Mittwoch, 27. Februar 2019

die angst vor ablehnung

man sagt ja, es gäbe keinen schaden ohne nutzen.

mir hat die situation mit objekt und objekt-gespielin zumindest in einer hinsicht die augen geöffnet: ich komme mit ablehnung nicht gut klar, insbesondere, wenn diese ablehnung in einen ungeregelten, unregelbaren zustand führt.

laut psychologen entsteht angst vor ablehnung vor dem 7. lebensjahr. dass ich sie habe, ist nicht schwer erklärbar: eine labile, launenhafte mutter mit der unfähigkeit, bei konflikten gelassen und versöhnlich zu reagieren, die starke leistungsorientiertheit meines vaters, sexuellen missbrauch sowie gewalt und mobbing in der ersten grundschulklasse. bis heute fehlt mir das vertrauen in gleichaltrige personen zur gänze, mit älteren geht es etwas besser.

ich kann mich gut erinnern, wie viele tage meine mutter mich ignorieren konnte, wenn ich ihrer meinung nach etwas verbrochen hatte. wie sie bei kleinsten kleinigkeiten ausrasten und zuschlagen konnte. die peinlichen inquisitionen durch meinen vater beim abendbrot: wie kommt das denn nun ganz genau, dass du in mathe schon wieder nur eine vier hast?

ich habe solche konflikte als lang anhaltende, fast unlösbare belastungen kennengelernt, die mit großer angst und anspannung einhergingen. dazwischen war alles von meinem bemühen geprägt, hoffentlich irgendwie gefallen zu können - oder wenn dann schon bitte nicht komplett zu missfallen. ewigkeiten konnte ich über meine fehler nicht lachen. belanglosigkeiten hat mein kopf zu katastrophen hochstilisiert. lächerlich finde ich das heute.

auch, wenn es mir seit meiner ersten langen beziehung in dieser hinsicht kontinuierlich besser ging und meine angst immer weniger wird, hat mein körper alte reaktionsmuster gespeichert. bei konflikten, in denen mir klar ist, dass es um meine person und nicht um einen ausräumbaren fehler geht, schütte ich offenbar unmengen adrenalin aus, das mich tagelang nicht schlafen lässt. alles denken kreist um die konfliktsitaution und es dauert manchmal wochen, bis sich das wieder legt. dazu kommen körperliche symptome wie starke kopfschmerzen, schwindel, übelkeit, tinnitus und ohnmacht.

wie so oft eine frage dessen, wie man gedanklich einfluss auf emotionen gewinnt. das war die kardinalsfrage, die mir auch keine therapie beantworten konnte. es scheint für immer gespeichert und kann anscheinend nicht gelöscht werden. wie eine geschwulst oder ein narbe, die auf einer bestimmten gehirnwindung sitzt und nicht abfällt.

einzig linderung verschaffen mir menschen, auf die ich in solchen situationen zählen kann. ich weiß allerdings nicht, ob das gut ist, denn so lässt sich die abhängigkeit vom wohlwollen anderer nicht lösen. ich will doch nur frei sein.

wie geht das, bitte?

16 Kommentare:

  1. Ich weiß zwar, dass Deine letzte Frage eine rhetorische Frage war - aber ich denke, darauf gibt es auch keine allgemein gültige Antwort. Dazu sind wir Menschen viel zu verschieden und unsere Prägungen genauso individuell.

    Man sagt mir nach, ich sei extrem anpassungsfähig und würde dabei mich selbst vergessen haben. Um eben angenommen und auch geliebt zu werden. Ich glaub schon, dass da durchaus was dran war. Als ich noch 15, 25, 30 war. Nach einer "Initialbegegnung" inzwischen nicht mehr. Ich habe gelernt, mich abzugrenzen, Nein zu sagen und auch bewusst darauf zu schauen, wer mir guttut und wer nicht. Mich gelöst von Menschen, die mir nicht guttun. So gut das geht, im Job und so ist das natürlich weniger möglich. Und mir zum Lebensprinzip gemacht, dass man nicht von jedem gemocht oder gar geliebt werden kann - und es darauf aber auch nicht ankommt. Für mich ist wichtig, bei mir selber bleiben zu können. Und entweder passe ich so zu jemandem oder ich passe nicht. In der Liebe wie in der Freundschaft.
    Und womit beginnt das alles? Mit der Erkenntnis dessen, wer man selber überhaupt ist, wie man tickt, was man liebt und was man nicht mag.
    Dass man zuallererst sich selbst annehmen muss.
    Ein langer, sehr langer und auch echt schmerzhafter Weg. Ich bin froh, losgegangen zu sein, bevor ich zu lange drüber nachdachte und über etwaige Konsequenzen nachdachte. Vielleicht hätte ich es sonst auch nicht gemacht.

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    1. ich denke, ich gehe diesen weg auch bereits, aber ich bin noch lange nicht am ziel. vermutlich geht man ihn ein leben lang und "arrangiert" sich mit der behinderung, die einem in jungen jahren zugefügt wurde.
      ich weiß, dass ich weiter dran bleiben muss. vielleicht habe ich auch irgendwann meine initialzündung.

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  2. Wieder einmal vielen Dank Frau Morphine, dass es Ihr Blog gibt. Von solchen Zusammenhängen hätte ich für mich selbst gern schon einmal früher erfahren.

    Vielleicht kann man sich die Brücke bauen, dass die Menschen, auf die man zählen kann, nicht die letzten Penner sind und auch auf einen verzichten könnten. Man also selbst gar nicht so schlecht sein kann...

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    1. genau das empfinde ich auch als sehr hilfreich. wie gesagt besteht da aber die gefahr, dass man sich wieder im positiven sinne abhängig macht. das ist bspw. eine gefahr bei sexualität bei mir: ich bin sehr offen und habe auch wirklich gern sex, aber ich weiß auch, dass ich damit männer verzücken und verliebt machen kann. also laufe ich gefahr, sexualität mehr oder minder bewusst dort einzusetzen, wo ich einfach geliebt werden möchte. und schwupps, stelle ich mir selber ein bein.

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    2. Hallo Frau Morphine,

      darauf hätte ich all zu gerne eine alles lösende Antwort für Sie parat...

      Ich finde es immer hilfreich zumindest seine eigenen Muster zu kennen, um immerhin ein wenig Handlungshoheit zu haben.

      Aus Ihrem Blog erdreiste ich mir das Urteil, dass Sie neben etwas angenehmen Halli-Galli eine andere Tiefe zu bieten haben, die man nicht so oft findet.

      Aber das ist von mir hier - anonym - leichter geschrieben, als real selbst aufgenommen.

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    3. vielen dank. das mit der tiefe habe ich jetzt schon ein paar mal gehört und ist unter anderem das, was mein luxus-mann so an mir schätzt. also kanns so verkehrt auch nicht sein, zu den depressiven grüblern zu gehören. ;-)

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  3. Ich denke, man kann nur immer weiter trainieren - sich also den Panikreflex nach und nach abtrainieren. Das kann bestimmt lang dauern und ist vielleicht auch nie ganz abgeschlossen, aber man kann zumindest hinarbeiten auf einen entspannteren Umgang, auf die Freiheit von solchen Angstzuständen.

    Darunter verstehe ich jetzt solche Dinge wie "sich möglichst zu festigen", also Anlaufstellen zu haben oder zu kreieren; bspw. Menschen und Tätigkeiten, die man gern hat, beibehalten. Damit die auf jeden Fall noch da sind - unabhängig davon, ob jetzt eine wichtige Stütze wegbricht. Sich deren Existenz dann in Erinnerung rufen, oder Mantra-artig aufsagen, wenn die Panik auszubrechen droht. Vielleicht hilft auch 'Achtsamkeit', um früher zu bemerken, dass die Panik einsetzen könnte, ihr also früher entgegen wirken zu können. Sowas kann man ja mit Meditation u.ä. üben. Aber ich nehme mal stark an, dass Therapeuten solche Vorschläge schon gebracht haben, und sie dir nicht nützten?

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    1. üben ist vermutlich das stichwort. immer wieder bewusst machen, immer wieder in sich reinlauschen, was geht da vor und welche mittel könnten jetzt helfen.

      ich habe ja zuletzt eine verhaltenstherapie nach linehan gemacht, wo man mit "skills" solche zustände überbrücken lernen soll. das dumme ist, man hat irgendwann ganze skill-ketten und arbeitet die mit dem einem innewohnenden eifer zum gut-sein ab, aber irgendwann sind die dann abgearbeitet und die anspannung schlägt wieder zu. das ist der schwachpunkt des skill-trainings, den auch das objekt zugegeben hat, als es noch gearbeitet hat.

      anspannung zeitlich verschieben kann ich aber bspw. auch, indem ich was mit dem luxus-mann unternehme. das nutzt genauso wenig, denn in einem unbeschäftigten moment kommt alles zurück - manchmal stärker als zuvor und mit den genannten körperlichen symptomen (die kleine ohnmacht zuletzt war bspw. einer panikattacke geschuldet, ausgelöst durch dieses zuviel an anspannung, hat mir meine psychiaterin erklärt).

      meditation ist super. klappt bei mir aber nur, wenn ich mich konzentrieren kann. ausgerechnet seit dieser schwierigen zeit kann ich nicht mehr meditieren, obwohl ich sogar eine ganz gute app dafür habe.

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  4. Wenn ich das lese, möchte ich dich einfach nur in den Arm nehmen.
    Die Vergangenheit ist geschehen und läßt sich nicht abschütteln.
    Ich kann nur von mir sprechen - bin Mutter (also die andere Seite der Medaille) hab jung geheiratet, von Haushalt, kochen Kindererziehung etc. null Ahnung. Ich sollte sozusagen das Trockenschwimmen erlernen. Nebenbei der Vollzeitjob. Immer immer unter Strom, alles sollte perfekt sein. Es,war so usus. Normal. Wir jungen Mütter waren teilweise überfordert. Und sind schnell m a l ausgerastet, auch bei Kleinigkeiten. Will ich mich entschuldigen? Jetzt mit Abstand bestimmt, plagen mich Schuldgefühle. Ich war nicht vorbereitet und überfordert.

    Aber meine liebe Morphine, darauf will ich hinaus, versuche doch bitte die Überreakionen deiner Mutter nicht auf dich zu beziehen. Bestimmt war auch sie überfordert, sie konnte es nicht besser. Und der Vater war der Matcho in der Familie und hat alle Schlimmer gemacht. Mit dem guten Gefühl, das Richtige zu tun.
    Ach, weißte, lernen ist unsere Aufgabe in diesem Leben, keiner ist perfekt, wir sind unfertige Menschlein. Du grübelst als Tochter - ich als Mutter (stellvertretend für meine Probleme, ähnlich den deinen,nur andershrum). Was wichtig ist, ich hab meine Kinder trotz aller Unzulänglichkeiten meinerseits immer geliebt.

    Es war, denk ich, von den deinen Eltern nicht persönlich gemeint - hab keinen besseren Begriff - die “Attacken“ damals auf's Kind,es waren die damaligen Umstände - versuch's doch mal so zu betrachten. Die wußte es nicht besser!
    Versuche es abzuschütteln -
    Du hast dich zu einer tollen charmanten Frau entwickelt, hast Anerkennung im Berufsleben und trotzdem hinkt dir das kleine Mädchen immer noch hinterher, steckt in dir. Versuch es lieb zu haben, umarme es. Du bist trotz allem eine starke Frau, sonst hättest du es nicht geschafft, hier zu bestehen.

    Bissel Abstand - Buch zum Wegbeamen, dazu Schokolade mal üppig, hilft bissel, Herzchen wird leichter.
    (Objektfreundin ist furchtbar eifersüchtig, klar, auch menschlich, versuch's zu ignorieren)

    Wir kennen uns nicht, aber ich wollte versuchen, dich ein wenig aufzumuntern, zu stärken.

    Grüße vom Ostseestrand

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    1. das glaube ich auch, dass meine mutter damals überfordert war. sie hat auch mal zugegeben, dass sie es gehasst hat, als ich ein baby war und "man nichts mit mir anfangen konnte". meine mutter war früher eine sehr lebenslustige frau, bestimmt nicht zur vollzeit-hausfrau berufen, wie sie es lange zeit war, vielleicht auch nicht wirklich für meinen sehr introvertierten vater bestimmt. man ist aber halt zusammengeblieben, bis heute und hat sich gegenseitig assimiliert.

      ich werfe meinen eltern im nachhinein nichts vor. ich liebe sie wirklich und ich weiß auch, dass sie mich auf ihre art lieben. sie sind gute menschen, aber sie waren trotzdem nicht immer gute eltern. wäre ich aus einem anderen holz geschnitzt oder hätte ich wenigstens geschwister gehabt, wer weiß - wahrscheinlich wäre ich wesentlich stabiler.

      der knackpunkt ist: trotz meines wissens ändert das meine emotionale "behinderung" nicht. die gedanken sind unfähig, die gefühle in den griff zu bekommen. das kleine mädchen ist zeitweise schwer erziehbar, sozusagen. ;-)

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  5. Die Frage kann ich leider nicht beantworten.

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  6. Hey, ich lese Dein Blog unheimlich gerne, kommentiere aber normalerweise nicht, sorry, wenn das deshalb jetzt wie ein Überfall wirkt, aber hier kann ich kurz fachlich etwas beitragen:
    Gedanklich Einfluss auf Emotionen zu nehmen, versucht in erster Linie die kognitive Verhaltenstherapie. Die ist bei frühen Störungen (was Du in Deinem Post mit "Angst vor Ablehnung entsteht vor dem 7.LJ" beschreibst) aber seltenst indiziert, da die Störung zu einer Zeit ihren Ursprung fand, in der Erleben wenig rational verarbeitet wird oder sogar in vorsprachlichem Entwicklungsstand. Klassische psychodynamisch orientierte Psychotherapie würde deshalb eben an einer behutsamen Reaktivierung der Gefühle von damals arbeiten und durch die (idealerweise - leider ist das ja oft nicht so) Vertrauensbeziehung zur*m Therapeut*in kann die*er Patient*in diesmal gehalten und beschützt da durchgehen und merken, dass solche Emotionen überlebbar sind (was sie als Kind nicht sind, da sind sie eine existentielle Bedrohung). Noch fokussierter würden verschiedene Arten von Traumatherapie vorgehen, wo es in der sog. Exposition wiederum v.a. darum geht, Gefühle zu reaktivieren und zu bearbeiten, also keine gedankliche Steuerung anzustreben, da die bei so intensiven Erfahrungen selten funktioniert. Bei allem, was Dir widerfahren ist, hast Du ja zuerst körperlich und emotional reagiert, also ist es auch sinnvoll, dort den Ansatz zu wählen. Die Ratio kommt erst ganz zum Schluss. Das körperliche Echo solcher traumatischer Ereignisse, kann mit verschiedenen körperorientierten Verfahren behandelt werden, zB mit Somatic Experiencing. Das hat auch den Vorteil, dass es da weniger um Reaktivierung von Erinnerungen geht und deshalb für Menschen, die davor zu große Angst haben, manchmal besser passt. Leider klappt das alles natürlich nur, wenn die Beziehung zwischen Behandler*in und Patient*in stimmt, aber abgesehen davon, gibt es durchaus eine Antwort auf Deine Frage, wie man dieses Erleben hinter sich lassen kann. Ich bin immer wieder erstaunt, dass so wenige Professionelle sich in der Therapielandschaft auskennen und Menschen irgendwie nach Schema F behandeln, statt sie ordentlich zu beraten.
    Ich hoffe, ich habe hier keine Grenze verletzt und ich kommentiere auch nur anonym, weil ich kein Google Konto habe.

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    1. danke für die tipps, das ist sehr interessant.

      hm, die gesetzlichen kassen kennen halt nur die analytische und die verhaltenstherapie. beides hab ich ausprobiert mit mehr oder minder fähigen therapeuten.
      somatic experiencing habe ich noch nie gehört. das ist vermutlich keine kassenfinanzierte leistung? wo findet man da jemanden?

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    2. Doch es sind Krankenkassen Leistungen, denn die beschriebenen Therapieformen gehören zur Psychoanalyse und Verhaltenstherapie.

      EMDR- wäre als Möglichkeit ebenfalls interessant.

      LG

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  7. "ein bisschen gaga, aber auf dem boden der tatsachen" - ja, solche menschen sind gold wert. :)

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danke für deinen kommentar. ist er hilfreich, fair und sachlich, wird er nach freischaltung veröffentlicht. kontextfreie, rassistische und sonstige arschloch-scheiße wird sofort gelöscht.