mein heimatbesuch war sehr anders als sonst. zunächst hatte ich ja den mann dabei, der aber vor mir abreiste. ich blieb noch eine woche länger, und das wurde mir quasi vom mann verordnet.
denn zwei tage vor seiner - und eigentlich unserer - geplanten abreise war mir so sterbenselend zumute, dass ich abends im bett weinte. ich wollte nicht weg. nicht zurück nach hamburg. auf keinen fall! mein mann, eigentlich nicht sonderlich empathisch, schaltete erstaunlich schnell und machte mir am kommenden morgen den vorschlag, dass ich doch noch ein wenig bleiben und später mit der bahn nachhause fahren sollte.
die idee war insofern extrem außergewöhnlich, da mein mann sich beim alleine-autofahren zu tode langweilt und deshalb unter normalen umständen auf meine anwesenheit beharrt. in diesen fall schien er über seinen schatten gesprungen zu sein, um mir eine freude zu machen.
was ich wunderbar fand.
so verbrachte ich noch eine woche in meinem kinderzimmer, las meine alten bücher, besuchte alte freunde und hatte - von fußschmerz und dazugehörigen sorgen einmal abgesehen - eine wirklich schöne zeit.
intensiv, wie ich alles empfinde, passierte mir dabei etwas, was ich gelegentlich auch als kind erlebt hatte: ich fühlte mich sehr stark mit meinen eltern verbunden - so sehr, dass es fast quälend für mich wurde.
ähnlich wie in meinen sehr jungen jahren wollte ich unbedingt mit ihnen zusammen sein - vor allem abends. bloß nicht alleine ins kalte, einsame bett! schon zwei minuten zähneputzen bedeuteten eine räumliche trennung, angesichts derer mir ganz bang wurde. ich guckte mir sogar dämliche tv-sendungen mit meinen eltern an, wogegen ich mich sonst theatralisch sträube.
ich schob es auf meine immer noch recht gesundheitlich angeschlagene lage, dass ich diese tiefe form von (auch physischer) geborgenheit suchte. (und natürlich nicht so ganz fand, weil man als erwachsene frau ja nicht einfach mal zu seiner mutti in den schoß krabbelt.) aber das - ich kringle mich dabei, es so zu nennen - innere kind war offenbar gerade extrem bedürftig.
(an dieser stelle eine frage, weil ich mich sehr bekloppt dabei fühle: kennt jemand von ihnen solche empfindungen?)
ich wollte also gerne beschützt werden, fand mich dann aber letztzlich in der rolle der beschützenden wieder. versuchte meiner mutter klarzumachen, was so liebenswert an meinem etwas trotteligen vater ist, und meinem vater, warum meine mutter oft so harsch und fordernd ist. und es machte mich sehr glücklich zu sehen, wie ich ihnen beiden etwas geben konnte, was von herzen kam.
insgesamt hat sich unser verhältnis in den letzten jahren so sehr gewandelt und verbessert, dass ich es wahre liebe nennen möchte.
nicht fehlerlos. aber sehr offen, sehr nah dran.
dabei formte sich eine idee, die noch nicht zu ende gedacht ist: vielleicht würde ich später gerne im haus meiner eltern wohnen. so, wie es auch einige meiner nürnberger freunde tun - mit und ohne eigene familie.
das haus meiner eltern ist weder wertvoll noch besonders schön. es ist ein kleines, ruhiges und spießiges idyll mit garten inmitten einer liebenswerten nachbarschaft. komplett entkernt und neu möbliert könnte es mir eines tages ein sehr komfortables zuhause werden.
wer weiß, was die zukunft bringt, sagte das objekt einmal zu mir, und das ist mein wort zum freitag.
Ja, ich kenne solche Empfindungen, halte sie aber für gefährlich (vor Jahrzehnten habe ich erlebt, wie ein Freund, als er aufgrund des Scheitern des eigenen biografischen Projekts wieder im Elternhaus landete, bald Krebs bekam - sicher nicht nur deshalb, auch wegen seines vorherigen Jobs in der Papierindustrie - und mit 30 Jahren starb) - die eine Sache ist die Verbundenheit zu den Eltern, die nie abreißen sollte, die andere, dass das eigene Leben ein eigenes sein muss (zumindest seit wir in der Moderne leben, also seit ca. 150 Jahren).
AntwortenLöschenIch selbst pflege im Moment meine 2 stark behinderten Eltern, die als stark eingeschränkte Wesen durch eine Wohnlandschaft kriechen, mit der ich nix anfangen kann, die ich auch nicht erben will (es geht hier um Bilder, Porzellan und Bücher, Immobilien besitzen sie als Ossis nicht) und meine Frau fleht mich per Telefon grad an, dass ich meinen Vater bewegen soll zu entscheiden, was mit all dem Kram werden soll, aber ich fürchte fast, es ist zu spät, und wir Geschwister werden vermutlich in nicht allzu ferner Zeit mit einer Haushaltsauflösung schwierigeren Charakters zu tun haben ...
um missverständnisse vorzubeugen: ich möchte AUF KEINEN FALL zu meinen eltern ziehen! ;-)
Löschenaber sie werden in vielleicht 5-7 jahren dieses haus nicht mehr bewirtschaften können und in eine wohnung oder vielleicht auch ein betreutes wohnen ziehen.
3 meiner freunde leben in ihren (von ihren eltern nicht mehr bewohnten) elternhäusern, 2 davon haben wirklich ein kleines paradies aus der piefigen teppich-schrankwand-landschaft gezaubert. auch das haus meiner eltern müsste man selbstverständlich komplett entkernen. eine meiner freundinnen lebt quasi so drin, wie die eltern das haus hinterlassen haben, das ist natürlich absolut gruselig. aber sie ist alleinerziehend und hat weder handwerkliche begabung noch den kopf dafür.
die frage angesichts der aktuell recht ausgequollenen immobilienblase lautet ja auch: sollte man so ein haus verkaufen (unseres bringt vielleicht 300.000 €) und sich dafür in hh eine einzimmerwohnung in einem maximal mittelmäßigen viertel kaufen - oder sollte man nicht besser nutzen, was da ist und finanzielle reserven sukzessive in einen umbau investieren?
heißt, es spielen hier neben den emotionen auch ganz praktisch-finanzielle gedanken hinein.
Mir genügt hier schon die passende Überschrift, um mich damit zu identifizieren. Diese drei Worte sind meine ständigen Begleiter. Elterliche Nähe weil Wohnung im Elternhaus und intensives Empfinden ist ebenfalls vorhanden. Deshalb bevorzuge ich in der Freizeit die einsame Stille und nur wohldosierte Kontakte. Das mit dem beschützen und beschützt werden ja auch das genau so.
AntwortenLöschenwohnen deine eltern im selben haus? puh, das wär mir dann zu viel.
Löschenich meinte ja eher so, vielleicht in 10 jahren, wenn sie das haus nicht mehr bewirtschaften können, ALLEIN da hinziehen. ;-)und eben in derselben stadt wohnen, sodass man bei elterlichem bedarf schneller reagieren kann.
So ist es. Die Dimension von Haus und Grundstück machen das möglich und auch ein gutes Verhältnis, beidseitige Kompromissbereitschaft und vor allem Respekt. Meine Eltern können das alles nicht mehr alleine, weil einfach zu viel, zu groß. Verstehe Dich, geht den meisten so. Wir wohnen ländlich, zumeist sehr große Häuser und das gemeinschaftliche, familiäre Mehrgenerationenwohnmodell ist daher nicht außergewöhnlich.
Löschenbei meinem mann ist es auch so. der hof ist groß genug, dass eltern, bruder und schwester in je eigenen häusern/wohnungen da leben, ohne sich auf den wecker zu fallen.
Löschenja, das mag gehen.
in meinem fall ist es etwas anders, weil das haus in der stadt und echt klein ist. konzipiert für die typische kleinfamilie von eltern plus max. 2 kindern. da wäre zusammenleben krieg. ;-)
Hm, wenn du dein inneres Kind so wahrnimmst, kannst du heute aktiv die Bedürfnisse stillen und ihm eben auch vermitteln, dass "alles ok ist". Manchmal ist da eben doch was nicht im Einklang und das kann man, wenn man sich damit beschäftigen will, auch ohne Thera recht gut händeln. Buchempfehlung dazu gibt es jetzt nicht, aber wenn du mehr dazu haben willst, sag an, ich such es raus. Es kann übrigens einiges vereinfachen, wenn man sich klar darüber wird, welcher Anteil gerade welche Bedürfnisse hat ;-)
AntwortenLöschenich erkläre mir diese enorme bedürftigkeit aktuell damit, dass ich vor 4 wochen mit meinem operieretn fuß erneut umgeknickt bin, was eventuelle op-erfolge revidiert, aber so recht sagen will es mir wieder kein arzt, bzw. alle meinen etwas anderes. entsprechend bin ich vollkommen verwirrt und verunsichert - und bedürftig. muss auch der mann ausbaden, weil ich gerade wenig lust auf sex habe und dafür umso öfter körperliche zuneigung anderer natur suche. ;-)
Löschendie aufgefrischte fußostrophe bringt dabei auch viel planungsunsicherheit mit sich, die selbstredend auch eventuelle erneute heimat-besuche inkludiert. weihnachten zuhause ist nichts als ein großes fragezeichen.