Montag, 27. Januar 2025

pest oder cholera

ich habe zwei zusagen für zwei jobs. eigentlich eine komfortable situation. leider sind es zwei suboptimale jobs und die entscheidung ist eher pest versus cholera.

der pest-job ist hochseriös, in einem eher konservativem, werteorientiertem unternehmen. das ist das positive. ebenfalls gut finde ich den chef dort. käme ich mit klar, denke ich.

mangels modernem denken herrscht leider totaler präsentismus, das heißt, es gibt keinerlei homeoffice-option. nicht mal für eine stunde. bedeutet, ich verliere pro tag rund 1,5 stunden mit pendeln. der arbeitsort selbst ist ok (2er-büro, kein großraumbüro).

thematisch könnte ich mein expertisen-portfolio mit einem mittelrelevanten skill erweitern, während es sonst nicht ganz so viel vielfalt gibt. es besteht die gefahr, dass ich bspw. in ki knowhow-technisch zurückfalle.

schwerwiegendster nachteil ist, dass es ein 20-stunden-job wäre. das gehalt entspricht in etwa meinem arbeitslosengeld und würde ein weiterhin recht eingeschränktes leben erfordern. im verhältnis betrachtet liegt es aber 10 % über dem gehalt des anderen jobs, und es gäbe on top ein 58 €-ticket.

der cholera-job hat zunächst den großen nachteil, dass es sich um eine argh-entur handelt. arbeitszeiten sind also ungewiss mit f(x) geht gegen unendlich. meine chefin allerdings kenne ich schon, ein herzlicher typ, mit ich größtenteils klarkomme weil subjektive ähnlichkeit in sachen humor und emotionale verwirrungen. in der vergangenheit nicht ganz verlässlich, was versprechungen und zukunftsaussichten betraf. überforderungen treffen oftmals auf unterforderungen. werte also so semi.

großer vorteil wäre so etwa 90 % homeoffice. habe ich im letzten langzeit-job sehr schätzen gelernt. würde mir im vergleich zum anderen job rund 6 stunden/woche pendelzeit und jede menge präsenz-generve einsparen.

thematisch würde ich mein wissen in einem zukunftsrelevanten großen thema vertiefen, was mir weitere jobaussichten eröffnen könnte, die sich dann hoffentlich wieder in einem unternehmen abspielen. weiterhin ist aufgabentechnisch vielfalt in aussicht, ich würde also allrounderin und in vielerlei tasks up to date bleiben. 

ein weiterer vorteil wäre, dass ich mindestens 32 stunden arbeiten könnte, was mir schon eher zum leben gereicht. zeitlich bliebe noch eine klitzekleine spielwiese für eventuelle freie projekte, nettolohntechnisch die möglichkeit, meine bav weiterzuführen. im anderen job wäre ich auf freie projekte angewiesen, um extraausgaben stemmen zu können. und weil das nettogehalt so winzig ist, müsste ich außerdem die bav aussetzen.

beide jobs sind aktuell keine langzeit-perspektiven. der eine, weil er so wenig stunden hat und meine sehr geringen rentenaussichten noch weiter ruiniert, der andere, weil wenig verlässlichkeit und insgesamt gehaltlich eine rückentwicklung. ich plane daher zunächst auf 12 monate und mache den rest dann von der arbeitsmarktpersektive, den allgemeinen und gehaltlichen entwicklungen im job sowie und dem bis dahin gesammelten neuen knowhow abhängig.

vielleicht mögen sie mal ihr voting abgeben, ob sie eher zu pest oder zu cholera tendieren würden. wichtig: falls sie nun sagen, "ich würde keinen der jobs nehmen und warte lieber auf eine bessere chance", bitte denken sie dabei an folgendes:

- dass es in meiner branche noch nie auch nur den geringsten fachkräftemangel gab
- also sehr viele recht gut qualifizierte und vor allem sehr viel jüngere (=billigere) digital-natives auf eine alte kuh wie mich treffen
- es wirtschaftskrisenbedingt sowieso wenig jobs im moment gibt 
- schlechte bezahlung sowie cholerische, schwerst gestörte chefs und vorgesetzte nicht nur in meiner branche die normalität sind.

wählen sie also weise und mit bedacht.

ich bin sehr gespannt und danke ihnen vielmals.

31 Kommentare:

  1. Wählen Sie Cholera, denn dagegen kann man sich impfen lassen.

    Etwas weniger ironisch:
    Das Cholera-Angebot klingt besser (Home-Office, mehr Stunden, ggfs. entwickelt sich noch etwas). Beim Pest-Angebot treffen Sie auf eine konservative Struktur, die sich in den nächsten zwölf Monaten nur schwer wird verändern lassen.

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    1. die konservative struktur finde ich noch nicht mal so negativ, da sehr werteorientiert in der people culture. was mich da eher beunruhigt, ist, dass wahrscheinlich bestimmte tools nicht oder wenig genutzt werden, bei denen ich in übung bleiben muss, weil sie sich unheimlich schnell weiterentwickeln. technologie ist ein ganz großer faktor.

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  2. Ich stimme eindeutig für Job 1, die Pest. Seriös ist meistens besser. Und wenn Sie erstmal drin sind und sich unentbehrlich gemacht haben, lässt sich vermutlich auch was in puncto homeoffice nachverhandeln. 1,5 Stunden hin und zurück pendeln sind in Kackstadt, wie Sies nennen, nicht unüblich. Und es wäre noch Zeit für vielleicht interessante und/oder lukrative Nebenjobs.

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    1. was die unternehmensführung betrifft, würde ich mich dort wahrscheinlich wohler fühlen und dürfte mehr fairness und rücksichtnahme erwarten.
      die pendelstrecke ist nicht so schlimm, homeofficetechnisch bin ich halt nur verwöhnt und kenne es nicht, dass ein arbeitgeber das so kategorisch ausschließt - bei einem an sich digitalem job.
      zweiter nachteil der präsenzarbeit ist fehlende flexibilität für einen zweitjob. bei der vorgesehenen struktur bleibt nur ein ganzer "freier" tag, an den anderen tagen würde ich nicht mal halbtags woanders arbeiten können. machbar wäre so nur ein fully-remote-minijob. und die fallen leider nicht vom himmel und werden in meiner branche in der regel als mindestlohn-jobs an studenten vergeben.

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  3. Ich suche auch grad, kann mich also reinfühlen, bin etwas ältere Kuh ( denke ich) ,-) 20h und dann täglich so viel Zeit verschwenden: nein. Das andere nehmen und straff weiter suchen. Trägt wieder was zur Lernkurve bei und am Wegesrand geht eine neue Tür auf. Bestimmt! Viele Glück! Miki

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    1. ist so auch die aktuelle tendenz. ich habe auch angst, wieder arbeitslos zu werden (wirtschaftliche lage ist ja schwach), was bei dem 20-h-gehalt bedeutet, dass mir dann nur rund 800 € arbeitslosengeld bleiben.

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  4. Cholera fiel mir zuerst ein, weil es gefühlt besser zu Ihrem Profil (neugierig, Generalistin) und Ihrem Lebensstil (home office) passt. Pest klingt eher nach aufgeräumten Spezialisten die Struktur und Routinen mögen.

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    1. interessante und definitiv nicht falsche einschätzung. :-)

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  5. Ich würde vorsichtig für Cholera plädieren. Unter der Perspektive, dass das zeitlich befristet und eine Anlauframpe für einen kommenden Job ist. Mehr Chance, mehr Risiko als Pest, aber damit halt auch besser in Vorbereitung auf das, was dann noch kommen mag …

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    1. ja. ich werde auch keinen vertrag mit 3 monaten kündigungsfrist unterschreiben. vielleicht haben sie sogar recht und ich sollte den job auf ein jahr befristen lassen. das würde sich insofern anbieten, da die stelle gefördert wird (das war vermutlich auch das ausschlaggebende argument für cholera, mich zu nehmen, weniger meine qualifikation oder meine ungeheuer anziehende persönlichkeit ;-)). ich möchte auch, da eine weiterbildung dazugehört, arbeits- und lernzeit vertraglich fixieren.

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  6. Cholera. Über beide Jobs haben Sie vier Absätze lang geschrieben, über den zweiten allerdings mehr als über den ersten. Ihre (unbewusste) Präferenz liegt also schon fest.

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    1. das ist mir auch aufgefallen und ich dachte, verdammt, wahrscheinlich habe ich mein leser jetzt unbewusst beeinflusst. ;-)

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  7. "beide jobs sind aktuell keine langzeit-perspektiven"
    Deshalb eindeutig der 32-Stunden-Job.
    Schon allein zweimal 1,5 Stunden Arbeitsweg — sind doch meistens verlorene Lebenszeit.

    PS: falls man heutzutage nicht (über private Kontakte) einen 40-H-Job in einem gewerkschaftlich organisierten Betrieb findet, ist man doch eigentlich sowieso in Richtung Rentenaufstocker unterwegs.

    PPS: Und das Aufstiegsversprechen aus den fünfziger bis achtziger Jahren "Fleiß zahlt sich aus" wird meiner Erfahrung nach, inzwischen sowieso meistens vom Arbeitgeber gebrochen.

    Gruß Jens

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    1. 40 h muss ich gar nicht haben, wenn ich normal bezahlt werde. mir sind zeit und lebensqualität sehr viel wichtiger als geld. vielleicht mach ich ja auch bald den abgang, was nützt es mir da, groß in die rente einzuzahlen. ich bekomme so ein bisschen rente, die werde ich zusammen mit dem ersparten auf den kopf hauen, und dann kann meinetwegen auch feierabend sein.

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  8. Cholera: mehr Stunden, mehr HO

    Gruß und viel Erfolg
    Sascha

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  9. Absolut Cholera. Du weisst was auf dich zukommt. Das passt im Moment wohl eher in dein Nervenkostüm.

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  10. ich möchte mich nochmals herzlich bedanken für die hohe anteilnahme an dieser nicht ganz unwichtigen entscheidung.
    mr. murphy hat es natürlich noch mal spannend gemacht. nachdem ich gestern abend den choleravertrag unterzeichnet und pest abgesagt hatte, kam pest nochmal zurück und bot an, dass ich mehr stunden arbeiten könne. gehaltlich wäre das kein nachteil gewesen und ich war sehr versucht. allerdings wäre nach wie vor präsenzarbeiten ein thema - und das wissen, dass ich bei cholera sehr viel mehr technologisches knowhow u.a. in ki sammeln und so besser für die zukunft gerüstet sein würde. darüber hinaus kann man wohl einen unterzeichneten arbeitsvertrag nicht einfach auflösen, er ist bindend und man kann den job notfalls nur einfach nicht antreten und hoffen, dass man nicht auf schadensersatz verklagt wird. darüber hinaus hat cholera gleich nach vertragsschluss schon weiterbildungen für mich organisiert und es wäre unfair gewesen, all diese bemühungen in den wind zu schlagen.
    ich hoffe, dass es nun irgendwie gut weitergeht und dass ich 2026 dann vielleicht wieder durchatmen kann, auch finanziell.

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  11. Tatsächlich, auch mit Bauchschmerzen wegen Argh entur, hätte ich dir auch zu Cholera geraten. Ich wünsche dir, dass es sich gut auskommt und du selbst zufrieden ankommen kannst. Übrigens auch in anderen Bereichen gibt es diese Unvorgesetzten, die man besser nur aus 500km von hinten sieht.

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    1. danke dir! :-)
      ja, dass es auch jenseits der agenturen viele psychopathische führungspositionenbesetzer ohne chefqualitäten gibt, ist völlig klar. in meinem business-englischkurs ist auch ein vollkommen generver it-ler, der bestimmt ein dickes gehalt verdient, aber der eben auch oft sagt, ohne seine bosse könnte er wesentlich effizienter und entspannter arbeiten - nicht nur, weil diese schockierend wenig ahnung von der materie haben, sondern an sich einfach miese kleinkarierte persönlichkeiten seien, die lust darauf haben, ihrem team maximal auf die eier zu gehen und sich in ihrer ahnungslosigkeit auch noch selbstherrlich zu profilieren.

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  12. toitoitoi!! (und bitte nicht zu langfristig-optimistisch sein, eher neugierig und sehr gut gelaunt)
    Gruß Jens

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    1. ich hab wirklich lust darauf, endlich weiter zu lernen und ich bin ja auch drauf gedrillt, ein gutes kind zu sein, das immer sein bestes gibt.
      aber für das micker-gehalt werde ich mich auch nicht verausgaben und darauf achten, dass ich zügig etwas neues finde, wenn ich das gefühl habe, jetzt ist es soweit. und selbst wenn ich dann wieder nur einen suboptimalen job habe, ist der dann die basis für neue gehaltsverhandlungen.

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  13. Nimm keinen von den beiden Jobs. Wenn Du dir schon die Frage stellst, zweifelst du an beiden. Du hast noch Zeit ... es ist nicht immer klug, den "Rettungsanker" zu nehmen. Verzeih mein Wortspiel ...

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    1. warum das für mich nicht infrage kommt, habe ich ja bereits dargelegt. ich mache mit cholera eine siebenmonatige weiterbildung, damit habe ich m.e. deutlich verbesserte karten als wenn ich auf dem aktuellen know-how-level stagniere. es geht ja nicht nur darum, den bestmöglichen arbeitgeber zu finden, sondern überhaupt erstmal wieder ein attraktives arbeitnehmerprofil zu gewährleisten, mit dem ich mich selbstbewusst präsentieren kann. das wird mir helfen, vielleicht auch in 5 oder 10 jahren noch gefragt zu sein. aktuell kann ich mich auf viele jobs nicht bewerben, weil ich im letzten langzeit-job keinerlei fortbildungen bekommen habe.

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  14. Bist Du durch die Weiterbildung nicht für einen längeren Zeitraum an Cholera gebunden? Ggf. Rückzahlung bei Kündigung etc.? Ich habe lange überlegt, ob ich was schreibe. Pendeln ist überhaupt nichts für mich. Ich bin aber auch extrem verwöhnt mit einer kurzen Anfahrt und eigenem Vehikel. Homeoffice mit keinerlei Einschränkung.. In dem Fall kann man sich dorthin retten, wenn es eine schreckliche Arbeitssituation ist. Bei der Pest hätten mich die positiven Argumente gleichermaßen bei der Entscheidung beschäftigt. Ich wünsche Dir Beständigkeit und einen Job ohne Sorgen und mit Wertschätzung.

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    1. danke für die guten wünsche!
      nein, das glaube ich nicht, da da ein regressanspruch o.ä. bestünde. vertraglich ist diesbezüglich nichts geregelt. die werden auch bestimmt keine kostenpflichtigen kurse für mich anleiern, das ist sicherlich nur learning by doing ist mit etwas höherer fehlertoleranz und unter anleitung von kollegen. das müssen die dann erstmal vor gericht durchboxen. darauf ließe ich es ankommen.

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  15. ... gibts was Neues?
    Gruß Jens

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    1. vielen dank für die nachfrage, im märz geht es los bei cholera. bis dahin versuche ich, noch irgendwie gesund zu werden - ein infekt jagd den nächsten...

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danke für deinen kommentar. ist er hilfreich, fair und sachlich, wird er nach freischaltung veröffentlicht. kontextfreie, rassistische und sonstige arschloch-scheiße wird sofort gelöscht.