Samstag, 13. Juli 2019

arbeiten, warten, sterben - jobperspektiven im 21. jahrhundert

seien wir mal ehrlich: arbeit ist für die meisten von uns ein notwendiges übel mit dem einzigen sinn und zweck, kohle zu scheffeln. ideal ist es, wenn das für ein sache passiert, bei der man innerlich nicht total abkotzt, und das auf eine weise, die irgendwie erträglich ist.

ich bin in der glücklichen lage, dass es bei mir genau so ist. mein job bringt die nötige kohle, nicht mehr und nicht weniger, man lässt mich überwiegend in ruhe und auch wenn ich die sache, für die ich arbeite, nicht unterstütze, finde ich sie theoretisch zumindest interessant. ich habe nicht den willen, die welt zu verändern oder das sogar mit meinem job zu tun. weil ich weiß: das wäre narzisstischer bullshit, der zu nichts als zu einem burnout führt. ich bin also ein gut geöltes rädchen im getriebe und drehe mich eher gemächlich, denn alles andere wäre energieverschwendung.

für den luxus-mann ist es leichter - und auch wieder nicht. sein job bringt zwar sehr viel mehr kohle, was ihm ein recht komfortables leben ermöglicht. trotzdem hasst er seine branche und den aufgeblasenen vorstands- und verwaltungsapparat seiner firma mit inbrunst. zufrieden ist er nur, wenn es ihm gelingt, in seinen augen dämliche oder sinnlose projekte zu boykottieren und seine kollegen aus dem vertrieb auflaufen zu lassen, indem er ihnen die finanziellen grundlagen entzieht. obwohl er deshalb viele feinde hat, traut sich niemand, ihm etwas entgegenzusetzen.
"nö, mach ich nicht, steht so nicht in meinem arbeitsvertrag", sagt er gern, wenn jemand auf ihn zukommt. wahlweise: "wenn sie das so wollen, dann kümmern sie sich doch selber drum."
"und dafür kriegst du keinen ärger", frage ich manchmal.
"nö", sagt der luxus-mann. "die wissen, wenn sie mich rausschmeißen, bekomme ich so viel abfindung - das wäre nichts, womit man mich auch nur ansatzweise bestrafen könnte."

grundsätzlich findet der luxus-mann seinen job als belastend, da er seines erachtens dazu beiträgt, leute zu verarschen und sie um ihr geld zu bringen. weil er ein großes gerechtigkeitsempfinden hat, stört ihn das massiv. sein ziel ist es deshalb, überhaupt nicht mehr arbeiten zu müssen - natürlich ohne seinen hohen lebensstandard einzuschränken. also arbeitet er auch in seiner freizeit, allerdings für sich selbst. da er dafür extreme risiken an der börse eingeht, klappt das nicht immer so wie gewünscht, was wieder neues frustprotenzial birgt.

"was würdest du denn gern machen, also was wäre eine arbeit, die du als erfüllend empfinden könntest?" frage ich ihn oft.
"ich würde gern die finanziellen mittel für eine organisation erwirtschaften, die walfänger abschlachtet. also denen boote und waffen kaufen, mit denen sie dann die walfänger-schiffe versenken können."
"umweltschutz? dann werde doch das finanzgenie von greenpeace oder so."
"da hab ich mich tatsächlich mal beworben. aber die zahlen zu wenig, da hätte ich diese wohnung nicht halten können, nicht mit dem unterhalt für die kinder."

"und du, was würdest du machen, wenn du es dir aussuchen könntest?" will der luxus-mann dann von mir wissen.
"wenn es kein ehrenamt wäre und genug kohle brächte, würde ich gern sterbebegleitung machen. ich meine, darum gehts ja doch letztlich im leben. das würde für mich sinn machen."

trotz allem sind wir mit dem konzept working for the week-end nicht unzufrieden. sicherlich auch mangels anderweitiger größerer ziele wie weltreisen, häuslebauen oder nachwuchsplanung. ein bisschen kunst, ein bisschen kultur und immer wieder nachtleben. und warten. darauf, das was passiert. oder vergeht. und in der zwischenzeit natürlich gut ficken.

wozu war der mensch auf der welt? zum sterben. und was hieß das? rumhängen und warten. (...)
aber trouble und schmerzen, das hielt den mensch am leben. oder der versuch, beidem aus dem weg zu gehen.

charles bukowski

2 Kommentare:

  1. Das Leben ansich ist mir persönlich ziemlich egal. Resourcen schonen...Ahahahaha. Mir langt es, wenn es noch für meine Kinder reicht. Und wenn nicht, bin ich längst abgestorben und habe dennoch beide über alles geliebt. Quetsch dieses Leben aus wie eine Zitrone und mach das beste für dich daraus, ohne Dir bekannte Menschen zu verletzen. Ich Versuch es zumindest :)

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    1. auf jeden fall! alles, was geht. nur tot mache ich mich dafür nicht, weil der tod kommt eh früh genug. ;-)

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