechanlage?"
"weil ich gerade mitten in einer übung war. ich hatte niemanden eingeladen oder erwartet."
"ich sag dir mal, was du gemacht hast: du hast den typ versteckt und dann hier schnell zur tarnung deine yoga-mattte ausgebreitet!"
"und wo soll der typ jetzt sein? du träumst doch!"

ich konnte die situation nicht recht deuten. der luxus-mann ging an den kühlschrank, holte sich eine cola und setzte sich dann auf das sofa.
"warum haste denn nicht angerufen?" fragte ich.
"ich dachte, ich schau mal, was du so treibst. und nehm dich dann mit, abendbrot essen bei mir."
"das ist doch prinzipiell eine nette idee. aber kontrolllbesuche finde ich schon schräg."
"war ja wohl berechtigt!"
der luxus-mann funkelte mich an und ich wusste, er glaubte mir immer noch nicht ganz.

eine stunde später machten wir uns auf den weg. als ich das fahrrad aufsperrte, merkte ich, dass ich mein handy in der wohnung vergessen hatte.
"fuck, das handy liegt noch in der wohnung! bin gleich wieder da."
ich flitzte zurück nach oben, holte das handy und rannte dann wieder die treppe nach unten. da stand der luxus-mann unter der tür und linste ins treppenhaus.
"hast ihn jetzt rausgelassen?"
"ja klar, der hatte sich schon eingepullert, weil er so lange in seinem versteck ausharren musste", lachte ich.
der luxus-mann fand das alles nicht lustig.
"du machst dich immer verdächtiger", meinte er.

der rest des abends verlief seltsam, das abendessen angespannt. der luxus-mann gab sich cool, konnte seinen verdacht jedoch offenbar nicht abschütteln. auch ich weiß bis jetzt nicht, was ich von der kontroll-aktion halten soll.


Samstag, 21. September 2019

area 51

wie der geneigte leser weiß, versuche ich, den expandierenden stress und wabbel durch regelmäßige jogging-touren im schach zu halten. wie sie ebenso wissen, bin ich inzwischen im feudalen hamburger westen gelandet, wenn auch im eher linksökologischen und antikapitalistischen teil davon, der leidergottes wenig natur in unmittelbarer nähe bietet. nachdem ich von der schlechten luft und den vielen touris an der elbe sehr genervt war, dachte ich, ok, let´s go west. dort gibt es ja noch einige sehr hübsche parks, wo man sicherlich in ruhe seine runden drehen kann.

gesagt, getan. zunächst führte der weg über viel befahrene straßen und ich dachte mir, super, für den gesundheitlichen effekt hätte ich auch einfach eine schachtel zigaretten rauchen können. dann aber wurde es auf einmal unheimlich grün.

ab dem agate-lasch-weg dann begann area 51. die luft wurde so rein, dass es fast surrealistisch war. um mich herum nur noch dicke paläste mit mindestens 2 meter hohen zäunen, gesäumt von immensen grundstücken, in die man dank meterhoher, dichter hecken nicht hineinschauen konnte - fast so, als ob sich die reichen hier tief drin in ihrem herzen ihres reichtums schämten. die wenigen fenster, die zur straße zeigten, kunstvoll vergittert, die ästhetik macht hier auch bei der sicherheit keine kompromisse.

ich joggte meiner wege. hier gab es keine supermärkte, keine kneipen, keine öffentlichen parkplätze. es gab nicht mal menschen auf den straßen - so, als hätte man menschen aus area 51 vollständig verbannt. das einzige, was mir in regelmäßigen abständen begegnete, war der ein oder andere blitzweiße suv mit geschwärzten scheiben. es war seltsam und fast ein wenig gruselig. eine spukhafte, gar nicht mal so ferne fernrealität, wie sie einstein seinerzeit nicht wahrhaben wollte.

nach einer weile tauchte ein park vor mir auf und ich wähnte mich am ziel. ich bog auf den weg ab und wunderte mich: alles vergittert. durfte man diesen park etwa nur betreten, wenn man anwohner von area 51 war? gab es einen geheimen privilegierten-code? ich linste durch das gitter und sah plötzlich einen einsamen weißhaarigen alten herrn mit einem gefährt, das ich als golf-caddy identifizieren konnte. ich war also gar nicht im park, sondern falsch abgebogen und bei einem golfplatz gelandet.

google maps sagte mir, dass der park gleich um die ecke liegen müsste und endlich, endlich, kam ich an. auch hier gab es eisengitter am eingang, doch man kam ungehindert hinein. ein junger hundebesitzer in feinstem zwirn hielt mir sehr höflich und eilfertig die türe auf und ließ mich in meinen schäbigen tchibo-laufklamotten passieren.

drinnen war es einfach nur schön. alte bäume und verschlungene wege, ein teich, und bis auf einige hundebesitzer und ältere paare vollkommene einsamkeit. keine orientalischen familien, die auf der wiese grillten, kein spielplatz mit schreienden kindern, keine anderen jogger, radfahrer oder familienausflügler. ich nahm die kopfhörer ab. es war nahezu still - ein zustand, den man in dieser stadt sehr selten findet. am liebsten hätte ich ein zelt aufgeschlagen und wäre geblieben in diesem kleinen reservat mit den distinguierten menschen.

auf dem rückweg durch die leeren straßen fragte ich mich, was bewohner von area 51 an einem abend wie diesem wohl so in ihrem paralleluniversum machen. traf man sich in einem der paläste zur konversation über die neusten alarmanlagen, verabredete man sich für den nächsten tag zum golf im gitterpark oder wagte man sich auch mal in die minderprivilegierte welt, um in einer kneipe zu sitzen und wie in einem zoo menschen aus dem ottonormalo-universum zu beobachten?

die kluft zum durchschnittbürger musste für area 51-bewohner jedenfalls ähnlich tief sein wie für hartzer aus mümmelmannsberg - nur umgekehrt. nie zuvor war mir so bewusst geworden, wie kapitalismus zur gettoisierung in großstädten führt. ob man nun gewinner oder verlierer des systems war - die abgeschiedenheit und einsamkeit dürfte ähnlich groß sein, ob man sie nun als solche empfindet oder nicht.

"da wo du früher gewohnt hast, gibts doch auch viele villen und so", sagte der luxus-mann später zu mir.
"ja, aber das war halt die ein oder andere straße an der alster. drumherum waren doch auch viele einfache mehrfamilienhäuser und einkaufsmöglichkeiten und ganz normale kneipen. aber das... das ist wie eine komplett andere welt. so völlig abgekapselt. kein wunder, dass sich gesellschaftsschichten so total entfremden. ich finde das schade. und ungesund."
"die leute wollen das so. die wollen sich abkapseln und sich wichtiger, cooler und sonstwas fühlen. meine ex beispielsweise wollte auch immer so schick wohnen", erzählte der luxus-mann. "nachdem meine tochter auf der welt war, hat sie immer gedrängt, dass ich in so einer gegend ein haus kaufe. aber ich finde es nicht gut, wenn kinder so aufwachsen. dann werden die nachher bloß arschgeigen, die andere rumkommandieren. also meinte  ich zu meiner ex, dann kauf ich mir lieber nen maserati. da hat sie angefangen zu sagen, dass sie mich hasst."

"mir musst du kein haus kaufen. wir nehmen später einfach das von deinen eltern", sagte ich.
"dafür musste aber noch viele jahre meinen schwanz lutschen", grinste der luxus-mann. "aufs land zieh ich erst, wenn ich uralt bin."
"egal. hauptsache, wir haben dann hühner. und katzen und hunde und vielleicht ein paar schafe."
"und eine eule auf dem speicher, so wie in meiner kindheit."
"klappt doch ganz gut mit unserer zukunftsplanung jenseits von area 51."
"schauen wir mal."

Sonntag, 15. September 2019

nightlife reloaded

da der luxus-mann aushäusig weilt, begebe ich mich nach langer zeit mal wieder alleine auf tour. das fühlt sich etwas komisch an, fast so, als hätte ich das irgendwie ein bisschen verlernt. als ich ankomme, brauche ich erstmal einen drink, um die nervosität abzulegen.

ich gehe in den raucherraum und treffe dort v. mit seiner neuen freundin. während die ex eine dumme zickenkuh war, die v. regelmäßig versetzte und betrog und so seine depressionen noch verschlimmerte, scheint die neue das totale gegenteil zu sein. fröhlich und warmherzig begrüßt sie mich wie eine alte bekannte. dann stellen wir fest, dass wir nur wenige hundert meter voneinander entfernt wohnen.
"guter fang", sage ich zu v., der vollkommen gelöst und glücklich auf mich wirkt. "ich freu mich wirklich sehr für dich!"
"wurde ja auch mal zeit", meint v. "nach all den miesen jahren mit k.!"

"lustig, dass man immer noch ein paar von den alten leuten hier rumspringen sieht", sage ich.
"einige von denen, die sonst immer hier waren, habe ich aber schon ewig nicht mehr gesehen", erwidert v. "dein objekt beispielsweise hab ich schon jahre nicht mehr getroffen."
"der wird auch leider nie mehr tanzen gehen", antworte ich.
"wie? warum das denn?"
dann erzähle ich v. die ganze traurige geschichte.

"unfassbar", sagt v., der ganz blass geworden ist. "hast du ihn denn mal wiedergesehen?"
"ich besuche ihn öfter mal, wenn mich seine freundin lässt. aber es ist natürlich nicht mehr derselbe mensch. obwohl wir uns immer noch extrem gut verstehen und er für mich ein sehr wichtiger freund ist."
"ich weiß noch, ich hab ihn mal in altona auf der straße getroffen, da gings mir gar nicht gut. er hat das irgendwie sofort gemerkt und mir ganz geschickt fragen gestellt, sodass ich irgendwann echt ins erzählen kam... dabei waren wir ja nicht näher befreundet. aber das konnte der sehr gut... dieses in-die-menschen-reinhorchen und sie zum reden zu bringen. er hat mir dann auch ein paar sachen gesagt, die ich sehr klug fand und über die ich lange nachgedacht habe."
"das ist seine gabe. die hat er auch immer noch. er kann einem sehr das gefühl geben, absolut willkommen und angenommen zu sein. das habe ich bei niemandem anders jemals sonst in dieser form empfunden."

da v.s freundin am tag drauf auf ein seminar fährt, machen sich die beiden gegen halb drei vom acker. ich gehe zunächst ein bisschen tanzen, dann mache ich es mir auf einem barhocker gemütlich, rauche eine zigarette und ordere noch einen gin tonic.

plötzlich steht ein junge mit schirmmütze vor mir. ich will eigentlich wegschauen, da ich schirmmützen allein schon so dämlich finde, dass mich der darunter befindliche kopf normalerweise auch nicht interessiert. doch beim wegschauen bleibe ich kurz in den blauen augen hängen, am blonden bart und an den weichen, vollen lippen, die mich etwas an das objekt erinnern.

"hallo", sagt die mütze. "darf ich dir vielleicht noch ein getränk ausgeben?"
"ähm, du, hör mal... ich hab nen freund", sage ich. "also wir können uns sehr gerne ein bisschen unterhalten, aber ich dachte, ich sag dir das jetzt gleich mal. nicht, dass du dich nachher um deinen invest betrogen fühlst."
"oh", sagt die mütze lächelnd, "das ist aber schade. aber einen drink können wir doch trotzdem gern zusammen nehmen?"
"natürlich."

die mütze ist richtig süß. fünf jahre jünger als ich, ein nicht-berliner aus berlin zu besuch in hh. wir verstehen uns überraschend gut, und für einen moment denke ich, wäre ich jetzt single, hätte ich nichts dagegen, ein wenig herumzuknutschen.

gegen vier will die mütze aufbrechen und drängt mich, noch mit auf eine andere party zu kommen. ich passe und fahre lieber nachhause, wo ich um halb fünf erschöpft in die federn krieche, bis um 7:17 uhr die erste luxus-nachricht des sonntags auf meinem handy plingt:
was macht meine frau?
schlafen, tippe ich zurück.
musst du dich von mir erholen, will der luxus-mann wissen.
so ähnlich, schreibe ich zurück. du weißt ja, was ausschlafen betrifft, haben wir nicht dieselbe definition.

ich habe eigentlich viel lust, von meinem abend und der mütze zu erzählen, unterlasse es aber lieber erstmal. aus der ferne gibt es sonst nur wieder streit.
vielleicht erzähle ich es demnächst aber dem objekt.
und bis dahin erstmal diesem blog.




Donnerstag, 12. September 2019

undsoweiterundsofort

john neumeier ballett - immer wieder ein (sommernachts)traum. ja, ich bin immer noch partygirl oder vielmehr party-omma, aber kultur kann ich halt auch. und dem puck hätt ich auch gern auf den arsch geklatscht. obwohl es schon kinky war, dem oberon-elfenkönig dabei zuzusehen.

das zweite wochenende in folge strohwitwe. hallo hamburg. ich bin die frau, die derzeit verwirrt durch altona schleicht und nicht so recht weiß, was sie mit sich anfangen soll. zum trost gibts erdbeer-milchshake von der bekannten fastfood-kette. wenigstens nicht so viel alk. abends verkrümle ich mich dann nach luxus-hausen und atme den luxus-duft, der im kopfkissen steckt.

weil die frühere objekt-wohnung nur einen katzensprung von meiner aktuellen entfernt ist, laufe ich da nun öfter mal vorbei. jedesmal brennen sich die tränen durch die augenlider. nicht nur aus trauer. sondern auch, weil das objekt und ich uns immer noch kennen, aller widrigkeiten zum trotz. das ist so unfassbar wunderbar, dass ich es kaum glauben kann. das hat magie und bringt meine kleine seele mächtig in aufruhr. genau das ist die intensität, die ich brauche.

ansonsten viel typo3. ich baue und bastle. gründlich sein und frickeln liegt mir jedenfalls. das kann ich acht stunden, ohne auf die uhr zu gucken.

und sie so?



Donnerstag, 5. September 2019

der hausgeist

seit einigen wochen passieren ab und an merkwürdige dinge in luxus-hausen. das licht im flur geht nachts an und aus, ohne dass jemand den schalter berührt. ebenso der fernseher. wir nennen das phänomen liebevoll den "hausgeist".

vor ein paar tagen erzählt der luxus-mann, dass er nachts von geräuschen aufgewacht sei:
"das war ein ganz lautes klacken, mehrmals in abständen hintereinander, und es kam aus der küche. und du kennst mich ja, ich glaub nicht an irgendwelchen religiösen quatsch oder geister-scheiß, aber ich hab mich total gegruselt. es fühlte sich an, als wäre da jemand in der wohnung, aber jetzt nicht so n einbrecher oder so."
"bist du nachgucken gegangen?"
"nee", gesteht der luxus-mann. "das war mega gruselig, ich hab die bettdecke über den kopf gezogen und gehofft, dass das weggeht."
am nächsten morgen habe er dann in der küche nachgeschaut, ob etwas im kühlschrank  oder in einem der regale umgekippt oder abgestürzt sei, doch alles war ganz normal.

als ich den luxus-mann gestern besuche, ist er ganz gerädert, denn er hat abermals schlecht geschlafen.
"du wirst es nicht glauben, aber mitten in der nacht geht hier auf einmal die heiztherme an", berichtet er. "ich hab mich tierisch erschreckt, denn wenn die hochfährt, piept die ganz laut."
der luxus-mann schwört, er habe die therme nicht angefasst und auch nicht an der waschmaschine hantiert, die sich neben der therme befindet.
"danach musste ich aufstehen, um die heizung wieder auszuschalten, da hatte ich wieder dieses grusel-gefühl. ich konnte dann ewig nicht mehr einschlafen."
"klingt fast, als hättest du hier wirklich nen geist", lache ich.

abends liegen wir im bett und lauschen ins dunkel.
"irgendwie finde ich das gerade ein bisschen unheimlich hier", sage ich. "nach allem, was du mir erzählt hast. und das mit dem licht und dem fernsehen hab ich ja selber schon so oft miterlebt. ich dachte halt, da hantiert jemand in der nachbarwohnung mit ner fernbedienung und erwischt ab und an unsere frequenz. aber so alles in allem ist das schon recht sonderbar."
"ich glaub ja eigentlich überhaupt nicht an sowas, aber so langsam... weiß ich nicht", gibt der luxus-mann zu.
"naja, ist ne alte wohnung... hier sind wahrscheinlich auch schon leute drin gestorben. vielleicht..."
"hör auf! da will ich jetzt gar nicht dran denken, sonst kann ich wieder nicht schlafen!"

irgendwann muss der luxus-mann dann aber doch eingeschlafen sein, denn ich erwache von seinem schnarchen. doch außer dem schnarchen ist da noch ein weiteres geräusch. wasserprasseln, denke ich, und überlege kurz, ob es draußen regnet. doch ich bin so im halbschlaf, dass ich gleich wieder weiterpenne.

heute morgen beim zähneputzen entdeckt der luxus-mann dann eine wasserlache in der badewanne.
"oh fuck, meine dusche tropft", ärgert er sich. "und nicht zu knapp, wie das aussieht. muss ich mal dem vermieter bescheid geben."
"da lief heute nacht das wasser", sage ich.
"quatsch", meint der luxus-mann. "so n duschkopf tropft eben manchmal."
"doch, ich bin davon aufgewacht. das hat richtig geprasselt, so wie regen. oder wie wenn da jemand duscht. guck mal, da neben der wanne ist auch wasser!"

in der tat schwimmt auch unter dem badezimmerregal ein pfütze - so, als wäre die wanne undicht oder als habe es von der decke geregnet.
"jetzt wirds aber wirklich merkwürdig!", findet der luxus-mann. "muss ich denn nun nen klempner oder nen exorzisten rufen?"

wie auch immer - wir finden, unser hausgeist muss dringend über die themen strom- und wasserverschwendung aufgeklärt werden. sonst wird das künftig nichts mehr mit der friedlichen koexistenz.


Montag, 2. September 2019

herzklopfen mal anders

gegen 22 uhr klingelt das telefon und der luxus-mann ist dran.
"mir is ganz komisch. ich glaub, ich hab schüttelfrost."
ich bin total verblüfft, denn wenige stunden zuvor war ich noch in luxus-hausen und der mann putzmunter.
"schüttelfrost?! hast du wieder magendarm?"
"nee, ist glaub ich kreislauf oder so. kann das sein? mir gehts irgendwie nicht gut, das macht mir jetzt sorgen. kannst du mir sagen, was das ist?"
"öhm. warte mal."

ich google schnell kreislaufprobleme und schüttelfrost, bekomme aber keine ergebnisse. dann mir fällt ein, dass ich sowas manchmal nach zu vielen energy drinks habe. koffein-schock oder so.
ich rufe den mann zurück.

"hast du heute vielleicht zu viel kaffee getrunken? nachdem wir ja die ganze nacht unterwegs waren und kaum gepennt haben?"
der luxus-mann überlegt.
"hm, das kann sein."
mir fällt auf, dass er nicht richtig sprechen kann. seine zähne schlagen aufeinander.
"das muss ja ein heftiger schüttelfrost sein. leg dich mal besser hin."
"hab ich schon. mir ist ganz kalt, ich liege unter zwei decken."
"und trink mal was. also keine cola, sondern wasser. in kleinen schlucken, damit dir nicht schlecht wird."

"wird das irgendwie n bisschen besser jetzt?" will ich nach ein paar minuten wissen.
"nee. eher schlimmer", meint der luxus-mann. "ich kann meine beine und arme nicht mehr richtig steuern, das zittert alles und verkrampft sich."
"sicher, dass das kreislauf ist?" bin ich misstrauisch, denn das passt in meinen augen irgendwie alles nicht zusammen. "kannst du mal deinen blutdruck messen?"
"ok, ich ruf dich gleich wieder an."

"205 zu 148", vermeldet der luxus-mann kurze zeit später.
"alter!" sage ich entsetzt.
"zu hoch, ne", ächzt mein mann.
"aber hallo", sage ich.
"krass, dass der blutdruck jetzt so hochschießt. das war doch noch nie. ist das wegen dem schüttelfrost?"
"ich glaub nicht, dass das schüttelfrost ist. vielleicht zitterst du, weil dein blutdruck so hoch ist."
"meinst du? aber wär mir dann nicht zu heiß?"
"ich bin keine ärztin, aber ich glaub, ich ruf mal besser einen an."
"nee, lass mal. ich bleib einfach liegen, das wird schon besser werden."

kaum hat der luxus-mann aufgelegt, wähle ich die rufnummer des ärztlichen notdienstes. fragen wird ja wohl erlaubt sein, denke ich mir. wenigstens sollten mir die sagen können, ob ich abwarten kann oder einen krankenwagen rufen muss.

beim notdienst geht eine resolute frauenstimme ran.
"205 zu 148!" ruft sie, als ich die symptome und die werte geschildert habe. "ich gebe das gleich an unseren arzt weiter, der kommt vorbei."
"ähm, brauchen wir den denn? mein freund weiß nämlich gar nicht, dass ich sie jetzt angerufen habe... ich wollte eigentlich nur kurz wissen..."
"geben sie mir mal seine nummer!" unterbricht mich die frau sehr bestimmt. dann legt sie gleich auf, um den luxus-mann anzuklingeln.

ich warte zehn minuten, dann rufe ich erneut in luxus-hausen an. hoffentlich ist er nicht sauer, denke ich, denn mehr als ärzte hasst der luxus-mann nur hysterie und übertriebene aktionen.
"ähm, du, ich hab da jetzt beim notdienst angerufen... und das hat so ein bisschen eigendynamik bekommen, als ich sagte, wie hoch dein blutdruck ist... da kommt jetzt jedenfalls gleich ein arzt..."
"ich weiß", stammelt der luxus-mann. "und hoffentlich beeilt der sich!"

das ist so untypisch für den luxus-mann, dass ich weiß, es ist wirklich ernst.
"ich komm rum", sage ich und springe schnell in jeans und pulli."mach doch schon mal die tür auf. nicht, dass du uns hier gleich ohnmächtig wirst und wir dann nicht mehr in deinen hochsicherheitstrakt kommen."
"gute idee", sagt der luxus-mann schwach.

als ich eintreffe, stehen schon zwei rettungswagen vor der tür. drinnen sind sechs mann zugange und verdrahten den luxus-mann mit einem ekg, während der arzt wissen will, ob er trinkt, drogen eingeworfen oder irgendwelche medikamente genommen bzw. nicht genommen hat. dann bekommt er ein spray, das den blutdruck runterfahren soll.

"170 zu 110", notiert der arzt zufrieden nach einer weile. "das ekg sieht gut aus, mit dem herzen ist alles in ordnung, da haben sie glück."
"was war das denn jetzt", fragt der luxus-mann, dessen kopf so rot aussieht, als würde er gleich explodieren.
"das kommt vom bestehenden bluthochdruck", meint der arzt. "das kann durchaus mal passieren, vor allem, wenn dann noch stressfaktoren dazu kommen wie seelische oder körperliche belastung, zu viel alkohol... oder wie jetzt so ein wetterumschwung... dann kommt es zur hypertensiven krise und solchen anfällen."

"und jetzt?" frage ich.
"legen wir ihm einen zugang und nehmen ihn mit zur beobachtung ins krankenhaus", antwortet der arzt.
"zugang?!" echot der luxus-mann und will sich von der couch aufrappeln. "warum das denn? das will ich nicht."
"damit wir ihnen eine infusion geben können."
"nee nee! keinen zugang! und ich will auch in kein krankenhaus."

der arzt sieht mich fragend an. ich zucke die achseln und rolle die augen.
"also, wenn ihre freundin bei ihnen bleibt, müssen sie nicht unbedingt ins krankenhaus", sagt er dann zögerlich. "auch, wenn es wirklich besser wäre! aber allein bleiben dürfen sie jetzt auf keinen fall."
"komm, jetzt sei nicht so blöd", stupse ich den luxus-mann an, doch der bleibt stur.
der arzt guckt ungeduldig. 
"na gut, ich bleibe da", erkläre ich mich dann einverstanden. "was muss ich denn im ernstfall machen?"
"112 rufen", sagt der arzt."ob er dann will oder nicht, damit ist nämlich nicht zu spaßen. und morgen früh soll er sich gleich bei seinem hausarzt melden. der bluthochdruck muss behandelt werden."
er drückt mir einen arztbrief und den wisch mit den ekg-aufzeichnungen in die hand, verabschiedet sich und zieht mit seiner truppe von dannen.

"alter", ächzt der luxus-mann und sinkt wieder zurück auf die couch. "danke."
"dafür nich", sage ich und setze mich zu ihm. "wie isses denn jetzt?"
"schon viel besser. aber ich glaub, ich kann noch nicht schlafen, ich bin noch ganz aufgedreht."
"kein wunder."

erst weit nach ein uhr kuscheln wir uns ins bett.
"mir tut alles weh, auch die brust", klagt der luxus-mann.
"wenn das alles so gekrampft hat."
"davon wirds wohl kommen... komisch, was so ein körper manchmal macht! das war echt unheimlich!"
"ich hab dir ja immer gesagt, dein blutdruck ist nicht ganz ok."
"ich glaube ja, du killst mich", sieht mich der luxus-mann liebevoll an.
"meinst du."
"ja. wundert mich, dass das nicht beim ficken passiert ist."
"vielleicht nächstes mal."
der luxus-mann kneift mich.
"nix nächstes mal! das will ich nie wieder erleben!"

jetzt schauen wir mal, wie es weitergeht und was der hausarzt spricht.