Mittwoch, 5. April 2017

im schnitzelparadies

dann war es also soweit und wir flogen nach wien. monsieur war noch nie dort, ich schon viermal, aber ich hatte nichts dagegen, denn der außereuropäische rest der welt, den der luxus-mann sonst so bereist - thailand, kuba, südamerika - interessiert mich herzlich wenig. dazu fehlt mir das lebhafte interesse an verständigungsproblemen, giftigen viechern und dem unabsichtlichen involviertwerden in drogenbandenkriege. überhaupt bin ich der meinung, dass menschen an allen stellen der erde gleichsam irgendwie arschlöcher sind, also ist es mir theoretisch egal, wo genau ich mich befinde. wichtig allein sind mp3-player, sonnenbrille und immer ausreichend psychopharmaka und kiffe. dann klappts auch mit dem gechillt-gucken und dinge-schön-finden.

wir hatten ein angebliches fünf-sterne-hotel gebucht, das sich bei ankunft als gefühlter 2 bis 3-sterne-schuppen entpuppte, was an der unästhetischen zimmereinrichtung, dem merkwürdigen geruch der bettwäsche und der extrem harten matratze lag. dafür gab es einen fitness- und wellnessbereich, den wir nicht nutzen, da wir lieber fickten, und ein restaurant, in das wir ebenfalls nicht gingen, weil piefig und überteuert und für madame viel zu fleischlastig.

tag 1. ich hatte zunächst das problem, dass ich die falschen schuhe dabei hatte. denn am ersten abend meinte der luxus-mann: "wir werden den GANZEN tag laufen! ich will ALLES sehen! ich muss ALLES fotografieren!" darauf war ich bei einem städteurlaub an orten, wo es auch öffis gab, nicht ganz eingestellt. doch ich war ja flexibel. da wir uns in einem zivilisierten land mit deichmann-filialen befanden, war das schuhproblem alsbald gelöst: schnurstrackses anstreben der zuvor ergoogelten filialadresse, 10 minuten anprobieren, kaufen, fertig, und das um halb elf uhr vormittags, wo ich in urlaubenden zeiten normalerweise noch schlief. der luxus-mann war dennoch not amused ("den halben urlaub in schuhläden verbracht" "IMMER NUR einkaufen müssen"). danach hühnerten wir immerhin fast sieben stunden durch die innenstadt.

am abend kehrten wir ins hotel zurück und waren lalli. da ich als vierfach bandscheibengeschädigte auf der viel zu harten matratze nur zwei bis drei stunden unter schmerzmitteln ausharren konnte, war ich ohnehin stark übernächtigt und wartete nur darauf, dass erkältungen und fieser herpes ausbrechen würden, was aber nicht passierte. offenbar hatte der herpes vor den den-ganzen-tag-herumlaufen-plänen des luxus-mannes respekt.

um den unerträglich werdenden hunger zu stillen, gingen wir am abend sushi essen, was den luxus-mann aber nicht befriedigte. außerdem wünschte er sich so sehr typische wiener kulinarik, dass wir noch eine stunde durch die straßen rannten, bis der luxus-mann sich in ein münchner hofbräu-haus verliebte und dort weißwürschte und brezen bestellte. ich wartete, bis er den letzten weißen fleischabfälle-matsch aus den labberigen häuten gezutzelt hatte, um darauf hinzuweisen, dass dies bestimmt keine typische wiener spezialität gewesen sei. die enttäuschung hielt sich dennoch in grenzen, da der luxus-mann mit seinem 18 euro teuren fastfood-essen sehr zufrieden war und kräftig mit bier nachspülte.

an tag 2, dem tag nach dem ersten alles-sehen-müssen-marathon begann der luxus-mann über knieschmerz zu klagen und legte fest, dass wir ab sofort möglichst überhaupt nicht mehr herumlaufen würden. außerdem musste er fußball schauen, wofür er sich extra ein ipad gekauft hatte, da das hotel nicht über sky sport verfügte. das führte dazu, dass ich tatsächlich einen halben tag allein für mich hatte. ich ging auf einen flohmarkt und chillte dann bei sommerlichen temperaturen im park belvedere, was ich als ungeheuer entspannend empfand.

abends begann die essensproblematik erneut, da wiener gaststätten offenbar kaum fleischlose gerichte servieren wollten. ich entschied mich für einen salat, sogar mit fleisch in form einiger gegrillter putenschnipsel. der luxus-mann orderte eine platte mit dreierlei gebackenenen schnitzeln und einen topf voller erdäpfel-vogerlsalat, wobei wir beide nicht herausfinden konnten, um welche vogerln (wellensittiche? stadttauben? kolibris?) es sich dabei handeln sollte. mitlesende wiener dürfen an dieser stelle gern aufklären.

bei all dem, was der luxus-mann so in sich hineinstopfte, blieb es natürlich nicht aus, dass auch etwas aus ihm herauswollte. wobei wir dann wieder beim thema alltag wären, der sich in unserem fall unter anderem in einem winzigen badezimmer ohne fenster und ohne funktionierende belüftung abspielte. um nicht vergast zu werden, bat ich den luxus-mann zu sprühen, was er zunächst ablehnte, sich dann aber unter androhung ausbleibender sexueller aktivitäten doch noch mal überlegte. bei sprühen hatte ich eigentlich an ein deodorant gedacht, doch die wahl des luxus-mannes fiel auf mein 80-euro-parfum. was mich ebenso wenig begeisterte wie der geruch von scheiße im schlafzimmer. also kaufte ich bei einem billa ein billomat-deo, woraufhin sich auch dieses problem in wohlgeruch auflöste.

tag 3. das knie des luxus-mannes hatte sich etwas erholt und wollte gern in schönbrunn herumhumpeln, was ich in ordnung fand. schönbrunn sollte man als piefke-touri ja mal gesehen haben. wir schlossen uns den enormen menschenmassen, die da bei brüllender sonne gen mariatheresiahausen strömten, an und absolvierten eine schloss-tour, die etwas kürzer dauerte als das anstehen an der kassa für tickets dafür. dann sanken wir barfuß in den rasen des schlossparks und schauten auf die stadt. der luxus-mann krümelte gras und gänseblümchen auf mich und fotografierte, während ich versuchte, mich unter der kurzen hose richtung luxus-gemächt vorzutasten und ihn an den schamhaaren zu ziehen, was dem luxus-mann lustige kleine quieker entlockte.

am nachmittag traf ich mich dann mit der werten frau kelef, die ich nun schon seit blogurzeiten kannte, aber noch nie live und in farbe erlebt hatte. sie kam in begleitung der entzückenden kleinen frau pixy, die dem luxus-mann in sachen humpeln in nichts nachstand. wir schmausten zunächst zu dritt in einem café, dann begab sich der luxus-mann auf die angeordnete singletingel-tour, damit die damen auch mal ungestört lästern konnten. im nachgang meinte frau kelef übrigens, dass sie sich mich genauso vorgestellt hatte wie ich dann auch wirklich war, was schon eine reife leistung ist, da ich mich beim bloggen gern hinterm literarisieren verschanze und leser mit wohlmeinenden ratschlägen des öfteren darauf hinweise, dass es ganz reale unterschiede zwischen der autorin und der figur der morphine gibt. also blogge ich vielleicht tatsächlich authentischer als ich sein möchte. hm.

da der luxus-mann in wien trotz zahlreicher schnitzel- und kuchenförmiger snacks konstant knapp am hungertod vorbeischrammte, währte der zweisame teil des bloggertreffens nicht allzu lange. dennoch hat es mich extrem gefreut, die hochgeschätzte frau kelef samt anhang endlich mal persönlich zu treffen.

um mitternacht schlug dann die schicksalsstunde und ich alterte um ein weiteres jahr, begleitet von wodka aus der flasche, einem ganzen luxus-geschenkeprogramm sowie einem brief, in dem der luxus-mann mir ganz luxus-untypisch schriftlich seine sexuelle und intellektuelle zuneigung bekundete. ich hatte ein sehr warmes gefühl in der brust, als mir in diesem moment nach so vielen jahren endlich mal wieder die drei kitschigsten worte der welt über die lippen sprangen.

am montag hatte ich wunschprogramm, denn der luxus-mann wollte, dass es mein tag würde. wir fuhren also zum zentralfriedhof, wo ich dem luxus-mann den alten jüdischen friedhof zeigte, der wie ein dschungel voller tanzender schmetterlinge und mümmelnder rehe war. zuerst hatte der luxus-mann gemault, was ich dort wolle, wenn man in hamburg doch direkt ohlsdorf vor der nase hat, aber dann war er doch beeindruckt, wie die natur hier innerhalb weniger jahrzehnte alles überwuchert und in einen kleinen urwald mit umgestürzten grabsteinen verwandelt hatte.

den rest des tages verbrachten wir in der stadt in einem café, wo es mal wieder nicht so tollen kuchen gab, sowie später auf dem hotelzimmer, weil wir keine lust mehr auf gelatsche, sondern vielmehr auf ficken hatten. am abend schleifte ich den müden mann in eine bar, wo wir uns cocktails für 14 euro hinter die binde gossen, danach gings auf die piste. am ort des geschehens war für einen montag unheimlich viel los. viele drinks später erst sahen wir auf die uhr, da war es dann schon nach drei.
"fuck, wir müssen ja um elf aussem zimmer raus", lallte der luxus-mann. also brachen wir in windeseile auf, verliefen uns aber, hacke wie wir beide waren.
"nehmwa doch n taxi", sagte ich ein ums andere mal.
"nee, dasssss... hotelisss gleich um die ecke", behauptete der luxus-mann jedesmal daraufhin steif und fest.
erst unzählige falsche ecken später standen wir tatsächlich vor unserer elitären herberge mit den schlechten betten und schwankten auf unser zimmer.

tag 5, abreisetag. auf dem weg zum flughafen wollte uns wien noch mal kurz schocken und ließ die s-bahn sperren. dank meines unglaublichen instinktes fürs praktische gelang es mir jedoch, durch das bequatschen von polizei, straßenbahnfahrern und dem studieren unzähliger karten eine alternative wegstrecke zum ziel herauszufinden.
in hamburg freute ich mich dann sehr auf mein bett und der luxus-mann sich auf fußball und eine große portion nudeln, da er schnitzel inzwischen nicht mehr sehen konnte.
"kommst du nachher noch mal rum?" fragte er mich, als ich an meiner station aus der bahn stieg.
"du kriegst mich nicht über, was?" grinste ich.
"nicht so schnell, irgendwie", erwiderte der luxus-mann. "manchmal vermiss ich das sogar, wenn ich alleine im bett liege und mich deine haare nicht im gesicht kitzeln."
ich kicherte geschmeichelt.
"jetzt ist aber auch wieder gut mit romantik", sagte der luxus-mann schnell und zwinkerte.

so endete eine insgesamt sehr schöne zeit, in denen wir uns nicht mal ansatzweise gestritten, sondern vielmehr noch ein plus an nähe und intensität entwickeln konnten. bei drübernachdenken kann ich ein ums andre mal mein glück kaum fassen.



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