der grund dafür ist etwas weniger cool. "wir haben ihm aus versehen eine zeitlang die doppelte menge nahrung verabreicht", sagt mir der pfleger. "3000 kilokalorien täglich! viel zu viel!"
trotzdem, der ästhetische effekt ist super, das objekt hat wangen bekommen und die haut an den oberschenkeln hängt endlich nicht mehr so schlaff herab.
"wollen wir ein bisschen rausgehen", versuche ich das objekt zu motivieren, das wie immer im bett liegt.
"au ja", meint es wider erwarten. "das ist... gut... gut."
also hole ich noch mal den pfleger, denn das objekt muss in den rollstuhl und eine hose braucht es auch. beides kann ich nicht übernehmen.
"soll ich rausgehen", frage ich vorher höflich, weil ich das objekt nicht in verlegenheit bringen will.
"wie du willst", grinst der pfleger.
"och, du, wir kennen eigentlich alles aneinander, das schockt mich nicht", sage ich supercool.
"du bist die exfreundin oder so, ne", fragt der pfleger.
"so ähnlich. also wir kennen uns jetzt fast 10 jahre und sind jedenfalls sehr eng befreundet", sage ich.
geschockt bin ich dann aber schon, jedenfalls habe ich noch nie zugesehen, wie ein erwachsener mensch eine windel verpasst bekommt. aber macht ja sinn, wäre schließlich blöd, wenn das objekt unterwegs in den rolli pullert.
dann schieben wir uns nach draußen.
auf dem flur versperrt uns eine frau mit rolli den weg und fragt nach zigaretten.
"hammwa nich", sage ich.
"du bist eine blöde sau", sagt die frau zu mir oder zum objekt.
ich falle fast vornüber: alter! was sind die insassen aggro!
da beginnt das objekt die frau anzubrüllen wie ein wikinger auf raubzug.
mir ist das alles mordspeinlich.
flugs schiebe ich uns aus der battlezone. glücklicherweise beruhigt sich das objekt sofort wieder.
draußen ist zum glück fast niemand und wir haben den kleinen park für uns.
"schön, dass wir hier unter uns sind", finde ich und das objekt stimmt mir zu.
"lass uns... ganz weit... weg", wünscht sich das objekt.
"dann mal los", sage ich. ein bisschen fordern will ich das objekt schon, also lasse ich es den rolli erstmal eine weile selber anschieben.
und los geht es.
"du....ich bin... so langsam", entschuldigt sich das objekt, das sich im zeitlupentempo vorwärtsbewegt.
"kein problem. das wird schon noch. hauptsache, du machst und trainierst."
"hmhm."
"weißt du noch.... du hast mir mal was erzählt... du warst damals mit deinen borderline-patientinnen im park vor der klinik, wo du gearbeitest hast... und du hast mit denen sport gemacht. und da gibts so nen kleinen berg in dem park... also eher nen hügel... und du hast mir erzählt, wie du die mädels da hochgescheucht hast. immer und immer wieder. und wie die gejammert haben: nee, ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr! - und du hast ihnen immer wieder sagt: geh an deine grenzen! und dann noch ein kleines stück darüber hinaus!"
das objekt lacht schallend.
"also gib jetzt ruhig mal alles", sage ich. "auch, wenn du morgen dann bestimmt muskelkater in den armen hast."
"hab ich... jetzt schon... muskelkater", schmunzelt das objekt.
trotzdem robbt es sich den ansteigenden weg bis fast zum ende hinauf. erst dann sagst es zu mir:
"du... ich kann... nicht mehr."
also schiebe ich das objekt noch eine runde herum, bis wir noch einmal um den park sind und wieder vor dem eingang stehen.
"jetzt wird... mir aber... kalt", sagt das objekt.
tatsächlich hat es ganz kühle hände. ich packe es sofort in meine jacke.
"wir sind gleich drin", sage ich.
vor der tür wieder die mitinsassen, die das objekt nicht mal grüßen. auch das objekt guckt stur geradeaus und sagt kein wort. also schiebe ich es fix in sein zimmer.
drinnen ist es sichtlich erleichtert.
ich gehe wieder den pfleger holen, schließlich kann ich das objekt nicht alleine aus dem rolli heben.
"moment", sagt der. dann kommt er und hilft mir, das objekt wieder ins bett zu bringen.
danach liegt es wieder in den kissen und will kuscheln. ich schmiege mich ein bisschen an und lasse mich zärtlich streicheln.
"soll ich dir noch ein bisschen vorlesen?" frage ich.
"ok. ja. gutgut."
also lese ich ihm wie immer blog-geschichten von uns beiden vor. ein paar mal lacht es herzlich, doch nach rund einer weiteren stunde sagt es:
"ich... kann nichmehr."
ich verstehe - die körperliche anstrengung war vermutlich doch etwas ungewohnt.
"willst du dich ein bisschen ausruhen?" frage ich.
"ja. ok. gut gut."
"alles klar. dann geh ich jetzt, ok? oder soll ich bleiben, bis du eingeschlafen bist?"
"nee.... weil dann... ich will... einen kuss!"
immerhin weiß das objekt stets, was es will, und das macht es mir einfach.
"gut, ich kann so in zehn minuten los."
"dann... lass uns... die zeit... nutzen." sagt das objekt und breitet die arme aus.
ich krieche hinein.
das objekt streichelt mich zart. haare, schultern, rücken, po. dann schiebt es die hand plötzlich in mein kleid und verharrt mit ihr zwischen achselhöhle und brust.
ich halte die luft an. was nun?
doch dann entscheidet die zeit für uns, oder vielmehr: gegen uns.
"ich muss los", sage ich, denn ich habe nur noch 5 minuten.
"gut gut", sagt das objekt und küsst mich zärtlich.
"bis dann", sage ich. "ich komme bald wieder."
"ja... bitte... wiederkommen", sagt das objekt zum abschied.
"ich tu mein bestes", sage ich. "halt die ohren steif!"
"das... musst du... mir... nich sagen", entgegnet das objekt, und das ist so arschcool, dass ich schmunzelnd gehen kann.
draußen stehe ich unter einem brüllend blauen himmel, in einer duftenden, abgasarmen april-luft, als mein handy plingt und ich eine nachricht erhalte:
"und wie wars? gehts ihm irgendwie besser?"
der luxus-mann.
und mein herz wird ganz weit.
"das ist so wunderbar, dass du anteil nimmst", schreibe ich zurück. "das rechne ich dir hoch an."
Mann, wie schön. Euer Umgang; also, der von dir mit beiden Männern, und was da zurückkommt.
AntwortenLöschenes funktioniert zwischenmenschlich gerade alles ziemlich gut. wenn es so bliebe, wäre ich gottfroh.
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