samstagmorgen. beim frühstück rollen mir die tränen übers gesicht. das liegt am morgendlichen serotoninloch - und an der tatsache, dass ich zwar eine zusage für einen interessanten job habe, aber der neue arbeitgeber nach drei wochen immer noch nicht den arbeitsvertrag rüberwachsen lassen will. die daraus resultierende unsicherheit und anspannung killen mich und triggern meinen selbsthass.
"ich bin´s so leid, diese ewigen unverbindlichkeiten, bestimmt wollen die mich noch hinterrücks absägen", schluchze ich.
der luxus-mann sitzt mir ruhig gegenüber und meint trocken: "frag doch am montag einfach mal nach. nach der langen zeit ist das legitim."
"ich schäm mich so", weine ich weiter und steigere mich in meine depressive hysterie.
"aber warum denn?" fragt der mann verwundert. "und warum sollten die dich jetzt noch absägen?"
"weil ich so ein nutzloses stück scheiße bin!"
ich schreie es regelrecht heraus, weil ich mir so wehtue und ich nicht begreifen kann, wie der luxus-mann so tun kann, als habe er noch nicht bemerkt, dass man mit mir keinen blumentopf gewinnen kann.
der mann seufzt undefiniert und steht dann schwerfällig auf. ich denke, er will die küche verlassen, weil er keinen bock hat, sich mein dummes geheule zu geben.
doch dann erlebe ich die überraschung meines lebens: der mann macht einen schritt auf meine seite des tisches und breitet sehr unsicher und zögerlich die arme aus.
"komm mal her", sagt er.
ich bin so perplex, dass ich für einige momente meine verzweiflung vergesse:
"was ist denn jetzt passiert?" frage ich.
dann schlüpfe ich vorsichtig in die dargebotenen arme, und der luxus-mann hält mich tatsächlich fest umschlungen.
ich kann spüren, wie schwer ihm diese umarmung fällt. sein körper ist steif und angespannt, so als kämpfe er mit aller macht einen immensen widerstand nieder.
"ich dachte, dass du das jetzt vielleicht gerade brauchst", sagt er, während er unbeholfen meinen rücken tätschelt.
ich muss ein wenig lächeln:
"hast du drogen genommen?"
"hey, komm. ich geb mir mühe. ich weiß, das war jetzt wahrscheinlich komisch für dich. ich kann das leider nicht gut. aber du weißt ja, ich wurde nie umarmt oder so als kind."
ich schaue den mann an und bin ungeheuer gerührt. mir ist von innen warm, weil ich die größe der geste spüre und die überwindung, die sie ihm gekostet hat.
und wir schreiben damit geschichte: es ist das erste mal in fast acht jahren, dass mich mein mann aus eigener initiative umarmt - in einer situation, die mitgefühl erfordert. und es ist eine richtige, echte umarmung - kein kurzes pflichtbewusstes zucken der arme um meine taille.
am abend auf dem sofa bei einem glas wein spreche ich die situation noch einmal an, um meiner wertschätzung ausdruck zu verleihen. außerdem interessiert es mich brennend, wie der impuls dazu zustande kam, wo ich auf empathie sonst so oft vergeblich warte.
"weiß nicht, ich will ja nicht immer dieselben fehler machen", sagt der luxus-mann nachdenklich. "bei meinen kinder hab ich so viel falsch gemacht. oder damals bei b., da hab ich auch erst gemerkt, dass ich sie wirklich liebe, als sie schluss gemacht hat."
"wie war das denn damals?"
"ach... ganz beschissen. wir waren zusammen campen in irland... da hat sie es mir gesagt. ich weiß noch, es war so ein tag, arschkalt, es hat geschifft wie aus kübeln... und ich saß da in den bergen unter so einem felsvorsprung... und hab ihr einen sentimentalen brief geschrieben... so mit dem papier auf den knien... hat aber auch nichts mehr gebracht. da war ich echt fertig... da musste ich neulich wieder dran denken."
"deshalb hast du auch so verhalten reagiert, als ich irgendwann mal meinte, wir könnten doch mal nach irland fahren?"
"kann schon sein."
ich lächle.
"ich muss da übrigens nicht hin. mir ist viel wichtiger, dass es dir gut geht."
und als wir später im bett liegen, fühle ich mich unglaublich nah und innig.
Der Mann hat bestimmt Empathie, manche können es einfach nicht zeigen. (Ich merke das auch bei meiner Mutter: sie benutzt Floskeln, weil sie nie gelernt hat, Gefühle auszudrücken. Das ist frustrierend, für sie selbst und andere, und möglicherweise ist es so ähnlich auch für den Mann, den ich natürlich nicht kenne.)
der mann hat eher so eine art kognitive empathie, würde ich das nennen. wenn ich einen rationalen grund habe zur verzweiflung wie das unverbindliche verhalten eines arbeitgebers, kann er das nachvollziehen. er kann auch glasklar kognitiv gefühle analysieren. ich habe bspw. mal eine zeitlang gehadert, weil ich so gerne das angespannte verhältnis mit der objekt-gespielin durch eine aussprache verbessern wollte, die gespielin dem allerdings eine harsche absage erteilt hatte. was ich überhaupt nicht nachvollziehen konnte. der mann schon. er meinte damals: "wieso sollte sie das auch wollen? du erzählst ihr dann was von deiner lovestory mit dem objekt, und das zerstört komplett ihre illusionen davon, was für eine beziehung sie da über 3 jahre oder so geführt hat! warum sollte sie sich das antun? und hast du dir mal klargemacht, was für konsequenzen das für das (anmerkung: damals frisch verunfalllte) objekt haben könnte? vielleicht lässt sie dann alles stehen und liegen vor lauter frust und er liegt dann da alleine und verlassen. und dann kannst du dich um ihn kümmern, wovon du allerdings keinen schimmer hast, weil du anders als sie keine krankenschwester bist!" ich war damals absolut verblüfft, weil er so sehr recht hatte - und ich mich dagegen total blind und vergleichsweise unempathisch verhalten hatte. es hat mir sehr geholfen, die situation auf sich beruhen zu lassen und keine pseudotherapeutischen versuche mehr zu wagen. was ihn normalerweise nicht weiter berührt, sind emotionen. wenn ich spontan weine oder vor freude ausraste, steht er oft verständnislos neben mir und kann das nicht einordnen. ein bisschen autistisch, denke ich manchmal. aber ich kann es inzwischen besser verstehen und mich davor bewahren, es allzu sehr auf mich zu beziehen.
danke für deinen kommentar. ist er hilfreich, fair und sachlich, wird er nach freischaltung veröffentlicht. kontextfreie, rassistische und sonstige arschloch-scheiße wird sofort gelöscht.
Der Mann hat bestimmt Empathie, manche können es einfach nicht zeigen. (Ich merke das auch bei meiner Mutter: sie benutzt Floskeln, weil sie nie gelernt hat, Gefühle auszudrücken. Das ist frustrierend, für sie selbst und andere, und möglicherweise ist es so ähnlich auch für den Mann, den ich natürlich nicht kenne.)
AntwortenLöschender mann hat eher so eine art kognitive empathie, würde ich das nennen. wenn ich einen rationalen grund habe zur verzweiflung wie das unverbindliche verhalten eines arbeitgebers, kann er das nachvollziehen.
Löschener kann auch glasklar kognitiv gefühle analysieren. ich habe bspw. mal eine zeitlang gehadert, weil ich so gerne das angespannte verhältnis mit der objekt-gespielin durch eine aussprache verbessern wollte, die gespielin dem allerdings eine harsche absage erteilt hatte. was ich überhaupt nicht nachvollziehen konnte. der mann schon. er meinte damals: "wieso sollte sie das auch wollen? du erzählst ihr dann was von deiner lovestory mit dem objekt, und das zerstört komplett ihre illusionen davon, was für eine beziehung sie da über 3 jahre oder so geführt hat! warum sollte sie sich das antun? und hast du dir mal klargemacht, was für konsequenzen das für das (anmerkung: damals frisch verunfalllte) objekt haben könnte? vielleicht lässt sie dann alles stehen und liegen vor lauter frust und er liegt dann da alleine und verlassen. und dann kannst du dich um ihn kümmern, wovon du allerdings keinen schimmer hast, weil du anders als sie keine krankenschwester bist!"
ich war damals absolut verblüfft, weil er so sehr recht hatte - und ich mich dagegen total blind und vergleichsweise unempathisch verhalten hatte. es hat mir sehr geholfen, die situation auf sich beruhen zu lassen und keine pseudotherapeutischen versuche mehr zu wagen.
was ihn normalerweise nicht weiter berührt, sind emotionen. wenn ich spontan weine oder vor freude ausraste, steht er oft verständnislos neben mir und kann das nicht einordnen. ein bisschen autistisch, denke ich manchmal. aber ich kann es inzwischen besser verstehen und mich davor bewahren, es allzu sehr auf mich zu beziehen.
"Kognitive Empathie" ist gut gesagt. Das kenne ich auch.
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