Samstag, 5. November 2022

die verwöhnten

hin und wieder gehen der luxus-mann und ich auf erotische partys. seit corona hatten wir diese aktivitäten komplett eingestellt, aber da wir aktuell beide nicht nur geimpft, sondern auch vor nicht allzu langer zeit genesen sind, wollten wir unser schicksal einmal herausfordern. nach fast sieben jahren beziehung und viel alltagssex würde uns ein bisschen frischer erotischer wind vielleicht mal wieder gut tun, dachte ich.

in der anvisierten location trifft man nicht nur andere aufgeschlossene menschen, sondern findet auch räumlichkeiten vor, die fantasievolle und aufwändig gestaltete kulissen für jeden geschmack bieten. kurzum, kein billiger bumsschuppen, sondern frivoles amusement auf recht hohem niveau. 

wie auf jeder party steht und fällt vieles mit dem publikum. wir hatten einige wildere abende erlebt, aber auch sehr bescheidene nächte, in denen wenig bis nichts passierte. auch heute schien ein solch lauer abend zu werden. die wenigen grüppchen, die sich für sexuelle aktivitäten in einen der räume begaben, schlossen die türen oder ließen nur frauen hinein, was den luxus-mann frustrierte.

nach einem großen rundgang saßen wir auf der couch und beobachteten zwei gut gebaute jüngere ladies in latex, die sich gegenseitig die muschis leckten. 

"ganz geile titten hat die eine", raunte der luxus-mann.
"und macht dich das an, da zuzuschauen?" fragte ich erwartungsvoll.
"nee, lesbenkram finde ich todlangweilig", zerschmetterte der luxus-mann meine illusionen.
"nicht mal, wenn die da gute titten hat? ich meine, es ist ja sehr selten, dass überhaupt mal eine frau deine diesbezüglichen idealvorstellungen erfüllt."
"die erfüllt die ja nicht! das geht nur in die richtung."
hmpf.
 
wenn der luxus-mann auf toilette war, geierten mich ein paar typen mit ausgehungerten blicken an. jedesmal sah ich zu, dass ich land gewann. an der bar sprach uns später ein pärchen an. nett, aber zu jung und kein funke zum überspringen da.

irgendwann saß ich mit dem luxus-mann im garten und schlürfte ein getränk. 
"ist das nicht traurig", sagte er auf einmal.
"wasn?"
"stell dir mal vor, du bist jetzt so ein biederpärchen vom land, die zum ersten mal hierherkommen. für die ist das doch der oberhammer! die kriegen den mund vor lauter staunen gar nicht mehr zu, dass es sowas abgefahrenes in der großstadt gibt. und wir, wir sind so verwöhnt. wir sitzen hier und langweilen uns."
"naja, wir können das halt immer haben. und dann kickt das nicht mehr so."
 
ich dachte nach. ich kannte die location seit nunmehr 10 jahren. drauf gebracht hatte mich natürlich das objekt, das mir mal von einer wilden party mit gangbang erzählt hatte. darauf war ich angesprungen. doch im grunde genommen hatte ich in all dieser zeit keine einzige wow-erfahrung gemacht. vielleicht lag es auch ein wenig an meiner überkritischen begleitung, aber ich war auch bereits allein oder mit anderen hier gewesen. 

"vielleicht ist das alles ja nur geil, weil man seine vorstellungen hat. und nach ein paar jahren, wenn all diese vorstellungen nie oder nicht mehr wirklichkeit werden, nimmt man innerlich abstand", sagte ich.
"kann sein. ist ja auch mit normalen partys so."
"absolut! wenn ich auf meiner allerersten party nicht meine erste große liebe getroffen hätte, wäre ich wahrscheinlich nie groß in discos gegangen. aber ein so mega positives erlebnis... du bleibst danach einfach dran, obwohl es nie mehr so aufregend ist."
"als ich in meinen zwanzigern mal in brasilien war, war ich dort mit meinen kumpels in ner bar. und holla die waldfee, die war voller top-mädels. wir waren vier wochen in brasilien und sind nach diesem erlebnis jeden abend wieder in diese bar gegangen, aber die mädels waren da nie wieder. trotzdem sind wir immer wieder hin und haben da unzählige todlangweilige stunden verbracht."
"vielleicht sind wir auch nicht normal."
"doch, denk schon. verwöhnt aber halt."

zwei sofas weiter nahm ein älterer typ mit glatze platz, der, wie wir wussten, immer auf der suche nach einer lady war, die ihn ordentlich mit einer reitgerte verdrischt.
"oh nein, er schon wieder."
"das will ich nicht sehen", stimmte mir der luxus-mann zu. "sollen wir gehen?"
"ja, lass mal nachhause."

draußen bekamen wir kein taxi.
"sollen wir laufen?" schlug der luxus-mann vor.
"ist aber voll weit."
"aber vielleicht ganz lustig so. und dann haben wir noch was gemacht."
"was denn? enten füttern am kleinen teich?" kicherte ich.
"nee, die schlafen doch. aber nen spaziergang, das fände ich jetzt schön."
 
so wanderten wir durch die lauschige nacht, verliefen uns ein wenig, lachten viel, knutschen bei der roten kirche, und hatten so doch noch irgendwie auf eine sehr konservative art und weise spaß. wie so ein biederpärchen aus der großstadt eben.

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