Sonntag, 27. September 2020

zusammen alt werden

"das toastbrot ist viel zu hart", beschwert sich der luxus-mann beim frühstück.
"ich toaste eine scheibe immer zweimal, das schmeckt doch sonst wie feuchte pappe" entgegne ich.
"ich mag das so nicht. das darf ruhig pappig sein."
"freu dich doch, dass du noch alle zähne hast und knusprigen tost kauen kannst! in ein paar jahren muss ich dir dein brot sowieso im mixer pürieren und in eine schnabeltasse füllen."

der luxus-mann guckt mich schief an:
"du bist ein böses weib! du willst doch nur, dass ich so ende wie dein objekt."
"das wirst du bestimmt. irgendwann liegst du im bett und kommst nicht mehr alleine auf klo. dann muss ich dir windeln anziehen."
"ja und dann würdest du mir wahrscheinlich irgendwelche sachen in den po stecken... oder mir kopfhörer aufsetzen und den ganzen tag schlager abspielen... und ich kann mich nicht mehr wehren!"

"und wenn du dann tot bist, steck ich dich in einen alten amazon-karton und lass dich da drin vergammeln", kichere ich.
"das ist ok. das ist ökologisch und ökonomisch in ordnung weil recycling. das kannste so machen. nur bitte keinen pfarrer buchen, der dann irgendwas rumseiert."
"schön, dass wir uns zumindest beerdigungstechnisch schon mal einig sind."

"ein bisschen zeit haben wir ja aber noch", sagt der luxus-mann. "apropos, was machen wir heute noch?"
"eichhörnchen füttern."
"super. das können wir doch auch in 20 jahren noch."
"genau. und dafür üben wir schon mal!"

für alle ebenso eichhörnchen-verrückten hier ein video von der wunderbaren dani connor. lautsprecher an!



Freitag, 25. September 2020

verbrecherbanden mit k

 der luxus-mann und ich gucken nachrichten. 

"die deutsche bank kommt aus den skandalen nicht raus", seufze ich. "guck dir den aktienkurs an. 

"der hält sich fast noch gut dafür, dass das so ne verbrecherbande ist", knurrt der luxus-mann übellaunig.

"hast du auch geldwäsche gemacht damals", will ich wissen.

"das war ja nicht mein sektor. aber ich weiß, dass es gang und gäbe war. so ne russischen oligarchen, die wurden regelrecht von uns hofiert", berichtet der luxus-mann. "enteignen müssten man die banken!"

"ich finde das so spannend. du könntest da wahrscheinlich ein buch drüber schreiben."

"könnt ich. tu ich aber nich. sonst lande ich vielleicht eines tages mit den füßen in beton in der elbe. noch bevor du mich mit deinen kochkünsten vergiftet hast."

"du meinst, banken sind schlimmer als mein essen?"

"auf jeden. auch wenn du sonst natürlich mein absoluter sargnagel bist."


Samstag, 19. September 2020

a bisserl wos geht imma

dieser ausspruch stammt eigentlich vom monaco franze alias helmut fischer, einer ikone der 80er aus meiner kindheit als südliches pflanzerl.

passt aber auch sehr auf das aktuelle leben im hohen norden. so klingelte letzte woche wieder mal ein headhunter an und sabbelte meine wenig interessierte wenigkeit mit einem jobangebot voll. 

brauch ich eigentlich nicht, bin ja versorgt und auch nicht unhappy.

aber was soll ich sagen, ich bin angefixt. zum einen, weil der job so arschaufeimermäßig zu meinem profil passt. zum anderen, weil der arbeitgeber ein großer verlag ist, und der zahlt mal eben noch mal 25% mehr gehalt als mein aktuelles unternehmen.

zunächst hatte ich zugegeben wenig bis null ambitionen, aus meiner komfortzone herauszukriechen. es geht mir ja recht gut mit meinem momentanen job. aber die begeisterung des headhunters für meine fähigkeiten war dann doch ziemlich ansteckend. außerdem würde ich dann endlich mal richtig gut verdienen. 

die frage ist nun, will ich das? stressiger und herausfordernder würde es bestimmt werden. allerdings verspüre ich derzeit bisweilen auch hin und wieder langweile und uninspiriertheit. mehr geld brauche ich nicht unbedingt, wäre aber in hinblick auf meine mickrige rente auch nicht sooo schlecht. 

abgesehen davon bin ich prinzipiell im passenden alter für die nächste stufe auf der karriereleiter. denn mit 50 kräht garantiert kein hahn mehr nach mir. 

wenn sie ein paar gutmeinende ratschläge und erfahrungen dazu auf lager haben, bittesehr, gerne. 

frau morphine dankt.

Donnerstag, 17. September 2020

revolution in the air

am vergangenen wochenende hatte ich lieben besuch von einer geschätzten berliner bloggerin. wie es das schicksal wollte, hatten wir halbwegs gutes wetter und samstag auch noch nice action. 

wir hatten uns gegen schanze entschieden, weil dort wieder hardcore-ballermann und corona-gruppenkuscheln vorherrschte. so saßen wir dann im karoviertel vor einer kneipe mit ausreichend abstand zu anderen menschen, als einige schwarz vermummte an uns vorbeistürmten. sie skandierten parolen, die man nicht verstand. pyrotechnik wurde gezündet und es roch verheißungsvoll nach revolution und straßenschlacht. 

mit wenigen minuten verzögerung folgte alsdann eine patrouille gepanzerter polizisten, die offenbar auf der suche nach den versprengten aktivisten in schwarz waren. sie wirkten etwas orientierungslos und irrten in die falsche richtung. niemand hatte lust, sie aufzuklären.

kurze zeit später stolperten dann ein paar augenscheinlich recht bekiffte typen über den platz, wiederum verfolgt von 12 behelmten polizisten. alle entkamen, nur einer wurde von den polizisten gestellt. das dutzend ordnungshüter umringte die person, die ein wenig blutete und leuchtete ihr permanent mit einer taschenlampe ins gesicht.

kneipenbesucher näherten sich und wollten herausfinden, warum eine truppe von ganzen 12 polizisten eine einzige offensichtlich wehrlose person inspizierte und derart dauerbeleuchtete. schließlich war man ja sensibilisiert von #blacklivesmatter, und bekiffte lives matterten sicherlich genauso.

"das ist der geschädigte! wir helfen dem! kommt gleich ein krankenwagen!" drang als info unter einem der weißhelme hervor.

ungefähr eine viertelstunde lang bewachten die weißhelme den leichtverletzten, während die - folglichen - täter in aller ruhe türmen konnten. ein kleiner junge sprang derweil umher und fragte die polizisten fasziniert dies und das.

den näheren sinn der ganzen aktion erfuhr niemand. auch nicht, als endlich der krankenwagen kam und das opfer aufsammelte. letzeres schien völlig fit und hätte sicherlich problemlos zu fuß in die nächste notaufnahme spazieren können. es war jedoch sichtlich froh, endlich dem verhörartigen mit-der-tampenlampe-ins-gesicht-gefunzel zu entkommen und bestieg friedlich den krankenwagen.

für berliner gäste war das schauspiel wohl alles in allem nichts allzu außergewöhnliches. auf jeden fall aber besser als fernsehen.

zu später stunde brachen wir auf. ich spazierte gen luxus-hausen, wo der mann auf mich wartete. wir schmökten noch gemütlich einen johnny auf dem balkon und fühlten uns mal wieder sehr wohl in unserer kleinen großstadtidylle.

wie gezielte, unerschrockene und sehr sinnvolle polizeieinsätze in hamburg so aussehen können, berichtet übrigens auch sarah kuttner auf ndr für das format extra3.

Donnerstag, 10. September 2020

aber wir geben nicht auf

seit das objekt in seiner neuen alten heimat liegt, ist die kommunikation deutlich einfacher als zuvor. die objekt-mama hält mich sehr engagiert auf dem laufenden.

der zustand des objekts hatte sich im zuge von corona zuletzt verschlechtert. ausbleibende besuche drückten auf seine stimmung, lethargie bestimmte seine tage. auch einige therapien mussten wohl ausgesetzt werden. fortschritte gingen dadurch verloren und müssen jetzt wieder langsam aufgebaut werden.

das pflegepersonal im neuen heim setzt glücklicherweise sehr stark auf mobilisierung. das stößt beim objekt allerdings auf widerstand. es hatte sich in der letzten zeit daran gewöhnt, einfach bequem im bett zu liegen und fernzusehen. es sieht beispielsweise nicht ein, warum es bei besuchen im rollstuhl sitzen soll.

die objekt-mama, ihres zeichens ehemalige lehrerin, fährt das simple do-ut-des-prinzip wie bei einem kind. wenn das objekt beispielsweise nicht aus dem bett kommen will, droht sie, wieder nachhause zu fahren.

nach wie vor sehr zu schaffen macht allen das fehlende gedächtnis des objekts. hier gibt es keinerlei verbesserungen zu verzeichnen. kürzlich beispielsweise hatte das objekt besuch von seinem bruder bekommen, worüber es sich wohl über die maßen gefreut hatte. schon am nächsten tag hatte es das wieder vergessen. als ihm das bewusst wurde, war es völlig deprimiert.

besonders schlimm ist es für den sohnemann. denn seit dem unfall weiß das objekt nie, wer er ist. nach wie vor schafft der sohnemann es deshalb nicht, seinen vater zu besuchen.

"aber wir geben nicht auf", schließen viele nachrichten der objekt-mama. 
 
ihre stärke jagt mir kleine schauer von respekt über meinen rücken. 
gäbe es einen orden für tapferkeit, diese frau hätte ihn verdient.

Montag, 7. September 2020

scheiß auf dixis

der luxus-mann und meine wenigkeit weilten des wochenends auf einem festival. wie es sich auf solchen events des öfteren zuträgt, gab es dort viel bier und zu wenig dixis. für männer ja kein problem. die können sich einfach an einen baum stellen.

für uns frauen ist es ein wenig komplizierter. allerdings vielleicht auch nur, weil wir grundsätzlich nicht dazu neigen, unsere geschlechtsteile mit stolz zu exponieren. wir machen auch unter der dusche oder in der sauna keine macho-muschi-vergleiche. 

ich selbst habe mich bis vor kurzem noch irrsinnig geniert, ins gestrüpp zu krabbeln und mich dort zu entblößen. es könnte mich ja jemand dabei sehen! nicht auszudenken! wäre das PEINLICH!!!

aber frau wächst bekanntlich an ihren aufgaben.

recht schnell verging mir auf dem festival die lust, alle stunde eine halbe stunde lang mit zusammengekniffenen knien vor dem dixi-dorf anzustehen. der veranstalter verlangte für die benutzung der klos zudem jedes mal 50 cent. kurzum, wer viel in bier investierte, musste auch ständig in das dixi-dorf investieren. ich aber wollte saufen wie die kerle, also machte ich es irgendwann auch wie sie. 

während ich anfangs noch möglichst tief in das angrenzende maisfeld verschwand, sank die bereitschaft, sich groß zu verstecken und verdecken, mit der zeit und den promille. also ging ich dazu über, mich einfach hinter ein herumstehendes auto zu hocken. das war recht praktisch, weil ich dabei den betrunkenen kopf schön an der kühlerhaube anlehnen konnte. 

der nicht weniger angeschickerte luxus-mann freute sich über meine neu gewonnene lockerheit. er machte sich einen riesigen spaß daraus, dabei mit der taschenlampe nach mir zu leuchten. 

er selbst hatte an diesem wochenende evolutionären vorteil, kleidungsstil und abgebrühtheit kombiniert und perfektioniert. in einem kilt ohne unnerbüx musste er sich im schutz der dunkelheit nur noch etwas breitbeinig hinstellen. dann ließ er es einfach laufen. 

"DAS kannste nicht!" grinste er ein ums andere mal. 
das kratzte an meinem feministischen stolz. ich wollte auch frei pinkeln, zumal die dunkelheit immer tiefer wurde, die besucher peu à peu in richtung zelte verschwanden und mein zustand sich immer weiter der scheißegal-grenze näherte. 

ich trug zwar ebenfalls einen rock, darunter aber anständigerweise slip und strumpfhose. das bildete ein textilenes hindernis, das es zu umschiffen galt. jawohl, zu umschiffen! 

irgendwann saß ich gemütlich auf einer bierbank und die blase drückte mal wieder. da hatte ich eine gute idee. ganz unauffällig schob ich strumpfhose und slip ein stückchen auf die oberschenkel. dann rutschte ich ganz nach vorne an die kante der bank und sagte meiner körper: wasser marsch!

und heureka - ohne den kleinsten unerwünschten spritzer konnte ich mich ganz dezent erleichtern. 

"sag mal... piest du da etwa? fragte der luxus-mann, der direkt neben mir saß.
ich kicherte:
"merkt man das?"
"nee, aber ich guck gerade so nach unten und denk, wo kommt denn das wasser da her?!"
"siehste, ich kann auch einfach laufen lassen! und das sogar total bequem im sitzen!"
"du hast dir doch garantiert auf die schuhe gepisst."
"kein bisschen! da guck! alles trocken."
"glück gehabt."
"das ist kein glück, das ist eine frage der technik!"

der luxus-mann sah mich amüsiert an.
"ich seh schon... wenn du ein kerl wärst, du würdest nicht nur alles knallen, was dir vor die lunte kommt. du würdest das auch total genießen, einfach überall hinzustrullen!"
"na klar würde ich das. und ich würde mich freuen, dass ich genug muckis hätte und meinen artgenossen bei bedarf auf die fresse hauen könnte."
"gut, dass du eine frau geworden bist. sonst würde ich einen weiten bogen um dich machen!"
"ein bisschen respekt tut dir nicht schlecht!"

für den rest des festivals konnte ich meiner neugewonnenen pipi-entspanntheit sei dank ganz gepflegt auf dixis verzichten. das schonte geldbeutel und sparte jede menge zeit und nerven. die relaxtheit ließ sich sogar in den nüchternen zustand transferrieren, was dazu führte, dass ich auf der rückfahrt endlich auch mal parkplätze ohne pipihäuschen in anspruch nehmen konnte.

ja, ich kann nun mit fug und recht sagen: festivals können einen therapeutischen effekt haben, anerzogenes rollendenken grundlegend verändern und die gleichberechtigung der geschlechter massiv vorantreiben! das schafft keine blabla-politik und auch kein verkrampftes gendern.

insofern, liebe geschlechtsgenossinnen: einfach mal die dinge laufen lassen.