Samstag, 15. April 2023

ehe(un)glück

verliebt, verlobt, verheiratet. so funktioniert der durchschnittsdeutsche seit anno dazumal. doch warum hält man(n) und frau daran fest? ab und an denke allerdings sogar ich ganz naiv: wär doch auch nett, die luxus-frau zu werden. biste später wenigstens versorgt, witwenrente sei dank. und nen schicken nachnamen gäbe es auch obendrauf. der klänge zusammen mit meinem vornamen nach dermaßen krass astreiner arischer genetik, dass ich schon fast vor mir selbst salutieren wollen würde.

der luxus-mann sieht das ding mit dem heiraten bekanntlich anders. er ist schon schwer gestresst, dass er immer noch den nervenkrieg mit seinen kindsmüttern führen muss. außerdem sei heiraten spießig, lautet das luxussche totschlagargument gegen den bis-dass-der-tod-uns-scheidet-bund. am meisten stoßen ihn dabei die scheinheiligen familiären zwangsfeierlichkeiten ab, nicht zuletzt, da sich seine eltern höflich, aber doch insgesamt eher ablehnend ihm gegenüber verhalten.

das beste argument für die ehe waren mir stets meine eigenen eltern. ich hatte in meiner kindheit das glück, dass meine eltern eine weitgehend harmonische beziehung führten. mama gab den ton an, papa kuschte und brachte das geld nachhause, aber jeder war mit seiner rolle zufrieden. inzwischen ist papa jedoch altersstarrsinnig und parkinsonbedingt körperlich dysfunktional, was dazu führt, dass die herrschaft meiner mutter ins wanken gerät - und damit auch besagte harmonie. ich würde meinen arsch verwetten, dass meine mutter - hätte sie die kohle - lieber heute als morgen in eine einzimmerwohnung ans andere der stadt ziehen würde. so arbeitet sie sich den buckel krumm und leistet die komplette care-arbeit, wodurch ihr die ihr eigene fröhlichkeit immer mehr verloren geht.

abgesehen davon wurde ich in meiner kindheit mit ehe-positivistischer kultur aufgeladen. von kindermärchen bis hin zur übertragung von lady dis hochzeit: es war sonnenklar, dass die hochzeit der tag im leben einer frau ist, an dem alles einen sinn bekommt. regelmäßig spielte ich mit mir selbst braut-sein (sehr zum leidwesen unserer weißen gardinen) und verpflichtete unter anderem anderen auch mal den 8 jahre älteren sohn unserer nachbarn, mich später zu heiraten.

die ehe ist eine institution, die liebe zementiert und normiert. ihr ursprünglicher sinn ist ein religiöser: sie sollte es erleichtern, kinder christlich-konfessionell zu erziehen. diese begründung gibt es so nicht mehr. wohl aber die der romantik. die romantische ehe ist dabei vor allem ein treueversprechen, die von konventionellen erwartungen gehalten wird. der mann sagt: ich sorge für dich und die kinder. die frau sagt: ok, ich akzeptiere die schlechtere steuerklasse und ziehe dir den nachweis deiner potenz und zeugungsfähigkeit groß. dafür habe ich ein dach überm kopf, in dem ich dir sage, wo du deine dreckigen schuhe hinstellen darfst oder auch nicht. der mann spielt dann ein bisschen sonntagspappi und fühlt sich wie der geilste hecht, wenn er mal für zwei stunden was kreatives oder sportliches mit den kids macht. daran hat sich seit 1950 wenig geändert, wie die erhebungen im kontext von corona ergaben.

in meinem bekanntenkreis heiraten interessanterweise zum großen teil scheidungskinder. so, als wollten sie etwas wieder gut machen, was die eigenen eltern verbockt haben. das kompensatorische verhalten erstreckt sich meist auch bis ins kinderkriegen - denn der irrtum, dass kinder etwas in der eigenen biografie nicht existierendes kitten, ist noch immer deutlich weiter verbreitet als man denkt. der luxus-mann kann davon ein lied singen. ohne liebe und körperliche zuneigung aufgewachsen wollte er unbedingt gerne ein guter und liebevoller vater sein. aber er wurde ein kontrollierender und sehr restriktiver vater, dem umarmungen und andere physische zeichen von zärtlichkeit immer schwerfielen. an diesem scheitern und dessen folgen nagt er bis heute.

hin und wieder spinnen sich der luxus-mann und ich unsere potenzielle hochzeitszeremonie zusammen. ganz alleine wollen wir heiraten, wenn dann. in joggingshose und nachthemd, auf einer felsklippe in raue berglandschaft und natürlich ohne priestergelaber. musikalisch sind wir uns noch uneins, denn der mann wünscht death metal, während ich drohe, ihn dann die klippe hinabzustoßen. womit uns der tod recht fix scheiden würde.

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