Mittwoch, 30. August 2017

spaß mit eltern

zum glück bin ich ja nicht lehrerin geworden. für den mut, das studium dennoch zu ende zu bringen, um dann eine vollkommen andere laufbahn einzuschlagen, klopfe ich mir immer noch auf die schulter. zwar bin ich in meinem job auch nicht hundertprozent happy. aber das liegt daran, dass es ein job ist und dass ich jobs grundsätzlich als lästiges, aber notwendiges übel empfinde. doch hat mein job wenigstens nichts mit eltern zu tun - und das ist mein großes glück.

ich habe immer wieder männer mit kindern kennen gelernt. sofern diese aus gesichterten verhältnissen stammten, legten sie alle dasselbe verhalten an den tag.

1. die totale überwachung
zunächst dabei die kritik an der kindsmutter: die kindsmutter sei hysterisch, ängstlich und bewache das kind zu sehr, sodass es zur unselbstständigkeit neigt und ausgeprägte ängste zeigt. selber bringen die väter aber dann ihre kinder bis an den tisch im klassenzimmer. das kind mal die 100 meter alleine zur schule laufen lassen? nie im leben! todgefährlich! in der hecke lauert jeden tag der böse mann und eine ampel richtig zu interpretieren, kann dem kind auch nicht zugetraut werden. und dann das totschlagargument: die anderen eltern bringen auch ihre kinder zu schule!

2. die dauerbespaßung
hach, so ein kind ist ja so anstrengend! warum kann es sich nicht mal eine halbe stunde allein im kinderzimmer beschäftigen? ständig ist man als vater gefordert, muss kreativ sein und seine eigenen bedürfnisse zurückstellen! macht man das eine sekunde nicht, läuft das kind zu mama und sagt, dass es bei papa total langweilig sei und dass es ständig alleine gelassen werde. hat der luxus-mann papatag, kann ich allerdings weder nachrichten und anrufe erwarten. man(n) muss sich ja in jeder einzelnen sekunde bemühen, mindestens so dauerunterhaltsam wie mama zu sein. wie hoch ist die wahrscheinlichkeit, dass dieses kind lernt, sich mit sich selbst zu beschäftigen?

3. das zuscheißen des kindes mit materiellem mist
im kinderzimmer sieht es wieder aus wie bei hempels unterm sofa, klagt der vater, denn die vielen spielsachen, bücher und klamotten aufzuräumen sei fast unschaffbar. geschenke sind jedoch grundsätzlich ein schwieriges thema, denn das kind hat alles, weiß nie, was es sich wünschen soll - und freut sich auch nicht mehr richtig, wenn es etwas bekommt. aber wehe, es bekommt mal nichts! dann könnte es ja glauben, man habe es nicht so richtig lieb. dass zeit, zuwendung, empathie und das gemeinsam durchstehen der kleinen kindlichen probleme viel mehr zählen, wird total ignoriert.

meine entscheidung, niemals kinder haben zu wollen, steht seitdem ich mitte 20 bin. weil ich kinder nicht mag und eltern noch viel weniger. und zumindest laufe ich dann nicht gefahr, irgendwann dieselben unzulänglichkeiten an den tag zu legen und die welt mit kleinen unreflektierten narzissten zu verseuchen.

Montag, 28. August 2017

der katzenschreck

dass die beiden nachbarsmuschis fremdgehen und sich regelmäßig in die luxus-wohnung schleichen, wissen sie ja bereits.

letzte woche erreicht mich auf arbeit eine nachricht des luxus-mannes:
"bin heute nacht um drei von penetrantem mauzen aufgewacht. katze stand neben meinem bett und wollte raus."

wie es sich herausstellte, hatte es sich katze nummer eins offenbar unbemerkt im kinderzimmer bequem gemacht und den moment verpasst, in dem der luxus-mann schlafen gehen wollte und die balkontür schloss.
 "ich hab das erst gar nicht geschallt", sagt der luxus-mann. "das ging erst so ganz leise mau an... und dann wurde es immer lauter und lauter! bis ich endlich aufgestanden bin und die tür aufgemacht habe. ganz penetrantes gemauze, ich sag dir das!"
"besser penetrantes mauzen als penetrant stinkendes katzenkacki", lache ich. "hätte ja auch passieren können, wenn du sie nicht gehört hättest."
"hör mir auf!"

die schuldige für den nächtlichen zwischenfall ist schnell gefunden:
"du hast die während meines urlaubs damals bestimmt heimlich gefüttert!" behauptet der luxus-mann. "jetzt sind die ermutigt und denken, sie haben hier ihr zweites zuhause."
"so ein quatsch", sage ich. "außerdem, was ich bin ich jetzt schuld, deine nachbarn könnten doch abends auch mal bis zwei zählen, wenn die schon wissen, dass die kittis gern mal rüberluschern."
"hoffentlich passiert das nicht wieder", sorgt sich der luxus-mann.
"du hast sie mit der einsperraktion bestimmt zutiefst geschockt," bin ich mir sicher.

doch ich sollte mich täuschen. denn schon am nächsten tag bekommt der luxus-mann erneut katzenbesuch.
"ich hab nur ein kleines geräusch vernommen", berichtet der luxus-mann. "da war die in der rumpelkammer und saß im regal. ganz oben, ich kann mir gar nicht erklären, wie die da hingekommen ist."
"tja, die sind halt sportlich", grinse ich.
"dich freut das natürlich wieder."
"klar. hab ich einen grund mehr, zu dir zu kommen."
"das habe ich befürchtet", jammert der luxus-mann. "deswegen klatsche ich jetzt künftig in die hände, wenn die auf dem balkon auftauchen. dann verpissen sich die."
"du katzenschreck", erwidere ich empört.
"ich will die aber nicht wieder über nacht beherbergen müssen!"
"dann machst du halt kurz licht und schaust in die zimmer, bevor du die tür zumachst."
 "viel zu umständlich."

"wenn du rumklatschst, dann klatsch ich dich auch", drohe ich. "auf die eier."
"na gut, dann sollen sie halt kommen. aber du sorgst dann dafür, dass die auch wieder abhauen!" verpflichtet mich der luxus-mann.
"das kriegen wir hin", tröste ich ihn. 



Samstag, 26. August 2017

das parteien-traumschiff

überall in der stadt hängen nun wieder unsinnige wahlplakate. die sehen aus, als wären sie alle von der gleichen agentur gemacht: bild, spruch, büschken farbe. wahnsinnig kreativ. und gerne knallig. knallig-blau für die alternativen deppen, knallig-rosa für schwule porschefahrer und andere kapitalisten, knallig-grün für knallfrösche und alle, die grün hinter den ohren sind. so wissen die wähler gleich: hallo, wir sinds, eure parteien mit dem knall! wir tun nix, wir wollen bloß spielen!

bei wahlplakaten zählt das bild, wissen alle, die im marketing arbeiten. daher kann man die sprüche auch einfach den praktikanten anvertrauen, hat sich auch die wahl-agentur bestimmt gedacht. raus kommt dabei sowas: "unser klimaziel: endlich handeln" von den grünen. das ist mein absoluter lieblingsspruch, bei dem ich mich frage: was wird denn da gehandelt? devisen? rohstoffe? oder etwa dope auf der straße? letzteres wäre ja schon fast sympathisch.

in sachen authentischer illustrierung von wahlversprechen hat ganz klar christian lindner die nase vorn. "die sicherheit muss besser organisiert sein als das verbrechen", steht da, und zwar mit düster-grauem fahndungsfoto von lindner daneben. ja, dass so einige politiker verbrecher sind, leuchtet ein. denn für konzerninteressen entwickeln sich fast alle parteien zu willfährigen steigbügelhaltern.hauptsache, der rubel, also die parteispende, rollt. korruption ist in deutschland erlaubt und willkommen. muss man auch keiner steuern für zahlen. btw., die linke ist die einzige partei, die keine solchen "spenden" entgegennimmt, muss man der fairness halber erwähnen.

wahlplakate sind wissenschaflichen studien zufolge übrigens vollkommen irrelevant für die meinung in der bevölkerung. sie überzeugen absolut niemanden von irgendwas. was nicht überrnascht. das ist nämlich in etwa so, wie wenn die öffentlich-rechtlichen durch die ausstrahlung von musikantenstadl und traumschiff ihrem "demokratieauftrag" nachkommen. beides ist grenzlos dumm, unausweichlich-ineffizient und kostet einen haufen schotter. aber es muss halt sein, denn ist es schon seit 50 jahren so: wenn wahlen sind, muss jede erdenkliche fläche mit plakaten zugekleistert werden, ob es nun passend ist oder nicht. strategiefreier verdrängungswettbewerb eben.

sogar an meinem lieblingsplatz im moor prangt derzeit ein wahlplakat der spd. oder halt, prangte. denn ich habe es natürlich umgehend entfernt. dies war vollkommen legal, da es sich schließlich um ein naturschutzgebiet handelt und nicht um eine ideologische müllhalde und der erholungswert des ortes durch das schmierige konterfei eines spd-kandidaten zweifelsfrei stark geschmälert wurde.

ich bin gespannt, wie die wahlen im september ausgehen werden. ich befürchte, es wird eine cdu-afd-koalition geben, die die letzten reste des einstigen sozialstaates endgültig demontieren und dabei willfährig von spd, fdp und grünen unterstützt werden wird.








Montag, 21. August 2017

schleimer und schurken

eine exkollegin hat geheiratet. eine milchfresse, die ihr jeden tag blumen schenkt.
jeden. verfickten. tag.

ich mag blumen, ich habe nichts gegen blumen und ich finde es in ausnahmesituation ja auch sehr nett, welche zu bekommen. passiert das öfter als einmal im jahr, werde ich allerdings misstrauisch und fange an, das schleimig zu finden. denn mal ehrlich: was soll ich mit verfickten scheißblumen, wenn ich dafür auch einen latte macchiato in extra groß mit liebevoll handgeklöppeltem milchschaum oder ein megascharfes mittagsmenü bei meinem lieblingsasiaten haben kann?

trotzdem verfluche ich manchmal den luxus-mann für sein proletenhaftes chauvitum.
blumen und auch sonstige zuwendungen kann man bei ihm knicken.
beim frühstück meckert er über meinen kaffee, lässt mich gönnerhaft sein brot schmieren und danach alleine abspülen und aufräumen.
wenn ich krank bin, lässt er mich alleine und fragt auch nicht nach, ob es mir besser geht.
auch mehr als zehnsekündige ausführungen über mein arbeitsleben werden kommentiert mit "das interessiert mich nicht, das ist total langweilig."

andere frauen würden den luxus-mann als schwer verhaltensgestört einordnen.
aber ich komme klar damit.
finde es sogar oft lustig.

lustig und befreiend. denn ich bin um antworten nicht verlegen und ziehe den luxus-mann seinerseits auf, indem ich mich über seinen superpünktlichen stuhlgang, den allmorgendlichen putzzwang oder seine grenzenlose spinnenangst beömmle. beim joggen treibe ich ihn erbarmungslos die sieben kilometer und motiviere ihn, indem ich sein keuchen und jammern nachäffe und ihm in allen farben schildere, dass ich ihn, wenn er erstmal 100 kilo wiegt, zur fettabsaugung schicke.

manche männer würden mich vermutlich als schwer verhaltensgestört einstufen. jedenfalls kommt nicht jeder mit meinem humor klar.

"hast du das eigentlich mit allen so gemacht", will der luxus-mann wissen.
"ja", sage ich.
"und wie haben die reagiert?"
"nicht immer so gelassen wie du."
"erzähl doch mal!"
"naja, einer meiner exen kam beispielsweise mal zu mir und meinte, er wolle mir was erzählen, aber ich dürfe bitte nicht lachen, es sei ihm etwas unangenehm. ich sagte ganz verständnisvoll, quatsch, sag doch ruhig, warum sollte ich lachen? dann erzählt er mir, er sei beim arzt gewesen und habe sich seine hämorrhoiden veröden lassen. was wohl recht schmerzhaft war. und was mache ich? ich lache. aber so richtig laut!"
"so kenne ich dich. mies und mitleidslos. du würdest sogar lachen, wenn ein kind auf der straße hinfällt und heult."
"mach ich tatsächlich."
 "nichts anderes habe ich erwartet."

weil ich so wenig verwöhnt werde, gibt es jedoch situationen, die mich wahnsinnig flashen. als ich am wochenende ans meer fahre und den luxus-mann am telefon frage, ob er mich am nächsten tag vom bahnhof abholt und er wie zu erwarten "nö, was soll ich denn am scheißbahnhof" antwortet, sage ich scherzhaft betroffen:
"so liebst du mich also!"
"ja klar liebe ich dich", antwortet er da leichthin.
ich sage nichts dazu, nehme das nicht weiter ernst und lege dann schnell auf, weil mein essen kommt.

um zwei uhr nachts plingt mein telefon und ich bekomme die folgende nachricht:
"du hast mich heute so quasi gefragt, ob ich dich liebe, und ich hab ja gesagt. ich hab nachgedacht und gemerkt, das war nicht gelogen. ich habe das gesagt, weil das wirklich so ist."
und weil ich so genau weiß, dass mein mann kein schleimer oder lügner ist, haut diese message rein. aber so richtig. mein herzchen wummert und mir wird ganz warm.

wir lieben anders. bisweilen lieblos sogar. aber für uns ist es einfach perfekt.





Sonntag, 13. August 2017

sweet harmony

nachdem der luxus-mann aus dem patchwork-familien-urlaub zurückgekehrt ist, sind wir inniger denn je..

unfassbar für mich. ein jahr und viereinhalb monate und wir sind wie siamesische zwillinge.
ein teil voneinander, quasi.

"ich kann mich gar nicht erinnern, dass das jemals so gut war mit jemand anderes", sage ich zum luxus-mann.
"vielleicht, weil man sonst auch anders rangegangen ist."
"was meinst du?"
"naja... sonst hat man sich ja kennengelernt, weil man sich verliebt hatte. also so die ganze kiste mit der rosa brille. die versaut es einem ja meist, weil nach ein paar monaten so die realität durchkommt.
"und du meinst, wir hatten erst ganz viel realität und dann kam erst rosarot?"
"so ähnlich."

wie auch immer. wir genießen unser rosarot.


Freitag, 11. August 2017

mr. fettfleck oder warum ich bewerbungsgespräche nicht mehr ernst nehmen kann

auf meine schriftlichen bewerbungen erhalte ich in der regel absagen oder noch öfter: gar keine antwort. nachdem mich das anfangs grämte und ich panisch meine unterlagen mehrfach von headhuntern checken ließ, weil ich den fehler auf meiner seite wähnte, fand ich heraus, dass sich auf die von mir anvisierten posten minimum 100 und maximum bis zu 500 leutchen bewerben, dass die unternehmen aber keine kapazitäten in der hr haben und deswegen nur die obersten 10 bewerbungen auf dem stapel überhaupt anschauen. hinzu kommen unternehmen, die ihre stellen längst intern per vetternwirtschaft vergeben haben und ausschreibungen nur pro forma machen, weil sie es sich nicht mit ihren öffentlichen trägern verscheißen dürfen.

daraufhin sparte ich mir klassische bewerbungen fast vollständig, es sei denn, ich habe einen guten tag, an dem ich die kreative irre raushängen lasse. ansonsten versuche ich es über beziehungen oder hoffe darauf, entdeckt zu werden, was ab und an auch passiert.

eine firma, die mich entdeckt hatte, lud mich zunächst zu einem unverbindlichen kennenlern-telefonat ein. gute idee, fand ich, hatte ich doch keinen bock, nach gütersloh zu reisen, dann wieder mal auf den reisekosten sitzen zu bleiben  und anschließend eine monatelange schlacht mit dem arschlochamt um deren erstattung zu schlagen.

das telefonat war nett und man versprach, sich wieder bei mir zu melden. das passierte nur zwei tage später und man schlug mir ein weiteres telefonat vor, das aber nun jemand anders führen würde.
gesagt, getan.

telefonat zwei war ähnlich angenehm wie telefonat eins, der firma schien klar zu sein, dass es kaum alternative humane ressourcen mit meinen derart ausgefeilten fähigkeiten gab und erklärte sich sogar theoretisch bereit, mir ein recht anständiges gehalt zu zahlen.

nach einer woche erhielt ich einen anruf und die zusage zu einem weiteren telefonat, das nun mit meinen direkten mitarbeitern vor ort in hamburg geführt werden sollte. wieder dauerte das gespräch über eine stunde, gestaltete sich aber recht nett, auch wenn ich es langsam über hatte, immer wieder neuen menschen meine exquisiten fähigkeiten zu schildern und eifrig die werbetrommel für mich zu rühren.

nach drei telefonterminen schließlich wagte das unternehmen, mich auf meine potenziellen künftigen kollegen loszulassen und arrangierte ein persönliches vorstellungsgespräch für mich. in der email mit dem termin fand ich den hinweis, ich möge mich bei ankunft unter der angegebenen handy-nummer kurz melden, da das büro neu, noch nicht ausgeschildert und daher sehr schwierig zu finden sei - und mich daher jemand abholen würde.

10 minuten vor dem anberaumten gespräch rief ich die genannte nummer an. niemand ging ran. ich sprach auf mailbox, dass ich mich in etwa fünf minuten an der genannten adresse einfinden würde und mich freue, wenn mich dort jemand abholte.

5 minuten vor dem gespräch stand ich dann wie bestellt und nicht abgholt im wahrsten wortsinne vor dem riesigen kontorhaus. niemand war gekommen, um mich über die acht stockwerke voller großraumbüros und kreativ-zellen zu meinem arbeitgeber in spe zu führen. also rief ich erneut die nummer an, die ich anrufen sollte. nun war das handy ausgeschaltet.

die letzte minute tickte. was sollte ich tun? zum glück hatte ich noch die nummer aus gütersloh von meinen ersten beiden gesprächen. die rief ich an. eine mir unbekannte mitarbeiterin ging ran, machte dann aber freundlicherweise meine ehemalige hr-tante ausfindig.
"sie wurden nicht abgeholt?" fragte sie mich kühl.
"nein. und ich habe schon zweimal bei herrn b. angerufen, der hat sein handy aus."
"warum sind sie dann nicht schon einfach hochgegangen?"
"weil ich hier vor einem gebäude mit ungefähr 100 büros stehe und der name des unternehmens nicht ausgeschildert ist. außerdem sollte ich abgeholt werden, steht in der e-mail. wenn ich jetzt einfach losrenne, steht herr b. vielleicht in kürze hier unten auf der straße und denkt, ich sei gar nicht erschienen."
die dame erklärte sich daraufhin gnädigerweise bereit, in dem büro anzurufen.

fünf minuten später tauchte eine junge frau auf, die mich - offenbar durch das foto in meiner bewerbung - richtig als frau morphine identifizierte. sie führte mich durch das büro-labyrinth und stellte mich dann in einem etwa 10 qm großen büro ab, in das schreibtische von sieben mitarbeitern gequetscht waren. die luft war zum schneiden.

ein moppeliger kleiner mann mit einem fettfleckigen t-shirt rollte auf mich zu und gab mir die hand. unter seinen fingernägeln waren dicke schwarze ränder. zu meinem entsetzen war dies herr b., mein potenzieller künftiger chef.

"sorry, wenn ich ein bisschen spät bin, ich hatte sie wie gebeten mehrfach angerufen und ihnen auch auf mailbox gesprochen, sie hatten leider das handy aus. eine dame aus ihrer niederlassung in gütersloh musste erst ihre kollegin benachrichtigen, dass ich schon längere zeit warte."
"kann ja mal sein, dass man in einem meeting ist", sagte der kleine fette unfreundlich.

dann saß ich an einem tisch, mit dem ungepflegten herrn b., der jungen frau und einer älteren vertriebsmitarbeiterin. letztere nahm mich zusammen mit herrn b. in ein kreuzverhör, bei dem ich zwar blut und wasser schwitzte, mich aber letztlich als fachlich kompetent beweisen konnte, obwohl mich inzwischen zweifel beschlichen, ob ich wirklich unter dem widerlichen fettsack arbeiten wollte. die beiden frauen waren aber ganz nett, und einen ekel im team gibt es ja immer, sagte ich mir.

nach rund einer stunde schaltete sich noch ein weiterer mitarbeiter per videokonferenz hinzu, um mich in erneutes kreuzverhör zu verstricken. der mitarbeiter saß offenbar im homeoffice, im hintergrund war ein bild mit zwei gören, vermutlich seine kinder. vielleicht ist das ja doch ein cooles unternehmen, dachte ich, da ist einer papi und darf homeoffice machen und auf seine kids aufpassen.
"schön, wenn man bei ihnen bei bedarf auch mal homeoffice machen darf", sagte ich am ende des kreuzverhörs also wohlwollend. "nicht jedes unternehmen bietet so eine familienfreundliche arbeitsatmosphäre."
"naja, ich habe eigentlich urlaub", sagte der mitarbeiter dann. "aber ich musste an dem gespräch teilnehmen und konnte wegen der kinder nicht weg."
ups.

nach anderthalb mäßig gemütlichen stunden und atemnot, weil vier menschen zweieinhalb kubikmeter luft atmen mussten, war ich fertig. die junge frau brachte mich nach draußen.
"ach, michaela, herzlichen glückwunsch", rief jemand auf der treppe der jungen frau zu.
"oh, sie hatten geburtstag", fragte ich sie überrascht.
"ja, heute."
"dann auch von mir herzlichen glückwunsch", sagte ich warmherzig.
"oh, vielen dank... ich hoffe ja, dass ich jetzt endlich nachhause kann", sagte die frau.
"wieso, darf man bei ihnen am geburtstag früher gehen?"
"nein, aber ich habe auch urlaub und musste heute reinkommen."

an diesem punkt war der job für mich gestorben. ein ungepflegtes, unzuverlässiges und herablassendes ekel von chef hätte ich gerade noch verkraftet. aber dass ein unternehmen es für normal befand, ein vorstellungsgespräch anzuberaumen und dafür zwei von vier mitarbeitern aus dem urlaub zurückzupfeifen, erschien mir willkürlich und ausbeuterisch.

dass mich der fette klops nicht einstellen wollte, war keine überraschung. normalerweise machte ich mir nie die mühe, über absagen nachzudenken oder sie zu beantworten. diesmal jedoch schrieb ich zurück, dass auch ich mir unter gar keinen umständen eine anstellung hätte vorstellen können und daher sehr frohgestimmt über die absage sei.

auf ein neues.
weiterhin daumen drücken, bitte.

Mittwoch, 9. August 2017

eier ab

nachdem ich die kupferkette los bin und wieder hormonell verhüte, habe ich stante pede zurück zu meinem alten frauenarzt in der innenstadt gewechselt. er ist russe und ich komme mit seiner nüchternen und engagierten art sehr gut klar.

heute nahm ich allen mut zusammen und fragte nach der möglichkeit der sterilisation.
"hm, für eine frau ist das natürlich..."
"ich weiß, dass ich eigentlich zu jung bin!" falle ich ihm ins wort.
"es ist ja ihr körper und ihre entscheidung", meint er dann überraschend mild.
"aber?"
"es ist ein laparoskopischer eingriff. in vollnarkose. sie müssen sich danach mindestens zwei wochen wirklich schonen."
"zwei wochen geht doch."
"es können bei dem eingriff umliegende organe sehr leicht verletzt werden."
"das habe ich gelesen."
"das kann beispielsweise zu inkontinenz führen."
"das weiß ich, das ist aber auch das einzige, wovor ich angst habe."
"und es ist teuer."
"wie teuer?"
der arzt nennt eine summe. ich hätte mit mehr gerechnet.
"das ist finanzierbar. ich habe gespart."

der arzt lehnt sich in seinem weichen sessel zurück und schaut mich nachdenklich an.
"warum sie? warum nicht ihr partner?"
"sie meinen, warum er sich nicht vasektomieren lässt?"
"genau. das ist so einfach und risikoarm und sogar billig im vergleich."
"er fürchtet um seine männlichkeit und dass er dann keinen mehr hochkriegt."
"aber es ist keine op. der samenleiter wird über den hoden durchtrennt. kein eingriff, keine narben, keine schmerzen, kaum risiken. in den usa ist das eine standard-verhütungsmethode."
"er wehrt sich mit händen und füßen."

der doc seufzt.
"reden sie doch noch mal mit ihm. wenn sie zusammen zu einem urologen gehen, nimmt ihm das bestimmt die angst."
"seine angst ist nicht rational. er glaubt auch, dass spinnen von außerirdischen auf der erde ausgesetzt wurden, um die menschheit zu vernichten", kichere ich.
der doc grinst kurz, wird aber dann gleich wieder ernst:
"aber es muss ihm doch klar sein, was für einer gefahr er sie aussetzt."
"das ist ihm wurscht."
der doc zieht die augenbrauen hoch.
"also ich meinte nicht wurscht im sinne von: die alte kann ruhig draufgehen, sondern eher so, dass er sich damit überhaupt nicht befassen will. alles was mit krankheit und arzt zu tun hat, bereitet ihm übermäßige angst, habe ich den eindruck."
der doc schaut bedeutungsvoll drein.
"ich hatte schon immer eine vorliebe für männer mit neigung zu hypochondertum und panik", sage ich entschuldigend.

"also gut", sagt der doc und holt dann einen gelben überweisungsschein. "ich habe einen kompetenten kollgen in einem hamburger krankenhaus, der kann sie zum thema sterilisation sehr gut beraten. und dann reden sie bitte noch mal mit ihrem partner. vielleicht ist ihm nicht bewusst, dass eine sterilisation ein großer eingriff in den organismus ist."

als ich draußen bin, fühle ich mich maßlos erleichtert. selbst wenn der luxus-mann wahrscheinlich nicht mitziehen wird, scheint hilfe für mich doch in greifbarer nähe.