Samstag, 15. Dezember 2018

die frau im edeka

sie sitzt im bereich hinter den kassen, wo die konsumgeier ihre fette beute für die festtage vom einkaufswagen in ihre umweltfreundlichen bio-papier-tüten oder bio-baumwolle-einkaufsbeutel stopfen, die sie dann ihren dicken, nicht ganz so umweltfreundlichen suvs verstauen.

sie hat nicht eingekauft wie die anderen. einkaufen, wie die feinen leute, die weihnachten in ihren beheizten wohnungen sitzen und die wahl haben, in den scheinheilig glitzernden tannenbaum oder aber aus dem fenster ihrer protzbunker zu starren. die ihren stumpfsinn am tv-bildschirm nähren oder heimlich zu kinderpornos wichsen.

ihre linke hand drückt ein taschentuch an die wange, so, als wolle sie tränen aufhalten. doch die augäpfel hinter den faltigen lidern sind trocken, die alte dame weint nicht, sondern schaut über das treiben hinaus, allem enthoben. das kopftuch tief in die stirn gerückt, den blick in eine unendlichkeit gerichtet, die nicht von dieser welt zu sein scheint.

zu ihrer rechten steht in buggy voller plastiktüten, in denen dreckige wäschestücke stecken, eine wolke aus strengem uringeruch wabert darum herum. für den waschsalon um die ecke braucht man 4,50 €. aber erst muss sie geld für etwas zu essen haben, sie will lieber schmutzig als hungrig am ende des tages sein.

dinge, um die sich die konsumgeier mit den dicken suvs keine gedanken machen. die sehen die frau gar nicht, die rennen nur nach hause, die fette beute auspacken, geschenke einpacken und dann in einigen tagen ein fest zelebrieren, das seinem ursprünglichen sinn nicht weiter entrückt sein könnte, das nichts mehr weiter als reine perversität ist. bei dem es nur darum geht, sich geil und wichtig und potent zu fühlen, indem man anderen dinge aufs auge drückt, von denen man glaubt, dass sie irgendwie sinn machen, in einer welt, in der nichts mehr sinn macht.

draußen wird es langsam dunkel, die temperaturen liegen unter null. um 21:30 uhr schließt edeka seine pforten. und während die feinen leute dann emotional frigide in ihren daunenbetten liegen und sich hohle hochglanzbilder der royals in bunten zeitschriften anschauen oder sich ausrechnen, wann man sich mal wieder unbemerkt in den puff schleichen könnte, wird die alte frau mit dem buggy durch die straßen ziehen, immer auf der suche nach einem ruhigen platz, möglichst weit im nirgendwo.




2 Kommentare:

  1. und es werden immer mehr wohnungslose auf der einen seite, waehrend auf der anderen seite der schere der konsumwahnsinn immer schlimmer wird...

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    1. sogar beim luxus-mann in der schicken gegend liegen neuerdings immer mehr obdachlose herum. vor dem budni stinkts dermaßen nach pisse, das ist schon fast revolte, obwohl die szene eine hilflose friedfertigkeit ausstrahlt.

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danke für deinen kommentar. ist er hilfreich, fair und sachlich, wird er nach freischaltung veröffentlicht. kontextfreie, rassistische und sonstige arschloch-scheiße wird sofort gelöscht.