Samstag, 18. Januar 2025

die unerhörte lust der alten frauen

seit ich über 40 bin, stelle ich fest, dass ich für die meisten männer unsichtbar bin. für jüngere sowieso, für gleichaltrige meist auch, höchstens opas sprechen mich noch aktiv an. einerseits ist das tierisch entspannt - zum beispiel allein in der bahn zu sitzen, ohne aufdringliches gestarre oder dummes gelaber ertragen zu müssen. gerade aggressive anmachen junger alkohol- und testosteron-getränkter männchen haben mir früher manchmal ein bisschen angst gemacht.

trotzdem finde ich es auch schade, dieses unsichtbarsein. denn ich habe lust auf sex, mehr als früher. manchmal sogar überwältigend stark, nicht zuletzt, da der sex in einer langen beziehung nun mal leider nicht mehr sehr aufregend ist.

solche bedürfnisse sind aber nicht gesellschaftsfähig. ich bin vielleicht noch attraktiv genug, um als "milf" bezeichnet zu werden. aber auch in diesem akronym steckt bereits, was von alten frauen erwartet wird: eine mutti zu sein. ein braves wesen, das sich um die kinder und das alpha-tier kümmert, den haushalt macht und - wenn sie es denn unbedingt braucht - begrenzte erfüllung in einem drögen teilzeitjob findet. ist sie körperlich noch in schuss, indem sie äußerlich einer 20-jährigen ähnelt, darf sie dann ggf. eine affaire haben - aber bitteschön als passive, überraschte, im grunde unschuldige frau, die unter schrecklichen gewissensbissen am ende doch dem charme des ihr in vielerlei hinsicht überlegenen verführers erliegt.

LANGWEILIG.

interessant ist übrigens auch der altersunterschied, der den geschlechtern beim herumvögeln gesellschaftlich zugestanden wird. so gilt es beispielsweise als vollkommen akzeptabel, dass ein mittfuffziger eine 35 jahre jüngere frau datet. wir fänden es sogar eher ungewöhnlich, fühlte sich ein mann nicht von einem straffen, jungen körper angezogen - auch wenn er selber schon die blaue pille braucht, um überhaupt noch eine erektion zu haben.

und umgekehrt? ist es vorstellbar, dass ich als frau einem durchtrainierten mittzwanziger hinherpfeife oder ihn sogar direkt anspreche: "du bist echt heiß, kann ich dich ficken?" bei dieser szene würden die meisten schon dezent würgen: was soll ein junger hengst denn bitte von so einer faltigen alten wollen? wenn er da drüberrutschen soll, dann kotzt er höchstens.

sprechen alte männer junge frauen an, könnte man zwar dasselbe argument anbringen. in der regel wird dem alten mann jedoch in dieser - objektiv nicht weniger erbärmlichen - konstellation die anziehungskraft der reife und erfahrung zugesprochen. graue schläfen oder bart? oh yeah... sexy, baby! da blickt man sogar großzügig über bierbauch und glatze hinweg. graue haare bei einer frau dagegen wären höchstens grund für wohlgemeinte ratschläge: färb dir mal an ansatz, wie kannst du nur so ungepflegt herumlaufen?!

ich finde, hier ist nicht zuletzt hollywood gefragt, sich endlich mal ein bisschen edukativ zu zeigen und gleichberechtigte sex-fantasien auf den bildschirm zu bringen. als sozusagen betroffene sehe ich mir ja gerne filme (und ich meine keine pornos) an, in denen alte frauen mit jungen kerlen ficken. "die reifeprüfung" ging da schon in eine gute richtung, allerdings sieht man im film zu deutlich, dass dustin kein college-boy mehr ist und in der realität zwischen den schauspielern gerade mal sieben jahre altersunterschied lagen.

ein anderer film zu diesem thema, den ich sehr gut fand, ist das dänische drama "königin". hier stehen allerdings die schuld der verführerin und die dramatischen folgen ihres schweigens im vordergrund, weniger die affaire an sich. denn gegenstand der weiblichen lust ist eben kein knackiger twen, sondern der minderjährige und etwas labile stiefsohn.

für eine gute drehbuch-idee sollte man sich vielleicht mal funktionierende und legale afffairen und beziehungen analysieren, in denen die frau beträchtlich älter ist als der mann. wie fanden sie sich, was fasziniert sie aneinander, was sind die hürden in der sexualität? was läuft möglicherweise besser oder schlechter, wenn die frau so viel mehr lebenserfahrung besitzt als der mann? wie gestaltet sich eine gemeinsame (oder auch nicht gemeinsame) zukunft? falls zufällig jemand eine drehbuchautorin für solche filme sucht, melden sie sich unbedingt bei mir. ich hätte da ein paar ideen. 

***

der luxus-mann bringt noch eine eigene theorie zu diesem thema mit: alte männer gelten dann als sexy, wenn sie geld haben. arme schlucker würden von der frauenwelt im alter auch nicht großartig beachtet. kann er recht mit haben.

8 Kommentare:

  1. Ich weiß nicht, aber mit 59 fühle ich mich immer noch nicht unsichtbar. Flirts habe ich immer noch, allerdings wird daraus nicht mehr, denn dafür müsste ich mich anstrengen, und ich habe genug von Männern. (Gut, wahrscheinlich würden sich meine Flirts für eine 30jährige anstrengen, das dürfen sie ruhig, aber ich selbst mag nicht mehr.)

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    1. flirts fehlen mir nicht. die finden ja auch noch statt. wie gesagt vorwiegend opa-publikum.
      nein, es geht mir um den gesellschaftlichen blick auf die frau im alter. die hat immer noch bedürfnislos zu sein. während der mann in jedem alter als geiler hecht gilt, und die frau einfach nur noch als alt und schabrackig betrachtet wird.

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  2. Es kommt ja bald "Babygirl" ins Kino. Frau darf gespannt sein!

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    1. darüber habe ich auch gelesen und ich werde mir den film bestimmt ansehen.

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  3. Da fällt mir doch glatt dieses Buch ein:

    Elfriede Vavrik
    Nacktbadestrand

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  4. Dann schau doch einfach mal beim Joyclub.de vorbei, dann stehen deinen Sex Fantasien nichts mehr im Weg ;-)

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    1. joyclub kenne ich natürlich. hab da früher auch schon einige leute drüber kennen gelernt. war jetzt nicht so meines. viel komische fetisch-jünger und andere durchgeknallte. und ich glaube auch nicht, dass mich im joyclub junge männer anschreiben würden. da kriege ich dann dieselben opas ab wie im real life.

      es ging mir hier ja auch gar nicht um die verwirklichung irgendwelcher sexfantasien (ich bin ja in einer festen beziehung), sondern um das gefühl, als ü40-frau noch als sexuelles wesen wahrgenommen zu werden. gesellschaftlich auch im alter noch den status "begehrenswert" zu tragen, wo es für männer doch so einfach ist.

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