Freitag, 28. Oktober 2016

zärtlich sein

nach dem feierabendfick rückt der luxus-mann einen wein raus.
"krass süße plörre", sage ich nach dem ersten schluck.
"halbtrocken."
"ich hätte auf lieblich getippt."

aber egal ob staubtrocken oder diabetesfördernd süß: in vino veritas.
"ich wollte dir ja noch was sagen, was mir während deines urlaubs aufgefallen ist", setze ich an.
"ja?" der luxus-mann ist ganz ohr.
"du hast mir mal gesagt, dass du das komisch findest, wenn ich mich bedecke. also wenn ich mir zum beispiel was überziehe, wenn ich aus dem bett steige, während du ja viel nackt durch die wohnung läufst."
"ja, das ist halt so ein weiberding, das war nicht so dramatisch gemeint."
"ich hab drüber nachgedacht, weil mir das an mir auch schon aufgefallen ist. weil ich das von mir nicht kenne bzw. ich kenne es aus einer zeit, als ich 18 war und mit meiner ersten große liebe zusammen war."
"und?"
"der typ hat mir damals immer gesagt, dass meine oberschenkel zu fett seien."
"what?! du hast doch voll dünne beine."
"ich war damals auch nicht viel fetter als heute, daran sieht man, es liegt im auge des betrachters."
"du hast dir das hoffentlich nicht einreden lassen, oder?"
"naja, sagen wir mal so, ich war sehr jung, meine große liebe war doppelt so alt und... steter tropfen höhlt den stein, weißt du? er hat mich immer mit der freundin seines bruders verglichen, meinte, guck mal, die hat so schöne beine, die geht immer joggen, du musst auch mehr sport machen."
"und deswegen hast du angefangen zu joggen?"
"in der tat. heute mache ich es wirklich gerne und für mich, es entspannt mich ungemein und gerade in zeiten, in denen es mir schlecht geht, ist mir das sehr wichtig. aber damals hat er mir echt einen komplex eingeredet, und ich bin heute noch sehr kritisch mit meinem körper."

der luxus-mann seufzt.
"jetzt holst du aber ganz schön aus, was willst du mir sagen?"
"das mit dem bedecken habe ich damals auch gemacht, weil ich immer den eindruck habe, dass ich körperlich nicht genüge. und bei dir ist jetzt nach 17 jahren auch wieder so."
"ich habe dir aber auch schon gesagt, du bist ne attraktive frau."
"ja, einmal oder so. aber gerade anfangs hast du mir immer nur gesagt, was du an anderen schön findest. dass deine ex bessere titten hat und die schönere figur, dass es ja so viele frauen gibt, die hübscher sind, dass meine zehen zu krumm sind und dass du eigentlich auf mandelförmige asiatische augen stehst... und auf polange haare und... dass ich wie 40 aussehe..."
"und?"
"dadurch und weil du mich auch nie zärtlich anfasst, hat sich halt damals so der eindruck ergeben, du fickst mich nur, weil du gerade nichts besseres hast. dass du mich eigentlich nicht hübsch findest. und dass du dir wünscht, dass ich mehr titten und mehr po hätte und eine babyhaut. ich meine, ich weiß ja nicht, wie überirdisch schön alle deine exfrauen waren. aber ich komm mir bei dir vor wie eine matschige currywurst in einem fünf-sterne-lokal."
"aber das hat sich doch geändert?"
"es ist mehr emotion drin und ich denke, du weißt schon, was du an mir hast. aber das ändert ja das körperliche nicht. dass ich extrem tolerant und sexuell experimentierfreudig bin, dass ich keinen stress wegen anderer weiber mache und du dich auch noch gut und auf einem recht hohen intellektuellen niveau mit mir unterhalten kannst, das ändert vielleicht das gesamte, aber ich werde rein äußerlich damit ja nicht mehr die frau, die du dir eigentlich wünschst."

der luxus-mann schaut mich nachdenklich an.
"das ist vielleicht nicht so gut, wenn ich dir das jetzt so sage.... aber du weißt, dass du eigentlich nicht mein typ bist."
"das hast du mich überdeutlich spüren lassen. und deshalb wollte ich damals im juli ja auch schluss machen. als du unter anderem auch noch diesen stress wegen dem objekt veranstaltet hattest. was ich gar nicht verstand, denn wenn man jemanden unattraktiv findet, dann sollte man doch froh sein, wenn man denjenigen vielleicht bald wieder los ist."
"echt? so kam das rüber?"
"ja klar, das hatte ich dir doch auch gesagt. dass ich mich frage, warum du mich eigentlich fickst, wenn du mich so als optischen supergau empfindest und mir dann auch noch stress machst, weil du eifersüchtig auf meinen schönen ex bist."
"ich bin nicht eifersüchtig."
"jut, mir egal ob eifersucht oder komplexe, es kommt für mich aufs selbe raus. ich fühle mich bei dir mit mir selber optisch nur ganz bedingt wohl. das ist auch nach wie vor so, vor allem an tagen, an denen mein selbstwertgefühl wackelt. dabei kann ich auf eine ganze reihe männer zurückblicken, die mir das gefühl vermittelt haben, die schönste frau auf der welt zu sein. nicht generell natürlich, aber in diesem augenblick und in unserem kleinen kosmos, den wir in diesem moment hatten. und ich finde, dass das zu gutem sex dazugehört... dass man dem anderen das gefühl von absolutem begehrtsein gibt."
"ich begehre dich ja. sonst würden wir hier doch gar nicht sitzen. und du begehrst mich auch irgendwie, obwohl du wahrscheinlich manchmal denkst, ooohhh, schade, dass der keinen waschbrettbauch hat und nicht so ein kreuz wie das objekt und so schöne lange haare."
"nö. eigentlich nicht. wenn, dann vermisse ich das objekt eher dafür, was es mir an emotion vermitteln konnte. denn auch für das objekt war ich eine schöne frau. es stand extrem auf meine brüste und meinen arsch und hat mich beispielweise immer gern abgeschminkt, weil es mein gesicht so schön fand, auch ohne asiatische augen und trotz aknenarben."

der luxus-mann schaut mich konsterniert an:
"echt?"
ich haue den luxus-mann.
"ja, echt!"
"aua, warum haust du mich denn?"
"weil du so ein unsäglicher stoffel bist!"
"du weißt, ich kann halt nicht aus meiner haut."
"und trotzdem sitze ich bei dir hier und finde dich schön und begehrenswert."
"wirklich?"
der luxus-mann schaut immer verwirrter.

"naja, wir können schon mehr zärtlichkeiten einbauen, wenn du das jetzt willst", sagt er dann zögerlich.
"ey bitte! du hasst kuscheln, hast du mir gleich zu anfang gesagt."
"naja, so ganz stimmt das nicht. ich mag schon auch zärtlichkeiten, aber ich hab das bislang nur gemacht, wenn ich in die frau verliebt war."
"du hast mich aber auch schon gestreichelt."
"ja, so aus der laune heraus. aber du bist ja auch überhaupt nicht zärtlich zu mir!"
"klar. ich halte mich damit extrem zurück, weil du das voll ekelhaft und schleimig findest, wie du immer wieder sagtest."
"das stimmt so nicht."
"aber dann erzähl mir doch sowas nicht!"
"ich dachte halt, wenn ich zärtlich bin oder zärtlichkeiten erlaube, verliebst du dich in mich."
"aber wir sind schon sieben monate zusammen, was soll ich mich da verlieben? das ist allenfalls zu anfang möglich, wobei ich dir sagen kann, ich habe mich seit zehn jahren oder so nicht mehr verliebt. und mal ernsthaft, viele belanglose one night stands haben mich deutlich zärtlicher behandelt als du."

der luxus-mann schaut weg und denkt nach.
"vielleicht magst du ja einfach mal anfangen."
"hä?!"
"mit den zärtlichkeiten."
"so auf zwang und weil du denkst, ich erwarte sowas? neverever in my life."
"ich denke schon, dass ich das schön finden könnte."
jetzt ist es an mir, verwirrt zu schauen.
"du bist ganz schön widersprüchlich, und das, wo du doch immer so auf logik beharrst."
der luxus-mann schweigt.
ich trinke meinen wein aus.
"ich bin müde."
"willst du schlafen gehen?"
"ja, glaub schon. ich geh mal zähne putzen."

später im bett darf ich mich in die armbeuge des luxus-mannes kuscheln.
"und, ist das jetzt schlimm und schleimig?" frage ich.
der luxus-mann schüttelt den kopf.
dann küsst er mich und lässt seine lippen langsam tiefer wandern, zu meinen brüsten und danach zu meiner muschi.
"wo, womit hab ich das denn verdient", schnaufe ich, als ich gekommen bin.
der luxus-mann grinst verlegen, dann dreht er mich auf den bauch und beginnt, mich zu ficken.

am nächsten morgen wache ich schwer auf.
"boah, der wein hat mich gekillt."
"und ich, ich hab geträumt, mir sitzt eine frau im nacken und sagt immerzu: ich will kuscheln, ich will kuscheln!"
ich puffe den luxus-mann in die seite.
"und ich habe vom objekt geträumt", sage ich provokant. "von seinem geilen arsch und den langen haaren und ganz viel zärtlichkeit."
der luxus-mann beugt sich zu mir und beginnt, mir den hintern zu versohlen.
danach sind wir schon wieder angesext und setzen zum morgenfick an.
anschließend liegen wir aneinandergekuschelt da.
"iiihhh, total viel nähe", sage ich und rutsche theatralisch ein stück weg.

der luxus-mann steht schweigend auf und macht kaffee.
"bist du sauer", will ich wissen, als wir marmeladenbrote mümmeln.
"nee, kein bisschen", sagt der luxus-mann. "die börse macht nur gerade schon wieder mal nicht das, was günstig für mich wäre. ich muss gleich noch ein paar telefonate führen, das nervt mich."
da ich von swap-geschäften nicht viel verstehe, sage ich nichts, sondern schlüpfe in stiefel und mantel.
"bis morgen, mein hengst", sage ich und drücke dem luxus-mann einen kuss auf die wange.
"iiiiihhh, geh weg", lacht er und schiebt mich mit dem handy am ohr zur tür hinaus.


3 Kommentare:

  1. Ich könnte mir vorstellen, dass wie ganz oft das Gesamtpaket ausschlaggebend ist. Man hat doch keine Beziehungen wegen einzelner Körpermerkmale, oder?

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  2. Ich glaube viele Menschen sind sich ihrer Aussagen oder besser der Wirkung ihrer Worte gar nicht bewusst. Bei Männern kommt noch mal ein "ich sage das über XY, aber das hat nichts mit Dir zu tun" hinzu.

    Aber wie man sieht hilft auch hier reden ;) - Ich freu mich für Euch und weil ich Dich so gerne lese, habe ich Dich nominiert, also wenn Du magst: http://goldis-welt.blogspot.de/2016/10/uiiii-ein-award-fur-das-goldi.html

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danke für deinen kommentar. ist er hilfreich, fair und sachlich, wird er nach freischaltung veröffentlicht. kontextfreie, rassistische und sonstige arschloch-scheiße wird sofort gelöscht.