Dienstag, 11. März 2025

nachwort zum weltfrauentag 2025

prolog: bevor sie jetzt als mann angst haben, zu kurz zu kommen: ja, es gibt einen weltmännertag, aber dafür müssen sie sich noch bis 3.11. gedulden. da schreibe ich ihnen auch gern was zu.

einer der vielen gründe, warum ich nicht mit einem mann zusammenlebe, ist, dass ich ihm nicht zutraue, mich als ebenbürtigen partner zu sehen und zu behandeln. das ist wahrscheinlich ein ziemlich dummes vorurteil, das ich mittlerweile erfahrungsbedingt leider gegen männer hege. ich müsste mir ja einfach nur mal einen mann suchen, der keine chauvinistische und/oder narzisstische grundhaltung pflegt. nur sind die leider nicht so leicht zu finden - vor allem, wenn man auf seniorigere semester steht und davon abgesehen selbst so ein paar bindungsbaustellen hat.

vielleicht aber spielt auch etwas penisneid in mein empfinden hinein. in der tat wäre ich manchmal gerne ein mann. nicht unbedingt nur, weil ich dann wahrscheinlich besser verdienen würde und einen chefposten innehätte. nein, ich hätte hin und wieder gerne einen männlichen körper. so wegen der muckis, verstehen sie? mit einer derartigen maschine von body würde ich kampfsportarten trainieren und mich bei langweile oder schlechter laune öfter mal mit anderen mackers kloppen. oder omis die getränkekisten nachhause tragen, nur so, zum spaß, weil ich es könnte und mich dann geil fände.

und ich hätte sehr gerne hin und wieder einen penis. denn penisse sind einfach irrsinnig praktisch. mann kann damit in der gegend herumstrullern, wie er lustig ist. einfach so, jederzeit! und dann erst der männliche orgasmus. abspritzen stelle ich mir schlichtweg als den oberhammer vor. (ich kann nicht mal squirten, aller supergeheimer geheimtipps in der "brigitte" zum trotz.)

aber mal weg vom penisneid hin zu wirklichen problemen des frauseins: den frauen nämlich.

problem nummer eins: sehr viele frauen sind nicht solidarisch mit frauen, sondern betrachten sie als konkurrenz. ich habe extrem viele schlechte erfahrungen mit frauen gemacht - mehr als mit männern. frauenfreundschaften schließe ich nur noch nach langer zeit des kennens und mit sehr großer vorsicht. manipulieren, anschwärzen, denunzieren, ausbooten - die liste weiblicher list ist lang, wenn es darum geht, konkurrentinnen aus dem weg zu räumen. wahrscheinlich ist hinterhältigkeit bei manchen so eine art erfolgsrezept, um weibliche bedürfnisse durchzudrücken, während männer einfach plump aggressiv sind und mithilfe von herumblöken und affiger drohgebährden bekommen, was sie wollen. (ich bin mir nicht sicher, was ich widerlicher finde.)

viele frauen haben zudem leider nicht verstanden, dass frau konflikte mit anderen frauen ohne einbeziehung von männern regeln kann. oft erlebe ich, dass frauen sich bei einem mann über eine andere frau beschweren - und dann erwarten, dass der mann die kritisierte frau entsprechend richtet - und sei es einfach nur durch zustimmung und heimliche missachtung. nee, mädels, das kann ich absolut nicht leiden, das gibt minus 10 von 100 punkten.

im arbeitsleben gibt es laut einer umfrage nur wenige frauen, die eine weibliche chefin einem männlichen chef vorziehen würden  (nur jede zehnte frau möchte lieber unter eine frau arbeiten). das könnte daran liegen, dass viele weibliche chefs glauben, dass sie als chefin unbedingt auch alle negativen männlichen eigenschaften zelebrieren müssen: subtiler druck, beleidigende unterwerfung, gewaltvolle kommunikation. sorry, dann habe ich lieber einen sexistischen, seibenden volldepp mit viel zu langer leitung in leitungsfunktion über mir.

trotzdem glaube ich, die welt wäre insgesamt ein wenig besser, wären mehr frauen an der macht. frauen sind:

- insgesamt gesünder und werden älter (stabiles produkt also)
- begehen seltener selbstmord (weil ihnen nicht der penis abfällt, wenn sie eine therapie machen)
- bauen weniger verkehrsunfälle als männer (soviel zu "argh, bestimmt eine frau am steuer!")
- werden deutlich seltener gewalttätig, straffällig oder obdachlos
- und erreichen in deutschland inzwischen häufiger einen hochschulabschluss als männer.

es gibt also statistisch betrachtet viel, was für frauen spricht. aber es gibt auch sehr viel, was emanzipation eben leider noch dringend aufholen muss. besagte echte solidarität. oder autonome weibliche werte statt dieses billigen kopierens männlichen gebarens. 

und nein, wir sollten auf keinen fall eine reine weiberwirtschaft aufziehen. man muss männer nämlich immer schön integrieren und beschäftigt halten. sonst fahren sie ständig mit autos in menschenmengen, und davon werden dann die gefängnisse zu voll. und die schrottplätze auch.

kurzum, muschis are still far from perfect. aber wir arbeiten dran.

Donnerstag, 6. März 2025

märzimpressionen

der cholerajob ist bislang ganz ok, der wohlfühlfaktor im moment sogar überdurchschnittlich. zwar muss ich jetzt erst mal ins büro kommen, um mich einzuarbeiten. dafür muss ich um 5:30 uhr aufstehen und eine kleine weltreise machen. aber ich kann mittags im wald spazieren gehen. tiefe ruhe, duftende luft. das hat was.

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da ich meist erst gegen 20 uhr wieder nachhause komme, muss ich zwecks einkaufen auf rewe ausweichen, der immer bis 23 uhr geöffnet hat. dort sind an der bake-off-station auch spät noch brot und brötchen übrig. was vermutlich daran liegt, dass es bei rewe einfach das schlechteste brot im gesamten universum gibt: geschmacksfrei wie ein schuhkarton, innen staubig-trocken und außen ekelhaft pappig, weil komplett in luftlochfreies plastik gewickelt. wtf?!

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500 milliarden sondervermögen. die börse ist schon steil gegangen, die milliardäre - frettchen inklusive - freuen sich und schaufeln sich die taschen voll. der kleine mann darf sich derweil mit anstehenden mehrwertsteuererhöhungen und vielleicht auch wieder steigender inflation arrangieren. effektiver kann man eine gesellschaft jedenfalls nicht weiter spalten.

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wir schreiben den dritten monat des jahres und ich bin zum dritten mal fett erkältet und habe eine fast durchgängige bronchitis. 2024 hat mich offenbar geschafft und mein immunsystem gleich mit. oder die luftverschmutzung. (jeden tag warnmeldungen, feinstaubwerte gen unendlich, lieber kein sport im freien, aber keiner schreit: meine freiheit!!!)

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enttäuschung auch in sachen mannheim. kein migrant, das heißt, kein billiges clickbaiting, keine große mediale aufmerksamkeit und auch kein söder, der irgendwo zwecks selfiemachen beim kondolieren im weg steht. aber wieder ein mann. gibt´s da nicht sowas wie bei tieren? wo männchen dann friedlich und entspannt sind und nicht überall mehr markieren müssen? 

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trotz allem ist mir nach tanzen. die hirnchemie ist auf frühling eingestellt. oder es sind inzwischen genug psychopharmaka im trinkwasser, who knows.


Samstag, 1. März 2025

mixed feelings

montag startet der neue job in der argh-entur. einerseits freue ich mich auf die kollegen, die wirklich ok sind. das problem aus dem letzten job werde ich wahrscheinlich nicht haben. anderseits fürchte ich das bekannte chaos. darüber hinaus steinige ich mich immer noch innerlich dafür, dass ich mein eigenes versprechen an mich ("nie wieder argh-entur!") gebrochen habe. auch schwer zu verknusen ist das winzigkleine gehalt, das ich jetzt sieben monate lang akzeptieren muss, wo mich doch bereits die arbeitslosigkeit finanziell ziemlich ausgehöhlt hat. nun gut, sieben monate. sieben verfickte monate muss das jetzt irgendwie mal gehen mit arschbacken-zusammenkneifen und wertschätzen, was eben geht. vielleicht entdecke ich ja auch noch das gute darin.

gemischte gefühle auch in der beziehung. ich war im februar lange bei meinen eltern und hatte zu dieser zeit schon recht wenig und eher oberflächlichen kontakt zum luxus-mann, so auf den niveau "sachliche romanze". wieder zurück in meinem ungeliebten wirtschaftsasyl gab dann zoff. der auslöser war vollkommen belanglos, aber ich verbrachte den restlichen tag wieder einmal mit einer beleidigten luxus-leberwurst. 

das habe ich zum anlass genommen, um bilanz zu ziehen. und habe gemerkt: ich habe mich innerlich einen ganzen schritt aus der beziehung entfernt. grund dafür sind genau solche merkmale charakterlicher unreife und die weigerung, als obercooler boomer-macker mal fehler einzusehen und sich selbst kritisch zu reflektieren. ich habe dem luxus-mann einen langen brief geschrieben, wie ich die beziehung sehe (derzeit höchstens mittel) und dass mich eben ein paar dinge ganz gehörig stören. die erste reaktion war enttäuschend und recht vertraut aus meiner letzten längeren beziehung vor 15 jahren: er sei ja nur so, weil ich so (schrecklich) bin. victimblaming, da verliere ich fast noch meinen rest-respekt. gerade kommunikativ habe ich unsere beziehung ja immer sehr hoch aufgehängt. die große aussprache steht bevor. mal schauen, was mich da erwartet. 

 


Freitag, 28. Februar 2025

die unsanften ungeheuer kommen

ngos wie medien-, umwelt- und verbraucherschutzverbände sind nur drei tage nach der wahl schon im visier der gleichschaltungswütigen. that escalated quickly, aber die usa haben es ja schon vorgemacht. richtig unerwartet kommt das also nicht.

mit großer sorge sollte man auf die nun anstehenden koalitionsverhandlungen blicken. mein verdacht ist, dass merz mit seinen provokationen das taktische ziel verfolgt, den ideologischen abstand zur spd bewusst zu vergrößern und die spd am ende als koalitionsunwillig und -unfähig vorzuführen. denn scheitern die verhandlungen an der scheinbaren (d.h. konstruierten) fehlenden kompromissbereitschaft der spd, kann merz unter argumentation der notwendigkeit der rettung der wirtschaft und einer schnellen lösung für stabile politische verhältnisse mit den blauen zusammenarbeiten, ohne dabei seinen ruf großartig (weiter) zu beschädigen. ja, an klingenbeils stelle wäre ich aktuell sehr vorsichtig. ich halte das alles für eine gut durchkalkulierte falle oder zumindest eine schlaue hintertür. jedenfalls ist das nicht die zeit für großmäuligkeit.

spannendes fundstück: ein interview mit chris mcgreal von the guardian über apartheid in südafrika und die verstrickungen der "paypal-mafia" (musk, thiel & co.), die familie musk und die technokratie-bewegung. macht ein wenig verständlicher, warum das passiert, was gerade passiert: weil wir alle die mehr oder minder glücklichen ergebnisse unserer familien (und unserer vermögensverhältnisse) sind.

Sonntag, 23. Februar 2025

frettchen fotzenkopp is king

etwa 70.000 menschen starben 2024 in deutschland an luftverschmutzung, rund 3.000 an hitze und 199 todesopfer forderte der verkehr. doch am meisten angst müssen wir davor haben, wenn zu viele dunkelhäutige menschen in der u-bahn sitzen. (oder wahlweise auch vor windrädern.)

deshalb regiert uns nun frettchen fotzenkopp. ja, sie erinnern sich: der typ, der für vergewaltigung in der ehe ist. der mit seinem privatjet rumdüst, bislang politisch null und nada gebacken bekommen hat - und anderen gerne vorwirft, faul zu sein. derjenige, der aussieht wie eine krüppelige essiggurke und der panische angst hat, dass zu viele frauen grün wählen könnten, weil der evil heizungs-robääärt so ein heißer feger ist - kurzum, weil frauen nun mal zu dumm für politik sind, nicht lesen können und sich zur meinungsbildung deshalb nur an großformatigen gesichtsbildern orientieren. 

das frettchen fotzenkopp-programm gefällt vielen, die gerne dicht sind und es gern dicht haben (inklusive der deutschen grenzen), starke frauen hassen und alles aus-merzen wollen, was nach 1950 an echten fortschritten kam. leider fehlen frettchen fotzenkopp für die umsetzung von maßnahmen, die seinen großspurigen wahlkampf-worten nun folgen müssen, aktuell sowohl die kohle (wir müssen jetzt die kohle-kraftwerke wieder hochfahren!) als auch die connections. vielleicht findet er die aber bald in ein paar buddies von der hamas. die sind ja bekanntlich sehr gastfreundlich und arbeiten noch an einem diplomatisch-weltoffenem image. wenn die hamas-brothers frettchen fotzenkopp sehen, müssen sie sich auch keine sorgen mehr machen, dass sie dabei irgendwie schlecht abschneiden könnten. 

eine weitere sehr gute nachricht gibt es noch: künftig ist es noch egaler, ob sie nun tagesschau oder "die simpsons" gucken. letztere gehen - ab heute ergänzt durch the real montgomery burns - als weltpolitik-sendung durch. 

und jede wette: es gibt noch eine lustige koalition mit alice im plunderland. montgomery burns würde das nämlich auch ganz genau so entscheiden.

und falls ihnen dieser text jetzt sauer aufstößt, empfehle ich ein essiggürkchen. und ein anderes blog.

Donnerstag, 20. Februar 2025

wenn eltern lästern

bis heute kann ich schwer einschätzen, wie meine eltern wirklich zu mir stehen und ob man das so wirklich liebe nennen sollte. auf den ersten blick darf mich nicht beschweren: mir gegenüber treten sie meist warmherzig, wohlwollend und großzügig auf - so haben sie sich auch immer nach außen hin gezeigt: liberal und generös, ein nahezu perfektes vorbild von elterlichkeit.

im stillen kämmerlein, wenn ich nicht dabei bin, sieht das etwas anders aus. von meinem cousin erfuhr ich vor einiger zeit, dass massiv über mich gelästert wurde und wird. "deine eltern sagen echt manchmal sachen, die sind derart verletzend, dass ich sie vor dir nicht wiederholen mag", gesteht er mir. 

als ich das zum ersten mal hörte, neigte ich dazu, das nicht zu glauben. mein cousin musste da was falsch verstanden haben! aber dann erinnerte ich mich: auch als ich klein war, haben meine eltern oft über mich getratscht, wenn ich nicht im zimmer war. da uns nur eine dünne wand trennte, bekam ich das häufig mit. meist ging um schulisches versagen (eine zwei in religion! was für eine tragödie!) oder irgendwelche kleinigkeiten, die ich nicht beachtet hatte (die türe zum wohnzimmer nicht richtig geschlossen, obwohl geheizt wurde!). ich war jedesmal furchtbar beschämt und sehr traurig - und hatte noch mehr angst als zuvor, fehler zu machen.

auch ohne diese verletzende art von feedback war die liebe meiner eltern ja schon schwer zu erringen. sie war stets an ganze komplexe von bedingungen geknüpft, die für ein kind begrenzt verständlich waren und die sich auch jederzeit mal ändern konnten. bis heute habe ich manchmal das gefühl, in einem nicht enden wollenden wettrennen um anerkennung festzustecken, dessen regeln ich nicht genau kenne und das ich letzten endes schlichtweg nicht gewinnen kann.

als ich vor ein paar tagen aus n zurück nach hh reise, erlebte ich wieder so eine situation. mein vater sagte mir zum abschied netterweise, dass es schön war, dass ich da war. mir wurde ganz warm ums herz und ich freute mich. dann merkte er an, dass er für meine mutter nicht sprechen könne, sie habe sich nämlich beschwert, ich mache ihr immer so viel arbeit. 

ich erschrak: war dem so? in der tat holt meine mutter morgens oft meine lieblingsbrötchen vom bäcker - was ich aber nie verlangt hatte. aus dem supermarkt bringt sie außerdem immer ein paar lebensmittel mit, die ich mag und die sie sonst wahrscheinlich nicht kaufen würde. kurz bevor ich ankomme, bezieht sie mir außerdem einmal das bett. aber sie kocht nicht für mich, sie muss keine wäsche waschen und auch nicht putzen, weil ich das bei bedarf alles selber mache. darüber hinaus bringe ich ihr auch sachen mit oder kümmere mich um die dinge, die meine eltern eben selber nicht mehr so gut können, insbesondere am computer. ich hielt das bislang für einigermaßen ausgeglichen. aber ich wusste, ich konnte mich auch irren, da meine mutter seltsam muster hatte, mit denen dinge "aufgerechnet" werden.

was mir bleibt, ist eine sprachlose enttäschung: mir gegenüber tut meine mutter, als freue sie sich immens, wenn ich zu besuch komme. meinem vater gegenüber stellt sie es als belastung dar. möglicherweise liegt die wahrheit irgendwo dazwischen und es ist beides für sie. aber dann würde es mich freuen, wenn sie mit mir redet anstatt sich bei meinem vater über mich zu beklagen. mir beispielsweise sagt: wenn du brötchen willst, geh bitte selber zum bäcker, das ist mir zu viel. ich habe ihr ohnehin schon x-fach gesagt, sie müsse nicht extra irgendwas für mich einkaufen. sie könne mir gern etwas mitbringen, wenn sie sowieso in den laden geht, aber ich möchte ihr absolut keine zusätzlichen shopping-touren zumuten. das wurde bislang immer vehement abgelehnt: nein, nein, das sei doch keine mühe und selbstverständlich! entsprechend empfinde ich es als unfair, wenn es im nachhinein klingt, als stelle ich unverschämte ansprüche. und vor allem, wenn ich das auf diese weise erfahren muss - über die flüsterpost, als kritik, zu der ich mich nicht äußern konnte. im nachhinein kann ich das nämlich auch nicht tun, denn es würde bedeuten, preiszugeben, dass mein vater mir das gesagt hat. damit hätte er gepetzt und bekäme seinerseits ärger mit meiner mutter, die sehr eifersüchtig reagieren kann.

kennen sie solche dämlichen konflikte? vielleicht ist das auch normal und ich bin einfach zu empfindlich? ich bin gespannt auf ihre erfahrungen.

 ***

o.t.: immer wieder wieder wunderbar und erhellend: der philosoph alain de botton über liebe, die erfahrungen in unserer kindheit, partnerwahl und den umgang mit konflikten und selbstwahrnehmung.

Dienstag, 18. Februar 2025

bücherverbrennung in den usa

nein, keine sorge, heute werden keine bücher mehr verbrannt. sie werden nur verbannt.

bücherverbannung wird auf elon goebbels geheiß sicherlich bald auch eine brandheiße empfehlung für deutschland. vielleicht wird euren kindern dann statt bösem bio-unterricht wieder biblische schöpfungslehre unterbreitet. frohlocket!

geht nur alle fleißig schwarz-blau wählen dafür, dann gibt es auch ein schwarz-blaues wunder.

Montag, 27. Januar 2025

pest oder cholera

ich habe zwei zusagen für zwei jobs. eigentlich eine komfortable situation. leider sind es zwei suboptimale jobs und die entscheidung ist eher pest versus cholera.

der pest-job ist hochseriös, in einem eher konservativem, werteorientiertem unternehmen. das ist das positive. ebenfalls gut finde ich den chef dort. käme ich mit klar, denke ich.

mangels modernem denken herrscht leider totaler präsentismus, das heißt, es gibt keinerlei homeoffice-option. nicht mal für eine stunde. bedeutet, ich verliere pro tag rund 1,5 stunden mit pendeln. der arbeitsort selbst ist ok (2er-büro, kein großraumbüro).

thematisch könnte ich mein expertisen-portfolio mit einem mittelrelevanten skill erweitern, während es sonst nicht ganz so viel vielfalt gibt. es besteht die gefahr, dass ich bspw. in ki knowhow-technisch zurückfalle.

schwerwiegendster nachteil ist, dass es ein 20-stunden-job wäre. das gehalt entspricht in etwa meinem arbeitslosengeld und würde ein weiterhin recht eingeschränktes leben erfordern. im verhältnis betrachtet liegt es aber 10 % über dem gehalt des anderen jobs, und es gäbe on top ein 58 €-ticket.

der cholera-job hat zunächst den großen nachteil, dass es sich um eine argh-entur handelt. arbeitszeiten sind also ungewiss mit f(x) geht gegen unendlich. meine chefin allerdings kenne ich schon, ein herzlicher typ, mit ich größtenteils klarkomme weil subjektive ähnlichkeit in sachen humor und emotionale verwirrungen. in der vergangenheit nicht ganz verlässlich, was versprechungen und zukunftsaussichten betraf. überforderungen treffen oftmals auf unterforderungen. werte also so semi.

großer vorteil wäre so etwa 90 % homeoffice. habe ich im letzten langzeit-job sehr schätzen gelernt. würde mir im vergleich zum anderen job rund 6 stunden/woche pendelzeit und jede menge präsenz-generve einsparen.

thematisch würde ich mein wissen in einem zukunftsrelevanten großen thema vertiefen, was mir weitere jobaussichten eröffnen könnte, die sich dann hoffentlich wieder in einem unternehmen abspielen. weiterhin ist aufgabentechnisch vielfalt in aussicht, ich würde also allrounderin und in vielerlei tasks up to date bleiben. 

ein weiterer vorteil wäre, dass ich mindestens 32 stunden arbeiten könnte, was mir schon eher zum leben gereicht. zeitlich bliebe noch eine klitzekleine spielwiese für eventuelle freie projekte, nettolohntechnisch die möglichkeit, meine bav weiterzuführen. im anderen job wäre ich auf freie projekte angewiesen, um extraausgaben stemmen zu können. und weil das nettogehalt so winzig ist, müsste ich außerdem die bav aussetzen.

beide jobs sind aktuell keine langzeit-perspektiven. der eine, weil er so wenig stunden hat und meine sehr geringen rentenaussichten noch weiter ruiniert, der andere, weil wenig verlässlichkeit und insgesamt gehaltlich eine rückentwicklung. ich plane daher zunächst auf 12 monate und mache den rest dann von der arbeitsmarktpersektive, den allgemeinen und gehaltlichen entwicklungen im job sowie und dem bis dahin gesammelten neuen knowhow abhängig.

vielleicht mögen sie mal ihr voting abgeben, ob sie eher zu pest oder zu cholera tendieren würden. wichtig: falls sie nun sagen, "ich würde keinen der jobs nehmen und warte lieber auf eine bessere chance", bitte denken sie dabei an folgendes:

- dass es in meiner branche noch nie auch nur den geringsten fachkräftemangel gab
- also sehr viele recht gut qualifizierte und vor allem sehr viel jüngere (=billigere) digital-natives auf eine alte kuh wie mich treffen
- es wirtschaftskrisenbedingt sowieso wenig jobs im moment gibt 
- schlechte bezahlung sowie cholerische, schwerst gestörte chefs und vorgesetzte nicht nur in meiner branche die normalität sind.

wählen sie also weise und mit bedacht.

ich bin sehr gespannt und danke ihnen vielmals.

Mittwoch, 22. Januar 2025

superdry january

während ich weihnachten und den jahreswechsel nahezu vollständig abstinent verbracht habe, hat es der luxus-mann wie immer krachen lassen. insbesondere an silvester, als er mit kumpels auf einer party war, die man sich - so seine aussage - nur schönsaufen konnte, waren offenbar größere mengen alkohol geflossen. als älteres semester und mit diversen vorerkrankungen - bluthochdruck und cholesterinwerten am oberen ende der richterskala - beschließt er nun, einen dry january zu machen. 

in den ersten tagen hält er er sich geradezu rigide an seinen vorsatz. ein geplantes weintrinken bei freunden verlagert er auf ein kaffeetrinken. einen besuch bei den geschwistern macht er mit dem auto, da in der luxus-familie grundsätzlich gern und oft mal einer gehoben wird - und er dann schlichtweg nicht trinken darf und keine langen erklärungen abgeben muss.

am sonntag des zweiten januarwochenendes dann essen wir beim portugiesen an der ecke und ordern hauswein zu unserer fischplatte. es kommt ein schöner kelch mit kühlem weißwein und der kellner schenkt selbstverständlich zwei gläser voll. auch ich denke nicht weiter nach, als der luxus-mann mir zuprostet und das weinglas an die lippen setzt.

"verdammt!" ruft er sodann nach dem ersten schluck.
"was denn?" frage ich naiv-verblödet. "schmeckt dir der wein nicht?"
"doch! aber ich wollte doch nix trinken!" 

wir sehen uns einen moment ratlos an, dann pruste ich los.
"ich hab´s gewusst, dass du das nicht durchhältst", kichere ich.
"wohl!" widerspricht der luxus-mann. "das war nur die gewohnheit! ich hab das einfach vergessen, weil wir doch meistens wein nehmen, wenn wir richtig schön essen gehen."

"und jetzt?" frage ich und schaue den großen steinernen kelch an. "ich kann ja wohl schlecht einen dreiviertelliter wein alleine saufen."
"dann mache ich jetzt eben eine ausnahme", schlägt der luxus-mann bereitwillig vor.
"das ist doch blödsinn. es geht bei sowas doch gerade ums durchhalten!"
"oder ich mach einen dry february."
"das finde ich besser. ist doch sowieso bescheuert, warum sollte man ausgerechnet im januar nicht trinken?!"
"eben. und ein dry february ist sowieso viel besser, weil der monat nur 28 tage hat", grinst der luxus-mann zufrieden - und gießt sich das weinglas randvoll.
 
jetzt sind wir mal gespannt, ob es dann tatsächlich ein dry february wird oder dem luxus-mann im nächsten monat neue ausreden einfallen.
 
und sie so? sind sie hinsichtlich ihrer vorsätze noch im rennen oder halten sie es wie ich - lieber überhaupt keine vorsätze fassen, um gar nicht erst auf halbernst gemeinte selbstversprechen hereinzufallen? 



Samstag, 18. Januar 2025

die unerhörte lust der alten frauen

seit ich über 40 bin, stelle ich fest, dass ich für die meisten männer unsichtbar bin. für jüngere sowieso, für gleichaltrige meist auch, höchstens opas sprechen mich noch aktiv an. einerseits ist das tierisch entspannt - zum beispiel allein in der bahn zu sitzen, ohne aufdringliches gestarre oder dummes gelaber ertragen zu müssen. gerade aggressive anmachen junger alkohol- und testosteron-getränkter männchen haben mir früher manchmal ein bisschen angst gemacht.

trotzdem finde ich es auch schade, dieses unsichtbarsein. denn ich habe lust auf sex, mehr als früher. manchmal sogar überwältigend stark, nicht zuletzt, da der sex in einer langen beziehung nun mal leider nicht mehr sehr aufregend ist.

solche bedürfnisse sind aber nicht gesellschaftsfähig. ich bin vielleicht noch attraktiv genug, um als "milf" bezeichnet zu werden. aber auch in diesem akronym steckt bereits, was von alten frauen erwartet wird: eine mutti zu sein. ein braves wesen, das sich um die kinder und das alpha-tier kümmert, den haushalt macht und - wenn sie es denn unbedingt braucht - begrenzte erfüllung in einem drögen teilzeitjob findet. ist sie körperlich noch in schuss, indem sie äußerlich einer 20-jährigen ähnelt, darf sie dann ggf. eine affaire haben - aber bitteschön als passive, überraschte, im grunde unschuldige frau, die unter schrecklichen gewissensbissen am ende doch dem charme des ihr in vielerlei hinsicht überlegenen verführers erliegt.

LANGWEILIG.

interessant ist übrigens auch der altersunterschied, der den geschlechtern beim herumvögeln gesellschaftlich zugestanden wird. so gilt es beispielsweise als vollkommen akzeptabel, dass ein mittfuffziger eine 35 jahre jüngere frau datet. wir fänden es sogar eher ungewöhnlich, fühlte sich ein mann nicht von einem straffen, jungen körper angezogen - auch wenn er selber schon die blaue pille braucht, um überhaupt noch eine erektion zu haben.

und umgekehrt? ist es vorstellbar, dass ich als frau einem durchtrainierten mittzwanziger hinherpfeife oder ihn sogar direkt anspreche: "du bist echt heiß, kann ich dich ficken?" bei dieser szene würden die meisten schon dezent würgen: was soll ein junger hengst denn bitte von so einer faltigen alten wollen? wenn er da drüberrutschen soll, dann kotzt er höchstens.

sprechen alte männer junge frauen an, könnte man zwar dasselbe argument anbringen. in der regel wird dem alten mann jedoch in dieser - objektiv nicht weniger erbärmlichen - konstellation die anziehungskraft der reife und erfahrung zugesprochen. graue schläfen oder bart? oh yeah... sexy, baby! da blickt man sogar großzügig über bierbauch und glatze hinweg. graue haare bei einer frau dagegen wären höchstens grund für wohlgemeinte ratschläge: färb dir mal an ansatz, wie kannst du nur so ungepflegt herumlaufen?!

ich finde, hier ist nicht zuletzt hollywood gefragt, sich endlich mal ein bisschen edukativ zu zeigen und gleichberechtigte sex-fantasien auf den bildschirm zu bringen. als sozusagen betroffene sehe ich mir ja gerne filme (und ich meine keine pornos) an, in denen alte frauen mit jungen kerlen ficken. "die reifeprüfung" ging da schon in eine gute richtung, allerdings sieht man im film zu deutlich, dass dustin kein college-boy mehr ist und in der realität zwischen den schauspielern gerade mal sieben jahre altersunterschied lagen.

ein anderer film zu diesem thema, den ich sehr gut fand, ist das dänische drama "königin". hier stehen allerdings die schuld der verführerin und die dramatischen folgen ihres schweigens im vordergrund, weniger die affaire an sich. denn gegenstand der weiblichen lust ist eben kein knackiger twen, sondern der minderjährige und etwas labile stiefsohn.

für eine gute drehbuch-idee sollte man sich vielleicht mal funktionierende und legale afffairen und beziehungen analysieren, in denen die frau beträchtlich älter ist als der mann. wie fanden sie sich, was fasziniert sie aneinander, was sind die hürden in der sexualität? was läuft möglicherweise besser oder schlechter, wenn die frau so viel mehr lebenserfahrung besitzt als der mann? wie gestaltet sich eine gemeinsame (oder auch nicht gemeinsame) zukunft? falls zufällig jemand eine drehbuchautorin für solche filme sucht, melden sie sich unbedingt bei mir. ich hätte da ein paar ideen. 

***

der luxus-mann bringt noch eine eigene theorie zu diesem thema mit: alte männer gelten dann als sexy, wenn sie geld haben. arme schlucker würden von der frauenwelt im alter auch nicht großartig beachtet. kann er recht mit haben.

Freitag, 3. Januar 2025

dinner for one, two, three

da ich silvester mehr als überflüssig finde und den tag gern ohne nahkampf mit böller-idioten und party-brandbirnen verbringen möchte, bleibe ich dieses jahr in der vorstadt bei mutti und vaddi. auch hier knallt es ordentlich. zu viele menschen, die über lebensmittelpreise jammern, haben offensichtlich viel zu viel kohle, die sie dringend sinnlos in die luft ballern wollen. zum trost stelle ich mir genüsslich vor, dass jeder böller eine hand wegsprengt, die dann von einem restlos besoffenen handchirurgen mit viel lust am schabernack falsch angenäht wird.

im zentrum des familiären silvesters steht das einzige ereignis des abends, das abendessen.
"willst du nicht was schönes essen an silvester?" fragt mutti schon am sonntag. "zum beispiel sushi, das magst du doch!"
ich finde die idee nicht schlecht, aber mit vaddis inkontinenz sind aktivitäten außerhalb der eigenen vier wände, die länger als 30 minuten dauern, nicht möglich. das liegt daran, dass er von fremden toiletten nicht mehr hochkommt und deren nutzung somit entfällt. weiterhin hat er schwierigkeiten, eine gabel zu halten und ordentlich zum mund zu führen, weshalb viel daneben geht und im anschluss normalerweise kleidung und tischtuch gewechselt werden müssen.
"wir können uns das auch abholen und zuhause essen", sage ich. "dann umgehen wir die ganzen probleme."
 
silvestermorgen frage ich meine eltern nach ihren wünschen, um eine vorbestellung beim sushi-restaurant zu tätigen. die speisekarte unseres sushi-ladens haben wir sogar im flyerformat im hause.
"ich weiß nicht, ob wir heute sushi essen", sagt da mein vater auf einmal.
"warum denn nicht?"
"deine mutter war vorhin noch einkaufen! die hat baguette, käse und schinken und so gekauft."

ich frage also mutti, was denn nun mit den sushi-plänen sei. sie wisse nicht so recht, hieß es da. vielleicht hat das lokal auch gar nicht auf? doch, sage ich, natürlich habe ich das nachgesehen.
ich spüre das zögern und sage: "wenn ihr keine lust habt, müsst ihr ja kein sushi nehmen. ich kann mir auch alleine was holen. ihr müsst mir nur sagen, was ihr wollt."
ja, nein, so sei das ja nicht, gerne alles so wie ich wolle und überhaupt. leicht beleidigter unterton, registriere ich, schlechte laune also und vermutlich kein ernstgemeinter freibrief, sondern ein codierter einwand. diese bei sämtlichen passenden und unpassenden gelegenheiten eingeschnappte art geht mir tierisch auf den senkel.

"gut", sage ich mit mühsam unterdrücktem wut-herzklopfen. "dann denk doch einfach noch ein halbes stündchen nach, und dann sagst du, ob du willst und was du willst. dann würde ich das bestellen. und sag mir bitte auch gern wann, ihr habt ja sehr spezifische essenszeiten, ich will da nix durcheinanderbringen."

spezifische essenszeiten bedeutet bei uns: zwischen den täglichen fünf mahlzeiten liegen nie mehr als zweieinhalb stunden. nicht, weil man dann hungrig wäre, aber vermutlich muss man all diese disharmonie und den ganzen frust tief in sich heineinstopfen. und dann gleich noch mehr hinterher. ich weiß schon, weshalb auch ich zu kompensierendem verhalten neige.

nach einer halben stunde frage ich nach. muttis antwort ist sushi-positiv. mit immer noch säuerlicherem unterton beauftragt sie mich, das gericht nummer soundso zu bestellen.
"gut, und wann wollen wir essen?" will ich dann wissen.
"halb sechs, wie immer."
"gut, dann bestelle ich das so eine stunde vorher und hole es gegen 17:20 uhr ab."

gegen 16:30 uhr - ich will gerade die bestellung tätigen - trinken meine eltern kaffee und verdrücken dabei zwei große stücke kuchen mit einem halben liter sahne. ich werde unsicher und frage, ob sie denn wirklich eine stunde später schon wieder essen wollen. damit trete ich große verwirrung los. mein vater denkt nach und meint dann, 18:30 uhr sei die bessere zeit.

ich schaue fragend zu mutters, woraufhin sie verkündet, sie wolle jetzt doch lieber nur ein schinkenbrot statt sushi. ich sage, kein problem, wir könnten ja trotzdem ganz gemütlich alle zusammen essen. sie ihr schinkenbrot, vaddi und ich das sushi. die frage wäre dann nur, ob die aktuelle wunsch-uhrzeit von 18:30 uhr ok sei, da sie nicht der üblichen abendessenszeit entspräche. 

mutti meint daraufhin, sie könne durchaus schon um 17:30 uhr wie immer zu abend essen. "bist du denn gar nicht satt von all dem kuchen?" wundere ich mich. ach, nein, essen ginge immer, sie esse doch so gern, beteuert mutti, die aber mindestens so krüsch tun kann wie ich und bei nicht überoptimaler essensqualität sofort meckert.

ich wende mich wieder vaddi zu, um zu eruieren, ob er auch mit 17:30 uhr einverstanden ist, dann müsse ich nämlich jetzt sofort bestellen. vaddi zieht ein nachdenkliches gesicht und gibt dann zu, dass er sich doch nicht sicher sei, ob er sushi essen mag oder nicht auch lieber ein schinkenbrot. überhaupt sei es doch gar nicht garantiert, dass ich das sushi in einer tasche ordentlich transportieren könne. was, wenn das irgendwie zermatscht?

ich bestätige, dass ich in der tat in der lage sei, sushi zu transportieren und bitte um eine finale entscheidung, ob sushi oder nicht, und wenn ja, wann. vaddi erteilt dem sushi daraufhin eine absage und plädiert für schinkenbrot um 17:30 uhr. nun gebe ich gas und ordere sushi für mich alleine.

als ich das wohnzimmer wieder betrete, sitzen mutti und vaddi zusammen und schauen mich erwartungsvoll an. "ich hab mir sushi bestellt und das schnellstmöglich, ich hoffe, wir können dann 17:30 uhr schon essen. vielleicht wirds ein paar minuten später, weil das mit der entscheidung jetzt so ewig gedauert hat."
vaddi guckt mich an und fragt, was ich für ihn bestellt habe. 
"nichts", sage ich.
die enttäuschung ist groß. 
"aber du hast gesagt, du willst schinkenbrot."
naja, findet vaddi, er hätte schon schon gerne ein schinkenbrot, aber sushi eben auch.

ich muss nun erstmal an meinen koffer ran und eine psycho-pille nehmen, um nicht hysterisch herumzuschreien. dann ordere ich vaddis standard-gericht. das restaurant bestätigt mir ganz lieb, dass sie sich beeilen, damit ich beide gerichte um 17:20 uhr abholen könne. also erstmal alles in butter.

in der vorstadt ist wirklich die hölle los. auf dem weg zum restaurant begegnet mir zuerst eine art junggesellenabschied. in der straße hinter dem haus meiner eltern wird schon seit 17 uhr ohne pause kassette um kassette abgebrannt. hier muss jemand zigtausende von euro in pyrotechnik investiert haben. in der nächsten straße kommen mir halbstarke gröhlend entgegen. ich möchte am liebsten sehr weit unter der erde verschwinden, so sehr schäme ich mich für meine spezies.

im sushi-restaurant muss ich warten. vor mir stehen rund 20 personen zum abholen, weiterhin ist das gesamte restaurant rappelvoll. erst 15 minuten später habe ich eine tüte in der hand und renne, so schnell ich kann, vor den böller-idioten weg nachhause.

zuhause hat mutti den tisch schön gedeckt und es sieht zunächst nach friedefreudeeierkuchen aus. dann beginnt vaddi zu essen und schmeißt erstmal ein paar brocken sushi unter den tisch. mutti ist sofort sauer und möchte, dass vaddi wie ein kleinkind mit löffel isst. vaddi hält dagegen. die stimmung kippt. ich kaue mit mäßigem appetit auf meinem sushi herum. das sushi ist zwar ok, aber die ewig schlechte stimmung und die ständige zeterei schlagen mir jedesmal auf den magen.
 
danach gibt es sekt. zusammen mit der vorher geschluckten happypill kann ich langsam, ganz langsam ein paar meiner innerlichen verkrampfungen lösen. das gefühl hält leider nur kurz, denn dann wird der fernseher angeworfen und mit der üblichen nervtötenden dauer-zapperei begonnen. meine mutter schläft derweil auf dem sofa ein. ich sitze herum und fühle mich wie überflüssiger weltraumschrott, der ziellos durchs schwarze nichts treibt. mir wird klar, dass silvester zuhause eine ganz blöde idee war.
 
gegen 22:30 uhr erwacht mutti und verkündet, um mitternacht nicht rausgehen zu wollen. "du kannst dich ja alleine auf die straße stellen und dich mit den nachbarn unterhalten, mir ist das zu kalt", schlägt sie mürrisch vor. mein letzter mühselig zusammengeklaubter wille zum wachbleiben ist damit vom tisch. im bett heule ich in die kissen. an schlafen ist vor 2 uhr nicht zu denken, böller-idioten sei dank.

die vorzeitige zu-bett-geh-aktion bringt mir drei tage emotionale erpressung durch eisiges schweigen und ignorieren von mutters seite ein, dann knallt es, allerdings ganz ohne böller. ich sage meiner mutter zum ersten mal in meinem leben, wie enorm mich ihre ewige eingeschnapptheit stört und wie sehr ich schon als kind darunter gelitten habe. wie beschissen es ist, eingeschnapptsein als einzige reaktion auf unstimmigkeiten gelernt zu haben, und wie viel kraft es mich gekostet hat, mich in einen kommunikationsfähigeren menschen zu verwandeln, der den mut hat, gefühle auszusprechen und wünsche verständlich zu formulieren. 
 
vorwürfe, die natürlich keine tiefgehenden erkenntnisse oder fortschritte bringen, da mutti der ansicht ist, sie sei nie eingeschnappt. aber es ist mir wichtig, mir endlich einmal eine stimme zu geben vor der person, vor der ich mich als kleines mädchen so oft gefürchtet habe und um deren launenhafte gunst ich permanent kämpfen musste. alles endet in einer versöhnlichen umarmung, deren echtheit und überzeugtheit ich allerdings nicht einschätzen kann. ich weiß, dass meine mutter von allen menschen das schlechteste vermutet, so auch von mir, und dass sie mir diese standpauke wahrscheinlich bis in 20 jahren noch nachtragen wird.

die heimfahrt ist wehmütig wie immer. vielleicht sollte ich nächstes jahr silvester besser woanders verbringen, an einen ort ohne menschen, irgendwo tief in einem wald oder in einem naturschutzgebiet. denn selbst ganz alleine hatte ich schon lustigere silvester.
 
ich wünsche ihnen, dass sie mit etwas mehr spaß ins neue jahr gerutscht sind. hoffen wir, dass 2025 wenigstens nicht ganz so viel schlimmer als 2024 wird.