meine neue psychiaterin ist kein burner. sehr nett, aber auch sehr uninformiert und vollkommen leichtfertig. im mai verordnete sie mir ein medikament und vergaß, mich darauf hinzuweisen, dass es sich überhaupt nicht mit alkohol verträgt - auch nicht mit einem klitzekleinen schluck bier. nach einem krassen horror-abend deswegen habe ich die chemische keule wieder abgesetzt und beim nächsten termin darauf hingewiesen, dass ein kleine vorwarnung nett gewesen wäre, weil nicht jeder patient automatisch in drogen-foren nach solchen infos sucht.
daraufhin bekam ich ein anderes medikament, welches sich aber nicht mit meinem glaukom verträgt und auch nicht mit meinen rückenschmerzen (es MACHT rückenschmerzen und außerdem bauchschmerzen). muss man besser einschätzen können als psychiaterin, finde ich. dafür habe ich schließlich einen endlosen anamnesebogen ausgefüllt, und sie hat den ganzen mist außerdem studiert.
im juli starte ich dann einen letzten versuch und zugleich einen weiteren bei einem anderem psychiater.
ich kann grundsätzlich schwer entscheiden, ob psychopharmaka mich voranbringen oder nicht. nehme ich sie, ist die realität auf jeden fall sehr viel einfacher. ich bin halbwegs relaxt, schlafe ganz gut, finde meinen job ganz ok, muss mich nicht permanent über diese kackstadt und ihre menschen ärgern, und ich denke nicht pausenlos nach über hätte-könnte-sollte-wäre usw.
ohne medikamente ist das vollkommen anders. mein hirn entwirft in jeder minute fluchtpläne: wie entkomme ich endlich diesem job? reicht es, sich zu bewerben? oder muss ich mich weiterbilden? komplett umschulen? ist ein englisch-konversationskurs genug? sollte ich nicht noch eine weitere neue sprache erlernen oder eine der erlernten noch perfektionieren?
das käme wiederum darauf an, in welches land ich im falle einer erneuten ns-regierung in deutschland flüchten würde. kommen schließlich nicht so viele infrage außer den skandinavischen ländern, denn da ist ja auch noch der klimawandel! welches land dort ist am wenigsten rechts? und am billigsten natürlich? oder sollte ich vielleicht doch erstmal innerhalb von deutschland den ort wechseln und versuchen, in einer ländlicheren gegend etwas zu ruhe zu kommen?
was mache ich dann mit meiner beziehung? auch wenn der luxus-mann in kürze in ultrafrührente geht und damit theoretisch völlig ortsunabhängig sein wird, klebt er an der kackstadt wegen der kinder. die zwar inzwischen schon super ohne ihn klarkommen, aber ich vermute, er braucht eine familie in reichweite, um nicht den eindruck zu haben, als vater gescheitert zu sein. also beziehung beenden? oder weiter diskutieren?
die realität bremst derweil die umsturzpläne des kopfes aus. der bewerbungsmarathon ist derzeit ausgesprochen frustrierend, die beziehung viel zu harmonisch für einen kurz- oder mittelfristigen abbruch, und dann gibts da ja auch noch ein paar beackernswerte alltagsprobleme wie panikattacken in menschenansammlungen, schlaflosigkeit wegen des verkehrs- und nachbarschaftslärms, ständige rückenschmerzen (definitiv psychisch bedingt, seit absetzen der medikamente sind sie wieder stark im vordergrund) und last but not least natürlich das ewige rekurrieren auf das gefühl kompletter sinnlosigkeit, das verlässlich suizidgedanken abruft - was dann weiteres anstrengendes geistiges intervenieren nötig macht.
ich frage mich immerzu: wiegen mich meine medikamente in falscher sicherheit, indem sie mir zufriedenheit und seelenruhe vorgaukeln, die mich dann in einen fatalen stillstand treiben? bin ich dann wirklich noch weit entfernt von selbstzufriedenen dummdeppen im konsum-koma? ist es nicht besser, dass ich so extrem merke, was mich stört - und dass ich dann alles daran setze, dies zu verändern? damit ich am ende vielleicht zu einer art wahrhaftigkeit und sinn durchbreche? oder ist meine ganze nüchtern inszenierte rödelei zum scheitern verurteilt, weil ich bei meinem aktionismus derart von angst und verzweiflung getrieben bin, dass ich sowieso nichts auf die kette bekomme (am allerwenigsten bewerbungsgespräche)?
kierkegaards antwort würde lauten: es ist egal, wie du dich entscheidest - du wirst es auf jeden fall bereuen. vielleicht eine ganz befreiende einstellung. am ende hilft sowieso nur galgenhumor. oder eben der galgen selbst.
Ich weiss nicht was von deinen Informationen die Wahrheit ist, aber sollten nur ein Bruchteil Fakten sein, hätte ich längst die Beziehung beendet.
AntwortenLöschenund wieder mal ein kommentar aus der reihe "ungefragte ratschläge, anmaßend und destruktiv".
Löschenich glaube, selbst mit superkrassen medikamenten wirst Du niemals ein konsumkomatoeses mitlauf-schaf werden. ein freundin meinte mal, es bekaempft die ganz krassen ausschlaege nach oben und unten - aber Dein kern, das was Dich ausmacht, bleibt ja der selbe.
AntwortenLöschenfuehl Dich umarmt, ich hoffe, inzwischen gehts wieder etwas besser, zumindest liest es sich so <3
inzwischen hab ich ein passendes medikament, gottseidank. das ist nicht nur antidepressiv, sindern auch angstlösend. sonst würde ich auch die ganzes ungewissheit derzeit nicht aushalten.
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