sex, drugs & heavy metal.
so statt christbaum, krippe, kinderlein.
kann man aushalten. sehr gut sogar.
sex, drugs & heavy metal.
so statt christbaum, krippe, kinderlein.
kann man aushalten. sehr gut sogar.
ihr schnuppsis! habt es schön heute und die nächsten beiden tage.
nicht so viel corona und pseudoharmonie inhalieren, sondern lieber intelligenzpartikel und sexualpheromone.
falls euch schwiegermama zu viel weihnachtsbraten aufzwingen will, denkt dran: die dummheit frisst, die intelligenz säuft.
ansonsten hab ich noch ein sehr nices weihnachtslied für euch. enjoy!
stimmung und wetter sind gleichermaßen grau und nur knapp über dem gefrierpunkt. die schwarze welle ist unmittelbar hinter mir, und wenn ich den kopf wende, kann ich ihre bittere gischt schmecken.
ich lebe also mit blick stur nach vorne, ferngesteuert von einer großen dosis medikamente. ich habe den kopf tief zwischen die schultern gezogen und bekomme davon verspannungen.
doch am wochenende erhalte ich unerwartete unterstützung. unerwartet, weil vom luxus-mann, der sonst mit meinen psychischen ausnahmezuständen wenig anfangen kann.
beim gemeinsamen netflixen stolpern wir über den alten oliver stone-film "the doors".
ich bin ein leistungskind.
nicht, dass ich aus einer privilegierten bildungsbürgerfamilie stammen würde, wo mama ärztin und papa staatsanwalt ist und der hammer somit von vornherein schon mal hoch hängt. meine eltern haben haupt- bzw. realschule und ihre abschlüsse jeweils mit einer schlechten drei bestanden. also kein abi, kein studium, kein doktortitel.
dennoch wurde leistung in meiner kindheit groß geschrieben. sehr groß.
basis für die überbetonung von leistung war das krankhafte konkurrenzdenken meiner eltern, gepaart mit eigenen komplexen. ich musste besser sein als kinder im bekanntenkreis. ich musste vor allem besser sein als mein cousin, sohn der großen schwester meiner mutter. und wehe, dem war nicht so!
nicht, dass man mich geschlagen hätte. so etwas war zwar nicht ausgeschlossen, aber für meine eltern keine gängige erziehungsmethode. aber die tagelang anhaltende enttäuschung in ihren gesichtern verfolgte mich. das fehlen von zärtlichkeit, das andeuten eines verzeihens. stattdessen vorwurfsvolle blicke: eine zwei in religion, wie kannst du nur?
ich kann nicht behaupten, ich wurde nicht gefördert. ich hatte alles. kinderturnen, klavierunterricht, umweltgruppe. ich wurde totgeschmissen mit allem, was man kindern so angedeihen lassen kann.
ich wurde auch für gute leistungen belohnt. nicht so sehr mit zuneigung, aber mit geld. 5 mark gab es für eine eins. für eine zwei gab es nichts. bei einer drei musste ich 5 mark zahlen. bis zur 7. klasse gymnasium hieß das: ein solides plus in der kasse. mehr als andere kinder taschengeld bekamen. leistung erhielt für mich dadurch einen klar bezifferbaren wert - und umgekehrt auch die schuld, also das schulden von leistung.
ab der siebten klasse bekam ich probleme in mathe. ich war zu kurzsichtig, um richtig von der tafel abzuschreiben und lernte alles vollkommen falsch. eine brille wollte ich auf keinen fall. ich verheimlichte meine kurzsichtigkeit drei jahre. das klappte, weil ich in den anderen fächern alles durch reines zuhören und nachlesen im griff hatte.
meine offensichtliche matheschwäche jedoch wurde schnell zum politikum am abendbrottisch."jetzt erzähl doch noch mal ganz genau, warum du wieder nur eine vier hast", wurde ich mehrfach aufgefordert. mit jedem erneuten nacherzählen meines versagens wurde meine scham größer. so lange, bis mir übel war und ich keinen bissen mehr hinunter brachte.
"dann müssen wir dich wohl doch vom gynmasium nehmen", seufzten meine eltern.
nicht: "brauchst du vielleicht nachhilfe?" oder "das ist nicht so schlimm, jeder hat etwas, was er nicht so gut kann, aber zusammen schaffen wir das schon!"
nein, sie sagten mir: offenbar bist du einfach nicht intelligent genug. schade. ein dummes kind. was für ein makel für uns als eltern!
meine eltern selbst sind keine besonders vielseitig interessierten oder eifrigen menschen. sie haben sich nie weitergebildet, lasen nie bücher, reisten nicht. sie mussten nie überstunden machen und sich auch im job sonst nicht sonderlich anstrengen - den wirtschaftswunderjahren und dem beamtentum meines vaters sei dank.
wenn meine mutter keine lust auf etwas hatte, wurde sie einfach krank. derweil sorgte ich mich, ob ich aufgrund meiner dummheit vielleicht schuld daran war, dass meine mutter immerzu auf der couch lag und ihre mother´s little helpers schluckte. wenn man so ein schlechtes kind war, machte man seine eltern vielleicht krank?
kinder neigen zu narzissmus und dazu, signale aus ihrem umfeld auf sich zu beziehen, las ich viele jahre später. als meine mutter eines tages miome hatte und ins krankenhaus musste, war mir das wie ein beweis meiner schuld.
ich erinnere mich auch noch überdeutlich an den tag, als ich mein staatsexamen bestand. mein notendurchschnitt war 0,08 noten schlechter als der meines cousins. "darüber kann man sich ja nicht gerade freuen", war der kommentar meiner mutter, als ich stolz anrief, um ihr mein bestehen zu verkündigen.
mein vater beklagt sich bis heute, dass das ganze geld, das er mir wegen meines studiums in form von unterhalt und kindergeld in den gierigen rachen schmeißen musste, umsonst gewesen sei. ebenso wie meine kinder-klavierstunden! da hätte er schon erwartet, dass ich "mal was draus mache". (was ihm wohl vorschwebte? starpianistin?)
die ständige stumme enttäuschung sowie die wenig konstruktive unterstützung meiner eltern hatte schwerwiegende folgen für mich und meine entwicklung. ich litt bis in mein arbeitsleben hinein an versagensangst. diese ist zwar mit der zeit besser geworden. aber die tiefe angst vor ablehnung ist geblieben.
so lassen sich probleme natürlich nicht gut lösen, auch die kleinen, alltäglichen nicht. statt frohen mutes zur tat zu schreiten, neige ich zur verzweiflung. es fehlt mir an resilienz.
gestern las ich, dass resilienz entgegen anderslautender meinungen nicht vererbt würde, sondern tatsächlich das produkt der erziehung sei. elterliche unterstützung, eine allgemein optimische, zupackende einstellung bei herausforderungen sowie das vertrauen, dass schon alles gut wird, seien die familiären grundpfeiler bei der entwicklung von resilienz.
meine erziehung sah eher so aus:
"wenn das objekt wieder gesund wird, dann ziehst du dahin, oder?" will der luxus-mann wissen.
mein mann kennt mich gut. kann mir hinter die stirn schauen und das hornissennestartige wabern dort dechiffrieren.
der kleine fortschritt in sachen objekt-genesung trägt neues eifersuchtspotenzial in sich.
***
meine nicht-karriere erneut hinterfragt. versuchsweise produktiv.
auch nach 12 jahren desaströser bis mittelmäßig erfolgreicher beruflicher arschaufreißerei weiß ich nicht, was ich wollen sollte. außer nie wieder arbeiten müssen und ähnlich schöne illusionen.
also mal wieder alle register gezogen. sogar lehrerstellen in meckpomm geguckt.
***
noch 1 verfickter monat bis weihnachten. freudige aussichten auf alleiniges herumsitzen in der wohnung. stelle mir vor, wie ich dann eine hirnblutung oder so erleide.
silvester muss ich raus aus der stadt, sonst gehe ich komplett unter.
asylangebote willkommen.
seit dem gespielinnen-aus gibt es sie wieder: telefonate mit der objekt-mama. ich bin immer ganz aufgeregt und freue mich irre vor. mit dieser frau zu sprechen ist ein bisschen, wie mit einem teil des objekts zu reden. meine persönliche dosis objektive dna.
gute neuigkeiten gibt es, die mich sehr glücklich machen.
das objekt kann neuerdings wieder mahlzeiten essen, beginnt, von sich aus soziale kontakte zu mitpatienten zu knüpfen und hat angefangen, an einer maschine rad zu fahren. seine mutter, ihres zeichens lehrerin, bringt ihm mithilfe von grundschulmaterialien lesen und schreiben neu bei. kurzum, der wechsel in den osten war ein volltreffer.
zwei kuriose neue hobbys habe das objekt entwickelt, erzählt mir seine mutter. das eine sei das singen von schlagern, obwohl er schlager früher hasste. dabei zeigt sich, dass ihm singen viel leichter fällt als sprechen. das objekt muss ein lied nur einmal hören und merkt sich dann phänomenalerweise den gesamten text. den kann es singend auch korrekt wiedergeben, ohne dass ihm seine wortfindungsstörungen dazwischenfunken.
ich vermute, dass dieses neue hobby nicht immer auf die gegenliebe seiner mitpatienten stößt, aber es ist ein gutes zeichen.
die zweite neue objekt-leidenschaft ist essen klauen. nachdem das objekt nicht mehr an der magensonde hängt, stopft es alles in sich rein - auch das, was es noch nicht essen darf. es schleicht beispielsweise mit dem rolli ins schwesternzimmer und klaut dort die bonbons aus der schale oder plündert die vorräte seiner mitpatienten im gemeinschafts-kühlschrank.
neulich hat es angeblich eine ganze palette milchreis, eine packung windbeutel und einen muffin gestohlen - und es geschafft, alles zu verdrücken, bevor es erwischt wurde. dabei hat es eine riesensauerei veranstaltet, weil ihm ein löffel fehlte und es sich den milchreis mit den fingern reinschaufeln musste.
um sowohl die mitpatienten als auch das objekt vor diesen fressexzessen zu schützen, haben die pfleger nun ein zahlenschloss am kühlschrank angebracht.
schwuppdiwupp bin ich selber wie vom blitz getroffen und merke, wie sich eine sturmflut hinter den augäpfeln formiert.
das leben ist derzeit noch ereignisloser als sonst, denn der luxus-mann ist krank. ich tippe auf männerschnupfen, er auf corona. testen lassen will er sich natürlich nicht. entsprechend muss er auf meine anwesenheit verzichten. ich bin zwar etwas gelangweilt und einsam, aber eben noch nicht lebensmüde.
auch das objekt dürfte sich einsam fühlen, denn im neuen pflegeheim herrscht seit anfang des monats besuchsverbot - sogar für enge angehörige. also schicke ich mal wieder dvd-packerln und briefe, in der hoffnung, so seine - und meine - aufkommende frustration durchbrechen zu können.
mein kopf überlegt unterdessen, ob ich nicht irgendwann dorthin ziehen sollte. als rentnerin wäre das sogar schlau, denn eine 3-zimmer-neubauwohnung von mehr als 70 qm kostet dort derzeit gerade mal 450 € warmmiete. wenn ich das mache, müsste ich vielleicht gar keine flaschen sammeln.
auch der nervfaktor durch menschenmassen wäre deutlich geringer, wahrscheinlich fast bei null. die einwohnerzahlen liegen dort bei lediglich rund einem hundertachtzigstel der hamburger bevölkerung. und das allerbeste: ich hätte die ostsee vor der haustür.
etwas schade ist lediglich, dass dort die afd gern gewählt wird und ich deshalb mit teilweise autoritativer blockwart- und schwurblermentalität rechne. also keine hitler- oder aluhut-witze reißen, sonst brechen sie mir vielleicht die knochen. aber das ist ok, in der großstadt muss man schließlich auch darauf achten, nichts böses über mohammed zu sagen, weil sonst der kopp in den gulli rollt. ein bisschen krankhafter totalitarismus unter welchem deckmantel auch immer ist vermutlich überall.
weil ich nicht weiß, ob das alles so kommt, betreibe ich derweil noch ein bisschen altersvorsorge. meine tolle versicherung hat mir jetzt zum dritten mal einen antrag mit falschen daten geschickt, aber vielleicht kriegen wir das ja doch noch hin, bevor ich 50 bin. immerhin war ich auf diese weise angenehm von meiner langeweile abgelenkt, indem ich am telefon die zuständige mitarbeiterin fantasievoll beschimpft habe.
jetzt werde ich mich gleich aufmachen zur nächsten, nicht defekten packstation, um da das nächste objekt-packerl aufzugeben. irgendwelche rowdys haben nämlich meine packstation zerstört. ich tippe auf den antiintellektuellen trupp, der immer vorm döner abhängt, aber das ist reine spekulation.
wie sie sehen, ich habe insgesamt nichts aufregendes zu berichten.
daher frage ich mal in die runde, was sie so dieses wochenende gemacht haben. wenn sie mir erzählen, dass sie auch einfach nur rumhängen, daddlen oder ihren kindern den rotz von der schnute wischen, fühle ich mich vielleicht etwas besser.
zu agenturzeiten hatte eine meiner einstigen chefinnen einen durchfallgeplagten welpen, der mindestens zweimal pro tag mit inbrunst unter meinen schreibtisch kackte. es war beinahe wie eine widmung, eine liebevolle aufmerksamkeit in halbflüssig und zumhimmelstinkend.
als ich die agentur verließ, hatte es zwischen mir und meiner ex-chefin gewaltig gekracht. nicht wegen des undichten köters, sondern eher wegen der geistigen undichtigkeit meiner chefin. aber wir haben uns wieder eingekriegt und arbeiten inzwischen seit fast 10 jahren zusammen. heute am telefon sagt sie mir mal wieder, dass sie total happy ist, dass ich so wenig nachtragend sei.
ich behaupte, es gehören eben zwei dazu, um es so richtig zu verkacken. mich trifft es immer tief, wenn ich auf ablehnung stoße, vor allem bei menschen, die ich liebgewonnen habe. es setzt mir wochen- und monatelang zu, insbesondere, wenn ich mich schuldig fühle, ohne meine schuld klar zu erkennen, weil mir die antwort auf die frage danach vorenthalten wurde.
dabei erlebe ich immer wieder überraschungen. so wie neulich, als sich meine ehemals beste freundin, mit der ich 2014 im streit den kontakt abgebrochen hatte, plötzlich bei mir meldete. der schritt auf mich zu ringt mir respekt und dankbarkeit ab. schön ist es, sie wieder zu haben. und irgendwie ist es fast so, als wäre nichts gewesen. mein groll war längst verraucht, und auch sie machte mir keine vorwürfe. stattdessen neue klarheit und verbundenheit.
verschissen und verkackt ist also oftmals kein dauerzustand. er fühlt sich an wie nie bestattete totgeburten. aber eigentlich muss man die nur mal begraben.
neulich habe ich den kühlschrank beiseite geschoben und dort noch einen katzenkötel entdeckt, obwohl das ableben meiner kleinen schwarzen nun schon monate her ist. ich habe die scheiße aufgesammelt, entsorgt und den kühlschrank wieder an den rechten fleck geschoben.
da steht er nun und summt und brummt und wartet darauf, dass ich irgendwann mal die enorme gletscherlandschaft im gefrierfach abtaue.
aber alles zu seiner zeit.
kennen sie das? sie haben sich im frühjahr bereits den gesamten keller mit klopapier vollgestopft und finden jetzt, mitten in der zweiten welle, einfach keinen platz mehr, um ihr frisch gehamstertes weißes gold noch unterzubringen?
das muss nicht sein! denn mit etwas kreativität lässt sich klopapier maximal unterhaltsam vernichten.
in umbruchsphasen wie diesen bin ich dünnhäutig. alles trifft mich mit voller wucht und ich habe keine filter mehr übrig, um auf die hereinbrechende emotionslawine zu reagieren.
der luxus-mann findet mich schwierig, weil ich dann extrem schnell an die decke gehe.
ich finde den luxus-mann schwierig, weil er so wenig empathie hat, dass er fortwährend benzin in mein gefühlsgeloder schüttet. was dazu führt, dass ich mich noch mehr in mir verstricke und verzettle.
kontraproduktiv, dass ich mich in solchen zeiten verstärkt an meinen partner binde, weil ich sicherheit suche. der luxus-mann, ohnehin unterkühlt, entzieht sich dann noch mehr als sonst.
totale distanz. irgendwie ein déjà-vu.
am liebsten würde ich meine sachen packen und zum objekt in den osten ziehen.
der potenzielle neue job wird auf so etwas aber keine rücksicht nehmen. "vollgas" wird erwartet und dass es nichts gibt, was wichtiger als der job ist.
mein potenzieller neuer chef: ein cdu-mitglied. und ich weiß, es wird nicht passen. und muss doch anderweitig so schlecht nicht sein.
oder kann ich passend machen, was nicht stimmt? mit etwas flexibilität?
ich bin nicht dehnbar, eher breche ich.
entsprechend bin ich nach wie vor zerrissen wie ein altes federkissen. tausende daunen, die im wind tanzen. kein fortschritt, kein stillstand, nur heilloses durcheinander.
alles, was ich weiß, ist, dass ich nicht für die liebe gemacht bin.
und für den kapitalismus auch nicht.
bewerbungsgespräche machen mir immer angst. dabei könnte ich theoretisch entspannt sein, schließlich habe ich einen ganz guten job und bin nicht darauf angewiesen, gewollt zu werden. mein hirn aber sieht das anders. das malt schon mal prophylaktische schreckensszenarien.
im traum fahre ich zum bewerbungsgespräch und komme entgegen meiner erwartung (= irgendein bürohaus) auf einem unübersichtlichen gelände an. es ähnelt einem schlammigen kz mit parkhausartigen gebäudedecks und ist auch infrastrukturell ausgesprochen 50er-jahre-mäßig.
es ist nicht ganz einfach, hineinzukommen. zunächst muss ich mich registrieren lassen und einchecken. das ganze nimmt mehr als 20 minuten in anspruch. panisch bemerke ich, dass ich nun zu spät zum eigentlichen gespräch komme.
ich haste mit einer mitarbeiterin in die cafeteria, wo es ein altes braunes schnurtelefon gibt. über dieses gebe ich meinem potenziellen chef in spe bescheid, dass es aufgrund des mir nicht angekündigten registrierungsverfahrens noch etwas dauert.
das gewusel um mich herum ist enorm und ich bin völlig geplättet, dass so irrsinnig viele mitarbeiter an einem so ausgesprochen hässlichen ort arbeiten. ich frage die mitarbeiterin an meiner seite, ob denn hier auch leute im homeoffice arbeiten, da mir der job als homeoffice-job verkauft worden sei. sie sagt mir, dass hier eigentlich alle immer präsenzarbeiten und dass man das selbstverständlich auch von mir erwarte.
ich bin sehr mittel begeistert und denke, oh nein. die weite fahrt, dieser schreckliche ort und dann diese furchtbare unruhe durch diese tausenden menschen! das ertrage ich nicht. präsenzarbeiten scheidet ohne frage aus.
die mitarbeiterin nervt mich, doch auch etwas zu essen, wenn ich schon mal in der cafeteria bin. sie nötigt mich zu einem belegten brötchen. des lieben friedens willen kaufe ich ein beknacktes brötchen. toll, das muss ich jetzt in der hand halten beim bewerbungsgespräch, schließlich kann ich mich da ja nicht hinsetzen und mampfen und mit vollem mund von mir erzählen.
überraschenderweise holt mich mein potenzieller chef in spe aus der cafeteria ab. es ist ein schmieriger kleiner wicht im karierten anzug. zur begrüßung grinst er fies und heißt mich mit ironischem unterton willkommen. ich entschuldige mich erneut für die verzögerung und weise noch einmal darauf hin, dass ich von meiner headhunterin nicht über den komplizierten registrierungsprozess aufgeklärt wurde. auch, wenn es jetzt so aussieht, als habe ich mir nur in der cafeteria vollfressen wollen.
der chef grinst weiterhin fies und meint, dass wir das ganze gern abkürzen könnten. er habe sich meine bewerbung noch einmal genau angesehen und zwei interpunktionsfehler entdeckt. unter diesen umständen sei ich ohnehin ungeeignet.
ich schüttle ihm die hand, danke ihm ironisch für das gespräch und versichere ihm, die abneigung sei ganz meinerseits. dann suche ich die bahn und fahre den weiten, weiten weg enttäuscht nachhause.
der 1. oktober war "tag der depression" in europa. lustig, dachte ich mir, was es nicht alles gibt. beleuchten wir das ganze doch mal aus ganz interner sicht.
1. depression erlebt keinen gesellschaftlichen mauerfall
niemand kann etwas nachvollziehen, was er nicht kennt oder nicht klar visuell ausmachen kann wie ein fehlendes bein oder ein geschwür auf der nase. niemand interessiert sich zudem für etwas, was ihn nicht direkt, gegenwärtig und unmittelbar bedroht. ergo: für ein tiefgehendes gesellschaftliches verständnis für depressionen zu werben ist ähnlich naiv wie zu glauben, dass alte weiße männer mit klimaanlage im eigenheim die wende in der klimakrise bringen werden.
hinzu kommt, dass der großteil der menschheit autonome moral während ihrer individuellen persönlichkeitsentwicklung nicht erreicht, sondern in den meisten facetten des lebens in der konventionellen moral, also der orientierung an werten einer gruppe, verhaftet bleibt.
das bedürfnis, einer gruppe zuzugehören, erfordert in der regel die abwertung aller werte, die von dieser gruppe nicht getragen werden. stichwort: ausgrenzung. das bedürfnis auszugrenzen ist nahezu allmächtig und bezieht sich neben hautfarbe, alter, geschlecht, politischer haltung oder ernährungsformen auch gerne auf vorstellungen von gesund und krank.
2. depression ist klarheit und verblendung
die eigenwahrnehmung der depression hat mehrere phasen und ist progredient. es beginnt mit der gewissheit, dass etwas nicht stimmt und dem verlangen, dies möglichst zu verbergen. daran schließt - nach erkenntnis der eigenen hilfsbedürftigkeit - die phase des falls und des blinden vertrauens an. es zeigt sich, wer deine freunde sind und wie weit freundschaft generell gehen kann.
die dritte phase lässt meist etwas auf sich warten. darin tritt die erkenntnis ein, dass kein therapeut oder sonstwer dir essentiell helfen kann. alle rettung liegt in dir selbst. hier trennen sich die wege derer, die die depression als legitimation für ewige unmündigkeit wählen, und derer, die irgendwann bereit sind, die haltende hand eines tages loszulassen.
es gibt außerdem menschen, die sich als depressiv einstufen und dies nicht sind. sie folgen einem trend und möchten lediglich einer - irgendwie vielleicht auch interessanten - gruppe zugehören. das ist selbstverständlich nicht die mehrheit.
3. depression ist eine chronische erkrankung mit dauerhaft beschränkter lebenskraft
depression ist eine chronische erkrankung wie asthma oder diabetes oder ms. sie hat (auch) körperliche ursachen. die therapie dauert ein leben lang und ist nie abgeschlossen. stabile phasen und großes chaos wechseln einander ab.
man verfügt dabei zu absolut jeder zeit über lediglich begrenzte kraft und energie, die sehr gut rationiert werden will. als depressiver wirkt man daher manchmal schnell übervorsichtig oder faul, was wiederum das stigma befeuert.
4. depression ist ein segen und eine begabung
in einer anders ausgerichteten gesellschaft könnte man depressionen auch als spezielle begabung bezeichnen, denn depressive mit ihren feinen antennen sind oftmals und in vielerlei hinsicht ausgezeichnete seismografen und analysten und darin anderen häufig überlegen. als humane ressource in der arbeitswelt sind sie ergo nicht zu unterschätzen.
im gegensatz zur landläufigen meinung sind depressive oftmals sogar besonders hartnäckig und ausdauernd und setzen ihre kräfte dabei clever und rationiert ein. sie haben gelernt zu kämpfen - und das äußerst ökonomisch.
5. depressive können einander selten helfen
prinzipiell sind andere betroffene die einzigen, die die depression tatsächlich nachempfinden können. daraus erwächst die hoffnung, dass man einander ideal helfen können müsste. es ist jedoch ein irrtum zu glauben, dass jemand, der selbst nicht stabil ist, in dieser besonderen hinsicht stabilität vermitteln könnte. im gegenteil: es kann unter umständen schnell zur überlastung für den einen und zur enttäuschung für den anderen werden.
langfristig profitieren depressive daher vielleicht eher von menschen, die ihnen nicht ähnlich sind und sie leider oftmals nicht verstehen, aber dafür über kraft verfügen, die sie teilen können. das entspricht zumindest meiner erfahrung.
6. depression gibt es nicht
depression ist eine bezeichnung für seelische zustände und prozesse mit sehr vielen gesichtern. der begriff bietet eine schublade, die vor allem den nichtbetroffenen /ärzten zum verständnis und ggf. zum therapieren verhilft.
ich selbst handhabe den begriff rein nominalistisch. die eine depression existiert nicht. sie ist ein zauberhut, aus dem fortwährend neue karnickel hoppeln. sie allesamt einzufangen und zu klassifizieren ist unmöglich.
bleibt die musik.
information kann nicht verloren gehen, sagt die quantenmechanik.
wenn information unzerstörbar ist, müsste es doch auch der geist sein, der quasi eine art informationskonglomerat darstellt.
letztes jahr in düsseldorf habe ich mich noch gefragt, ob wir endlich doch den besuch schaffen, den wir schon seit 2013 vorhatten.
nun ist es zu spät. und auch wieder nicht.
denn zeit ist relativ. zeit ist nur eine dimension.
auch wenn man sich nur durch mails und das bloggen kannte, bleibt doch die information.
es bleibt damit sehr viel mehr als das, was im moment verloren scheint.
machs gut, lieber mark793. du bist nicht mehr unter uns. aber du fort bist nicht.
der luxus-mann und ich gucken nachrichten.
"die deutsche bank kommt aus den skandalen nicht raus", seufze ich. "guck dir den aktienkurs an.
"der hält sich fast noch gut dafür, dass das so ne verbrecherbande ist", knurrt der luxus-mann übellaunig.
"hast du auch geldwäsche gemacht damals", will ich wissen.
"das war ja nicht mein sektor. aber ich weiß, dass es gang und gäbe war. so ne russischen oligarchen, die wurden regelrecht von uns hofiert", berichtet der luxus-mann. "enteignen müssten man die banken!"
"ich finde das so spannend. du könntest da wahrscheinlich ein buch drüber schreiben."
"könnt ich. tu ich aber nich. sonst lande ich vielleicht eines tages mit den füßen in beton in der elbe. noch bevor du mich mit deinen kochkünsten vergiftet hast."
"du meinst, banken sind schlimmer als mein essen?"
"auf jeden. auch wenn du sonst natürlich mein absoluter sargnagel bist."
dieser ausspruch stammt eigentlich vom monaco franze alias helmut fischer, einer ikone der 80er aus meiner kindheit als südliches pflanzerl.
passt aber auch sehr auf das aktuelle leben im hohen norden. so klingelte letzte woche wieder mal ein headhunter an und sabbelte meine wenig interessierte wenigkeit mit einem jobangebot voll.
brauch ich eigentlich nicht, bin ja versorgt und auch nicht unhappy.
aber was soll ich sagen, ich bin angefixt. zum einen, weil der job so arschaufeimermäßig zu meinem profil passt. zum anderen, weil der arbeitgeber ein großer verlag ist, und der zahlt mal eben noch mal 25% mehr gehalt als mein aktuelles unternehmen.
zunächst hatte ich zugegeben wenig bis null ambitionen, aus meiner komfortzone herauszukriechen. es geht mir ja recht gut mit meinem momentanen job. aber die begeisterung des headhunters für meine fähigkeiten war dann doch ziemlich ansteckend. außerdem würde ich dann endlich mal richtig gut verdienen.
die frage ist nun, will ich das? stressiger und herausfordernder würde es bestimmt werden. allerdings verspüre ich derzeit bisweilen auch hin und wieder langweile und uninspiriertheit. mehr geld brauche ich nicht unbedingt, wäre aber in hinblick auf meine mickrige rente auch nicht sooo schlecht.
abgesehen davon bin ich prinzipiell im passenden alter für die nächste stufe auf der karriereleiter. denn mit 50 kräht garantiert kein hahn mehr nach mir.
wenn sie ein paar gutmeinende ratschläge und erfahrungen dazu auf lager haben, bittesehr, gerne.
frau morphine dankt.
am vergangenen wochenende hatte ich lieben besuch von einer geschätzten berliner bloggerin. wie es das schicksal wollte, hatten wir halbwegs gutes wetter und samstag auch noch nice action.
wir hatten uns gegen schanze entschieden, weil dort wieder hardcore-ballermann und corona-gruppenkuscheln vorherrschte. so saßen wir dann im karoviertel vor einer kneipe mit ausreichend abstand zu anderen menschen, als einige schwarz vermummte an uns vorbeistürmten. sie skandierten parolen, die man nicht verstand. pyrotechnik wurde gezündet und es roch verheißungsvoll nach revolution und straßenschlacht.
mit wenigen minuten verzögerung folgte alsdann eine patrouille gepanzerter polizisten, die offenbar auf der suche nach den versprengten aktivisten in schwarz waren. sie wirkten etwas orientierungslos und irrten in die falsche richtung. niemand hatte lust, sie aufzuklären.
kurze zeit später stolperten dann ein paar augenscheinlich recht bekiffte typen über den platz, wiederum verfolgt von 12 behelmten polizisten. alle entkamen, nur einer wurde von den polizisten gestellt. das dutzend ordnungshüter umringte die person, die ein wenig blutete und leuchtete ihr permanent mit einer taschenlampe ins gesicht.
kneipenbesucher näherten sich und wollten herausfinden, warum eine truppe von ganzen 12 polizisten eine einzige offensichtlich wehrlose person inspizierte und derart dauerbeleuchtete. schließlich war man ja sensibilisiert von #blacklivesmatter, und bekiffte lives matterten sicherlich genauso.
"das ist der geschädigte! wir helfen dem! kommt gleich ein krankenwagen!" drang als info unter einem der weißhelme hervor.
ungefähr eine viertelstunde lang bewachten die weißhelme den leichtverletzten, während die - folglichen - täter in aller ruhe türmen konnten. ein kleiner junge sprang derweil umher und fragte die polizisten fasziniert dies und das.
den näheren sinn der ganzen aktion erfuhr niemand. auch nicht, als endlich der krankenwagen kam und das opfer aufsammelte. letzeres schien völlig fit und hätte sicherlich problemlos zu fuß in die nächste notaufnahme spazieren können. es war jedoch sichtlich froh, endlich dem verhörartigen mit-der-tampenlampe-ins-gesicht-gefunzel zu entkommen und bestieg friedlich den krankenwagen.
für berliner gäste war das schauspiel wohl alles in allem nichts allzu außergewöhnliches. auf jeden fall aber besser als fernsehen.
zu später stunde brachen wir auf. ich spazierte gen luxus-hausen, wo der mann auf mich wartete. wir schmökten noch gemütlich einen johnny auf dem balkon und fühlten uns mal wieder sehr wohl in unserer kleinen großstadtidylle.
wie gezielte, unerschrockene und sehr sinnvolle polizeieinsätze in hamburg so aussehen können, berichtet übrigens auch sarah kuttner auf ndr für das format extra3.
seit das objekt in seiner neuen alten heimat liegt, ist die kommunikation deutlich einfacher als zuvor. die objekt-mama hält mich sehr engagiert auf dem laufenden.
der zustand des objekts hatte sich im zuge von corona zuletzt verschlechtert. ausbleibende besuche drückten auf seine stimmung, lethargie bestimmte seine tage. auch einige therapien mussten wohl ausgesetzt werden. fortschritte gingen dadurch verloren und müssen jetzt wieder langsam aufgebaut werden.
das pflegepersonal im neuen heim setzt glücklicherweise sehr stark auf mobilisierung. das stößt beim objekt allerdings auf widerstand. es hatte sich in der letzten zeit daran gewöhnt, einfach bequem im bett zu liegen und fernzusehen. es sieht beispielsweise nicht ein, warum es bei besuchen im rollstuhl sitzen soll.
die objekt-mama, ihres zeichens ehemalige lehrerin, fährt das simple do-ut-des-prinzip wie bei einem kind. wenn das objekt beispielsweise nicht aus dem bett kommen will, droht sie, wieder nachhause zu fahren.
nach wie vor sehr zu schaffen macht allen das fehlende gedächtnis des objekts. hier gibt es keinerlei verbesserungen zu verzeichnen. kürzlich beispielsweise hatte das objekt besuch von seinem bruder bekommen, worüber es sich wohl über die maßen gefreut hatte. schon am nächsten tag hatte es das wieder vergessen. als ihm das bewusst wurde, war es völlig deprimiert.
besonders schlimm ist es für den sohnemann. denn seit dem unfall weiß das objekt nie, wer er ist. nach wie vor schafft der sohnemann es deshalb nicht, seinen vater zu besuchen.
der luxus-mann und meine wenigkeit weilten des wochenends auf einem festival. wie es sich auf solchen events des öfteren zuträgt, gab es dort viel bier und zu wenig dixis. für männer ja kein problem. die können sich einfach an einen baum stellen.
für uns frauen ist es ein wenig komplizierter. allerdings vielleicht auch nur, weil wir grundsätzlich nicht dazu neigen, unsere geschlechtsteile mit stolz zu exponieren. wir machen auch unter der dusche oder in der sauna keine macho-muschi-vergleiche.
ich selbst habe mich bis vor kurzem noch irrsinnig geniert, ins gestrüpp zu krabbeln und mich dort zu entblößen. es könnte mich ja jemand dabei sehen! nicht auszudenken! wäre das PEINLICH!!!
aber frau wächst bekanntlich an ihren aufgaben.
recht schnell verging mir auf dem festival die lust, alle stunde eine halbe stunde lang mit zusammengekniffenen knien vor dem dixi-dorf anzustehen. der veranstalter verlangte für die benutzung der klos zudem jedes mal 50 cent. kurzum, wer viel in bier investierte, musste auch ständig in das dixi-dorf investieren. ich aber wollte saufen wie die kerle, also machte ich es irgendwann auch wie sie.
während ich anfangs noch möglichst tief in das angrenzende maisfeld verschwand, sank die bereitschaft, sich groß zu verstecken und verdecken, mit der zeit und den promille. also ging ich dazu über, mich einfach hinter ein herumstehendes auto zu hocken. das war recht praktisch, weil ich dabei den betrunkenen kopf schön an der kühlerhaube anlehnen konnte.
der nicht weniger angeschickerte luxus-mann freute sich über meine neu gewonnene lockerheit. er machte sich einen riesigen spaß daraus, dabei mit der taschenlampe nach mir zu leuchten.
er selbst hatte an diesem wochenende evolutionären vorteil, kleidungsstil und abgebrühtheit kombiniert und perfektioniert. in einem kilt ohne unnerbüx musste er sich im schutz der dunkelheit nur noch etwas breitbeinig hinstellen. dann ließ er es einfach laufen.
ich trug zwar ebenfalls einen rock, darunter aber anständigerweise slip und strumpfhose. das bildete ein textilenes hindernis, das es zu umschiffen galt. jawohl, zu umschiffen!
irgendwann saß ich gemütlich auf einer bierbank und die blase drückte mal wieder. da hatte ich eine gute idee. ganz unauffällig schob ich strumpfhose und slip ein stückchen auf die oberschenkel. dann rutschte ich ganz nach vorne an die kante der bank und sagte meiner körper: wasser marsch!
und heureka - ohne den kleinsten unerwünschten spritzer konnte ich mich ganz dezent erleichtern.
während ich mit 11 oder 12 jahren noch gerne poppig-souliges zeug hörte und jeden samstag gespannt auf die chartshow bei mtv wartete, wandelte sich mein musikgeschmack mit 13 von grund auf. über grunge und punk landete ich mit 14 oder 15 bei düsterem zeug wie sisters of mercy, the eternal afflict, silke bischoff und anderem gothic- und darkwave-kram.
während meine mutter meine grünen haare, die kaputten jeans und die abgerockten kapuzenpullis aus meiner grunge-phase weniger gut fand, war sie von meiner hinkehr zur schwarzen szene regelrecht beglückt. meine burgfräulein-kleidchen und langen samtmäntelchen fand sie "elegant"und "süß".
kurzum, die zeit der rebellion war schlagartig vorbei. egal, was ich ausprobierte - fast alles fand ihre zustimmung. zum geburtstag stapelten sich auf meinem gabentisch neben büchern und cds auch sachen wie netzstrumpfhosen oder schwarze unterwäsche - von meiner mutter höchstpersönlich ausgesucht. irgendwann resignierte ich und fand es sogar ganz angenehm, nicht mehr ständig streiten und kämpfen zu müssen.
eines tages war es dann soweit und deine lakaien, die ich damals sehr mochte, gastierten in meiner heimatstadt für ein konzert.
und so nahm das unglück seinen lauf. denn meine mutter fand, der sänger habe "eine sehr schöne stimme" und sähe "interessant" aus. mir schwante übles.
kurz darauf eröffnete mir meine mutter, dass sei keine gute idee sei, wenn ich als minderjährige nachts alleine in einem finsteren industriegebiet herumtappe. ergo würde sie mich zu dem konzert begleiten!
und so kam es, dass ich zusammen mit meiner mutter auf ein deine lakaien-konzert musste. als neutralisierende begleitung hatte sie für diesen abend meinen onkel gewählt, weil der ein auto hatte und uns fahren konnte.
rein optisch betrachtet passte mein onkel noch recht gut ins bild. er war ein exzentrischer mann mit langen weißen haaren und bart. im dunklen anzug machte er eine ausgesprochen passable figur. meine mutter allerdings stach aus der masse heraus wie ein glühwürmchen aus der finsteren nacht: sie trug wie immer ihre perlenkette und eine bunte bluse.
und so war es dann auch. meine mutter, das glühwürmchen mit der spießigen perlenkette, klatschte frenetisch und brüllte nach jedem song aus voller kehle "zugabe!!!". sie war definitiv der bessere fan von uns beiden.
im auto später seufzte sie selig und fand: "das war wirklich wunderbar. wenn die mal wieder kommen, geh ich da auch wieder hin!"
die luxus-träume von einem flotten dreier sind ungebrochen.
letzte woche hatte sich dann die angeblich ach so willige kandidatin gemeldet und unseren termin für ein erstes kennenlernen zu dritt zunächst verschoben.
zur großen überraschung des luxus-mannes wurde nun auch der ersatz-termin abgesagt.
die objektmama hat mir geantwortet. wie immer sehr freundlich und ausführlich - und so als sei nie etwas gewesen. natürlich dürfe ich weiterhin kontakt zu ihrem sohn haben.
ansonsten gehe es ihm so lala, schreibt sie, die einsame corona-zeit war nicht besonders gut für ihn, er sei viel zu viel im bett herumgelegen und müsse jetzt wieder vermehrt an sich arbeiten. sonst fühle er sich aber ganz wohl in seinem neuen zuhause und genieße die viele zeit mit seiner familie.
in der nacht vom 7.8. auf den 8.8. habe ich einen furchtbaren alptraum: das objekt ist gestorben! ich wache ziemlich verstört auf mit dem gefühl, als sei ein band gerissen, das uns verbunden hat.
wieder zurück aus dem urlaub mit dem luxus-mann rufe ich gleich im pflegeheim an, weil ich wissen will, wie es dem objekt geht. außerdem möchte ich einen besuchstermin vereinbaren. dies geht seit corona nur noch nach vorheriger absprache mit der verwaltung.
die liebe schwester romina ist am telefon. sie offenbart mir, dass es dem objekt zuletzt gut ging, es jedoch vor zwei wochen umgezogen sei. seine eltern hätten es abgeholt und in ein heim in ihrer nähe verlegen lassen, um sich mehr um ihn kümmern zu können.
ich habe mich ausgeklinkt. wohl wissend, dass die maske mit dem freundlichen gesicht das nicht halten würde. die tarnung dieser tage ist dünn, so dünn, dass ich manchmal glaube, mein mann müsste dahinter schauen und die tiefen risse sehen können.
die sonne brennt derweil gnadenlos herab. die freibäder sind dicht, die meisten meiner freunde im urlaub. meine eltern reden in jeder sekunde über die hitze oder corona und was man deswegen alles nicht machen kann oder soll. und wenn sie damit durch sind, erzählen sie dasselbe wieder von vorne.
mein herz fühlt sich an wie sprödes, dürres gras, das von gefährlichen funken umtanzt wird. also flüchte ich mich an den einzigen ort, der mir trost spendet. und weine.
wie immer streichelt die schönheit der landschaft meine seele in beruhigender weise, auch wenn mich immer wieder der scharfe hauch der traurigkeit streift.
später rette ich einen mistkäfer, der einen sandigen abhang hinabschlittert und in den see zu rutschen droht. vermutlich das sinnvollste, was ich in diesen tagen tue. und während die sonne am horizont versinkt, gesellt sich eine grille zu mir.
gemeinsam warten wir, bis der letzte goldene strahl hinter dem hasenhügel verschwindet.