Samstag, 28. Oktober 2017

der absolute wahnsinn

seit gestern abend habe ich angst. denn nun steht fest: entweder ich bin dement oder der luxus-mann spinnt.

der abend startete ganz harmonisch, sex, wein, gute gespräche, nachher ein drink in der bar mit dem plan, noch weiterzuziehen auf eine party.
nach dem zweiten white russian jedoch kommt der luxus-mann auf mittwochnacht zu sprechen.

die vorgeschichte:
mittwochabend war ich mit einem kumpel unterwegs, den der luxus-mann auch kennt und akzeptiert. wie ich das gerne so mache, schicke ich ab und an eine nachricht und dokumentiere essen und getränke. gegen halb zehn erreicht mich ein video vom luxus-mann, doch als ich es ansehen will, habe ich nur noch vier prozent akku. da mein handy eine absolut nervige akkuschwäche hat, weiß ich: in zehn minuten ist ende gelände. ein video ansehen ist nicht mehr drin. zuhause gegen halb elf ist das handy dann vollends abgekackt, ich verbinde es also mit dem netzstecker und lege mich schlafen. das video ist noch ungesehen.

mitten in der nacht werde ich wach, weil mir schlecht ist und ich auf klo muss. mein handy hat wieder saft und ich beschließe, das video zu gucken. es ist lustig und ich schicke ein smilie zurück. für den luxus-mann ist damit sonnenklar: ich habe bis eben mit irgendjemanden rumgefickt und bin soeben nachhause gekommen. mache ich ja immer so, wenn ich am nächsten tag um sieben aufstehen muss. dass mein akku leer war, glaubt er mir nicht, auch wenn er schon so oft erlebt hat, wie ich plötzlich ohne strom war. diese erklärung findet er "unlogisch". viel logischer ist, dass ich mir eine mittwochnacht um die ohren schlage, um mich von mr. x durchficken zu lassen.

dieses thema holt er in der bar auf den tisch.
"du kannst gern meinen kumpel anrufen, der wird dir bestätigen, dass ich um halb zehn in meine richtung losgezogen bin", sage ich.
"darum gehts ja nicht. du sollst dein handy anhaben, wenn du nachts unterwegs bist."
"das kann ich dir nicht garantieren. meistens wird das so sein, aber du kennst ja meinen akku!"
"ich hab dir extra eine powerbank geschenkt!"
"die hab ich aber nicht immer dabei."
"dann denkst du halt mal dran."
"selbst wenn. kann ja auch sein, dass die mal leer ist, die ist ja nur mini."
"dann denkst du bitte dran, sie aufgeladen in der tasche zu haben!"
"dafür geb ich keine garantie. ich hab so viel im kopf, gerade jetzt! das kann immer mal passieren, dass ich das vergesse. außerdem ist das ding unpraktisch und schwer."
"ich bitte dich doch nur, mich nicht immer so misstrauisch zu machen."

ich habe das gefühl, als wenn mir eine unsichtbare hand die kehle zudrückt. im kopf breitet sich das altbekannte stress-chaos aus und kein gedanke ist mehr greifbar. zunächst grenzenlose wut: was erlaubt der sich! dann verachtung: der soll mal lieber beweisen, dass er seinen kontrollzwang noch unter kontrolle hat! und angst, panische angst: wie kann ich seine einbildungen entkräften? überhaupt, was sagt das über uns aus? ist das seinerseits liebe oder nur eine neurose?

dann wird es richtig schlimm.
"das ist doch wohl nachvollziehbar, dass ich das merkwürdig finde. ebenso wie wenn du nachts immer aus dem schlafzimmer schleichst, um mit deinen fickern zu chatten!"
"ich mache WAS?"
"du schleichst dich raus, um zu chatten. ich bin doch nicht blöd, ständig leuchtet und vibriert dein handy!"
ich sehe den mann entgeistert an:
"mein handy liegt doch nicht mal im schlafzimmer, sondern im flur auf ladestation! und warum sollen mir leute mitten in der nacht schreiben? meine freunde schlafen da doch auch!"
"in letzter zeit machst du das nicht mehr so oft. aber früher ständig!"
"ich gucke nachts nie aufs handy, außer um die uhrzeit zu checken, wenn ich nicht pennen kann."
"nee. du nimmst es erst mit unter die bettdecke, und wenn du denkst, ich merke das, dann gehst du irgendwann."
"ich gehe, weil du schnarchst!"
"ich schnarche nicht. außerdem habe ich dich gesehen. wenn ich aufs klo gehe, sitzt du im kinderzimmer und chattest!"

ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich sagen soll. ich vermeide es tunlichst, nachts überhaupt aufs handy zu schauen, da dessen blaues licht den schlaf verhindert, wie wissenschaftlich erwiesen ist. mein schlaf ist mir heilig. davon abgesehen habe ich kaum freunde. nachrichten erhalte ich vielleicht mal von meiner katzensitterin oder meinem chef. beide schlafen nachts. darüber hinaus habe ich nachts auch nicht das leiseste verlangen, facebook zu checken oder sonstige harmlosigkeiten auf dem handy zu tun. falls ich nicht schlafen kann, lese ich - wenn überhaupt.

"du willst jetzt aber nicht so tun, als erinnertest du dich nicht!" spottet der luxus-mann. "das würde mich jetzt noch misstrauischer machen! obwohl es ja zu deiner art passt, zu lügen und alles immer abzustreiten."
"warum denkst du denn, dass ich lüge? selbst wenn ich am handy war, ich könnte das doch locker zugeben. schließlich gibt es tausend harmlose sachen, die man theoretisch damit machen kann. spiele spielen oder fotos angucken oder twittern."
"du hast auch damals wegen dem objekt gelogen!"
"ich hatte es ZUFÄLLIG auf party getroffen und wir haben maximal zwei sätze gewechselt! ich dachte nicht, dass das wichtig ist!"
"ich habe dir gesagt, ich will alles über das objekt wissen! du musst mir sagen, wenn du dich mit ihm triffst!"
"ich habe mich nicht getroffen, wir sind uns unverabredeterweise begegnet! wir haben uns nicht mal unterhalten! das ist doch nicht von relevanz!"
"ich habe dir gesagt, ich will das alles wissen, und wenn du das verschweigst, lügst du."

ich gehe aus der bar, nachdem die gäste anfangen, mich komisch anzusehen, weil ich inzwischen vollkommn in tränen aufgelöst bin. der luxus-mann kommt mir nach.
"wieso heulst du jetzt?"
"das ist doch furchtbar! was sagt das denn über unsere liebe aus? da können wir uns ja gleich trennen. jedenfalls merkst du nicht, wie ich dich liebe und auf wie viel ich für dich verzichte! ich mache sogar dinge für dich, die ich total hasse!"
"ich sag ja nur, ich mach mir halt gedanken, wenn du dich unlogisch verhälst. und die gedanken schaden unserer beziehung."
"es ist doch total egal, wie ich mich verhalte, du spinnst dir irgendwas zusammen und das ist dann deine wahrheit."
"das kommt aber nur, weil du so bist."
"wie bin ich denn?"
der luxus-mann zuckt die schultern.
"naja, deine vergangenheit...."
"jaja, ich weiß, frauen, die gern ficken und das nicht nur mit händchenhalten, blümchenpupsen und in der missionarsstellung, sind schlampen, aber ihr männer seid die helden, wenn ihr euch nehmt, was ihr wollt!"
"so ähnlich." der luxus-mann grinst entschuldigend, dann legt er die arme um mich:
"jetzt dramatisiere nicht wieder alles so, ich will ja nur, dass du auf dein verhalten achtest."

ich bekomme kein wort mehr raus. die tränen strömen über meine wangen, ich bin gedemütigt, falsch bezichtigt und ganz offenbar einem irren ausgeliefert.
"und jetzt gehen wir auf die party", bestimmt der luxus-mann.
ich schüttle energisch den kopf.
"was denn?"
"kein bock. ich will sofort nachhause."
"ach komm."
"ich bin nicht in der verfassung!"
"aber du warst doch auch interessiert?"
"war! jetzt bin ich völlig fertig, ich geh da nicht hin!"
"nur mal kurz reinschauen. ein bier."
"dann mach doch! vielleicht findest du da gleich was anderes zum ficken."
der luxus-mann hat inzwischen seine ruhe wiedererlangt und sagt ganz entspannt und besonnen:
"aber ich liebe dich doch."
ich schnaube verachtungvoll:
"das kauf ich dir nicht ab!"

am ende gehen wir schweigend nebeneinander nachhause.
dort packe ich mein bettzeug und gehe ins kinderzimmer. neben dem luxus-mann einzuschlafen käme mir unpassend vor.

am nächsten morgen ist er wie immer, nur in zärtlich. kitzelt mich wach, macht kaffee und geht dann mit mir in mein lieblingscafé frühstücken, obwohl er frühstücken gehen hasst. der abend wird nicht erwähnt, so, als hätte er nie stattgefunden. ich versuche, noch mal davon anzufangen und sage, wie geschockt ich wegen seiner verdächtigungen sei.
"ja", lacht der mann. "da wäre ich auch geschockt, wenn ich mich nicht mehr daran erinnern könnte, dass ich nächtelang gechattet habe."
es hat keinen zweck, erkenne ich. der luxus-mann ist in seinem wahn resistent gegen jegliche tatsachen.

und ich weiß im grunde, dass wieder eine beziehung gescheitert ist.

Freitag, 20. Oktober 2017

#metoo

obwohl ich sexuellen missbrauch als kleines kind erlebt habe und der täter nie belangt wurde, beobachte ich die #metoo-kampagne mit skepsis.

ich kann ohne weiteres bestätigen, dass frauen - insbesondere wenn ihr äußeres nicht unter gewissen hässlichkeitsgrenze liegt - vielfach und während einer bestimmten lebensphase ganz besonders auf eine weise angemacht werden, die ausgesprochen unangenehm bis angsteinflösend sein kann. allerdings bin ich auch der meinung, dass "sexuelle belästigung" ein subjektiv dehnbarer begriff ist. für mich beginnt sexuelle belästigung dort, wo mich jemand ungewollt berührt, festhält oder mich verbal bedroht, um sich mir sexuell nähern zu können. dann gibt es aber auch jede menge hysterische puten, die in jedem, der ihnen ein kompliment für ihr äußeres macht, einen serienmordenden vergewaltiger vermuten. damit ist auch #metoo leider synkretistisch und vollkommen indifferent.

ja, frauen werden oftmals auf ihr äußeres reduziert und das ist längst nicht mehr zeitgemäß. wir wollen respekt und dass unser wille berücksichtung findet, nicht nur im sexuellen kontext, und dass sich männer be- und zurücknehmen, nicht zuletzt, weil sie aufgrund ihrer körperlichen überlegenheit verantwortung tragen. kultiviertheit und so. das hat noch nicht mal etwas mit feminismus zu tun.

aber wir sind auch alle tiere. wirft der pfau sein rad, heißt das nicht, dass er die pfauin besteigen darf. aber dass er sein rad wirft, kann man dem pfau schlecht untersagen. wenn ich ein schleimiges kompliment vom typen erhalte, den ich kacke finde, fällt mir als selbstbewusster frau doch wohl ein spruch ein, der ihm klar macht, dass die anziehung nicht auf gegenseitigkeit beruht. und wenn jemand seine erektion an mich drückt, gibts eben was auf die nüsse. das ist klare, direkte kommunikation. dafür muss ich mich nicht opfer-like hinter einer internet-kampagne verstecken und demütig-anonym anklagend auf gerechtigkeit hoffen, die so ganz bestimmt nicht eintreten wird.

das argument der kampagne ist angeblich die stärkung des bewusstseins für sexuelle belästigung. aber schaut doch mal, was passiert, wenn ein thema viral geht: eine zeitlang trendet es, dann gerät es in vergessenheit und wird vom nächsten trend abgelöst. flüchtlinge? interessiert fast keine sau mehr. klimawandel? wie 80er! kinderarmut? wissen wir alle, interessiert uns aber nicht. das internet relativiert, indem es kurzlebiges, undifferenziertes interesse erzeugt. es ändert aber rein gar nichts. für veränderung braucht es echte kommunikation und bemühen um gegenseitiges verständnis. facebook & co. sind aber turbobeschleuniger in sachen entfremdung, empathieverlust und oberflächlichkeit. damit bleibt #metoo m.e. ein kurzer aufschrei nach aufmerksamkeit, der aber sicherlich bald verhallen wird.

Sonntag, 15. Oktober 2017

mobbing

"ich bin ja froh, dass meine tocher mit ihrer klasse ganz gut klarkommt", sagt der luxus-mann beim frühstück. "ich frage mich ja immer, was man als vater macht, wenn man so ein außenseiter-kind hat."

daraufhin erzählte ich ihm meine geschichte. ich war ein extrem unbeliebtes kind und wurde jahrelang von meiner grundschul-klasse verprüglt. das hatte zwei gründe: ich war klug und bekam - ohne zu lernen - sehr gute noten. darüber hinaus trug ich gerne röcke und kleider und unterschied mich so optisch von anderen. von der wesensart her war ich sanft, hilfsbereit und zurückhaltend - das ideale opfer also.

jeden mittag lauerte mich eine gruppe jungs aus meiner klasse vor der schule auf und gab mir saures. schubsen, kratzen, schlagen, treten. und natürlich verbale gewalt in rauen dosen. irgendwann lag ich im dreck und heulte, der rest feixte. ein herrlicher spaß.

meine mutter bekam natürlich mit, was los war, wenn ich dreck- und blutverschmiert und mit teils zerfetzten klamotten nach hause kam. sie ging zur lehrerin und beschwerte sich. die lehrerin zuckte mit den achseln und meinte, sowas müssten kinder unter sich ausmachen.

eine zeitlang holte mich meine mutter mittags ab. das brachte nicht viel. die jungs waren zu fünft oder zu sechst, ich ganz alleine. es interessierte sie kein bisschen, wenn meine mutter nebendran stand und sagte, sie sollten aufhören. als meine mutter mal nicht da war, schlugen sie mich um so doller. meine mutter telefonierte daraufhin mit der mutter des anführers der gang. ohne den geringsten erfolg.

ich war ein verschrecktes kind mit massiven schlafstörungen. ich hatte panische angst vor der schule, vor allem dem schulweg und den pausen, und war immer froh, wenn ich krank war. das wurde ich glücklicherweise sehr oft. ich lernte trotzdem leicht und gerne. mein lesebuch las ich am anfang des schuljahres von vorne nach hinten durch.

irgendwann kam nicola in meine klasse. nicola war klein, schmächtig, schielte, stotterte und trug eine dicke brille. wir befreundeten uns und wurden dann zu zweit gemobbt. nicola habe ich zu verdanken, dass ich die grundschule irgendwie überlebt habe.

"ihre eltern hätten sie schützen müssen", sagte psychologe nummer eins großspurig vor vielen jahren. doch wie schützt man sein kind effektiv? ich habe den psychologen gefragt und bekam seine standard-antwort - hilfloses grinsen und schulternzucken. er hatte also keinen schimmer. ich fragte meine auch meine aktuelle psychologin, die daraufhin meinte, mobbing sei nichts besonderes und könne schon mal vorkommen. weil kinder halt so sind. ich solle es nicht überbewerten, dass mir das passiert sei. was für ein schwachsinn - und vor allem keine antwort auf meine frage.

hätte ich ein kind und gäbe es ein einzelnes kind, das mein kind triezt, würde ich meinem immer raten, zurückzuschlagen. ich würde ihm zeigen, wo es schmerzhafte treffer landen kann und es ermutigen, überraschungsmomente für sich zu nutzen, den anderen aus der gruppe zu isolieren und ihn dann durch die hölle zu schicken. zumindest aus der opferperspektive habe ich damit schließlich reichlich erfahrung. schwieriger finde ich es, wenn viele kinder oder die ganze klasse gegen ein kind ist. da fällt mir dann auch nicht mehr viel ein.

ideas, anyone?


Donnerstag, 12. Oktober 2017

alles in butter

als mir der luxus-mann die tür öffnet, wirkt er munterer als gedacht.
"na?" frage ich ihn.
"nicht anfassen!" sagt der luxus-mann.
"klar, ich stürze mich sofort auf deinen schwanz!"
"bei dir weiß man nie. das machst du alles so gewohnheitsmäßig."

ich packe bücher aus, die der luxus-mann als lektüre fürs krankenbett angefordert hat, darüber hinaus lebensmittel, die ich für das abendessen eingekauft habe.
 "ich hab auch was für dich", sagt der luxus-mann. er stellt ein kleines led-blinke-monster vor mich hin. "das fandest du doch neulich so süß, als wir in dem kruschel-laden waren."
"wow, danke", sage ich und mir wird mal wieder warm ums herz. diese aufmerksamkeit tut gut. wie ein kuss oder eine umarmung. es ist die luxus-art, mir seine wertschätzung mitzuteilen.

auch wenn der luxus-mann schwerfällig geht und sich nur vorsichtig setzen kann, nimmt er bei mir in der küche platz.
"was magste denn trinken?" fragt er mich.
"rotwein?"
"gute idee, gib mir doch mal eben zwei gläser."
"darfst du denn schon alkohol trinken?"
"wieso?"
"das ist nicht gut, wenn man frisch operiert ist. ich durfte damals doch auch eine woche nicht rauchen oder trinken."
"EINE WOCHE?! EINE GANZE WOCHE?!"
der luxus-mann ist entsetzt.
"ja."
"das ist brutal."

ich kichere nur und schlürfe wein, während die luxus-blicke an meinem glas hängen.
"das ist schon krass, wie abhängig man vom alkohol ist", sagt er niedergeschlagen. "als wenn die schmerzen nicht genug wären, da muss man sich auch noch kasteien."
"ich sag ja nur, was bei mir war. muss ja nicht für dich gelten. haste den doc mal gefragt, was du alles darfst und was nicht?"
"nö."
 männer, klar.

"wie lange musst du da noch rumkochen? das sieht doch schon fertig aus", drängt der luxus-mann dann.
"haben wir etwa hunger?"
"ja klar."
"die suppe ist auch schon fertig. nur die pizze müssen noch backen, da ist ja gerade mal der käse drauf."
"wie lange denn noch?"
"fünf minuten, glaub ich."
"glauben kannst du in der kirche", sagt der luxus-mann skeptisch und zieht die augenbrauen hoch. kurz, bevor ich explodieren will, lacht er. er zieht mich auf mit seinem pünktlichkeitswahn.

dann essen wir. erst pizza, weil der luxus-mann erst was festes zwischen die kiemen braucht. er verputzt drei kleine pizze  und meint dann sogar:
"das war ja ganz lecker."
"schaffst du noch suppe jetzt?"
"na klar."
und er löffelt noch zwei große teller gemüsesuppe weg.
"offenbar nicht du nicht dem tode nah", spotte ich.
"jetzt gehts mir ja auch schon besser."

im bett nehme ich den luxus-arm und wickle ihn um mich. ganz entgegen seiner sonstigen gewohnheiten streichelt der mann sanft meinen oberarm, meinen hals und nacken.
"hmmmmmmmmmmm", mache ich. "weitermachen, bitte.
und der luxus-mann macht stumm weiter, während er sonst gerne theatralisch seufzt und sagt: "du bist so anstrengend!"
als er genug hat, nehme ich vorsichtig seine hand und verschränke meiner finger in seinen. eigentlich hasst der luxus-mann händchenhalten, aber er lässt mich gewähren.
so schlummern wir schließlich ein. 

wenn das die auswirkungen der op sind, dann bin  ich schon mal sehr zufrieden.




Freitag, 6. Oktober 2017

gimme five

es stürmt und regnet.
neben mir im glaskabuff der bushaltestelle steht ein großer junger mann in grellbunten klamotten und einem viel zu eng auf seinen rücken geschnallten rucksack. er wiegt sich, zieht grimassen, seibert und ruft immerzu laut:
"ahhhhhh... ahhhhuuuuuuu... huuuuuuu..."
"scht", macht die frau, die neben ihm steht. "sei still!"
"aaaaaaaahhhhh... huuuuuuuuuu...."
"hat die klappe! sei endlich still", raunzt die frau wieder.
seine mutter, vermute ich.

der sohn streckt die hand in den regen. seine mutter schlägt sie weg und schubst ihn grob. der sohn beruhigt sich ein bisschen, sieht aber sehr unglücklich an. seine mutter beäugt ihn misstrauisch, die mundwinkel tief nach unten gezogen. 

da kommt ein kleiner junge in blitzblauer regenjacke angestiefelt, mit ebenso blitzblauen augen. er bleibt stehen und schaut auf den fahrplan. der große beobachtet ihn fasziniert. auch der kleine hat den langen bemerkt und wirft ihm einen schüchternen blick zu. das ermutigt den behinderten und er winkt dem kleinen zu, als seine mutter wegschaut. der kleine schaut schüchtern - und winkt dann wunderbarerweise einfach zurück.

die szene entlockt mir ein lächeln. doch es kommt noch besser. der behinderte tritt einen schritt aus dem wartehäuschen heraus und auf den kleinen jungen zu, streckt den arm aus und ballt eine faust. der kleine schaut kurz zu mir, ich nicke ihm aufmunternd zu. da macht er ebenfalls einen schritt auf den langen zu und berührt mit seiner kleinen faust die große.

gimme five.
gimme life.

es sind diese winzigen gesten, die mir auch an dunklen tagen den glauben an die menschheit bewahren.