"na, alles fit", strahlt mich meine psychiaterin beim kontrolltermin an.
"ja, schon", sage ich.
"aber?"
"ich wollte sie mal noch was fragen... wegen der ohnmachtsanfälle."
"ja."
"könnten die mit den medikamenten in verbindung stehen?"
die psychiaterin kramt in meiner akte.
"hm, hm... also... bei diesem medikament ist meines wissens dazu nichts bekannt."
"es muss ja nicht immer bekannt sein."
"das stimmt."
"... und ich war neulich im internet unterwegs..."
scharfes einatmen meiner ärztin, die sich mit dr. google nicht sehr gerne vergleichen lässt, aber ich fahre unbeirrt fort:
"... da habe ich gelesen, dass das zeug sehr wohl zu schwindel, kreislaufproblemen und ohnmachten führen kann. und dass man das abklären lassen muss, weil das medikament ja auch aufs herz geht."
"nein, das glaube ich nicht", sagt meine ärztin beruhigend. "sie haben das ja auch immer gut vertragen."
"aber das mit den ohnmachten war nach meiner halbjährlichen pause!"
"das ist trotzdem unwahrscheinlich."
ich sehe meine ärztin erwartungsvoll an, damit ihr klar wird, dass mich "unwahrscheinlich" nicht wirklich beruhigt. und überhaupt, was heißt unwahrscheinlich? in einem von 100 fällen? oder in einem von zehn?
"ich schau mal nach!" lenkt meine psychiaterin schließlich ein und schlägt in einem winziges heftchen nach.
"was ist das denn niedliches", will ich wissen.
"eine übersicht über psychopharmaka."
so wie das büchlein aussieht, ist es in etwa so ausführlich wie ein duden. drei-wort-anworten, mehr nicht.
meine ärztin blättert eine weile und meint dann:
"da steht nichts über ohnmacht."
"aber ich habe davon gelesen. und das war nicht in einem forum für naive patienten oder so, sondern eine art online-beipackzettel einer pharma-firma."
meine ärztin seufzt:
"haben sie das medikament mit irgendwas kombiniert?"
"nein! als das mit der ohnmacht passierte, war ich auf arbeit! da gibts keine drogen oder alkohol."
"haben sie etwas gegessen oder getrunken, was sie sonst nicht essen oder trinken?"
ich denke nach.
"nein. ein kaffee. ein erdbeer-smoothie. und eine dose energy."
"da haben wirs... auf energydrinks sind schon viele zusammengeklappt", sagt meine ärztin ganz überzeugt. "das zeug ist ganz großer mist."
"es war ja nur einer."
"trotzdem."
"hm. ok, dann trink ich erstmal keine mehr."
"das ist besser."
meine ärztin überlegt noch mal intensiv, steht dann auf, geht ins nebenzimmer und kommt mit einem unheimlich dicken blauen buch heraus.
"was ist das denn?!"
"eine übersicht über psychopharmaka."
"ach, das gibts auch in groß?"
meine psychiaterin schmunzelt, dann setzt sie sich hin und beginnt zu lesen.
ich warte, sehe aus dem fenster und dann wieder zu meiner ärztin hin. sie hat sie stirn in falten gelegt und studiert angestrengt den artikel zu meinem medikament.
dann klappt sie das buch zu und sagt:
"sie haben recht. in diesem buch steht tatsächlich, dass es in seltenen fällen zu kreislaufstörungen und ohnmachten kommen kann."
"sag ich doch! wenn das schon die pharmaindustrie in die gebrauchsanweisung schreibt! die muss sich doch auch absichern!"
meine ärztin lächelt entspannt.
"wir machen es trotzdem erstmal so, dass sie bis auf weiteres die energydrinks weglassen. und wenn sie dann immer noch ohnmächtig werden, ändern wir das medikament."
"gut. wann soll ich wiederkommen? in einem monat, wie immer?"
"in zwei oder drei reicht auch. sie sind ja stabil."
"und wenn ich wieder ohnmächtig werde?"
"beobachten sie das erstmal."
"ok, ich beobachte meine ohnmachten", sage ich sarkastisch.
"genau."
"aber sterben kann ich nicht zufällig dabei, oder?"
"das halte ich für unwahrscheinlich."
meine lieblingsantwort!
"im übrigen ist das sehr positiv, dass sie so auf sich achten!", lobt mich meine psychiaterin, als sie mich zur tür bringt.
"inwiefern? weil ich nicht an den nebenwirkungen eines medikaments sterben will?"
"sie sterben ja nicht."
"sie meinen, dazu ist bei meinem medikament nichts bekannt?"
"genau."
"steht das in dem kleinen heftchen oder in dem fetten schinken?"
meine psychiaterin schiebt mich energisch zur tür hinaus.
als ich aus dem gebäude gehe, wette ich mit mir, dass sie gleich noch mal im dicken blauen buch nachgucken geht...
Aber abgesehen davon... hilft der Besuch bei der Dame denn? ... klingt für mich nicht gerade überzeugend, ehrlich gesagt.
AntwortenLöschenich hatte noch nie eine richtig gute psychiaterin. die sind immer teilinformiert, in eile und maßgeblich drauf fokussiert, ein rezept auszustellen. ich mache mir halt selber gedanken zu meiner therapie und versuch das dann durchzudrücken. rezepte und überweisungen sind da türöffner. für die beratung brauch ich meine psychiaterin weitgehend nicht mehr. in dem fall war das ein arger schnitzer. die hamburger ärzte sind generell keine leuchten. da muss man schon suchen. was ich hier schon fehldiagnosen und fehlmedikation hatte... das geht auf keine kuhhaut. kann man nur immer selber gucken, wo man bleibt.
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