Montag, 2. Oktober 2023

absurdität

nichts neues aus dem land der alpträume. ein paar mittelmäßige bewerbungsgespräche, aber keinerlei aussichten. entweder merkte ich schon beim nicht stattgefundenen begrüßungs-handshake, boah nee, genauso unsympathisch wie der aktuelle arbeitgeber. oder aber ich schleimte und biederte mich an nach allen regeln des bewerbungscoachings, während das gegenüber das manöver mühelos durchschaute und glasklar erkannte, dass ich krank, verrückt, instabil, inkompetent, verunsichert, absonderlich oder was weiß ich alles bin.

mit meinem selbstbild kann ich keinen blumentopf gewinnen, täuschung liegt mir nicht, ist nur dünne tarnung. mit meiner brüchigen fassade von professionalität und meiner stino-verkleidung wirke ich vermutlich einfach nur seltsam.

meine freundin m. hat sich mit botox unterspritzen lassen. an der stirn ist es noch ok, aber ohne krähenfüße kannste nunmal nicht mehr lächeln, egal wie sehr sich dein mund bewegt. hab ich ihr auch genau so gesagt. sie findet es dennoch ok - argument, sie sei ja keine schauspielerin, die mit ihrer mimik die kohle macht. aber jeder ist schauspieler. sie, indem sie ihr alter versteckt, ich, indem ich meinen wahnsinn verstecke die leistungsgesellschaft zwingt das individuum zu permanenter selbstverleugung.

dass ich voraussichtlich noch 25 jahre schlecht und halbherzig für eine zutiefst verachtenswerte gesellschaft schauspielern muss, versetzt mich in panik. zeitweise möchte ich wieder zur zigarette greifen, aber rauchen ist auch nichts weiter als ein suizidversuch für hosenscheißer. ein halbherziges vielleicht-vielleicht-auch-nicht-sterben, unter der flagge falsch verstandenen genusses. 

ich beobachte mich, wie ich wie ein besinnungsloser vollspießer samstags mit dem luxus-mann durch ein möbelhaus renne und später in einem restaurant fisch esse. abends sitzen wir dann auf der couch oder in einer bar, durchaus mit kurzweil und gut unterhalten. aber niemals verlässt mich das gefühl vollkommender absurdität.

ich kann das leben so nicht ernst nehmen. aber von spaß bin ich ebenfalls lichtjahre entfernt.

von zeit zu zeit frage ich mich, wie es wäre, wenn das objekt noch da wäre. dass das schicksal mir diese person genommen hat, kann ich ihm nach wie vor nicht verzeihen. mit dem objekt verschwunden ist auch mein naiver glaube an eine art gütige macht, eine ordnende kraft, eine nicht entschlüsselbare sinnhaftigkeit, möglicherweise sogar liebe. manchmal weiß ich nicht, was ich mehr vermisse: diesen menschen oder meinen kindlichen, aber hoffnungsvollen begriff von metaphysik.

4 Kommentare:

  1. da finde ich mich wieder, genau so...

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    1. spannend. spätestens bei meiner metaphysik steigen die meisten eigentlich aus.

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  2. 2016 hatte ich ca 50 Beiträge geschrieben, hauptsächlich Drugstorys. Viele fanden es gut und meinten,dass man daraus doch was machen müßte...
    Seit damals lese ich immer wieder zwischendurch deine Geschichten und DAS wollen die Menschen lesen,glaub mir! Ich weiß,du schreibst natürlich nicht um damit Kohle zu verdienen, aber lass dir das als Alternative durch den Kopf gehen! Keine Ahnung wie man da genau vorgeht, aber du schreibst seit sieben Jahren sensationell, das Niveau ist durchgehend sehr hoch! Du berührst mich einfach immer!
    Gruß, Andreas

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    1. danke. :-) ich nutze das talent zwar im job, aber so wie ich schreiben viele talentierte menschen für den kack-kapitalismus und seelenlosen konsum, weil sich leider nur damit geld verdienen lässt. ich wünschte, ich könnte mehr bewegen und wirklich etwas nachhaltiges schaffen. der luxus-mann ermutigt mich immer, den job hinzuwerfen und einfach nur noch bücher zu schreiben, aber ich brauche doch auch etwas sicherheit. so ein monatliches mittleres einkommen ist nach vielen jahren armut sehr angenehm.
      ich glaube übrigens auch, dass du extrem viel zu erzählen hast. drugstore cowboy oder so. ;-) und du hast die kraft der worte, das auszudrücken.

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