Freitag, 31. Oktober 2025

alle guten geister

da sich die intellektuellen herausforderungen meines lebens in kürze wieder auf keywords, performancezahlen und ki begrenzen werden, habe ich gestern zur geistigen und seelischen belebung die lesung des werten alexander hacke also known als alex von borsig - seines zeichens ex-einstürzende-neubauten-mitglied - besucht. 

zwar gibt es in kackstadt keine nennenswerte subkultur mehr, da alles tausendprozentig auf das konsumverhalten von touris und stinos zugeschnitten wird. aber das war defintiv ein kleines highlight nach meinem geschmack. letzten winter blixa, jetzt der alex - vielleicht krieg ich den rest der truppe noch irgendwie erlebt, bevor er tot und begraben ist. 

das so-mal-rauskommen, dieses andere-leute-sehen, das ansatzweise-mal-kultur-erleben ist ja selten geworden bei mir. zuletzt auch aus finanziellen gründen. wie sie sich vielleicht vorstellen können, kommt man mit 1260 € monatlich nicht sehr weit in einer stadt der millionäre und milliardäre. mal 20 € in ein ticket stecken, das sind 20 €, die dann weg sind und die man irgendwie bei lidl wieder einsparen muss, indem man sich den käse verkneift und nur das billig-toastbrot nimmt statt bio-vollkorn. woraufhin man als dauernervöse, prämenopausale lady wieder eine woche lang nur schafskötel scheißen kann.

wie auch immer, der alex ist ein fideles kerlchen, der erzählt wie er schreibt, also in einem elaboriertem sprachcode, mit einem hauch edelrotzigem sarkasmus, der anfassbarkeit und abgehobenheit (fuck, was für ein jetset-leben!) verquickt. anfangs etwas bemüht und stockend, kam er dann doch ins erzählen. für mich persönlich besonders sympathisch war der moment, als er zugab, er habe sein buch noch mal überarbeiten müssen, da es seinem verleger in der rohfassung zu düster und zynisch gewesen sei: mehr positives bitte, lautete die regieanweisung. tja, ein bisschen seelenverwandtschaft ist definitiv vorhanden.

man hatte den eindruck, dass alexander hacke über die buchvorstellung hinaus sogar ein publikumsdialog hätte gelingen können. dass die zaghaften interaktionsversuche bzw. die nachfrage nach fragen nicht recht in eine plauderei führten, lag allerdings weniger am alex denn am publikum, das deutlich bewies: punk ist definitiv mausetot und trägt heute meist funktionsbekleidung.  

am ende die übliche signierstunde, aber die sparte ich mir. die zeiten, in denen ich promiskuitiv um eine mr. berühmtheit herumschlenderte und dabei grenzenlose aufregung verspürte, sind so vorbei wie die zeiten des punk. sicherlich schmökere ich beizeiten in das buch rein, wenn ich es irgendwo gebraucht schießen kann. oder auf einem grabbeltisch mit angeschnittener ecke finde. was dem alex sicher so gar nicht gefallen würde.  

 

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