Sonntag, 17. April 2016

dinge fürs leben lernen

"wie sehen denn deine stiefel aus?!"
dass der luxus-mann mit der pompösen wohnung ein wenig etepetete ist, hatte ich befürchtet.
"wir gehen gleich auf ne punk-party!" erwidere ich. "da ist es dunkel und keiner schaut auf meine stiefel!"
"das geht so nicht, los, komm her."

der luxus-mann holt erst eine bürste, dann eine strumpfhose und kniet sich vor mich.
"was wird das, willst du mein schuhputzsklave in nylons sein?!"
der mann grinst mich amüsiert an.
"da sieht man mal, du hast keine ahnung von den fundamentalsten dingen!"
er streift die strumpfhose über die bürste und beginnt dann, meine stiefel zu schrubben.
im nu glänzen sie wie neu.
"wow. das ist ja genial!"
"hat doch was, wenn man so nen spießigen familienvater kennt, oder?"
"sagt der typ in der armee-hose und den springerstiefeln!"
"sieht das okay so aus?"
"ja doch."
"na dann los. ich spendiere uns ein taxi, sonst werden deine stiefel gleich wieder dreckig, bei dem sauwetter."

wir fahren mit dem taxi durch den regen bis an die elbe. dann entern wir den club.
"oh, das ist ja nett hier", findet der luxus-mann.
"das kennst du aber doch, als gebürtiger hamburger."
"nein, das ist mein erstes mal."
"du verarschst mich."
"kein bisschen."
der luxus-mann grinst schüchtern und drückt mir dann ein getränk in die hand.

ich tanze ein paar songs, dann lande ich bei dem luxus-mann, der schon recht besoffen ist, auf der couch.
"macht wirklich spaß, mit dir auszugehen", sagt er.
"ich hatte schon die befürchtung, du langweilst dich."
"nö. woran machst du das fest?"
"du tanzt nicht."
"ich tanze nie."
"ach so."
"findest du das jetzt spießig?"
"ich glaube, du hälst dich vorwiegend selbst für spießig und kommst damit nicht so recht klar."

der luxus-mann guckt mich überrascht an.
"das ist tatsächlich so mein innerer konflikt, den ich mit mir rumtrage. einerseits bin ich wirklich konservativ erzogen worden und habe das auch so gelebt: ordentlicher job, familie... aber da gibts eben auch noch eine andere seite. die scheißt auf alles, mag schräge musik und stürzt sich ins nachtleben. der job und das geld, das ist mir so wumpe, deswegen rede ich da auch nie drüber."
"das hat jeder, glaub ich. ich und über-ich oder so. und ich finde leute gut, die erkannt haben, dass ein job nur ein job ist und nichts, was deine persönlichkeit ausmacht. ich kenne so viele leute, die mit ihrer jobscheiße ständig hausieren gehen müssen."
"du scheinst dich mit psychokram auszukennen."
"ich habe ja auch reichlich klapsmühlenerfahrung."
der mann schaut mich promilleschwanger an und meint dann unverschämterweise:
"dass du nicht ganz normal bist, hab ich mir schon gedacht."

ich schlage zu und lande einen empfindlichen treffer.
"ey!" der luxus-mann ist sichtlich schockiert von meiner attacke. "das hat weh getan!"
"sorry. gehts wieder?" frage ich, weil mir meine impulsivität peinlich ist.
"schon okay, ich muss mich entschuldigen. ich rede manchmal scheiße, wenn ich besoffen bin. das war unsensibel von mir."
"das kann ich jetzt leider nicht dementieren."
der luxus-mann schweigt, nippt an seinem bier und fragt dann:
"darf ich dich dazu mal was fragen? irgendwann?"
"kommt drauf an. ich kenn dich ja nicht. und manchmal macht wissen die dinge nur kompliziert, weißt du."
"clevere denke. aber auch ein bisschen arm."

die zeiger der uhr rücken auf vier. ich fühle mich müde und beduselt.
"ich werds dann mal packen", sage ich zum luxus-mann.
"willst du jetzt alleine los?"
"ja klar."
"das ist doch blödsinn, du hast es doch ewig weit. wir nehmen gleich ein taxi zurück und dann kannst du bei mir schlafen."
nachtigall, ick hör dir trappsen.

in der luxus-wohnung des luxus-mannes lasse ich mich in die rote seidenbettwäsche sinken.
"willst du so schlafen? in klamotten?" fragt der mann. "du kannst auch ein t-shirt haben oder so."
"ich nehme das oder so."
der luxus-mann guckt besoffen-verwirrt und geht ins bad. als er wiederkommt, habe ich mich aus den klamotten gepellt. der luxus-mann ist so überrascht wie begeistert. er küsst mich, dann wälzt er sich über mich und holt ein kondom aus der schublade. und wir vögeln.

irgendwann am mittag erwache ich vom telefonklingeln. der luxus-mann erhebt sich seufzend und geht ran. aus dem hörer dringt das plappern einer kinderstimme. stimmt, da war ja was.
"meine tochter", stöhnt der luxus-mann, als er auflegt und sich wieder zu mir ins bett fallen lässt.
"die kommt in einer stunde rum."
"dann hau ich mal besser ab."
"nur die ruhe. wir können ja noch kaffee trinken."

kurz darauf sitzen wir in der auf hochglanz gewienerten, mit allen erdenklichen geräten ausgestatteten küche. ich trinke kaffee, der luxus-mann isst ein nutella-brot.
"weißt du eigentlich, was für einen scheiß du dir da reinziehst?"
"ich weiß, ich bin zu fett, aber ich steh da so drauf."
"wo bist du bitte fett?"
"ich habe seit januar nicht mehr trainiert", sagt der luxus-mann und reibt sich über den bauch, "das ist sonst alles ein bisschen definierter."
"was trainiert du denn?"
"so das übliche, rücken und ein bisschen cardio, zwei- oder dreimal die woche. meistens zusammen mit meinem sohn. ich gehe mindestens einmal im jahr bergsteigen, dafür brauche ich kraft und kondition. im moment kann ich das vergessen."
"ich gehe immer laufen, das ist super entspannend. mach das doch auch mal."
"ich hasse laufen."
"dann bleib halt fett", sage ich böse grinsend.
"wenn du weiterhin so frech bist, stopf ich dir gleich noch mal die muschi."
"darf ich dich dran erinnern, dass in zehn minuten deine tochter vor der tür steht?"
"verdammt."

ich steige in meine stiefel und verabschiede mich.
"und, weißt du jetzt, wie man schuhe richtig putzt?" sagt der luxus-mann.
"oh ja. bei dir lernt man dinge fürs leben!"





4 Kommentare:

  1. ganz schoen viel luxus :)

    den schuhputztrick muss ich auch mal probieren.

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  2. Das was ich in deinen Geschichten über dich erfahre, erinnert mich kraß an die Mutter meines Patenkindes. Hat Mißbrauch erfahren, Borderliner, einige Zeit in Klapsen verbracht, vögelt oft und gerne, intelligent, ehrlich und gerade. Aber ich weiß, Vergleiche sind Scheiße!

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    1. das ist ja kein vergleich, sondern eine assoziation. und ein kompliment. :) komplimente werden immer gern genommen, vor allem von menschen mit mickrigem selbstbewusstsein. ;)

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danke für deinen kommentar. ist er hilfreich, fair und sachlich, wird er nach freischaltung veröffentlicht. kontextfreie, rassistische und sonstige arschloch-scheiße wird sofort gelöscht.