Dienstag, 20. Juni 2017

unfreudscher versteher

"duuuhuuu, spatzi", rufe ich zuckersüß von der luxus-küche in den flur, wo ich den mann vermute.
 zehn sekunden später taucht er unter der tür auf und guckt verwirrt bis verärgert.
"hast du mich eben spasti genannt?!"

"nein", sage ich liebevoll-beschwichtigend, "ich habe dich spatzi gerufen."
"hm", grummelt der luxus-mann, "das würde ich jetzt an deiner stelle auch behaupten!"

das luxus-selbstwertgefühl ist manchmal auch nicht das beste.
vom gehör wollen wir an dieser stelle mal gar nicht sprechen.



Sonntag, 18. Juni 2017

arachnophobia

"iiiiiiihhhh", der luxus-mann kommt aus dem kinderzimmer, das auch als ankleidekammer dient, gestürmt. "da ist eine spinne!"
"du hast das arme ding hoffentlich nicht totgemacht", sage ich.
"nein, aber mach die bitte weg."
"wo ist die denn?"
"die hat sich gerade am rollo abgeseilt! ganz eklig!"

ich betrete das kinderzimmer. die spinne hat sich natürlich längst aus dem staub gemacht.
"wo war die genau?"
"da! hier links am rollo! hat sich an nem ganz langen, ekligen faden abgeseilt!"
ich gucke, sehe aber keine spinne.
"hm, die ist wohl weg."
"spinnst du? du musst die finden. wenn die hier irgendwo rumkriecht..."
"... dann kommt sie heute nacht und frisst dich und deine tochter."
der luxus-mann grinst.
"so ähnlich."

"hat deine tochter auch schiss vor spinnen", frage ich.
"ja, total."
"kein wunder, wenn man so einen helden zum vater hat", spotte ich.
"ich bin sicher, spinnen sind nicht von der erde. das ist irgendsowas außerirdisches. ich mein, wer konstruiert denn bitte so lebenwesen mit acht beinen?!"
"und acht augen."
"echt, die haben acht augen?!"
"ja."
"boah, igitt, wie gruselig."

der luxus-mann schüttelt sich und verlässt das zimmer, während ich weiter nach der spinne suche. ich habe ein größeres, furchteinflößendes monster vor augen, finde dann aber nur ein etwa fingernagelgroßes exemplar, das sich in eine zimmerecke drückt.

"ich hab nur eine ganz winzige gefunden", sage ich. "wenn du mir ne leiter gibst, mach ich sie weg."
der luxus-mann kommt gucken.
"ja, das ist das vieh!"
"aber die ist doch mini."
"trotzdem eklig."
ich schüttle den kopf und gehe ein glas und ein stück papier holen.
"du machst die jetzt aber nicht in das glas, oder?" folgt mir der luxus-mann.
"doch, wie soll ich die denn sonst sicher erwischen?"
"nicht ins das glas! das kann ich danach nie wieder benutzen!"
"das ist doch keine stubenfliege, die den ganzen tag auf kackahaufen rumsitzt!"
"trotzdem."

ich muss laut lachen.
"das ist nicht komisch", findet der luxus-mann. "und wenn ich die noch länger anschauen muss, dann krieg ich herpes!"
ich zucke mit den achseln und hole mir eine leiter aus der abstellkammer, steige hoch und hole die spinne mit bloßen händen aus der ecke der zimmerdecke.
"wohin?"
"egal, weit weg! nicht einfach auf den balkon setzen oder so!"
ich öffne das fenster und werfe die spinne raus.
"die kommt doch da wieder hoch!"
"quatsch."
"wohl!"
"was hattest du denn gedacht, dass ich sie jetzt bis in den schanzenpark trage?!"

wir verlassen die kammer des schreckens.
"ist dir eigentlich klar, dass du deine irrationale spinnenangst auf dein kind überträgst?" frage ich.
"hm, schon."
"dann reiß doch mal zusammen. nächstes mal holst du die spinne von der decke und wenn sie dich totbeißen will, leiste ich dir erste hilfe."
"ich weiß ja nicht. du bist eine hexe, deswegen können dir spinnen auch nix. du willst mich bloß töten und dir dabei nicht die hände schmutzig machen."
"dazu musst du mich erst heiraten. sonst nutzt mir dein tod doch nix."
"achja, stimmt ja."

ich packe die leiter und stelle sie zurück an ihren platz in die abstellkammer.
"kommst du mal ins wohnzimmer", ruft der luxus-mann.
"was denn?" frage ich.
"da ist noch eine..."

und so kam es, dass ich an nur einem mittag die komplette luxus-wohnung von der tödlichen spinnen-plage befreite und meinem helden und seinem anhang das leben rettete.

Donnerstag, 15. Juni 2017

donnerstag, 20:30 uhr

es ist 20:30 uhr und ich habe den letzten anruf des tages beantwortet.
ich bin so erschöpft, dass der bildschirm vor meinen augen schwimmt.
alles dieselbe heterogene masse, pixel an pixel.
alles dieselbe nichtssagende scheiße.
der letzte kollege hat mir um19 uhr jovial grinsend einen schönen feierabend gewünscht.

alles fotzen.
ich würde euch noch nicht mal lecken, ihr fotzen.

pr-schlampen sind eigentlich dynamisch grinsende pferdeschwanz-frauen in blauen hosenanzügen.
ich bin die mit dem 5-€-shirt von pimkie und den fetten augenringen.
pr-schlampen glauben an das, was sie sind. sie tragen ihr mithilfe einer schlechten fälschung einer gucci-handtasche zurechgebasteltes understatement mit dem festen glauben an ihre glaubhaftigkeit vor sich her wie ein schild.

ich glaube nur an unsere unglaubwürdigkeit.
größer als unsere unglaubwürdigkeit sind nur die lügen, die wir erfolgreich verbreiten.
größer als diese lügen ist nur die dummheit, die diesen lügen glauben schenkt.
größer als die dummheit ist nur die bodenlose abscheu, die ich empfinde.

in der therapie sage ich meiner therapeutin, dass ich nicht an die therapie glaube.
weil es wie mit der pr ist. man arbeitet ein muster ab und verbreitet unglaubwürdige glaubwürdigkeit.
meine therapeutin ist verwirrt und ringt um fassung.
sonst bin ich kooperativ bis zum kotzen, heute dreht sich der wind.
ist aber vielleicht auch nur ein hilfloser furz.
weil mich das alles ankotzt.
weil man keinem menschen glauben kann.
weil es nur darum geht, wer den größeren scheißhaufen produziert.

der luxus-mann hat seine tochter, die seit über einem jahr schwimmen lernen soll.
sie hat ständig angst zu ertrinken, sagt er, sie lernt das nicht.
ich kann das verstehen, ich bin schon untergegangen.
obwohl ich schwimmen gelernt habe, sehe ich einfach keinen grund, an der glitzernden oberfläche herumzupaddeln.

nicht einen einzigen.


Montag, 12. Juni 2017

steine im weg

manchmal passieren ganz viele sachen auf einmal, und alle sind irgendwie doof.

totales chaos auf arbeit, gepaart mit totaler demotivation meinerseits.
ein jobangebot, das mich endlich reich(er), aber auch unglücklicher machen könnte, weil wieder garantie auf eine million überstunden. karrierefrau bin ich ja nun gar nicht. ich werde älter und brauche das geld, nichts weiter.

und dann die gesundheit, die mich regelmäßig verarscht.
seit monaten habe ich blutungen. aber so richtig. ohne unterbrechung. wie immer, wenn es kompliziert wird, ist man als kassenpatientin unrentabel und muss ergo eine vielzahl von frauenärzten konsultieren, um irgendwie zu einem ergebnis zu kommen. da vielleicht-bringts-ja-irgendwas-mir-fällt-nix-besseres-ein-antibiotikabehandlungen und ärztliches schulterzucken bislang nicht so effizient waren, dachte der dritte frauenarzt dann beim thema dauerblutungen auch mal an das thema krebs und machte einen test.

et voilà: krebszellen found. noch nicht dramatisch, aber schon grund zur beunruhigung.

der luxus-mann, schon mega-abgeturnt von der ewigen bluterei, macht sich große sorgen. um sich. "nicht, dass du mich dann mit was ansteckst!"

im moment könnte ich alle und alles auf den mond schießen.

sogar das objekt, das zur abwechslung mal gar nichts sagt, weil es im urlaub ist. ich möchte es gerne aus der ferne zum mond schießen.








Mittwoch, 7. Juni 2017

hart vermissen

fünf tage war der luxus-mann außer landes. fünf tage für mich.
eigentlich hatte ich mich drauf gefreut. mal wieder alleine ausgehen. eigenbröteln. abhängen. vielleicht jemanden treffen, den ich lieber alleine sehe.

da hatte ich die rechnung allerdings ohne die emotionslage gemacht. die fand das nämlich doof.
so richtig total doof.

am freitag ging es noch. freitage sind immer randvoll mit freien aufträgen, therapie, sport, wohnung putzen. samstag wurde es schon unerwartet schwierig. ich war daher ganz happy, dass ich dem luxus-sohnemann das wohnungssitting abgenommen hatte und mich um die luxus-blumen kümmern durfte. ich machte also einen wohnungsbesuch, goss die pflanzen, räumte auf, saugte die küche und saß dann auf dem balkon.
und fühlte mich ganz furchtbar.

eingedenk des auftrags meiner therapeutin legte ich mich bei mir innerlich auf die couch und versuchte, die lage zu sondieren. was war jetzt so schlimm? ich hatte ein langes wochenende, keinen stress und keine aufträge, die steuer war raus, die sonne schien und ich saß ganz gediegen bei einem glas rotwein auf dem balkon. kein grund zum unglücklichsein.

fakt war jedoch: ich fühlte mich wahnsinnig einsam.
was macht man gegen einsamkeit? genau, jemanden treffen.

also funkte ich die lederjacke an. die war aber mit seiner freundin bei ihren eltern.
v., meinen einstig besten kumpel, wollte ich nicht kontaktieren. er verhielt sich höchst seltsam, seit ich mit dem luxus-mann zusammen war.
die objektexfreundin, die seit kurzem in hamburg wohnte, antwortet mir nicht, was aber zu ihrer etwas unbekümmerten art passte.
zuletzt überlegte ich, das objekt anzuschreiben und um ein telefonat zu betteln. was ich dann wieder verwarf, denn es könnte auch zusätzliche unordnung in mein gefühlschaos bringen.

last but not least feierte ich mein einsames wochenende mit der luxus-hausbar.
und kiffte furchtbar viel.
und bin mir nun klarer denn je darüber, wie wahnsinnig wertvoll der luxus-mann für mich geworden ist.

Sonntag, 4. Juni 2017

die richtigen und die falschen

ich weiß nicht, ob es anderen auch (manchmal) so geht. ich bin ein sozialer mensch, aber sehr selektiv. ich behaupte, dass mich ungefähr 95 % der menschheit kaum interessiert. trotzdem bleibt da eine gewisse anzahl an personen, denen ich gern begegne und die ich näher kennen lernen möchte.

das ist ungeheuer schwierig. denn - und dieses phänomen erlebte ich erst in hamburg - die leute sind vollkommen desinteressiert. selbst nach einem abend, an dem man zusammen gefeiert und gelacht und eine reihe von unglaublich schönen gemeinsamkeiten festgestellt hat, gibt es keine möglichkeit, anzuknüpfen. nein, das liegt nicht daran, dass ich meine telefonnummer nicht rausrücke oder die leute nicht versuche, auf ein treffen festzunageln. aber so nach der fünften bis sechsten absage bin ich dann soweit zu glauben, dass kein interesse besteht. was dann wohl auch so ist.

ganz anders ist es mit menschen, die mich überhaupt nicht interessieren. sie setzen sich ungefragt zu mir, schwallern mich voll, machen mir komplimente und drücken mir ihre nummer aufs auge. wehe, ich war so naiv, meine herauszurücken - dann erhalte ich täglich nachrichten und komplimente und wenns besonders dumm läuft, schwanzbilder. jut, frauen schicken mir keine muschibilder, breiten dafür aber ihre komplette biografie und ihr seelenleben aus, bis ich sage: das will ich gar nicht wissen. da fühle ich mich sonst zuständig und es ist nicht meine aufgabe, eure beziehung zu retten oder euch zu beraten, welche schuhe ihr euch kaufen solltet.

ich wünsche mir ebenbürtigen austausch. keine schleimer. keine psychowracks, deren leben ich ordnen soll. nichts gegen gegenseitige hilfe, nicht missverstehen. aber irgendwas möchte ich dann auch von einer freundschaft haben.

oftmals lasse ich mich sogar auf menschen ein, die mich nicht interessieren, weil ich mir denke: vielleicht entdecke ich ja was, was mich dann doch fasziniert. in der regel ein irrtum. das erste bauchgefühl trügt mich selten.

"bin ich arrogant", frage ich meine therapeutin.
"ich halte das für ein ganz normales bedürfnis", sagt sie. "sie wissen sehr klar, was sie wollen und was nicht. das, was sie nicht wollen, werden sie vermutlich auch nicht lieben lernen."
"aber so finde ich keine freunde", jammere ich.

es bleibt also schwierig. es gibt zwei bis drei menschen, denen ich hier vertraue. aber vielleicht geht ja auch nicht mehr.




Freitag, 2. Juni 2017

endlich

wie treff ich dich an, schreibst du fragend.
so nen halben meter neben mir stehend, antworte ich.
schade, sagst du. heute wäre es so passend.
was, will ich wissen.

die antwort dauert, aber dann plingt ein "wir könnten uns sehen" auf meinem handy.
hm. ich bin unsicher, ambivalent.
morgen ist montag. eine lange woche steht mir bevor.

ich lausche auf meinen herzschlag. das herz sagt: ich bin hellwach.
der bauch tanzt. und der kopf produziert ein gedankenfeuerwerk.

ich bin noch ein bisschen aufgedreht und werde vor eins nicht schlafen, schreibe ich. komm doch noch auf eine stunde rum.
ich bin in zehn minuten da, sagst du.

dann stehst du vor meiner tür, so verändert-unverändert.
wir sehen uns an, dann machst du einen schritt auf mich zu und nimmst mich in den arm.
köstlich ist deine umarmung, dein duft, dein weiches haar auf meiner wange.

"weißt du, was ich gedacht habe, als du gesagt hast, ich kann noch vorbeikommen?"fragst du.
"was denn?"
"endlich. einfach nur: endlich."
ich muss geschmeichelt grinsen.

als du dich auf die couch setzt, kommt die katze an, springt auf die lehne und setzt sich direkt neben deine schulter, um deinen hals zu beschnuppern.
"ist die immer so zutraulich?" lachst du.
"nein. die ist eigentlich sehr zurückhaltend bis scheu."
"dann fass ich sie mal lieber nicht an."
"doch, kannst du. die kratzt nicht."
"die passt zu dir."
"warum?"
"scheue, neugierige schmusekatze. schwarz, zart, elegant."

und dann sitzen wir da. und rauchen. und reden.
bis vier uhr nachts.