Samstag, 25. März 2017

alkoholische distanzbewältigung

"du schaust so", sagt der luxus-man gestern, als wir nebeneinander auf der couch sitzen und ich mich schon wieder leer und belanglos fühle, wie es seit ein paar wochen der fall ist.
"du schaust selber", antworte ich kühl.
"ich hinterfrage halt die konstellation gerade", sagt der luxus-mann da zögerlich.

so, er also jetzt auch, denke ich.
"und was heißt das nun konkret?" will ich wissen.
"ist halt irgendwie komisch."
"komisch."
"naja... du bist so weit weg."

ich fühle mich innerlich wie betäubt, als ich sage:
"so ähnlich ist das auch. nachdem es inzwischen so zwischen uns ist... so ohne jede lebendigkeit, so ein liebloses nebeneinander... da nehme ich halt abstand. einerseits, weil ich den eindruck hab, dass dich alles nervt und zu viel ist, anderseits, weil ich mich darauf einstelle, dass wir auf ein potenzielles ende zusteuern, was ich mir natürlich nicht unbedingt so wahnsinnig schmerzvoll gestalten will."
"da ticke ich genauso", sagt der luxus-mann.
"fatal, hm."

der luxus-mann schaut mich verzweifelt an.
"dann tu doch mal was."
"ich habe seit wochen versucht, die fahne für uns hochzuhalten. ich bin jetzt soweit, dass mir das sinnlos erscheint, weil ja nichts zurückkommt. weil es sich gerade nicht anfühlt, als wäre das eine phase."
"ich habe den eindruck, dass du dich überhaupt nicht auf den urlaub freust."
ich zucke die achseln. einfach ja zu sagen, finde ich zu hart.

der luxus-mann fasst sich sichtbar ein herz.
"ich freu mich ja schon."
"ja?"
"dochdoch. und... ich bin auch glücklich mit dir."
 ich sehe irritiert auf.
glücklich ist eine vokabel, die sonst nicht im luxus-wortschatz vorkommt.
"also rein rational betrachtet denke ich auch, dass uns der urlaub gut tun könnte", raffe ich mich auf, um etwas freundliches zu sagen. "mal rauskommen, mal weg von der ganzen routine."
der luxus-mann lacht gequält.
"du freust dich nicht."
ich bin befangen.
"naja...."
der luxus-mann flippt nicht aus. er schaut mich ruhig an:
"ich glaube schon, dass wir spaß haben werden."

obwohl ich müde bin, regelrecht erschöpft vor lauter leere und traurigkeit, gehe ich mit dem luxus-mann trinken. in einer kiezspelunke füllt sich der luxus-mann mit bier und schnaps ab, dann geht er mit mir auf meinen wunsch in eine bar, um white russian zu ordern. später versumpfen wir in der kneipe beim luxus-mann um die ecke, wo wir noch wein zum ausklang nehmen.

unter starkem alkoholeinfluss vollzieht der luxus-mann wie fast immer eine wundervolle metamorphose, wird anhänglich, zärtlich und zugewandt. ich halte ihn ein bisschen fest, damit er nicht vom stuhl fällt, während er lallend philosophiert, freue mich über die wärme und achtung, die da plötzlich wieder zwischen uns herrscht und hoffe, diese in den nüchternen zustand hinüberretten zu können.

als wir gegen halb vier die letzten meter nachhause schunkeln, sind wir entspannt, lachen, haben einander untergehakt. meine welt ist in ordnung, so sehr in ordnung sogar, dass ich seit wochen mal wieder so richtig rattig werde und dem luxus-mann im laufen die hose aufmache.
"he..."
"sollen wir nicht ein bisschen öffentliches ärgernis erregen?"
"alless... ssssolangesss dich errreg."

für outdoorsex fehlt uns allerdings die koordination ebenso wie ein ruhiger ort, denn wir sind mitten in der schanze. also stolpern wir knutschend und fummelnd die treppen hinauf in die luxus-wohnung.
"nich hinlegen!" sage ich streng, denn ich kenne die tendenz des luxus-mannes, angezogen aufs bett zu fallen und sofort wegzuratzen. also schiebe ich ihn ins bad, zähne putzen, bisschen kaltes wasser ins gesicht klatschen, dann torkelt er richtung heia.
"ich zieh mich nur kurz aus", rufe ich ihm hinterher.

als ich eine minute später ins schlafzimmer komme, liegt der luxus-mann auf dem rücken, den kopf tief ins kissen gedrückt, der mund halb geöffnet, leicht sabbernd und bereits ansatzweise schnarchend.
ich robbe mich ran und halte ihm die nase zu, woraufhin er erwacht, murmelt, und unter der decke nach mir greift. ich schaffe es tatsächlich, den schwanz noch einmal auf volle größe zu kriegen, doch dann sinkt der kopf des luxus-mannes schwer auf meine schulter.
und er ist eingeschlafen.

trotzdem bin ich mit dem abend sehr zufrieden, fühle endlich wieder verbundenheit. der sex wird am morgen nachgeholt, mit deutlich mehr aufmerksamkeit und achtsamkeit.

wie auch immer, man kann nicht sagen, dass sich der luxus-mann keine mühe gibt, wenn er weiß, wo der hase im pfeffer liegt. es scheint nur, als müsse er ab und an mal erinnert werden.







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