Montag, 27. November 2017

liebe opas!

ich habe keinen von euch beiden lange genug gekannt, um euch die fragen zu stellen, die ich euch heute gerne gestellt hätte.

wie war das damals im krieg? bei der wehrmacht? was passierte damals auf norderney, lieber opa a.? und was in den ardennen, in der tschechei und in staligrad, lieber opa k.?

ich hätte so gern so vieles gewusst. es ist so wunderbar, in frieden zu leben, in einem frieden, den ich auch euch verdanke. man muss doch wissen, wie der krieg ist, um den frieden heilig zu halten. zum beispiel, ob ihr viel angst hattet oder ob man irgendwann stumpf wird. wie es ist, wenn der feind neben einem stirbt, oder der freund. was es bedeutet, auf den feind zu schießen. und wie man später damit lebt, dass man verwundet oder vielleicht getötet hat, auch wenn es zu den spielregeln des krieges damals gehörte.

ich hätte euch so gerne länger um mich gehabt. alles, was ich weiß über euch, ist von meinen eltern. meine mutter hat so wenig mitbekommen, dass sie mir gar nichts sagen konnte, außer, dass es auf norderney nicht so schlimm war, wegen guter versorgung mit schnaps und zigaretten. mein papa weiß zum glück mehr, auch dass du, lieber k., auf keinen fall einen sohn wolltest, weil du so viele kinder neben dir im schützengraben hast sterben sehen müssen. was musst du empfunden haben, als mein vater zur welt kam?

es ist so schade, neugierig bleiben zu müssen und zu wissen, dass es keine antworten mehr geben wird. vielleicht hättet ihr sie mir auch zu euren lebzeiten verweigert. es ist ja bestimmt nicht einfach, über all das zu sprechen. ich sehe mir oft dokus von damals an und versuche zu verstehen und euch so ein wenig posthum kennen zu lernen. das ist dürftig, aber besser als nichts.

ich habe euch im herzen, auf jeden fall. ihr seid damit unsterblich, solange ich lebe. und damit auch all eure erlebnisse und erinnerungen.

bis irgendwann mal!

in liebe, eure enkeltochter

9 Kommentare:

  1. :) schoen geschrieben.

    Ich habe meine Opas auch nicht gekannt - der eine fiel schon im Krieg, der andere starb an Krebs als ich noch klein war. Sehr schade.

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    1. manchmal macht mich das ganz wuschig. meine omas konnte man nichts fragen, da wurde nicht drüber geredet. mein opa k. hatte ganze fotosalben vom krieg, meine oma hat die alle verbrannt. wahrscheinlich verdrängungsstrategie.

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  2. Die Vergangenheit, die nicht erzählt werden kann. Nicht von denen, die dabei waren ... die nicht mehr sind! Was haben sie uns verschwiegen? Ich habe so oft nachgefragt, erst 2013 noch einen LI von einem U-Boot kennengelernt ...
    Erzählen wollte er kaum etwas ... die Vergangenheit, er wollte sie vergessen und nicht mehr erwähnen ...

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    1. hätten meine wahrscheinlich ähnlich gehalten, hätte ich gefragt. obwohl das vermutlich immer aufs setting ankommt.

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    2. Selbst mein Großvater mütterlicherseits, welcher nur kurz und sehr spät am daran beteiligt war, wurde sehr wortkarg ...

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  3. Mein Großvater hat seine Lebensgeschichte aufgeschrieben, auch den Teil zum Krieg. Wenn ich darin lese, kann ich mir gut vorstellen, wie er wieder neben mir sitzt und erzählt.
    Leider hat er untersagt es zu veröffentlichen. Ich denke es wäre in vielen Belangen sehr interessant – nicht nur zum Krieg. Auch wie es dazu kam, wie z.B. die Kinder lange vorbereitet wurden. Welche Rolle die Schule gespielt hat, etc.

    Vielleicht eine Anekdote die ihm bereits damals zu denken gegeben hat. Auf Heimaturlaub durfte er (mit 17 Jahren) nicht zusammen mit seiner Freundin (18) in einen Film gehen – aber zurück an die Front - dafür war er alt genug.

    Insgesamt hat er oft Glück gehabt, z.B. erreicht sein Sanitätstransport gerade noch einen Zug, bevor sich der Kessel um Stalingrad schließt. Aber ich denke die meisten Überlebenden hatten solche „Glücksmomente“, sonst hätten sie nicht überlebt.

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    1. spannend. auf youtube gibts einige zeitzeugen, die sehr spannend erzählen, wie unglaublich einfach es war, nach den wirren und unruhen der weimarer republik nazi zu werden. und wie normal viele ansichten, die zur ausgrenzung führten, bereits seit jahrzehnten waren.
      ich bin sehr froh, dass einige erzählen und erzählen wollten. wenn man sie googlet, sind viele schon seit längerem tot. aber das zeugnis überlebt.

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  4. Ich hatte das Glück beide zu kennen.
    In unserer Familie pflanzt man sich traditionell zu jung fort. 😐
    Sie haben kaum etwas erzählt, ihre Frauen umso mehr.
    Ich hatte als Kind Angst vor dem Probealarm der Sirenen, weil ich dachte jetzt kommen die Bomber.
    Die Geschichten über verbrannte Nachbarn im Keller und verkohlte Leichen auf den Straßen werde ich nie vergessen.
    Ein Opa verlor anderthalb Beine in Russland.
    Er hat sich aus dem Lazarett nicht bei seiner Frau gemeldet. Er wollte, dass sie ihn vergisst und einen neuen Mann findet, damit sie ihr Leben nicht mit einem "Krüppel" verbringen muss.
    Er war 24 Jahre alt und Vater von 2 kleinen Mädchen.

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    1. danke für deinen beitrag! interessant, die omas haben davon erzählt? bei uns war das nie thema. meine oma mütterlicherseits war m.e. unpolitisch, meine oma väterlicherseits glühende nationalsozialistin. vom krieg selber hat sie kaum erzählt, nur vom arbietsdienst, wie sie meinen opa kennen lernte (der war so "fesch" in seiner uniform) und dann mit ihm nach dem krieg in ein winziges zimmer zog.

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