Montag, 12. Mai 2025

auf tauchgang im haifischbecken

mein daily business besteht seit wenigen wochen wieder darin, mich auf stellenausschreibungen zu bewerben, die auf linkedin nach weniger als 24 stunden über 100 bewerbungen erhalten.

heute ist es sonntag, 10 uhr. ich sitze beim luxus-mann am küchentisch und starre angewidert in die linkedin-joblisten. eine für mich prinzipiell infrage kommende stellenanzeige wurde vor 7 stunden veröffentlicht. erst 57 bewerber haben darauf geantwortet. bewerber, die sich dafür wohl extra den wecker so auf nachts um 3 uhr gestellt haben - was schon bände spricht, mit welcher sorte mensch wir es da zu tun haben: diese spezifische kreuzung aus narzisst und masochist, die es nur im marketing gibt. arschlöcher, aber eben sehr streberhafte arschlöcher, mit denen du nicht mal zusammen tot überm zaun hängen willst. (die haben nämlich selbst in totenstarrre noch den reflex, nach dir zu treten.)

trotzdem, 57 bewerber bedeutet, dass ich vielleicht eine winzigkleine chance habe, wenn ich mich jetzt sofort innerhalb der nächsten 30 minuten ebenfalls bewerbe. meine bewerbungsunterlagen habe ich immer in meiner cloud bei mir, darüber hinaus ein formatiertes anschreiben, das ich eben noch etwas individualisieren muss. was man aber in 30 minuten locker schafft, notfalls mit ki, harhar.

aber so einfach ist es mal wieder nicht. denn als ich die bewerbungsmaske des arbeitgebers nach unten scrolle, sehe ich: der arschloch-, äh arbeitgeber möchte nicht nur anschreiben, lebenslauf und zeugnisse sowie zertifikate. er hätte darüber hinaus gerne eine "überzeugende mappe" mit "relevanten" arbeitsproben. das ganze ist auch noch ein pflichtfeld, heißt, ohne bombastische hochglanz-mappe geht die bewerbung gar nicht raus.

ich kenne das spiel und habe schon einige male versucht, es mitzuspielen, indem ich solche "mappen" in form von präsentationen erstellt habe. für die auswahl der belege und das mühselige zusammenbasteln in ppt habe ich jedes mal fast einen halben tag gebraucht. entsprechend macht es gar keinen sinn, mich auf diese stelle zu bewerben. denn bis ich zuhause bei meinen uralten arbeitsproben bin und eine versendungswürdige ansprechende "mappe" zusammengestellt habe, haben sich längt 500 leute beworben. klar sind da bestimmt auch 490 vollpfosten dabei. aber wenn unter den ersten 100 nur 2-3 volllprofis sind, bin ich schon weg vom fenster.

abgesehen davon und ist es mit einer solchen mappe ja nie getan. nach dem erstgespräch, sofern die hochglanz-mappe ausreichend durch die blindfisch-bewerbungen durchschimmern konnte, wollen arbeitgeber heutzutage immer eine probearbeit. die ist dann die eintrittskarte in die zweite runde. und die hat es erfahrungsgemäß in sich. briefings für probearbeiten sehen in etwa so aus: "entwerfen sie eine marketing-strategie für dieses jahr unter berücksichtigung unserer social media-kanäle. verfassen sie dann für die social media und den unternehmensblog einen redaktionsplan für die kommenden 6 monate sowie einen exemplarischen blog-text von 500 wörtern zum thema xyz. zuletzt sehen sie sich bitte unsere website an und analysieren sie stärken und schwächen. machen sie dann einen strategieplan, was wir unter berücksichtigung von seo und ux verbessern können! belegen sie ihre vorschläge mit den aktuellen entwicklungen im webdesign!" 

unter den probearbeit-aufgabenstellungen stehen manchmal noch lustige zeitangaben. so soll man bspw. den 500-wörter-text (zu einem wohlgemerkt in der regel vollkommen fremden thema) in 20 minuten verfasst haben. jut, eine erste grundlage liefert ki. aber das ergebnis kann man so ja nicht abschicken, angesichts der scheiße, die ki fachlich betrachtet oft liefert. alle fakten müssen immer geprüft werden. suchmaschinenoptimierung kriegt ki auch noch nicht ordentlich hin, hier muss man mühsam nachhelfen. summasummarum sitze ich an so einem probetext am ende so schnell 2 stunden. in das gesamtkonzept und all den anderen mist kann man dann noch mal locker 2-3 tage hineininvestieren.  

dazwischen versuche ich krampfhaft, mich auf eventuelle gespräche vorzubereiten. der arbeitgeber erwartet 2025, dass man perfekte kenntnisse seiner unternehmensgeschichte, seiner produktpalette, der website mitsamt allen unterseiten sowie den social media-inhalten der letzten 24 monate in all ihren details hat. 

schon im erstgespräch finde ich die meisten unternehmen derart unsympathisch rückständig, pathologisch überheblich und asozial unfreundlich, dass es mir bei dem gedanken an eine festanstellung sämtliche zehennägel hochrollt. in den marketing-chefpositionen sitzen zudem häufig die schon anderweitig beschriebenen widerlichen mannweiber, die ihr fehlendes selbstwertgefühl durch herrschsucht und soziale kälte wettzumachen versuchen und besonders auf weiblichen kolleginnen herumhacken. 

also habe ich mal was ganz verrücktes versucht: arbeiten mit verrückten, also quasi mit mir selbst. tatsächlich habe ich eine - unfassbar nette - einladung zum erstgespräch ergattert. nicht, dass ich mir davon viel erwarte. ich kann das ja alles überhaupt nicht und hab dem unfassbar netten vorstand gegenüber nur unfassbar weit die klappe aufgerissen. trotzdem freue ich mich gerade nen keks. es ist eine ultrazarte, hauchdünne chance auf nie wieder marketing.

14 Kommentare:

  1. Ich drück Dir sämtliche Daumen!

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    1. dankeschön. nehme auch vaterunser und hexerei. ;-)

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  2. "probearbeit-aufgabenstellungen"
    Die sollen sich selber fxxxxx!! Für Umme denen vorab die nächsten Strategien basteln?
    Der Business spielt anscheinend inzwischen locker in der Liga "Autoverkäufer, Versicherungsvertreter, Immobilienmakler."
    Mach dich selbständig als Alltagsbegleiter für Senioren. Dazu noch nen alten handwerklich Begabten Allrounder für verstopfte Toiletten, Rasenmäher und Glühbirnen auswechseln (sorry, das kannst selber). Geht übrigens auch als "Sub" für ein Pflegedienst ...

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    1. gar keine dumme idee. wenn man sich da einen reichen alten senior angelt... ;-)

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  3. Daumen drücken!

    Sascha

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  4. Das Verrückte gefällt mir gut und ist definitiv einen Versuch wert!

    Ich spreche aus eigener Erfahrung. Ausbildung im Buchhaltungsbereich, nach Corona aufgrund der unfairen Chefs "einfach so" ohne neue Arbeit gekündigt. Mein Umfeld war schockiert und ohne Verständnis für mein Verhalten.

    Ursprünglich wollte ich erstmal ehrenamtlich beim Tierhheim reinschnuppern, dort war gerade ein Aushilfsjob ausgeschrieben. Nun bin ich Tierpflegerin, hauptsächlich für Katzen. Seit ungefähr zwei Jahren, inzwischen in Festanstellung.

    Früher waren mir meine Wochenenden heilig. Ich habe festgestellt, dass Arbeiten am Wochenende und an Feiertagen ok ist, wenn das Umfeld stimmt.

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    1. ich habe ja auch noch die hoffnung, irgendwann einen job zu finden, in dem ich mich mal wohlfühle. der langjährige job bei der klinik war zwar ok, weil thematisch interessant und weil ich da allein im homeoffice saß und mir keiner auf die nerven ging, aber auch immer so ein eiertanz um die crazy gf herum. zum ende wars deswegen leider auch unerträglich. wie ein intellektueller sarg. hätte ich gewusst, dass ich vom regen in die traufe gerate, wäre ich natürlich erstmal noch etwas geblieben. aber konnte ja keiner vorhersehen.

      ich frage mich halt, ob es in anderen branchen auch so viele widerliche schleimer und arschlöcher gibt. ich hatte einmal in meinem leben einen guten chef. so wie ein chef sein sollte: ein bisschen streng und natürlich qualitätsorientiert und zielstrebig, aber auch humorvoll, kritikfähig und eine seele von einem menschen, immer mit offenem ohr für jedermanns sorgen und ideen, und mit vertrauen und der fähigkeit, freiheiten zu lassen. und das team hat er gut ausgesucht. da wurde nicht getreten und gequält und hintenrum abgelästert. da gab es raum für viele charaktere. das alles ist jetzt 20 jahre her und ich habe das gefühl, nie wieder wo anzukommen, wo es auch nur annähernd so ist. ich bin aktuell nur noch psychopathen begegnet, anschreiern, türeknallern, emotionalen erpressern, planlosen maulaufreißern und kleinkarierten erbsenzählern. mir fällts inzwischen mega schwer, noch irgendjemandem zu vertrauen. ich bin immer drauf eingestellt, dass 90 % von dem, was mir so erzählt wird, lügen sind. dass 90 % der kollegen, die mir ins gesicht lächeln, mir ein bein stellen werden.

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    2. "Ich frage mich halt, ob es in anderen branchen auch so viele widerliche schleimer und arschlöcher gibt." - Die vom Verfolgungswahn gestressten Soziopathen hänge ich noch dran und sage JA, gibt es. Ok, so schlimm, wie in der letzten Agentur hat es mich nicht getroffen, aber ich scheine diese weisungsbefugen Dumm-Strunzen mit ihrem Wahn anzuziehen. Mir hat der Absprung aus der Agentur wirklich gut getan. Ich arbeite jetzt in einem Bereich, bei dem ich dich vor 5 Jahren sehr laut ausgelacht hätte, wenn du mir das voraus gesagt hättest. Habe einen direkten Vorgesetzten, der menschlich wirklich klasse ist und die Chefetage darüber ist für mich ok, habe aber auch außer auf Firmenfeiern keinen Kontakt dazu.
      Ich drück dir jedenfalls die Daumen, dass du den Absprung aus dem Agenturleben schaffst und dich neu und gut für dich orientieren kannst. Pass auf dich auf.

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    3. dankeschön. :-) der nächste job sollte unbedingt wieder in einem unternehmen sein. da habe ich mich auch deutlich wohler gefühlt. wobei ich natürlich so ehrlich sein muss: derzeit müsste ich auch einen unangenehmen job annehmen. da hilft leider wenig.

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    4. Ganz im Ernst, mit deinen Qualifikationen würde ich mich an deiner Stelle mal im ÖVD (Stadt) umschauen und denen mal gepflegt, falls keine Stelle ausgeschrieben ist, eine Initiativbewerbung schicken als "Was du machen willst" - Du hast, auch wenn es nicht deine Lieblingsstadt ist, wirklich Möglichkeiten dort und wenn du dich nicht selten dämlich anstellst einen Job bis zur Rente mit möglichen Stundenreduzierungen usw.

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    5. das hab ich tatsächlich schon mal gemacht. resultat war das übliche: absage "keine stellen frei" und ich solle mich bitte auf aktuelle ausschreibungen bewerben.
      was lustig ist - die stadt macht massiv pressearbeit "uns fehlen fachkräfte" und dass sie intensiv nach quereinsteigern suchern und die ausbilden. neulich hab ich mal im bereich justiz jemanden aus dem hr-bereich angerufen und gefragt, weil ich keinerlei stellen gefunden hatte. der meinte, öh, naja, einerseits fehlen die leute, aber gleichzeitig werden sie eingespart. es gäbe aktuell nichts, und wenn dann nur für leute, die bereits beamte sind oder mindestens drei jahre sonstwie für die stadt arbeiten.
      also quereinstieg ja, aber nur wenn du schon da arbeitest und entsprechend qualifiziert bist. ;-) und natürlich nur, wenn dann auch mal was ausgeschrieben ist.
      ein totales irrenhaus.

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  5. Ich drücke Dir die Daumen dafür. Manchmal kommt das einfach und du kannst dein Glück erst gar nicht fassen und suchst nach dem Haken.
    Kleine Haken haben wir manchmal auch, bis jetzt konnten wir jedoch alles gut klären.

    Ja, die von dir erwähnten Exemplare gibt es in anderen Branchen leider auch. Viele davon durfte ich auch schon kennenlernen und am Sprichwort der Fisch stinkt vom Kopf her scheint mir ist viel dran. Ich habe es nie verstanden wie man so sein kann und damit noch in den Spiegel schauen kann. Dieses Hacken und Stechen geht auch gegen meinen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Traurigerweise scheint es in zu sein sich so zu verhalten.

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    1. dankeschön!
      tierpflege würde ich ja auch gern machen, aber die gehälter sind echt niedrig, finde ich.

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danke für deinen kommentar. ist er hilfreich, fair und sachlich, wird er nach freischaltung veröffentlicht. kontextfreie, rassistische und sonstige arschloch-scheiße wird sofort gelöscht.