ich habe vor vielen, vielen jahren mal lehramt studiert. bis zum bitteren ende. weil ich dachte, och, das ist ja ganz sinnvoll, jungen menschen schöne dinge beizubringen.
im studium findet allerdings wie schon bekannt keinerlei echte vorbereitung auf den job statt. meine schulpraktika waren eher hospitationen, die anschließende besprechung mit der betreuenden lehrkraft für diese spürbar eine belastung und pflichtübung. mein betreuungslehrer ging total auf dem zahnfleisch und gab einmal zu, die ersten jahre im fach deutsch bedeuten ungefähr eine 70-stunden-woche. rosige aussichten, will man meinen.
ich hatte einige mitstudierende, die schon ein paar semester weiter waren und irgendwann ihr referendariat begannen. ein ref bekommt man fast unter garantie nachgeschmissen, denn referendare sind wie praktikanten: sie machen einen vollzeitjob mit voller verantwortung für lau. und weil vaddi staat so viel geld sparen kann, sinken die anstellungsaussichten nach dem ref ins bodenlose - denn der nächste referendar kann die stelle schließlich viel kostengünstiger besetzen.
arbeitslosigkeit nach dem ref trifft dabei vor allem unliebsame gestalten, die irgendwie durch sowas wie konstruktive vorschläge zur verbesserung des systems aufgefallen waren. also immer dran denken: karriere geht nur bei absoluter konformität! bringe keine eigenen ideen ein! entwickle am besten gar keine! sie könnten das ende deiner laufbahn als lehrer sein.
eine meiner freundinnen jobbte nach dem ref an bis zu drei schulen gleichzeitig. ihre gesamte freizeit verbrachte sie im auto, um von schule zu schule zu pendeln. ein großer batzen des verdienten ging für sprit drauf. pünktlich zum sommer wurde sie jedesmal arbeitslos, bekam aber kein arbeitslosengeld, weil ihr vertrag nur vom september bis juli ging und so keine 12 monate ausfüllte. macht vaddi staat sehr geschickt!
eine verbeamtung gar bleibt vielen auf ewig verwehrt. um in die private krankenkasse einzutreten, muss man topfit sein - körperlich und mental. ich hatte zum zeitpunkt meines studiums bereits einen bandscheibenvorfall in meiner akte - damit war ich chancenlos. eine kollegin, von natur aus sehr zierlich gebaut und mit einem entsprechenden bmi, wurde wegen angeblicher magersucht nicht für eine beamtenlaufbahn zugelassen. ein anderer hatte während seines studium wegen prüfungsangst einen psychologen aufgesucht - und weg vom fenster war er.
wer nun das glück hat, gesund zu sein und durch gefügig-unauffälliges verhalten eine planstelle mit verbeamtung zu ergattern, darf nicht zimperlich sein. denn auf die wahl des arbeitsplatzes hat man kaum einfluss. bayrische dorfschule in hinterdumpfing? alles klar. organisiere in zwei wochen deinen umzug, richte eine neue wohnung ein und fühle dich wohl ohne deine freunde und deine familie!
dir gefällt es dort nicht und du willst gerne zu deinem partner in ein anderes bundesland (zurück)ziehen? dann mach dich darauf gefasst, dass das vielleicht nie passiert. denn um das bundesland zu wechseln, hat vaddi staat eine schicke bürokratische hürde gebastelt. ein aufwändiges bewerbungsverfahren, endlose wartezeiten - und kein zwangsläufiger erfolg am ende der ganzen prozedur.
all dies sind m.e. sehr triftige gründe, nicht lehrer zu werden. von übergriffigen eltern, fehlender erziehung der kinder und der burnout-gefahr ganz zu schweigen. auch nach 15 jahren sinnloser marketing-kacke kann ich daher sagen: ich bin immer noch froh, nie ins ref gegangen zu sein. prinzipiell würde ich kinder super gerne unterrichten - aber nicht in diesem system und nicht mit dieser grottenschlechten ausbildung.
ab und an überlege ich mal, mich an privatschulen zu bewerben. einfach, weil so ein gesellschaftlich relevanter job schon ganz geil sein kann. allerdings verdiene ich aktuell fast besser als ich es im fall eines wechsels tun würde. damit sinkt die motivation immer wieder ziemlich schnell. denn ich arbeite für geld - wie wahrscheinlich alle von uns. und für einen so anstrengenden und fordernden job wie das lehramt will ich zumindest ordentliches schmerzensgeld.
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