freizeit und laisser-faire sind derzeit rar. wenn ich nicht gerade in aufträgen ertrinke, renoviere ich meine wohnung. "viel zu müllig" ist die laut dem luxus-mann, und recht hat er. sieben jahre armut und einsamkeit hinterlassen spuren. sperrmüll und gebrauchsgegenstände bilden ein zweckmäßig-ungemütliches ambiente und schreien nach ablösung. der luxus-mann steht mir zur seite, fährt mich zum sperrmüll und rätselt mit mir über ikea-bauanleitungen.
"ich weiß gar nicht, warum ich dir so gern helfe", sagt der luxus-mann. "aber irgendwie hab ich bei dir immer das gefühl, dass ich dich beschützen muss."
"warum", will ich wissen.
"weil... weil du es einfach nicht verdient hast, so leben zu müssen."
ich hasse es grundsätzlich, hilfe anzunehmen. lieber versinke ich in chaos und verzweiflung, als mit der erschlagenden schuld, die ich beim anderen produziere, zu leben. aber diesmal kann auch ich helfen und damit einen ausgleich schaffen.
am wochenende kommt der luxus-sohnemann und wir lernen zusammen für sein abi. im gegensatz zu allen schlimmen erwartungen und den unkenrufen des papas verstehen wir uns sehr gut. nach dem lernen sitzen wir zusammen auf dem balkon und kiffen. dabei zeigt mit der luxus-sohn videos von seinem reck-training. er ist ein exzellenter turner, geschmeidig, kraftvoll und experimentierfreudig, sodass es wirklich spaß macht, ihm zuzusehen.
"du musst da was draus machen", finde ich und nehme einen tiefen zug aus der tüte.
der luxus-sohn freut sich, dass ihm jemand anerkennung schenkt und fühlt sich sichtlich wohl mit mir.
"und?" fragt der luxus-mann später, als er nachhause kommt und sein sohn in der küche steht und nudeln für alle kocht.
"du hast einen ganz lieben jungen", sage ich.
"macht er, was du sagst?"
"muss ich gar nicht, der hat durchaus selber motivation."
"kaum zu glauben", spottet der luxus-mann.
"du bist halt auch nicht motivierend", gebe ich zurück. "du nörgelst nur rum, da hätte ich auch keinen bock, was zu machen."
"und was soll ich deiner meinung nach tun?"
"entspann dich und vertrau ihm. und sei stolz, dass er so ein großartiger sportler ist."
"damit verdient er doch nichts."
"na und? es gibt einen haufen jobs, die wenig kohle bringen, und doch gibt es genug leute, die sich dafür entscheiden."
"der soll was richtiges machen."
"das muss er selber wissen. er ist jedenfalls total bemüht, dir alles recht zu machen. du musst ihn wirklich nicht noch weiter ducken."
"es regt mich halt auf, dass er manchmal so... so umständlich ist."
"aber das ist doch nicht schlimm. wenn man was zwei- oder dreimal umständlich gemacht hat, kommt man ganz alleine auf den trichter, wie es schneller geht."
der luxus-mann schaut mich mit einem undefinierbarem blick an.
"ich will dir nicht reinquatschen in deine erziehung, das ist nur so meine wahrnehmung jetzt", sage ich vorsichtig.
"nee, finde ich ja gut, wenn du sagst, was dir auffällt. vieles merkt man ja selber nicht."
später sitzen wir zusammen am tisch und essen nudeln mit tomatensoße.
"schmeckt das", will der sohnemann wissen.
"hm", murmelt der luxus-mann zwischen zwei happen.
"perfekt", sage ich und sehe den luxus-mann bedeutungsvoll an.
Turner.
AntwortenLöschenTurner sind ganz besondere.
Und gute Turner über 11 Jahre bringen so viel an Willen, Konzentration und Disziplin mit.
Die machen ihren Weg. Sicher.
Habe selten so etwas beeindruckendes gesehen wie Turner.
der ist kein turner im speziellen. der kommt aus der kraftsportecke. aber seit einiger zeit macht er reckturnen (was mit einem körper voller muckis natürlich super geht) und beschäftigt sich dabei auch ausführlich mit technik. also körper und köpfchen, davor habe ich höchsten respekt.
AntwortenLöschenich hoffe, dass du recht hast! :)
Achje, das mit dem "Groß, blond, sportlich, Totalverweigerer" kommt mir bekannt vor. Ok, hier war es nicht Totalverweigerung, aber echt abgrundtiefe Faulheit. Und natürlich die Ehrenrunde vorm Abi. (Man könnte meinen, das liegt am Namen - nein, tut es nicht, aber die Ähnlichkeit ..). Also, Also, Abitur, das der junge Mann dann doch gestemmt hat, nicht berauschend, aber geschafft. Und inzwischen hat er seinen Wunschstudienplatz im zweiten Anlauf. Und auch hier: Tolles Kind, dem der Vater das ab und zu mal sagen muss (hat er inzwischen verstanden, der Vater).
AntwortenLöschenNicht verzagen, das wird. Beiderseits.
was studiert er denn?
LöschenGanz unspektakulär was mit Ökonomie und Informatik, er kommt da nach dem Vater. Und der Wunschstudienplatz ist im europäischen Ausland, aus dem die Familie stammt. Er ist mit Begeisterung dabei, die Noten sind gut, der macht seinen Weg und das freut mich ungemein. Zumal Vater und Sohn jetzt wieder mehr gemeinsame Chatthemen haben ;-).
Löscheninformatik war hier auch ein gedanke. problem ist aber, dass viele junge leute, die sich für so ein studium interessieren, schon mal ein bisschen was gebaut und gebastelt haben, einfach für sich, weil sie spaß dran haben.
Löschenverglichen mit dem luxus-sohnemann bin ich da erfahren, obwohl ich auch nicht viel ralle.