Samstag, 27. Juli 2024

beinig an outsider: die jahre am gymnasium

therapeutisches schreiben, klappe die 2. 

als ich in die fünfte klasse ans gymnasium wechselte, war es zunächst für mich, als könne ich neu anfangen. die meisten kinder aus meiner grundschulklasse gingen auf die haupt- oder realschule. ich beschloss daher, dass ich ab sofort anders sein würde: cool und lustig und vor allem keine streberhafte einser-schülerin mehr.

ich hatte aber auch horror vorm gymnasium, das eine riesige schule mit integrierter realschule war. ein enormer kasten aus beton mit einem ziemlich großen einzugsgebiet an schülern. einige aus meiner alten klasse gingen auf das kleine, sehr renommierte gymnasium im nachbarstadtteil. dort hätte ich mich vermutlich wohler gefühlt. 

doch dann erzählte mir a. - eine 17-jährige aus meinem turnverein, die ich zu meiner großen wahl-schwester auserkoren hatte - dass sie auch auf meinem gymnasium sei. "wenn was ist, kommst du in der pause einfach zu mir", sagte sie aufmunternd. das fand ich toll und half mir sehr bei meinem start. gleichzeitig lockte es mich wieder in die falle. denn was machte ich natürlich? ich stand in den pause mit a. und den anderen zwölftklässern herum, anstatt mich mit den leuten aus meiner klasse zu befassen.

zu a.s clique gehörte einmal ihr freund, der riesengroß und spindeldürr war. für ihn war ich wie eine kleine schwester. außerdem war da eine hübsche blonde, die genauso hieß wie ich. sie konnte irrsinnig gut zeichnen. als ich wieder einmal neben ihr saß und vor bewunderung sabbernd beobachtete, wie sie den stift übers papier fliegen ließ, erzählte sie mir, ihre kleine schwester i. sei eigentlich noch viel talentierter. sie habe das große michelangelo-gemälde gemalt, das die schulaula zierte. ich staunte noch viel mehr und brannte natürlich darauf, i. kennenzulernen. 

i. war ein jahr jünger als ihre schwester und ging in die elfte klasse. in meinen augen war sie eine verheißung. sie trug ihr hellblondes haar knallrot, was ihre leuchend blauen augen und ihre helle haut noch mehr strahlen ließ. sie ging fast immer barfuß, wenn es das wetter auch nur ansatzweise erlaubte. das beste war ihre kleidung: sie trug lange, schwingende röcke aus verschiedenen stoffmustern. sie nähte sie alle selbst. sie war in meinen augen das schönste mädchen der schule und das auffälligste noch dazu.

anfangs war i. wenig begeistert, dass ich ihr fortan hinterherlief. ich war zehn, von mutti spießig eingekleidet und auf den ersten blick einfach nur ein langweiliges kind. aber wir kamen in den flow - und da ihr zuhause auf meinem weg lag, gingen wir oft zusammen, wenn wir mittags zur gleichen zeit aus hatten. ich lernte wahnsinnig viel von i.: wie man haare mit henna färbt. wie man coole bilder malt. wo man gute stoffe für selbstgenähte kleidung bekommt. sie interessierte sich auch für philosophie, woraufhin ich mir zu weihnachten "sophies welt" von jostein gaarder wünschte.

das alles fand ich sehr viel spannender als das, was mir beispielsweise meine banknachbarin so erzählte. sie war in einen der sitzenbleiber in unserer klasse verknallt, den ich oberpeinlich und superdämlich fand, und sie hörte michael jackson, während ich klassische musik bevorzugte. trotzdem nahm ich sie öfter mit zu mir, wenn sie eine schlechte note geschrieben hatte. schlechte noten bedeuteten für sie zuhause prügel, und das tat mir leid.

die anderen mädchen in meiner klasse blieben eher entfernte bekannte für mich. ich beschäftigte mich wenig mit ihnen. ab und an bekam ich mit, dass sie über mich lästerten, aber das fand ich nicht so schlimm. meist ließen sie mich in ruhe. die jungs waren da weniger zimperlich. sie zogen alle register: sie verunglimpften meinen namen, versteckten meine sachen oder warfen mein fahrrad in die böschung, wenn ich morgens vergaß, es an den ständer zu schließen.

ich ertrug es relativ stoisch, da ich einfach keinen wunsch hegte, mich mit ihnen in irgendeiner form abzugeben. den klassenclown hatte ich ebenfalls nur kurze zeit gespielt. diese wenig interessanten menschen waren es mir nicht wert, meine guten noten zu gefährden oder mir sonstigen ärger einzuhandeln.

was mich wesentlich mehr belastete, spielte sich in der siebten und achten klasse ab. ich war damals 12 bzw. 13 und keine schönheit. ich trug immer noch eine feste zahnspange, inzwischen auch noch eine brille und hatte schlimme akne. darüber hinaus trug ich bevorzugt alte kleidung aus den jugendjahren meiner eltern und großeltern - in wilden und absolut nicht stilsicheren kombinationen. 

auf meine sichtbare absonderlichkeit sprang eine gruppe jungs aus der elften klasse an. sie waren in der regel zu dritt: ein anführertyp mit vorlauter klappe, ein zweiter typ, der den anführer unterstützte, und ein schüchterner, der vermutlich ebenfalls eher ein opfer war. der anführertyp kam eines tages kurz nach der pause in unser klassenzimmer zu mir und bat mich recht höflich, doch bitte mal mitzukommen. draußen vor der tür standen die anderen beiden. der anführer behauptete, der schüchterne typ sei in mich verliebt. der schüchterne wollte weglaufen, aber der unterstützer-typ hielt ihn fest - und der anführer-typ mich. wir sollten uns küssen. wir wehrten uns natürlich. irgendwann kam ein lehrer und die typen musste abzischen.

ich war komplett verstört, da ich mit jungs noch nichts am hut hatte. der schüchterne war sicherlich überhaupt nicht in mich verliebt war, allenfalls ein mitläufer und wollte vermutlich auch nur seine ruhe. aber die beiden anderen waren fies. ich ahnte, dass dies nicht unsere letzte begegnung war - und sollte recht bekommen.

fortan wurde ich regelmäßig in der pause oder nach der schule abgefangen, festgehalten, verspottet und manchmal auch bedroht. ähnlich wie in der grundschulzeit suchte ich alternative wege, die schule zu verlassen, versteckte mein fahrrad, damit die jungs nicht sahen, wo ich parkte, oder versuchte, an der seite eines lehrers zu entkommen. aber die jungs wussten, wo ich wohnte und welche straßen ich nutzen würde, um nachhause zu kommen. sie passten mich ab und versperrten mir den weg. 

das ging locker ein jahr so. die jungs wurden des spiels nie müde. irgendwann, als sie mir wieder einmal mit ihren rädern den weg versperrten, gab ich gas. ich krachte heftig ins vorderrad des teuren rennrads des anführers, konnte mich dabei aber im sattel halten und fuhr stolz wie eine königin davon, während der anführer bedröppelt guckte und sein vorderrad begutachtete. ich hoffe, dass er nun den fettesten achter der welt darin hatte.

am nächsten tag nach schulschluss war mein fahrrad verschwunden. ich wusste nicht mehr, ob ich es angeschlossen hatte oder nicht. ich hatte zuerst die jungs aus meiner klasse im verdacht, aber da diese dumm und unkreativ waren, fand ich mein rad sonst berechenbarerweise in der böschung neben den fahrradständern wieder. diesmal war dem nicht so. davon abgesehen passte die aktion viel zu gut zum vorfall am vortag. 

zuhause bekam ich wegen des verschwundenen fahrrads ärger. für meine eltern war sonnenklar, dass ich die sache verschuldet hatte, weil ich mein rad nicht ordentlich abgeschlossen hatte. mich überkam nackte verzweiflung. ich hasste die ganze schule und meine eltern ebenfalls. ich schrieb schlechtere noten als sonst, da ich nachts wachlag und grübelte, wie ich aus der situation herauskommen könnte. ohne fahrrad war ich jetzt dummerweise auch noch langsamer und die jungs hatten ein noch leichteres spiel. 

irgendwann im frühsommer der achten klasse kam die unerwartete wende. ich traf den unterstützer-typen auf dem nachhauseweg alleine an. er sagte höflich hallo und machte keine anstalten, fies zu werden. ich nutzte seine friedlichkeit und beschuldigte ihn, mein fahrrad gestohlen zu haben. er versicherte mir, dass dem nicht so sei. sie hätten es nur woanders hingebracht - in das wäldchen auf der anderen seite des schulgeländes. ich würde es bestimmt wiederfinden. für mich läuteten alle weihnachtsglocken. am nächsten tag fand ich mein rad tatsächlich wieder. es war unversehrt und ordentlich an einen baum gelehnt. 

als ich den unterstützer einige tage später noch einmal alleine traf, wollte ich von ihm wissen, warum sie mich verfolgten. "das war doch nur spaß", meinte er. "das war nicht so gemeint." ich vermutete, dass in dieser antwort viel wahrheit steckte und dass sich mobbing und ähnliche aktionen auf diese weise im allgemeinen gut erklären lassen: es ist für die täter einfach ein riesenspaß - und sie machten sich keinerlei gedanken darüber, wie es dem opfer dabei ging.

noch etwas sehr merkwürdiges passierte an diesem nachmittag: ich fand den unterstützer-typen plötzlich heiß. er war groß, blond und athletisch - und jetzt sogar irgendwie nett zu mir. vielleicht war ihm tatsächlich klar geworden, dass sie zu weit gegangen waren. ich träumte, dass er mich künftig vor dem anführer beschützen würde. meine ersten romantischen kleinmädchen-fantasien!

tatsächlich ebbte das nachstellen ab. das lag allerdings wohl weniger am engagement meines schwarms als vielmehr daran, dass die jungs in die kollegstufe kamen. dies bedeutete an unserem gymnasium individuelle stundenpläne bis zum späten nachmittag - und somit selten gemeinsamer schulschluss um 13 uhr. nach der neunten klasse sah ich keinen der drei jungs wieder. 

bis zum abitur hatte ich das schlimmste hinter mir. meine klasse und ich wurden nie freunde, auch wenn mich ein schüleraustausch mit den usa mit einigen von ihnen näher zusammenbrachte. zu beginn der kollegstufe lernte ich dann meine erste große liebe kennen, was mich zutiefst entspannte. endlich liebte mich jemand - da konnte mich der rest der welt mal am arsch lecken.

Donnerstag, 18. Juli 2024

teased and bullied: mobbing in meiner kindheit

weil es im vergangenen post in den kommentaren zur sprache kam, hier ein kleiner ausflug in meine weniger schönen kindheitserinnerungen.

am tag meiner einschulung war ich stolz wie bolle: ich trug mein rosa rüschenkleidchen und lackschühchen mit weißen kniestrümpfen. dazu eine schultasche mit bunten herzen, mit passendem federmäppchen und turnbeutel. sogar meine schultüte hatte dieses design. es war alles genau nach meinem geschmack: ein 1000%-iger mädchen-traum. süß, lieb, rosarot.

ich konnte bei meiner einschulung bereits lesen und freute mich insgesamt sehr auf die schule und das lernen. ich mochte auch meine klassenlehrerin auf anhieb, eine sehr kleine, ältere dame mit einem strengen gesicht. sie strahlte keine große herzenswärme aus, aber das versprechen auf weisheit. ich verspürte bei ihr - wie so oft bei erwachsenen - sofort den drang, mich mit ihr zu unterhalten und sie in meine kleinen naturwissenschaftlichen und kinderliterarischen entdeckungen einzuweihen.

die kinder aus meiner klasse waren für mich weniger interessant. spielen mit anderen kindern fand ich schon im kindergarten langweilig. ich bevorzugte den kontakt mit meinen erzieherinnen, half in der teeküche und band den jüngeren kindern die schleifen ihrer schuhe, wenn sie nach draußen wollten. die erzieherinnen hatte meine hilfsbereitschaft und fürsorglichkeit immer begeistert. heute würde man kinder wie mich wahrscheinlich eher zum psychologen schicken.

ich weiß nicht mehr, wann es das erste mal passierte. vielleicht nach ein paar tagen oder auch wochen, nachdem die jungs mich genauer abgecheckt hatten. gesehen hatten, dass ich im unterricht mühelos mitkam und fast immer die richtige antwort wusste. verstanden hatten, dass ich wirklich immer meine rosa mädchenklamotten und niemals jeans trug. herausgefunden hatten, dass ich insgesamt eher langsam, vorsichtig und manchmal recht ungeschickt war und grundsätzlich weniger dazu neigte, in einem sich formenden freundeskreis aufzugehen.

irgendwann nach schulschluss war es soweit. sie waren zu viert oder zu fünft, meist mit zwei zweitklässern im schlepptau. sie lauerten mir hinter der turnhalle auf und stürzten sich auf mich wie löwen auf der jagd. sie zerrten mir die schultasche herunter und warfen sie in den dreck. sie rissen an meinen kleidern, schubsten mich umher und schlugen mich grün und blau. 

ich war zu schockiert von dieser brutalität, um mich zu wehren. ich war vor angst und schreck erstarrt und begann schnell zu weinen. das war natürlich eine grandiose einladung fürs nächste mal.

und dann ging es richtig los. ich war in keiner pause mehr sicher. und wenn die glocke zum schulschuss läutete, war mir kalt vor angst. ich überlegte mir jedesmal andere wege und möglichkeiten, wie ich der gang entkommen konnte - das schulgelände durch den hinterausgang oder mit der lehrerin zusammen verlassen, oder mich im schulgebäude zu verstecken, bis die angreifer keine lust mehr hatten, auf ihr opfer zu warten. manchmal klappte es. oft auch nicht. die jungs waren zu mehreren, sie konnten sich aufteilen und mich aufspüren.

meiner mutter entging nicht, was los war. wenig amüsiert über verdreckte und zerrissene kleidung begab sie sich zu meiner lehrerin in die sprechstunde. da könne sie nichts machen, sagte diese, das müssten die kinder unter sich regeln. 

meine mutter beschloss daraufhin, mich von der schule abzuholen. doch wenn sie glaubte, ihre anwesenheit würde die jungs davon abhalten, auf mich loszugehen, dann lag sie falsch. sie waren zu mehreren und scherten sich nicht weiter, dass eine erwachsene person daneben stand und hilflos "aufhören!" kreischte, während sie mich vermöbelten.

meine mutter zog ihren letzten joker. sie besuchte die mutter des anführers der gang und bat sie, ihrem sohn ins gewissen zu reden. doch die anführer-mutti war eine zarte alleinerziehende mit stressigem vollzeitjob, die keinerlei authorität besaß und ihrerseits meine mutter vollheulte, dass ihr ihr sohn nur auf der nase herumtanzte.

mein glück war, dass eine familie in die straße nebenan zog, die einen für sein alter recht großen, bulligen sohn hatten. der kam in meine klasse und war sehr nett. mein vater - recht clever - sprach ihn eines tages an und erzählte ihm von meinen problemen. der junge war überraschend schnell bereit, mir zu helfen. mit seinen beiden schmächtigen kumpels waren wir fortan zu viert. das half, dass sich die gang nicht mehr an mich herantraute. hin und wieder konnte ich ihnen natürlich nicht entkommen und ich bekam meine abreibung. aber insgesamt wurden die attacken seltener. mein vater hatte hier eine wirklich kluge, vom glücklichen zufall befeuerte lösung gefunden.

ein echtes ende dieses mobbing-kapitels zeichntete sich in der zweiten klasse ab. wir bekamen eine neue mitschülerin. sie war dick und trug eine irrsinnig starke brille. instinktiv wusste ich, dass ich nun aufatmen konnte - und ich lag richtig. fortan war die neue das ziel der jungs. da sie hochnäsig und unfreundlich war, entwickelte ich auch kein großartiges helfersyndrom. ich hatte mich zudem inzwischen mit einigen der anderen mädels lose angefreundet und war somit mehr teil der gemeinschaft geworden. zumindest in den pausen spielten wir zusammen verstecken und gummitwist oder kästchen-hüpfen.

ein weiterer glücksfall war, dass der gang-anführer so dumm war, irgendwann ein messer mit in die schule zu bringen. das flog schnell auf und führte zu einem verweis. weniger später musste er die schule verlassen.

in der zweiten hälfte der vierten klasse begannen erneut probleme, allerdings anders geartet. diesmal hatten mich zwei jungs aus der zwei straßen entfernten hauptschule als opfer auserkoren. sie verprügelten mich nicht, klettteten aber nach schulschluss regelmäßig an mir und machten blöde sprüche über meine kleidung oder meine zahnspange. sie waren schon zwölf bzw. 13, ich erst neun. eine zeitlang hatte ich große angst, bis ich eines tages den einen der beiden alleine antraf. er wohnte auf meinem nachhauseweg. alleine machte er keine dummen sprüche, sondern war sehr nett zu mir. er war etwas dick und nerdig, und ich vermute, dass er sich deswegen einen "starken" kumpel gesucht hatte, mit dem er gemeinsam den bad boy spielen konnte. dieses kapitel endete, als ich aufs gymnasium kam und mittags nicht mehr an der hauptschule vorbeimusste.

obwohl ich äußerlich betrachtet also heil aus meiner grundschulzeit herausgekommen war, hatte ich meine lektion gelernt: ich war definitiv falsch. und dieses falschsein musste ich vor anderen kindern künftig dringend besser verbergen. am liebsten hätte ich mich ganz geändert, äußerlich und innerlich. aber da ich nicht recht wusste, was dieses "falschsein" genau ausmachte, was mich also so hassenswert machte, war tarnung nicht ganz einfach. ich machte letztlich das, was ich auch zuhause tat: mich möglichst total anpassen. je nach laune meiner mutter war ich vollständig unsichtbar, vordergründig lustig und fröhlich oder aber fleißig, mitfühlend und eine stütze im haushalt. so verhinderte ich meist recht erfolgreich wutausbrüche und sicherte mir lob und zuneigung. kein sehr empfehlenswerter weg, um sich selbst, seine wünsche und seine grenzen kennenzulernen und auch durchzusetzen.

was mir angesichts meiner fehlerhaftigkeit kraft und trost gab, waren meine träume. in meinen tagträumen konnte ich mich komplett von der welt abkoppeln. ich bekam nicht mit, wie die zeit verflog oder wenn meine eltern mich riefen. in mir war meine perfekte zuflucht. was, wie ich später erfuhr, sehr typisch für mädchen mit adhs ist.

bis heute tauche ich gerne in diese geistige welt ab - je größer die äußeren widerstände, desto intensiver. das funktioniert am besten, indem man sich ein komplett unrealistisches projekt sucht und dort sämtliche sehnsüchte hineinprojiziert. dazu ist der passende soundtrack wichtig und eine strecke, die man als hyperaktiver mensch schnell gehen oder rennen kann. nach ein bis zwei stunden tritt so etwas wie ein leichtes, schwebendes glücksgefühl ein, das nichts und niemand so schnell antasten kann. körpereigene drogen at its best.

meine träume haben mir immer unheimlich geholfen, die realität zu überleben. sie sind aber auch nicht ungefährlich, weil sie dazu führen, dass sich mein leben nicht weiterentwickelt, weil ich grundsätzlich wenig interesse an der realität habe. das hatte mir einst auch das objekt angekreidet - womit es leider wie so oft ins schwarze traf. bis heute muss ich mich zwingen, nicht zu flüchten, sondern wirklichkeit aktiv zu gestalten - und träume so behutsam wie drogen zu dosieren.

soweit für heute. vielleicht schreibe ich noch ein kapitel zum thema mobbing in meiner gymnasialzeit. bis dahin könnt ihr mir gerne auch eure erfahrungen und gedanken schildern.

Samstag, 13. Juli 2024

befreiungsschlag

als ich gestern schon wieder verzweifelt und den tränen nahe im büro saß und zu arbeiten versuchte, nachdem mir erneut wichtige informationen vorenthalten und sogar falsche zugespielt und infolge dessen mein entsprechend fehlerhafter entwurf für die neue website in der luft zerrissen worden war, rief mich der chef zu sich.

wie es denn geht, wollte er wissen. schlecht, sagte ich, es ist immer dasselbe und es wird zunehmend schlimmer, da die angriffe durch mein team mehr und mehr auf persönlicher ebene erfolgen und ich das inzwischen als mobbing empfinde. der chef nickte wissend, er kannte die gegenseite natürlich bereits von meinem team, das wohl regelmäßig über mich herzog.

"mit den anderen beiden teams ist alles fein, das läuft, da darf ich nicht klagen", ergänzte ich, "einige setzen sich sehr für mich ein in der aktuellen situation und haben sogar die teamleitung darüber informiert, wie unfair ich behandelt werde. aber die zusammenarbeit mit meinem team ist wirklich eine qual, und innerhalb dieses unternehmens wechseln kann ich ja nicht. jeder rät mir entsprechend zu gehen. ich habe auch bereits angefangen, mich anderweitig zu bewerben."

der chef überlegte und schlug dann vor, meinen vertrag zu kündigen. er sah mich dabei so vorsichtig an, als müsse er gleich vor einer hochemotionalen reaktion in deckung gehen. aber alles, was ich empfand, war grenzenlose erleichterung - und ich stimmte zu. nur weg, einfach weg! sich dieser beständigen herablassung und demütigung bloß nicht mehr aussetzen müssen!

"gut", meinte der chef. "ich kann ja nichts negatives über dich über dich sagen. daher habe ich überlegt, ob nicht eine andere, soeben freigewordene stelle zu dir passen könnte." er fasste kurz zusammen: bildungsbereich, pionierarbeit, mehr projektleitung, weniger marketing. es hörte sich hochspannend an, passte aber strenggenommen nicht auf mein profil. ich verwieß auf dieses qualifikationsdefitzit, aber der chef meinte, er würde mich trotzdem vorschlagen, wenn ich interesse hätte - immerhin sei er dort im vorstand. also erlaubte ich ihm, dass er meinen lebenslauf an die hr-abteilung dort senden dürfe. ich rechnete mir rein fachlich keine großen chancen aus, aber wenn der chef an mich glaubte und sich so für mich einsetzte, würde ich ihn natürlich auf keinen fall daran hindern.

"hast du eigentlich noch resturlaub?" wollte der chef dann wissen. "den kannst du natürlich noch nehmen, der steht dir ja zu."

wir rechneten durch und stellten fest, dass ich - zahlreicher überstunden sei dank - im prinzip direkt gehen konnte. "das ist doch jetzt gut so, dann musst du dich jetzt auch nicht mehr mit den anderen herumärgern. soweit ich das richtig verstanden habe, ist das hier für dich kein großes vergnügen", schmunzelte der chef. "mach einfach deine übergabe und reiche das urlaubsformular ein, meine mündliche freigabe dafür hast du." "ich bin in der tat dankbar für jede stunde, in der ich nicht mehr mit meinem team zusammen sein muss", erwiderte ich frank und frei.

jetzt habe ich also einen langen spontanurlaub. und bin bald arbeitslos. aber kein bisschen träurig für den moment. ich werde durchatmen, neue möglichkeiten sondieren, mich währenddessen möglichst intensiv fortbilden - und auf bessere zeiten hoffen.

Freitag, 5. Juli 2024

macht endlich euren job!

profillosigkeit und bürokratie kosten der politik inzwischen viel ansehen und zugleich bares geld. denn manchmal muss man auch auf den ersten blick unangenehme entscheidungen treffen und sich akzeptanz in der bevölkerung ERARBEITEN. 

ein beispiel für eine solche unangenehme entscheidung wäre die wiedereinführung der vermögenssteuer, unter helmet kohl (cdu) im jahr 1996 ausgesetzt. 380 milliarden euro fehlen dadurch aktuell in der staatskasse. summen, die dieses land dringend braucht. summen, die investiert werden und gerechtigkeit sicherstellen könnten - für zufriedenere bürger.

aber das wort "arbeit" kennen politiker ja nicht. nur vom steuerzahler, auf dessen kosten man sein bequemes gala-leben finanziert, wird stets unendlicher fleiß gefordert. 

schade, denn unangenehme, aber glasklare gesetze und regeln für eine nachhaltige zukunft könnten der politik wieder den respekt verschaffen, den sie zum regieren nötig hätte. ich kann tatsächlich verstehen, wenn die öffentlichkeit zunehmend aggressiv auf politiker reagiert - obwohl ich solche übergriffe natürlich sehr bedenklich finde. aber sie auch nicht ganz unverdient. damit meine ich nicht unbedingt die aktuelle regierung, denn die probleme liegen überwiegend an fehlentscheidungen der vergangenen 20 jahre.

fakt ist aber: die politik muss auf die bürger zugehen, denn für diese trägt sie die verantwortung. nicht umgekehrt. und schon gar nicht ist politik dazu da, um sich bei privilegierten grüppchen wie superreichen oder lobbyisten anzubiedern. solange die politik jedoch diesen schritt auf den bürger zu nicht geht, bewegen wir uns umso rasanter richtung 1933.

also, liebe politiker: macht endlich euren scheiß job! und zwar mit eiern in der hose! und wenn ihr ihn nicht machen wollt: verpisst euch aus der politik. denn die ist nicht dazu da, sich auf tiktok mit grillwürsten oder seiner aktentasche zu präsentieren. das ist nur lächerlich und armselig - und scheißlangweilig noch dazu.