Freitag, 28. Juni 2024

when i´m dead and gone

der luxus-mann und ich wandern über unseren lieblings-friedhof. 

"wie isn das eigentlich, wenn ich nicht in der kirche bin, kann ich dann trotzdem ein grab auf einem friedhof haben? also wenn ich mich verbrennen lassen will?" will der mann wissen.
"klar. ist ja nur eine frage der kosten. wenn du verbrennung nimmst, kannst du in eine urnenwand gehen oder in so ein kleines urnengrab."
"urnenwand klingt langweilig. ich würde schon gern ein richtiges grab haben. musst mir auch keine blumen draufmachen. aber ein cooler grabstein, das wär was. kannst du das bitte mit meinen kindern so ausmachen?"
"sag das denen doch selber", finde ich. "ich hab da ja nicht viel zu bestimmen."
"ja, mal schauen, muss ich mal machen."

wir wandern weiter durch das kleine grüne paradies, in dem wir heute fast komplett alleine sind.

"weißte, was mich manchmal echt beschäftigt?", setzt der mann wieder an. "dass ich so rein gar nichts erreicht habe im leben. ich meine jetzt nicht unbedingt beruflich... das ist mir schnuppe. aber dass nichts von mir bleibt!"
"geht wohl den meisten so. deshalb auch immer dieser eifer, sich mit irgendwas zu schmücken, und sei es noch so peinlich. nur ganz wenige menschen schaffen tatsächlich etwas, das sie überdauert. gestern beispielsweise hab ich ein klavierkonzert gesehen mit einer 83-jährigen pianistin... die war so inspiriert, so lebendig... die weiß genau, wofür sie das alles macht. und sehr viele menschen werden sich noch lange an sie erinnern, weil sie ein erlebnis mit ihr hatten. ich hingegen... ich hab keine ahnung, wofür ich lebe. leben ist für mich wie eine graue, undurchdringbare wand... ich bin immer irgendwie draußen. ich weiß nicht, wie mich jemand groß bemerken oder sich gar an mich erinnern sollte."
"so ganz so trist empfinde ich das nicht. aber jetzt, wenn ich bald nicht mehr arbeite, da häng ich dann den ganzen tag zuhause rum. ich hab dann nicht mal mehr was, was ich widerwillig machen muss."
"das fehlt mir auch sehr. irgendeine form von sinn... oder befriedigung. in mir ist alles leer. du hast wenigstens deine kinder."
"die brauchen mich ja nicht."
"aber die kommen wenigstens an dein grab. das tut bei mir mal keiner. ich bin die letzte, ich bleibe übrig, ich werde ganz alleine sterben und niemanden haben, der mich in seiner erinnerung liebt. und manchmal macht mir das echt angst."
 
"vielleicht müssen wir das mal regeln. ich brauch auch unbedingt eine patientenverfügung. das wird jetzt echt zeit", findet der luxus-mann.
"ja, unbedingt. da wir ja auch nicht verheiratet sind, kann ich im ernstfall nichts für dich entscheiden. ich müsste dann zwar deinen kindern sagen, was du dir gewünscht hast. aber die haben vielleicht noch ganz eigene interessen."
"die würden schon auf dich hören."
"aber es wäre schon praktischer, wenn du das vorher genau regelst."
"ja, ich weiß."
 
wir kommen zu einer wiese, auf der junge menschen begraben liegen. auf dem grabstein eines 17-jährigen lesen wir: "es war seine entscheidung."
"krass, der hat sich bestimmt umgebracht", sagt der luxus-mann.
"ziemliches brett, so eine aufschrift", erwidere ich. "also recht anklagend. das hätte ich als seine eltern anders gemacht."
"finde ich auch. kannst du mir bitte was schöneres draufschreiben lassen?"
"sowas wie 'beim anblick von spinnen hat er stets lustig schreckhaft gequiekt'?"
"schreib doch gleich drauf: von milch musste er immer furzen."
 
ich lache und lege den arm um meinen mann.
"wär das ok für dich, wenn ich mit in dein grab komme? so anstatt heiraten und gemeinsames eigenheim und all das?"
"klar. hauptsache du nervt dann nicht rum da drin. aber das tust du ja eigentlich nie", sagt der luxus-mann mit einem weichen, fast zärtlichen unterton.
"vielleicht sterbe ich ja aber auch vor dir", sage ich. "dann hast du noch ein paar lustige jahre, bevor du zu mir ins grab kommst und ich rumnörgle, wo du solange geblieben bist."
"mit deinen ganzen krankheiten kann das durchaus passieren."
"und was schreibst du dann auf meinen stein?"
"das muss ich mir noch überlegen. aber ich hoffe, das hat noch etwas zeit."

4 Kommentare:

  1. Macht eine Seebestattung, das passt zu euch beiden. ;-)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. weiß nicht. ich würde meine asche gern ins weltall pusten lassen. :-)

      Löschen
  2. Ich habe mal eine Todesanzeige gelesen, darin hieß es: Vorname Nachname, genannt "Specki". (Sie können sich vorstellen, womit ich seitdem meinem etwas korpulenten Brüderlein drohe.)

    AntwortenLöschen

danke für deinen kommentar. ist er hilfreich, fair und sachlich, wird er nach freischaltung veröffentlicht. kontextfreie, rassistische und sonstige arschloch-scheiße wird sofort gelöscht.