Montag, 21. August 2023

und der zukunft zugewandt

saturday-night-party, nach langer zeit mal wieder, in der lieblingslocation des luxus-mannes. es gibt musik der 80er, ein bisschen disco, ein bisschen soul und viel alternative. sehr angenehm soweit, vor allem in der reizenden begleitung eines alkoholischen getränks. 

während sich der luxus-mann mit bekannten unterhält, stehe ich alleine in einer ecke und tagräume vor mich hin. ich mag das sehr, mich vollkommen von der realität abzukoppeln und durch mein ganz persönliches universum zu driften. die fantasien wandern richtung objekt, und ich stelle mich vor, wie es da steht, direkt in der ecke gegenüber. oder wie es in sich gekehrt tanzt, genauso wie in den momenten, in denen es ganz bei sich selbst war.

irgendwann gesellt sich der beste luxus-kumpel zu mir und macht mir ein kompliment für mein parfum. 
"das hat mir mal meine mutter geschenkt. ein ganz alter duft, den hat sie selber früher getragen, als sie jung war."
"bisschen blumig, aber an so einem warmen sommerabend hat das unheimlich was."
"danke. ich fand es auch für heute sehr passend."
 
wir stehen eine weile schweigend nebeneinander, dann sage ich: "weißt du, was mir an solchen abenden auffällt? ich denke überhaupt nicht mehr an die zukunft!"
"wie meinst du das?" fragt der luxus-kumpel verwirrt.
"naja... ich bin so eine tagträumerin. ich hab früher den größten teil des tages tatsächlich in meinen gedanken verbracht. und mir immer vorgestellt, was alles tolles passieren wird. gerade wenn es aufs wochenende zuging, da hab ich so dermaßen drauf gefiebert, dass mein lover irgendwo auftaucht und wir sex haben können."
"und jetzt?"
"jetzt hör ich dieses oder jenes lied... und dann fällt mir was aus der vergangenheit ein. sogar aus meiner frühen kindheit. zum beispiel, wie mein vater so vor seinem kassettenrecorder saß und die hitparade mitschnitt. oder wie ich abends immer mit so einem ganz bestimmten gefühl auf der couch saß und noch schnell glücksrad guckte, bevor ich ins bett musste. oder ich denke an die kleinen radtouren, die ich als kind in die umgebung gemacht habe... wie schön weitläufig das damals alles war, nicht so hässlich mit neubauten zugetackert wie heute."
"geht mir ähnlich", sagt der luxus-bekannte. "ich ertappe mich auch dabei, dass ich überwiegend in meinem kopf lebe und in erinnerungen schwelge."
 
"ich will damit auch gar nicht sagen, dass ich so wahnsinnig unglücklich mit meinem leben wäre. insgesamt ist es weder toll noch schrecklich. ich habe den luxus-mann, und das genieße ich immer noch. aber ich träume nie von uns. oder von einem neuen job oder einer schicken ruhigen wohnung. oder was sonst so alles passieren könnte."
"kenn ich. deshalb sind solche parties auch immer sehr ambivalent für mich."
"wegen der musik von früher?"
"ja. für dich ist das deine kindheit, für mich ist es meine jugend. einerseits feiere ich das total, andererseits macht es mich auch wahnsinnig traurig. weil ich eine schöne jugend hatte. und weils vorbei ist. mir geht´s heute auch nicht schlecht, überhaupt nicht. aber groß von was träumen, das kann ich auch nicht mehr."
"ist wahrscheinlich so ein altersding... dass man so retroromantisch wird. weil alles vorbei ist, wofür man mal gelebt hat."
 
der luxus-kumpel wiegt sich von einem bein aufs andere:
"ich glaube, bei mir fing das auch so in deinem alter an. ganz schlimm wurde es vor ein paar jahren, als meine mutter starb."
"das ist bestimmt eine wahnsinnige zäsur. ich kann mir vorstellen, wenn meine eltern mal tot sind, falle ich so richtig in ein loch. weil dann die kindheit endgültig vorüber ist."
"hast du nicht mal gesagt, mit deinen eltern war es früher auch eher schwierig?"
"vollkommen richtig. aber ich beginne, das zu idealisieren. die erinnerungen verschwimmen immer mehr und ich erinnere mich interessanterweise inzwischen vorwiegend an die guten tage. das ist wie diese ganz bestimmte phase nach einer trennung, wo man noch mal voll romantisch an den ex denkt und sich sagt, och, mensch, das war soooo schön, wieso hab ich das nur aufgegeben?!"
"kenn ich."
 
"es verändert sich sogar gerade mein blick auf junge menschen. da vorn zum beispiel, siehst du diese teenies in den hässlichen jogginghosen und den geschmacklosen zeltartigen t-shirts? ich finde das gerade total süß, dass sie hier zwischen lauter alten leuten zu so alter musik tanzen."
"das finde ich jetzt nicht so süß, aber ich sag mal so, für jemanden, der kinder hasst, ist das eine gewisse geistige leistung."
"vielleicht hab ich ja meine ganz eigene art von muttergefühlen, wer weiß. manchmal hätte ich gern so einen teenie als sohn oder tochter. aber halt erst so.... so ab 16 vielleicht. jüngere kinder finde ich immer noch schlimm."
der luxus-kumpel lacht: 
"ich hol mir mal noch ein bier. willste auch eins?"
"danke, sehr gerne ein alster."
 
 da kommt der luxus-mann auf mich zugerollt und küsst mich aus dem nichts.
"was ist los?" frage ich bezaubert.
der luxus-mann ist schon etwas angetüddert und leicht am lallen:
"ich hab mich heute so umgeschaut... und festgestellt, dass es so viele gruselige frauen hier gibt... so viele biedere hausmuttis und so viele peinliche tussen... da hab ich wohl echt glück gehabt mit dir. deshalb hab ich mich gefragt, wenn wir uns nicht kennen würden, hätte ich dich dann heute hier angesprochen?" 
"und hättest du?"
"wahrscheinlich."
ich muss glücklich grinsen:
"ich hoffe, nicht nur wegen deinem pegel und dem kontrast zum weiblichen gruselkabinett hier."
 
ich schmiege mich ein bisschen an den luxus-mann und schätze mich glücklich. auch, wenn ich keine tagelangen sexfantasien mehr von ihm habe. vielleicht heißt weniger träumen auch einfach mehr realität. und wenn die gut ist, sollte man vermutlich doch irgendwie dankbar dafür sein.
 


1 Kommentar:

  1. ich habe ewig keine Blogs gelesen und arbeite mich gerade hier durch die letzten Monate...
    Das hier ist echt suess!
    und ja, ist das Alter, ich traeume hier auch von nichts mehr, ausser irgendwann mal meine Ruhe zu haben und hoere dabei Musik von "frueher" ^^

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