meine urlaube im elternhaus sind mir immer eine zuflucht. hier kann ich noch mal kind sein für einige tage, hier muss ich nicht funktionieren, kann mich mal verwöhnen lassen.
ich habe sogar noch mein altes kinderzimmer.
es liegt ein prickelnder zauber darin, schubladen aufzuziehen und dinge zu entdecken, die einem mit 12, 13 oder 15 mal wichtig waren. sich zu erinnern, wie aufregend, ja verheißungsvoll vieles vor einem lag.
der duft dieser tage hängt noch im holz der kommode und in den laken meiner alten jugendbettwäsche. das gefühl der dankbarkeit bestürmt mich dann, weil meine kindheit rückblickend doch oftmals richtig schön war.
aber mit jedem jahr schwindet die unbeschwertheit.
der ton zwischen meinen eltern ist in diesem sommer rau. meine mutter, die ihr erstes künstliches gelenk im april erhalten hat, ist angespannt. man merkt es an ihrer grundaggressivität, die ich so gut von mir kenne. das neue kniegelenk ist allerdings nicht der grund dafür. vielmehr ist jeder satz ein latenter vorwurf richtung vater.
mein vater hat seit einiger zeit schmerzen in der hüfte, wenn er nachts aufsteht und zur toilette geht. dieser schmerz ist kurz und heftig und verschwindet dann. theoretisch kann er sich 99% der zeit schmerzfrei und normal bewegen. dennoch schleicht er gekrümmt und mit trippelschritten durchs haus, als hätte ihm jemand die wirbelsäule amputiert.
die wochen zuvor hat er mir bereits immer am telefon sein leid geklagt. angesichts meiner eigenen misere - zwei kaputte füße, die mich tag und nacht quälen - kommt mir sein problem lächerlich und leicht lösbar vor.
"du musst dich halt auch mal bewegen", sage ich, die ich weiß, wie mein vater seinen tag verbringt, nämlich: schlafen, essen und vorm tv sitzend. während er im winter noch ab und an 20 minuten auf dem heimtrainer fuhr, hat er mittlerweile jede bewegung eingestellt.
"jaja", sagt mein vater dann jedesmal trotzig wie ein pubertierender teenager.
"wenn du nichts machst, wirst du eines tages im rollstuhl sitzen", sage ich.
so viele nerven mich mein vater kostet, so tut er mir dennoch leid. er ist ein introvertierter und prinzipiell empfindsamer mensch wie ich. auch wenn man ihn vermutlich auf die härtere gangart motivieren muss, halte ich die zickereien meiner mutter für kontraproduktiv.
"können wir uns alle mal beruhigen", bitte ich.
ich bin längst nicht mehr kind. ich bin eheberaterin, physiotherapeutin, motivationstrainerin und nicht zu vergessen: computer-probleme-löserin.
abend im bett atme ich tief durch und versuche das gefühl der wackersteine auf der brust loszuwerden.
ich vermisse meine alte heimat und meine familie, wenn ich sie nicht um mich habe. aber nach ein paar tagen bin ich auch wieder froh, in mein offizielles erwachsenen-leben zurückzukehren.
vermutlich ist das pendeln-können zwischen diesen beiden welten das, was mir gut tut. daher muss ich es nutzen, solange es möglich ist.
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