nach fünf tagen versuchskarnickeln habe ich einen neuerlichen termin in der anstalt. meine psychiaterin fragt nach der wirkung. ich berichte ihr von den kreislaufproblemen, den krassen kältegefühl und der tatsache, dass ich mich weder klar noch wach, sondern eher todmüde fühle.
"ich glaube, das zeug geht mir tierisch auf den blutdruck. als ich gemessen habe, war der nur noch 55 zu 96."
"das liegt aber nicht am medikament", meinte die psychiaterin.
"doch. ich hab zwar niedrigen blutdruck, aber nicht so. außerdem haben sie den neulich bei mir selber gemessen, da lag der noch bei 79 zu 106."
die psychiaterin kann es nicht glauben, das sehe ich ihr an.
"sie scheinen vollkommen paradox auf das medikament zu reagieren", sagt sie dann vorsichtig.
paradox, ja, das passt natürlich zu mir. hautpsache nicht normal oder berechenbar.
wir erörtern neue möglichkeiten. entweder methylphenidat oder ein dopamin-wiederaufnamehemmer.
"den ritalinscheiß hat mir schon mal das objekt aus der klinik mitgebracht, danach war ich ängstlich und verwirrt und hatte mega unangenehmes herzrasen", sage ich.
"dann lieber das andere?" fragt mich meine psychiaterin. "das müssen sie allerdings regelmäßig nehmen. da gibts dann kein wenn und aber. vor allem können sie das nicht einfach absetzen, wenn sie mal alkohol trinken wollen."
pest oder cholera, eine super wahl!
"na gut, ich nehm erstmal das ritalin", maule ich.
"dann fangen wir mit 10 mg medikinet an."
"ist das die niedrigste dosis?"
"derzeit ja."
wieder stehe ich mit einem btm-rezept in der apotheke. wieder lese ich zuhause den beipackzettel mit graus. herzrhythmusstörungen und herzanfall stehen unter den nebenwirkungen. ja, das wünscht man sich natürlich nach den ganzen qualen.
weiterhin steht da, man solle das zeug nur maximal ein jahr lang nehmen. und was dann, ihr pharma-pfeifen? soll ich mich aufhängen? a temporary solution for a permanent problem. der hirnstoffwechsel kommt ja nicht einfach so ins gleichgewicht.
weder kaffee noch alkohol dürfe ich trinken. außerdem müsse man vor einnahme möglichst viel essen. wie soll das gehen, wenn man sowieso keinen appetit hat WEGEN dem zeug.
ganz abgesehen davon frage ich mich, was das ganze langfristig mit meiner depressivität veranstalten wird. nach meinen speed-exzessen kam die depression erst so richtig zum ausbruch. so ein langfristiges down kann ich mir unmöglich noch einmal in meinem leben leisten, weder kräftemäßig noch finanziell. derzeit fühle ich mich noch angeturnt und auf unruhige, hibbelige art grundlos-dämlich euphorisch. aber ich kenne mich: die hochstimmung kann innerhalb von 30 minuten ins krasse gegenteil kippen, vor allem, wenn pms-zeit herrscht.
meine psychiaterin meint, ich könne zusätzlich gerne meine antidepressiva weiternehmen. dann darf ich mir allerdings wahrscheinlich jemanden suchen, der mir in 5 jahren eine leber spendet.
sämtliche überlegungen führen ins nichts, wie immer. ich schmeiße die packung also ganz hinten ins küchenregel und beschließe, erstmal gar nichts zu versuchen. das macht es nicht besser, aber wenigstens auch nicht schlimmer.
Setz den ganzen Dreck ab!
AntwortenLöschenSeit meiner frühesten Kindheit leide ich unter Depressionen.
Den ganzen Mist habe ich durch. Nach Heroin hielt ich mich jahrelang mit Speedballs über Wasser, doch auch hier setzt die Toleranzentwicklung ein.
Gott sei Dank bin ich in Rente und habe keine finanziellen Probleme.
Wir müssen leider irgendwann den Status Quo akzeptieren.
ich mag das wirklich auch nicht ständig nehmen. so ab und an bei bedarf, das ist für mich ok. ich denke zudem, dass man sich mit (illegalen) drogen auch unbewusst selber medikamentiert. meine liebe zu speed kam sicherlich nicht von ungefähr, und auch kiffen ist gut gegen adhs und die damit zusammenhängenden stimmungsschwankungen und schlafstörungen (habe sogar einen typ in meiner gruppentherapie, der hat sich da echt durchgekämpft und darf seit letztem jahr selber anbauen). heroin ist natürlich noch mal was anderes, ich kenne es nicht, aber ich hätte es 100pro genommen, weil es prinzipiell mein ding sein müsste. was ich bis vor kurzem nicht wusst: heroin ist deutlich weniger toxisch als alkohol. die scheiße sind nur die beimischungen, wenn der stoff von der straße kommt. das macht dich anscheinend krank. es gibt also wenig, was gegen heroin an sich spricht.
Löschenwas machst du denn aktuell gegen deine depressionen? (wenn du das verraten magst, das ist keine verpflichtende frage) kannst du das komplett ohne "stoff" (meine ich jetzt sowohl auf legale als illegale drogen bezogen) klar? andere menschen sind ja nicht so dein ding, aber tiere? garten, natur? lesen? schlafen? das wäre jetzt so meine zuflucht bzw. das, was ich auch in schwierigen phasen gut ertrage bzw. das, mir was gibt.