Sonntag, 4. September 2022

therapeutic confrontation

ich wohne in einer stadt mit fast 2 millionen menschen. doch mr. murphy gelingt es, mich immer  wieder mit den schatten der vergangenheit zu konfrontieren.

so begab es, dass ich vor einiger zeit die ehemalige objektgespielin plötzlich bei mir auf der straße traf. auf mein freundliches, schüchternes "hi" hin belegte sie mich mit einem finsteren blick aus ihrem verbitterten gesicht. ich ging rasch weiter, um mir eventuelle feindselige äußerungen zu ersparen.

seither hegte ich den vagen verdacht, die gespielin könne neuerdings irgendwo in meinem stadtteil wohnen. als ich mal wieder die objekt-mutti an der strippe  hatte, fragte ich daher behutsam um drei ecken, ob sie denn noch kontakt mit der gespielin habe. die objekt-mutti sagte, dass sich die gespielin noch sporadisch melde, aber sie wisse sonst kein neuigkeiten aus ihrem leben.

ich beschloss, mich nicht weiter zu beunruhigen. es konnte alles ein zufall gewesen  sein.

keine zwei wochen später erhielt ich dann eine anfrage von katzenbesitzern aus der nachbarschaft. ich freute mich, sagte sofort zu und verabredete mich mit der dame zu einem unverbindlichen kennenlernen. vertrauen ist ja wichtig, wenn es um vierbeinige familienmitglieder geht.

die katzenbesitzer wohnten nur eine bushaltestelle entfernt in einem riesigen, verschachtelten und recht schäbig wirkenden gebäudekomplex an einer großen straße. als ich endlich die hausnummer gefunden hatte und klingeln wollte, entdeckte ich den namen der gespielin auf einem der schilder.

der erste instinkt war, die beine in die hand zu nehmen und wegzulaufen. aber ich hatte ja einen termin und verbindlichkeit ist mir wichtig. also rein in die höhle der löwin. 

wie es mr. murphy wollte, wohnte die gespielin natürlich genau auf der etage der katzenleute. ich würde also beim künftigen kommen und gehen direkt vor ihrer tür herumhampeln müssen.

den kennenlerntermin hielt ich sehr kurz, murmelte etwas von "noch arbeiten müssen" und sah zu, dass ich land gewann. auf keinen fall wollte ich der gespielin auf dem flur begegnen, denn dazu war ich in diesem moment viel zu verunsichert und unvorbereitet.

die halbe nacht grübelte ich, ob ich das sitting absagen sollte. anderseits hatte mir die gespielin fast zwei jahre lang mit ihren hass-attacken das leben schwer gemacht. warum sollte ich mich weiterhin von ihr einschüchtern lassen? sie konnte mir nichts mehr. sie hatte das objekt nicht mehr unter ihrer fuchtel. 

also, sagte ich mir, kneif die arschbacken zusammen, alte, und stolziere bitte mit hocherhobenem haupt und maximal gechillt durch die flure dort! und für den fall, dass sie dir tatsächlich begegnet und dir dumm kommt, überlegst du dir halt vorher, wie du dich verhältst.

drei wege schienen mir im falle des falles gangbar:

erstens: totales ignorieren. ein wenig feige, aber recht sicher.

möglichkeit zwei wäre freundlichkeit. auf ein "was willst du hier, schlampe" könnte ich zum beispiel sehr nett sagen: "ich wünsche dir auch einen wunderschönen tag." damit würde ich es vermeiden, mich auf ihr niveau herabzulassen.

möglichkeit drei wäre ein smarter, nicht offensichtlich beleidigender konter. so ein satz, der erst fünf minuten später zündet.

sowas müsste ich natürlich souverän rüberbringen, und das konnte schwierig werden. denn auch unabhängig von ihrer neigung zu tiraden war die großgewachsene, sehr propere und wie ein alter hafenarbeiter über und über volltätowierte gespielin mit den grimmig funkelnden augen eine respekteinflößende erscheinung. da würde sich wahrscheinlich nicht einmal ein gewalt- oder triebtäter mal eben rantrauen.

während ich so nachdachte, schämte ich mich schrecklich für meinen fehlenden sozialen mumm und die tatsache, dass ich mich als mittelalte frau noch immer mit solchen teenie-problemen herumschlug. ein mutiger charakter hätte sich diebisch über die gelegenheit gefreut, den kontrahenten direkt zuhause zu überraschen und ihn dumm aus der wäsche schauen zu lassen.

aber ich war nunmal das produkt meiner erfahrungen. jahrelanges mobbing in der schule hatten meine flucht- und wegduck-reflexe gegenüber aggressiven, mir nicht wohlgesonnenen menschen sehr stark werden lassen. da musste ich dran arbeiten,  und das funktioniert laut zahlreicher psycho-ratgeber nun mal am besten durch konfrontation.

wie so oft ist die wirklichkeit dann letztlich weit weniger dramatisch als alle sorgen und gedanken. 

heute ist mein sitting zu ende und ich bin der gespielin nicht ein einziges mal begegnet.

jedesmal als ich das haus betrat, musste ich eine kleine panikattacke unterdrücken. ich reagiere häufig körperlich auf stress - mit schwindel, herzklopfen, schwächegefühl und atemnot. über die tage hinweg wurden diese erscheinungen ein klein wenig besser, insbesondere auf dem weg nach draußen. 

in einigen momenten hatte ich tatsächlich auf die konfrontation gehofft. der therapeutische effekt hätte mir wahrscheinlich gut getan. aber mr. murphy wollte mich noch nicht aus seiner daumenschraube der angst lassen. ich bin gespannt, was er für die zukunft ausheckt.

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