Dienstag, 4. Juni 2024

nuthouse, nächstes kapitel

über mein gespräch mit dem oberchef darf ich nichts negatives sagen. großes verständnis für alle meine im voraus schriftlich ausgearbeiteten argumente und vorschläge. geradezu herzliche bestätigung dafür, dass ich nicht alles wissen und verstehen kann, wenn mir keiner was erklärt. 

ja, der chef ist in der tat ok. hab ich mich im vorstellungsgespräch damals doch nicht geirrt. er versucht sein bestes, was schwierig ist, weil er so rein gar nichts aus dem alltag im nuthouse mitbekommt. zum beispiel, wie ich mit herablassung und arroganz anstatt fairer unterstützung klarkommen muss. wie viele meiner fragen einfach nur mit einem oberlehrerhaft-genervten "das haben wir doch alles schon besprochen" gekontert werden, während ich auf ein wenig konkretion hoffte, um meine aufgabe nicht wieder komplett unterirdisch abzuschließen.

immerhin: eine richtige kleine fortbildung habe ich herausgeholt - für das gesamte team bzw. alle, die das entsprechende wissen benötigen. wenig, aber besser als nichts. vonseiten des teams keine große freude - man ist ja ohnehin überlastet. aber ohne mehr wissen wird die überlastung nun mal auch nicht weniger.

nach dem gespräch mit cheffe kurzzeitig erleichterung verspürt: man erwartet offenbar gar nicht so viel von mir. was sich aber tagsdrauf schon wieder relativierte, weil einer meiner kollegen mal wieder seine überforderung an mich weitergab, indem er ziemlich fies wurde. schlagartig wurde mir klar, dass mir der theoretische rückhalt von cheffe im alltag wahrscheinlich kaum etwas nützen würde.

mittags schnell eine bewerbung geschrieben. für eine stelle, bei der ich auf linkedin sehen konnte: bereits über 100 bewerbungen eingegangen. ja, interessante und menschenwürdig bezahlte jobs im marketing sind rar, eine ganze branche ist quasi permanent in bewegung. keine zeit und kein raum, schon gar nicht für empfindliche seelchen mit extra-wurst-wünschen wie mich: sei nett, zahle mir ein normales gehalt und ermögliche mir vielleicht sogar ab und an homeoffice!

die möglichkeit der kündigung immer als letzten rettungsanker vor augen. zugleich wissen: dann wird das bewerben wahrscheinlich erst richtig schwierig. alternativen erwägen, eine längere krankschreibung zum beispiel. meine psychiaterin hatte mir das letzte mal die option gelber schein angesichts meines vollkommen aufgelösten zustands fast aufgedrängt. doch probleme lösen sich nicht, indem man sie umgeht. trotzdem könnte eine krankschreibung in der zukunft ein kluger schachzug sein: im ersten schritt krank statt arbeitslos - und sich im zweiten schritt kündigen lassen anstatt zu kündigen.

so oder nicht so oder auch komplett anders. der kopf ist ein wilder eintopf aus ideen, verwirrung und sehr schwerer, zähflüssiger grundangst.

12 Kommentare:

  1. "Probleme lösen sich nicht, in dem man sie umgeht", ist der Schlachtruf alter Geister, der noch in vielen von uns steckt. Und oft denke ich, er richtet womöglich mehr Schaden an, als dass er Menschen bei ihrem Durchhaltevermögen irgendetwas brächte.

    Doch, doch: Vieles löst sich, klärt sich, entspannt sich, wenn man erst einmal sein Bündel packt und einfach weggeht, vermeidet, umgeht:
    Es gibt eine Menge Psychos da draußen, denen kommt man nicht bei mit den Werkzeugen und Methoden der gesunden Konfliktbehandlung und Argumentation.

    Hör auf Deine Psychiaterin:
    Gelbe Scheine bringen (gut brauchbare) Entspannung in Dein Leben, verhelfen manchem Vorgesetzen zu beschleunigtem Erkenntnisgewinn, aber vor Allem:

    Wenn sie zu einer Kündigung führen, vermeiden sie Dir eine mehrmonatige ALG I - Leistungssperre :-).

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    1. vielen dank für das differenzierte spiegeln der situation. es schwankt sehr in mir, die alte unbedingt-durchhalten-schule und die tatsache, dass ich am ende meiner kräfte bin.
      aktuell habe ich wieder seit drei nächsten nicht geschlafen, das nagt an mir und klopft mich weich. der rücken spricht noch einmal eine ganz eigene sprache. und natürlich der dauer-herpes. immunsystem muss ziemlich im arsch sein, mittlerweile.

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    2. Da stehen alle Parameter, die man braucht, in Deinem eigenen Text.
      Nutze die Hände, die man Dir reicht (Psychiaterin), es kommen sicher bald ein paar Schönwettertage in HH im Juni, die könntest Du nutzen zum Auftanken und Lächeln-Zurückholen :-)

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    3. ich werde die krankschreibung auf jeden fall nutzen. etwas problematisch bei krankschreibungen durch meine psychiatrie ist immer, dass die dann zwar einen neutralen stempel (die des krankenhauses) auf die ag-bescheinigung machen, aber dass der name des unterzeichnenden arztes sichtbar und damit googlebar ist. der stempel "achtung, irre" ist mir sicher, wenn sich die perso diese mühe macht.

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  2. Es ist kein "krank" machen. Es ist "eine Auszeit nehmen". Natürlich auf Kosten des Arbeitgebers, aber der hat auch die Veranlassung dazu gegeben.
    Seit 2020 bin ich in PT-Behandlung. Im Oktober 2023 hat mein PT gesagt, so gehen sie mir nicht mehr in die Arbeit. 3 Wochen AU. Das hat richtig gut getan.
    Ich denke, das könnte Dir auch helfen. :)

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    1. ich werde auch drauf zurückkommen. wichtig ist nur der zeitpunkt. wie ich oben beschrieb, mache ich mich mit der krankschreibung transparent. es wäre für mich aber die lösung, wenn ich ohnehin auf eine kündigung hinarbeiten will.

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  3. Man würde Ihnen so gerne helfen!
    Wären Selbständigkeit/freelance bei dem was Sie tun eine Option? Die ärgsten Psychopathen könnte man dann vorab aussortieren.
    Ich war über fast eine Dekade in einer ausweglosen Situation. Als es überstanden war, bin ich mental und körperlich eingeknickt und ging 6 Wochen zur Reha. Die ein Witz war, bin eigentlich nur schwimmen gewesen und bei den Terminen mit Anwesenheitspflicht. Aber die Auszeit tat gut.
    Sie werden einen Weg finden. Lassen Sie nicht zu, dass Sie unter diesem Job zusammenbrechen!

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    1. vielen dank. :-) selbstständigkeit hatte ich lange zeit (komplett, seit 2012 nur noch nebenberuflich). bringt als texterin fast überhaupt kein einkommen, insbesondere in zeiten von ki, wenn jeder volli sein zeug selbst schreibt. abgesehen davon bin ich dann wieder im rentendilemma... künstlersozialkasse hilft da auch nix, hab ich alles schon durch.

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  4. @ Künstlersozialkasse warst Du da automatisch drin oder musstest Du Dich anmelden? Ich bin in meinem Bereich dafür zuständig, die zu ermitteln und an die Kasse zu zahlen. Ich wurde darin geschult, so richtig fehlt mir immer noch das Verständnis, wie das Geld beim "Künstler" ankommt und auch in der angemessenen Höhe.

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    1. ich habe mich damals als angehörige freier berufe bei der ksk gemeldet und bin problemlos reingekommen. über das interne procedere
      kann ich dir auch nichts sagen. fakt ist,
      ich bekam einen anteil von meinem verdienst abgezogen (bei mir waren das glaub ich um die 250 € bei rund 1.500 € brutto), und darauf packt die ksk noch mal ungefähr denselben anteil, ähnlich wie ein arbeitgeber. so kommt der sozialversicherungsbeitrag zustande. anfangs hatte ich sogar eine arbeitslosenversicherung dabei für rund 20 € im monat, die stieg dann aber sukkzessive auf 200 € und da hab ich sie weggelassen. das war alles 2010/11, also k.a. wie das aktuell ist.

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    2. Vielen Dank für das füllen meiner Wissenslücke. ☺️ Wir zahlen erst einen bestimmten Prozentanteil für die künstlerische Leistung in die Kasse ein, wenn sie erbracht wurde. So läuft das also gut unabhängig voneinander. Man wird als Unternehmen regelmäßig überprüft, dass man auch ordentlich meldet und zahlt.

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    3. ich kann mich dunkel erinnern, dass meina frühere agentur das auch musste.

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