Freitag, 25. März 2022

solide

vor rund zehn jahren, im februar 2012, habe ich aufgehört, chemische drogen zu nehmen. amphetamine habe ich bis dato nie wieder angerührt. im sommer 2014 gab es noch mal eine kurze phase auf koks, aber das war es dann tatsächlich - bis heute.

beim luxus-mann ist die drogenzeit noch länger her, wobei er anders als ich nie durchgehend welche genommen hat. sein letztmaliges erlebnis war in venezuela in seinen wilden dreißigern, wo er von zwielichtigen gestalten am strand eine riesige tüte rosa koks für einen spottpreis kaufte. und dann tage später nackt in seinem appartment in einer ecke auf dem fußboden wieder zu sich kam, ohne erinnerung und ohne gefühl für ort oder zeit. das, sagt er, fand er nachträglich sehr erschreckend.

ich habe aufgehört, das frühere high derart zu vermissen, dass mich die sehnsucht in akute versuchung führen könnte. das liegt womöglich auch daran, dass ich kein upper-typ mehr bin. der wunsch nach ruhe überwiegt alles. meine entspannung suche ich in gelegentlichem kiffen und dem feierabenddrink, und damit bin ich wahrscheinlich so grundsolide wie viele. gelegentlich der gedanke, mal ein blech zu rauchen, aber mangels objekt-dunstkreis fehlen mir dafür glücklicherweise jegliche verbindungen.

ob und wie weit sich meine verbrutzelten synapsen erholt haben, kann ich nicht sagen. vielleicht hätte ich ohne drogen niemals depressionen in diesem ausmaß erlebt. oder war ich schon immer so drauf und habe deshalb erst drogen genommen? fragen, die ich mir niemals mit 100-prozentiger gewissheit beantworten können werde.

ich wüsste gerne, ob das objekt drogen vermisst. bei einem meiner besuche habe ich ihm vom kiffen erzählt, woraufhin es mich anbrüllte, ich solle still sein. doch da ich nicht glaube, dass es sich eigenständig aktiv an die vergangenheit erinnert, könnte es sein, dass es den früheren rausch tatsächlich weitgehend vergessen hat.

der wahnsinnige doc aus meiner heimat hatte mir stets prophezeit, ich würde an herzstillstand sterben, und das aufgrund meines konsums sehr früh. inzwischen hat er sich auf einen tödlichen fahrradunfall verlegt. wenn er wüsste, dass ich inzwischen vernünftigerweise sogar eine helm-airbag besitze, würde er das sicherlich auch noch mal überdenken.

Samstag, 19. März 2022

duck and cover

gestern abend durch ottensen geradelt, weil ich ja derzeit dort wohne. mit dem fahrrad ist trotz zahlreicher baustellenbedingt gesperrter straßen kaum ein durchkommen, weil einem an jeder ecke besoffene vollspacken in die speichen laufen.

ottensen ist in seiner wochenends-feierintensität inzwischen ähnlich widerlich wie schanze oder st. pauli - auch wenn das schnöseltum dort stärker vertreten ist, gentrifizierung sei dank. man rollt also seltener mit dem e-scooter an, sondern lieber mit vaddis penisprothese. 

das tut der intelligenzbefreiten enthemmung jedoch keinen abbruch. die üblichen lokalitäten sind - sicherlich auch frühlingsbedingt - brechend voll, und das brechend ist wörtlich zu nehmen, denn kotzpfützen pflastern meinen weg, höchste dichte wie immer am alma-wartenberg-platz, wo pinneberger teens vorm aurel mit den heute-heb-ich-einen-weil-mutti-es-erlaubt-hat-papis vom familieneck verschmelzen.

entsprechend froh bin ich, als ich endlich zuhause bin, flauschen mit den katzen, gin tonic im kühlschrank, terrasse für mich alleine, netflix auf 1849972627940 millionen zoll im fernseh-zimmer, später fette schaumparty in der badewanne.

viele fieberten ja diesem "freedom"-day entgegen als gäbe es kein morgen. auch ich habe vor zwei jahren mal gedacht: boah, disco, das wär mal wieder geil. inzwischen kann ich mir das kaum mehr vorstellen. 

zwei ausgehversuche endeten mit multiplen warnungen in der corona-app, vor allem aber mit menschenekel deluxe. einen anlauf richtung kneipe verwarfen meine freundin m. und ich nach umfangreichen diskussionen, zunächst mit dem c-argument, später, weil wir beide zugeben mussten, dass wir eigentlich NULL BOCK auf dumme wichsfressen hatten, mein kühlschrank sowieso die besseren drinks hergibt und man in meiner wohnung bedenkenlos kiffen kann.

selbst der luxus-mann, der corona gerne als "kleine grippe" abtut, will trotz wegfall der maskenpflicht weiterhin maske tragen, vorzugsweise ffp2. ich tue es sowieso, nachdem ich nun immer mehr heftige verläufe mit langen nachwehen im meinem privaten umfeld erlebe - bei menschen, die jung, fit und sportlich und selbst vernünftig bis penibel im beachten der regeln sind. was zeigt: du kannst dich nicht schützen, wenn es andere nicht auch tun.

die freiheit des einzelnen endet dort, wo die freiheit des anderen beginnt, sagt kant. doch kantianische vernunft hat längst keine gültigkeit mehr, weil der begriff "freiheit" permanent gangbangmäßig vergewaltigt, emotional-egozentrisch vollgewichst und danach wie "nachhaltigkeit" oder "wahrheit" oder "frieden" auf den sprachstrich der bedeutungslosigkeit geschickt wird.

unsere freiheit besteht entsprechend darin, andere krank zu machen und zu töten, völkern güter und grund und boden wegzunehmen, zu morden und zu vergewaltigen, haufenweise plastik in die meere zu kippen und alles für einen baldigen exodus eines großteils der arten zu tun. jo, that´s evolution, and evolution will go on, am ende regelts also der markt, denn ein überangebot an billiger dummheit findet auf dauer keinerlei abnehmer mehr, weil die dann zum glück alle futsch sind.

und noch mal zum thema maske: bevor sie beschließen, ohne zu gehen, schauen sie gerne zuerst in den spiegel. und damit sollte sich die entscheidung gegen eine gesichtsbedeckung bei den meisten eigentlich schon erledigt haben.



Montag, 14. März 2022