Freitag, 6. Januar 2023

frau am rande des nervenzusammenbruchs

seit meiner corona-erkrankung im august habe ich komische anfälle von herzklopfen, schwindel und übelkeit. zunächst kam dies immer in körperlicher belastung, zum beispiel beim zum-bus-rennen oder beim dem-luxus-ramboradler-hinterherstrampeln."normal", meinte der hausarzt. "das kann noch ein paar wochen dauern, dann sollte das aber wieder gut sein."

im oktober ging es mir tatsächlich besser. volle belastungsfähigkeit wiederhergestellt, 50 minuten joggen kein problem. dann aber kamen dieselben attacken in ruhe. ich saß beispielsweise am schreibtisch, arbeitete konzentriert aber entspannt vor mich hin, und plötzlich raste mein herz los. der schweiß brach mir aus und es wurde mir kotzübel und eiskalt. ein viertelstunde lang versuchte ich, ruhig zu atmen und nicht zu kotzen. dann wurde es langsam wieder besser, aber ich fühlte mich nach solchen attacken den rest des tages nicht sehr wohl.

ende november musste ich wieder zum hausarzt, da ich als happypills-konsumentin einmal jährlich eine blutprobe abgeben und ein ekg machen lassen muss. weil happypills natürlich immer auf leber und herz gehen können. ich war ganz froh, dass ich diesen termin hatte, denn die komischen anfälle waren mir suspekt.

"sie haben ein latent verzögertes qt-intervall", sagte der hausarzt diesmal, woraufhin ich wie bereits erwähnt beschloss, die happypills abzusetzen, da diese möglicherweise dafür verantwortlich waren. und schließlich endet ein verzögertes qt-intervall gerne mal im herzstillstand.

doch die anfälle blieben. und häuften sich. kurz vor weihnachten dann saß ich erneut beim hausarzt, weil ich es langsam aber sicher mit der nackten angst zu tun bekam. er machte erneut ein ekg,  und die werte hatten sich verschlechtert - trotz absetzen der medikamente. der arzt war beunruhigt, fragte mich nach weiteren symptomen wie erschöpfung und brustschmerzen, was ich verneinte. dennoch wollte er ein eiliges blutbild machen, um einen herzinfarkt auszuschließen.

das blutbild war komplett unauffällig. normale troponinwerte, schilddrüse ok, elektrolyte super, und auch meine anämie hatte sich verbessert. ich könne gerne in meinen weihnachtsurlaub fahren, hieß es, allerdings solle ich unbedingt zügig zum kardiologen, denn es könne eine herzmuskelentzündung sein. außerdem solle der frauenarzt meine hormone checken.

weihnachten bei meinen eltern wurde alles noch schlimmer. ich wachte nachts mit herzzrasen und atemnot auf und war schweißgebadet. meine mutter rief den notarzt. als er ankam, ging es mir jedoch wieder besser. auch der notarzt machte ein ekg und meinte, alles in ordnung. ich fragte nach dem qt-intervall, was aber sein kleines mobiles ekg nicht aufzeichnete.

tagsüber war mir permanent schwindelig und schwach. ich machte mir riesige sorgen und fing selbstverständlich an, im internet zu recherchieren. ein verlängertes qt-intervall sei mit zahlreichen einschränkungen verbunden, las ich, allein das erschrecken durch weckerklingeln beispielsweise könne eine tödliche tachykardie auslösen. alles, was auch nur ansatzweise anstrengt oder stresst, müsse unbedingt vermieden werden. dazu gehöre auch sport, kälte und ggf. der  job. langfristig sei das implantieren eines herzschrittmachers nötig.

das alles schockte mich noch viel mehr. die anfälle häuften sich nun, vor allem nachts. nach einiger zeit kam ich jedoch auf den trichter, dass ich mit erblühter depression, psychopharmaka-entzug und den beunruhigenden symptomen möglicherweise einfach zusätzlich panikattacken entwickelt hatte. tatsächlich konnte ich die beschwerden oftmals mit atemübungen, akupressur und benzos gut lindern. gegen den schwindel half mir das atmen in eine tüte. ich begriff, dass ich aufgrund der permanenten panik wohl nicht mehr richtig atmete und entsprechend sauerstoffüberschuss im blut hatte. möglicherweise hatten herzrasen, schwindel und übelkeit also mehr mit stress als mit einer herzerkrankung zu tun. 

heute war ich bei meinem tatsächlich großartigen frauenarzt, um meine hormone checken zu lassen. "ich glaube nicht, dass sie in den wechseljahren sind", sagte dieser. "das wäre mir aber lieber als eine herzmuskelentzündung!" erwiderte ich lachend. 

ruhig und einfühlsam wie immer erklärte mir der doc dann, dass meine angst völlig normal und in ordnung sei. auch die panikattacken seien verständlich in meiner situation, schließlich handle es sich um eine potenziell tödlich erkrankung. er bestätigte mir zudem, dass mein verzögertes qt-intervall auf keinen fall angeboren sein könne, wie das bei den meisten dieser patienten der fall ist. "vielleicht gibt es sich also auch wieder von selbst",  meinte er. "schauen sie mal, sie haben 10 jahre psychopharmaka genommen. ihr körper ist sicherlich noch vollkommen durcheinander vom entzug. serotonin- und dopaminspiegel müssen sich erst einpendeln. das kann auch das herz mal durcheinander bringen."

ein wenig beruhigter ging ich wieder nachhause. 

am dienstag habe ich den alles entscheidenden termin beim kardiologen. daumendrücken ausdrücklich erlaubt.

6 Kommentare:

  1. Ooooooh my god, das hoert sich ja alles grausig an! Die Daumen sind ausdruecklichst gedrueckt, auf dass der Gyn recht haben moege. Kann ja gut sein.
    Alles Gute fuer Dich!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. es wäre in der tat sehr grausig, wenn kein ursache gefunden würde, die behandelbar ist. denn das qt an sich kann man nicht behandeln. man kann nur einem herzstillstand mit einem schrittmacher vorbeugen.

      Löschen
  2. Ich drücke dir die Daumen - ganz fest...

    AntwortenLöschen
  3. Hallo Morphine, habe auch fleißig Daumen gedrückt. Dienstag ist fast vorbei... und?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. vielen lieben dank! <3
      hatte dienstag u.a. ein herzecho, das gezeigt hat, dass das herz keine erkennbaren organischen schäden hat. qt ist weiterhin erhöht. kardiologe meint, das sei so eine post-covid-geschichte. corona kann sich im herz "verpuppen" und dort die elektrik stören. und das für lange zeit. ob das nun gefährlich ist oder nicht, weiß man nicht, weil erfahrungswerte fehlen. man müsse das beobachten. das qt ist zum glück nicht so hoch, dass ich einen defi brauche, es droht kein unmittelbarer herzstillstand.
      ich bin erstmal erleichtert, kein total kaputtes, sondern nur ein gestörtes herz ist schon mal sehr ok. der rest ist halt mist. aber der mist verfolgt mich ja schon, seit ich 24 bin. ich werde mich dran gewöhnen. ;-)

      Löschen

danke für deinen kommentar. ist er hilfreich, fair und sachlich, wird er nach freischaltung veröffentlicht. kontextfreie, rassistische und sonstige arschloch-scheiße wird sofort gelöscht.