Sonntag, 16. April 2023

zement im kopf

prinzipiell bin ich sehr gerne in meiner heimat. ja, auch nach 15 jahren ist mir hamburg noch immer ein äußerst unsympathisches wirtschaftsasyl, in dem ich mich zutiefst unwohl fühle. ich bin in nürnberg zuhause, genauer gesagt in meinem elternhaus. ich liebe dieses haus, den garten, die stille, die angenehmen nachbarn und die nähe zu meinen langjährigen freunden.

seit vaddis parkinson-diagnose werden meine urlaube allerdings zunehmend ungemütlich. vaddi ist teils unfähig, dinge zu tun (z.b. laufen), teils unwillig (im haushalt helfen, sich nicht alles anreichen lassen). zudem ist er depressiv und jammert ohne ende. gut, hat er ja auch grund zu, parkinson ist ja kein pappenstil. trotzdem kann man ihm seine trägheit natürlich vorwerfen. 

mutti nimmt die mehrarbeit und pflege auf sich, aber ungern. wie immer bei gefühltem stress reagiert sie eingeschnappt und zickig. (ich weiß, woher auch ich diese neigung habe - leider.) ergo macht sie meinem vater permanent vorwürfe und kritisiert ihn ständig: dass er nicht aufsteht, und wenn er dann aufsteht, wie er aufsteht. wie er einen schritt macht oder wenn er nicht gerade steht.  

als vernünftiger mensch habe ich nun vorgeschlagen, dass sie mal was getrennt machen. mutti braucht bspw. eine reha, die man auch stationär machen kann. vaddi könnte derweil auf kur. aber das geht ja nicht. also macht mutti ambulant reha, damit vaddi nicht aus seiner komfortzone muss. was ihm sicherlich gut getan hätte. ich kann die beweggründe meiner mutter nicht nachvollziehen, sie kann eigentlich nicht mehr unglücklicher und gestresster werden. aber vielleicht braucht sie das auch, meinen vater herumzukommandieren. 

dazu ins bild passen würde, dass sie sich auch nicht im haushalt helfen lassen möchte. sie jammert von früh bis spät, dass sie schrecklich überlastet sei, lehnt aber eine haushaltshilfe ab. klar besteht immer die gefahr, dass eine fremde person vielleicht nicht ganz genauso putzt wie man selbst. ich hatte nach meiner fuß-op ebenfalls eine haushaltshilfe für sechs wochen und fand beim ersten eigenständigen saubermachen wollmäuse unter dem bett. da ich immer auch unter dem bett sauge, war ich kurzzeitig wirklich verärgert über diese schlampigkeit. aber vielleicht findet es nicht jeder nötig, unter dem bett herumzusaugen, entsprechend hätte ich hier eine klare anweisung geben müssen. also chillte ich mich wieder.

ich weiß genau, wie meine mutter an meiner stelle reagiert hätte: 1. einschnappen und die haushaltshilfe beleidigt anschweigen, damit sie selbst drauf kommt, was man von ihr will, 2. allen bekannten erzählen, was man für eine unfähige haushaltshilfe hat, 3. die "uneinsichtige" haushaltshilfe feuern, 4. allen noch mal im detail erzählen, was die haushaltshilfe falsch gemacht und dass man sie gefeuert hat, um sich so bestätigung über die richtigkeit seiner entscheidung und die tatsache des eigenen besserseins zu holen.

so ein besuch bei meinen eltern macht mir stets klar, warum ich psychische probleme habe. in meinem kopf sitzt einmal eine mutti, die alles schlecht macht, überfordert ist und zugleich jede hilfe ablehnt. zugleich sitzt darin ein eingeschüchterter vaddi, der sich an die nörgel-mutti klammert, weil er nichts anderes hat und sich nach der liebe sehnt, die es aber nun mal nicht gibt.

ich versuche derweil, mir das haus ohne meine eltern vorzustellen. in zwei jahren wollen sie es verkaufen, selbstverständlich ohne meine meinung oder gar einmischung. ich könnte es aber natürlich übernehmen und mich damit in eine wohnsituation bringen, wie ich sie mir erträume: ruhe, garten, viel platz, sicherheit im alter - und endlich weg aus hamburg. allerdings ist das haus fast 40 jahre alt und ich müsste es vermutlich sanieren. ein luxus-freund macht das gerade mit seinem elternhaus, wo er aktuell eine wärmepumpe, eine solaranlage und eine neue küche hat einbauen lassen. im unterschied zu mir verdient dieser freund allerdings ein sechsstelliges jahresgehalt und ist selbst halbwegs handwerklich begabt.

viel rechenarbeit steht also an: kann ich mir das leisten? will ich mir das leisten? und verdammt, was mache ich dann mit dem luxus-mann? 

2 Kommentare:

  1. Fast jedes einzelne Wort kann ich so dermassen nachvollziehen, besonders das Elterngedoens.

    Und mein Haus ist fast 100 Jahre und ein einziger Haufen Sanierungsbeduerftigkeit...
    ABER ich bin immerhin genau da, wo ich zu Hause bin und sein will.

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